Mit einem Alien verpartnert

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Maddox

Mit einem Stoffstück wischte ich mir den verbrauchten Samen ab und verstaute meinen Schwanz wieder in der Hose. Ich musste sie finden, denn sie war nicht nur mein größtes Glück, sondern auch meine größte Schwäche. Die Markierung war nur zum Leben erwacht, weil ich nahe genug an ihr dran war. Ich war nah genug, um von ihr zu träumen. Nah genug, damit meine Markierung sich aufheizte und pulsierte.

Das bedeutete auch, dass Neron ihre Anwesenheit spüren würde, sobald er nahe genug an ihr dran war und wissen würde, dass eine nicht beanspruchte, markierte Frau in der Gegend war. Er würde zwar nicht von ihr träumen, seine Markierung würde sich nicht bemerkbar machen und er würde auch keine Sehnsucht nach ihr verspüren, denn sie war nicht seine markierte Partnerin, aber er würde wissen, dass es hier auf der Erde einen Abkömmling von Everis gab. Es war denkbar, dass er sie für sich selbst haben wollte. Er würde sie aufspüren und wenn das Göttliche ihn nicht daran hindern sollte, würde sie genauso enden … wie meine Schwester.

Jetzt war klar, warum ich auf Everis nie eine Partnerin für mich gefunden hatte, warum die Frauen dort mich kaum interessiert hatten. Meine Markierung war nie heiß geworden, hatte nie geglüht wie jetzt.

Aber ich musste Neron aufspüren, ihn schnappen und für Gerechtigkeit sorgen. Der Rat der Sieben wollte, dass ich ihn einfing und zurück ins Gefängnis brachte. Aber nach dem, was er meiner Zwillingsschwester Maddilline angetan hatte, war ich eher geneigt, ihn ein für allemal auszuschalten. Meine Maddie. Ich wollte ihm sehnlichst den Garaus machen. Aber der brennende Stich meiner Markierung verlangte, dass ich eine neue Richtung einschlug.

Ich musste meine markierte Partnerin finden. Mir blieb keine andere Wahl. Mein Körper würde mir keine lassen. Weiter von ihr getrennt zu sein würde nämlich schmerzhaft werden und meine Erregung würde immer intensiver werden, bis ich ganz verrückt nach ihr werden würde. Mein Verlangen nach ihr würde jeden meiner Gedanken bestimmen. Jeden Moment würde ich mich fragen, wo sie war, was sie gerade machte, ob sie sicher war. Ich würde ein schwanzgesteuerter Sklave werden, ein Knecht meines Samens, der in ihren Schoß gepflanzt werden wollte. Ich würde sie wie besessen markieren, beschützen, ficken und erobern wollen, damit unsere Handflächen sich fanden und unsere Markierungen dort uns als Partner vereinten. Für immer.

Sie würde mir gehören.

Nein, sie gehörte mir bereits; ich musste sie nur noch finden.

Ich konnte nicht länger warten.

Also faste ich mir hinters Ohr und aktivierte das Kommunikationssystem in meinem Schädel, das OsteoCon oder O-C. “Kommandant.”

“Leg los.” Thorn, unser Anführer, war klar und deutlich zu hören und seine tiefe Stimme in meinem Kopf war inmitten der schwankenden Grashalme der Prärie und dem gelegentlichen Vogelgezwitscher im Morgengrauen irgendwie fehl am Platz. Wir waren einem geografischen Tracker an Nerons Schiff auf diesen Planeten gefolgt und jeder von uns hatte eine andere Beute zugewiesen bekommen.

Da Nerons Verbrechen gegen meine Familie gerichtet war, gehörte er mir. Thorn jagte im Auftrag unserer Herrscher, der Sieben, und sein Ziel war ein Killer, der einen unserer ranghöchsten Generäle in der Koalitionsflotte ermordet hatte. Jace und sein Bruder Flynn waren einfache Söldner, die nur am Kopfgeld für ihren Mann interessiert waren. Die Brüder waren knallharte Krieger, sie waren wild und widerspenstig, schließlich waren sie auf dem geheimnisvollen Kontinent Ryntor aufgewachsen. Viel war mir zwar nicht über die beiden bekannt, aber sie waren niedere Mitglieder innerhalb ihrer Familie und hatten noch ältere Brüder. Es war unwahrscheinlich, dass sie großen Reichtum oder Ländereien erben würden und hatten folglich beschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie behaupteten zwar, dass sie es auf das Kopfgeld abgesehen hatten, ich aber vermutete, dass sie vor allem aus Spaß auf die Jagd gingen.

Wirklich sicher sein konnte man sich dabei allerdings nicht, denn das Kopfgeld für jedes unserer Ziele war mehr als genug, um dafür zu sorgen, dass keiner von uns je wieder auf Jagd gehen musste.

Dass die Sieben uns auch gleich ein hochwertiges Langstreckenschiff zur Verfügung gestellt hatten, war ein weiterer Segen. Das Raumschiff bot mehr Platz als wir benötigten und war für bis zu zwanzig Mann ausgelegt. Während der sechstägigen Reise bis zur Erde durch das Labyrinth an Transportstationen der Koalition waren wir vier uns wie Geister auf einem verlassenen Schiff vorgekommen. Unser Schiff war jetzt sicher in den Bergen hinter mir versteckt. Die Aurora hatte Schutzschilde und fortschrittliche Waffen, die die Sicherheit meiner Partnerin garantieren würden, vorausgesetzt, ich würde sie von diesem primitiven Planeten runter und auf das Schiff bekommen.

“Hier spricht Maddox.” Ich seufzte, denn Thorn würde von meinen nächsten Worten alles andere als begeistert sein. “Es gibt ein Problem.”

Eine Pause. Ich sah, wie der Himmel im Osten grau wurde. Bald würde der einzelne Stern der Erde aufgehen.

“Erkläre.” Thorn war ziemlich wortkarg, solange jedenfalls ein einzelnes Wort ausreichte.

“Eben bin in von meinem vierten gemeinsamen Traum aufgewacht. Meine Markierung steht in Flammen, Thorn. Meine Partnerin ist hier.”

Noch eine Pause. “Deine Partnerin ist hier?” Seine Verwunderung war so deutlich zu hören, dass er auch hätte neben mir sitzen können. “Bist du sicher?”

“Ja.” Ich dachte an das zarte Gefühl ihrer inneren Oberschenkelseite zurück, an die straffe Faust ihrer feuchten Mitte, als sie meinen Schwanz in sich aufgenommen hatte. Ja, ich hatte von ihr geträumt. “Ich kann nicht zulassen, dass Neron sie findet. Ich kann sie nicht schutzlos lassen. Ich muss sie an Bord unseres Schiffes bringen, bevor ich die Jagd beenden kann.” Aber sobald meine Partnerin in Sicherheit war, würde ich Neron gnadenlos nachstellen.

“Ich habe nichts von ihr gespürt,” entgegnete er. Er musste ebenfalls erst noch seine markierte Partnerin finden. Tatsächlich hatte keiner von uns auf dem Schiff sie gefunden, denn andernfalls hätten wir uns nie auf eine so waghalsige Mission begeben und Everis verlassen.

“Sie gehört mir.” Fast hätte ich meinen Kommandanten angeknurrt, aber er lachte nur.

Seine nächsten Worte beschwichtigen etwas Dunkles und Besitzergreifendes in mir, das mit jedem Moment stärker zu werden schien. “Ich muss außerhalb ihrer Reichweite sein.”

“Gut. Bleib dort.”

Er lachte. “Beruhig dich, Maddox. Ich habe nicht die Absicht, einer unverpartnerten Frau nachzustellen; schon gar nicht, wenn sie wirklich für dich ist.” Die Vorstellung, dass sich der große Typ mit den grimmigen Zügen zu ihr hingezogen fühlen könnte, nur weil sie ledig und in der Nähe war, ließ mich die Fäuste ballen. Viele Frauen auf Everis hatten es auf Thorn abgesehen, sie bettelten regelrecht darum, dass er in ihr Bett stieg. Normalerweise hatte ich mir nie Gedanken darum gemacht oder mich gefragt, warum die Frauen auf ihn standen. Er war groß, genau wie ich, aber während ich dunkle Haare und gletscherblaue Augen hatte, waren seine Haare golden und seine Augen so dunkel wie die Tiefen des Weltraums.

“Sie gehört mir,” wiederholte ich, getrieben von Paarungslust.

“Offensichtlich.” Seine Antwort klang nüchtern. “Du hast bereits den Verstand verloren. Keine Sorge. Ich bin mit meiner eigenen Beute beschäftigt. Neron ist nicht der einzige Mistkerl, der entwischt ist. Hol deine Partnerin und melde dich, sobald sie in Sicherheit ist.”

Ich war erleichtert. Hätte Thorn beschlossen, dass Jace und Flynn mir zur Hilfe kommen sollten, dann hätte ich ständig unter Spannung gestanden, bereit, die beiden abzuwehren um sie zu beschützen. Ich war zuversichtlich, dass ich mit Neron klarkommen würde. Ich kannte ihn. Kannte seine Vorgehensweise. Solange ich mich nicht in allergrößter Not befand, zog ich es vor meine Partnerin von allen anderen Everianischen Männern fernzuhalten. Sogar von Thorn. Sollte ich ihre Hilfe brauchen, würden sie sofort zur Stelle sein, soviel stand fest. Ich hoffte einfach, dass es nicht soweit kommen würde.

“Gut. Du hältst dich schön fern von ihr, außer ich rufe dich,” erwiderte ich. Das war das einzige Mal, dass es mir meinem Vorgesetzten gegenüber an Respekt mangelte.

“Verstanden.” Ich konnte die Belustigung in Thorns Stimme heraushören, aber seine nächsten Worte waren voller Ernst: “Neron wird nicht so verständnisvoll sein. Du musst dich beeilen, Maddox. Ich muss dir nicht erklären, was er mit ihr anstellen wird, sollte er sie zuerst finden.”

Meine Nasenflügel blähten sich auf vor Wut. “Nein, musst du nicht.” Wenn Neron herausbekommen sollte, dass die Erdenfrau meine markierte Partnerin war, dann würde er ihr wehtun um mich zu vernichten, genau wie er versucht hatte meine Familie zu vernichten. “Er weiß nicht, was sie mir bedeutet.”

“Das ist egal. Er ist Abschaum. Er wird ihr wehtun, nur um ihre Schreie zu hören. Finde sie und bringe sie zu unserem Schiff, damit wir sie beschützen können.”

“Das werde ich.” Die Gewissheit, dass sie meine Partnerin war, benachteiligte mich, denn mein Verstand war vor Hunger wie vernebelt und ich wurde vom Sextrieb gesteuert. Sollte Neron über sie Bescheid wissen, würde er sie mit klarem Kopf und berechnender Präzision aufspüren. Bestenfalls würde die Neugierde ihn anspornen. Und schlimmstenfalls—ich konnte nicht einmal daran denken.

Ich hatte ihre Träume geteilt und ihre Anwesenheit ließ meine Sinne genauer aufhorchen als das fortschrittlichste Navigationssystem des Universums. Bis zum Nachteinbruch würde sie in meinen Armen liegen.

 

Ich hatte keine Ahnung, wo sie war, und doch wusste ich genug. Ich kannte ihr Aroma. Mir war klar, dass ich sie unter mir spüren musste, mit meinem Schwanz in ihrer Pussy und meinem Samen, der sie ausfüllte und markierte und sie für immer an mich band. Solange sie nicht von mir beansprucht und an Bord unseres Schiffs war, würde sie nicht sicher sein.

Ich hatte Thorn schon ganz vergessen, bis er sich wieder meldete: “Ich werde Jace und Flynn Bescheid geben, aber wir werden erst kommen, wenn du uns rufst. Nach deiner Verpartnerung.”

“Ich halte euch auf dem Laufenden, allerdings bezweifle ich, dass ich Neron nachstellen werden muss. Sobald er meine Partnerin spürt, wird er zu mir kommen.” Wir alle jagten überaus intelligente und gerissene Männer. Männer, die es geschafft hatten, aus einer der Hochsicherheitsminen auf Everis’ Mond auszubrechen. Sie waren die Ersten in dreihundert Jahren, die aus Incars Minen entkommen waren und der Rat der Sieben wollte unbedingt herausfinden, wie sie das zustande gebracht hatten. Wir alle vermuteten, dass sie Hilfe von innen hatten, von einem Verräter, aber um das herauszufinden mussten wir erstmal die Sträflinge fassen.

Das war Thorns Problem, nicht meines. Ich wollte nur meine Partnerin in Sicherheit wissen und Neron tot sehen, und zwar in dieser Reihenfolge. Thorn war scheinbar einverstanden.

“Du musst sie zuerst finden. Erobere sie, mach sie zu deiner Partnerin und bring sie in Sicherheit.”

Ich nickte, obwohl er mich nicht sehen konnte. “Genau das habe ich vor. Maddox Ende.”

Als das Gespräch zu Ende war, sah ich zu, wie der Himmel rosa wurde und die Sterne meiner Galaxie mit den Farben der irdischen Morgendämmerung verschwanden. Das Spektakel war wunderschön und gar nicht so anders wie der Sonnenaufgang auf Everis, allerdings hatte unser Himmel eine etwas andere Färbung mit mehr Violett.

Ich sattelte mein Pferd und ließ mir dabei Zeit, denn die Aufgabe war neu für mich. Das Pferd trat zur Seite, offenbar war es genervt von meiner Stümperei.

“Brrr, Pferd. Ich bin gleich fertig.” Ich klopfte dem großen, intelligenten Tier auf den Nacken bis es wieder stillhielt, dann schnallte ich den Sattel fest und lud eilig meine Ausrüstung in die Satteltaschen. Dass meine Hände dabei zitterten, ignorierte ich jedoch.

Ich musste sie finden. Der Traum würde heute Nacht wiederkehren, jede Nacht würde er wiederkehren, und zwar bis unsere Markierungen sich trafen, bis wir verpartnert waren. Aber ich wollte nicht länger nur von ihr träumen. Ich wollte sie.

Ich hob meinen Fuß in den Steigbügel und setzte mich auf das Tier, dann drehte ich es in Richtung meiner Partnerin und trat das Pferd in den Galopp. Ein einziges Wort ging mir dabei wie ein Gesang durch den Kopf.

Mir.


Cassie

“Herr Bernot bittet um mehr Kaffee,” sprach Herr Anderson und nahm mit einem Lappen in der Hand die Kanne vom Herd.

“Das wette ich,” sprach ich leise zu mir selbst.

Es war Abendessen und die Gäste verspeisten gerade ihr gebackenes Hühnchen und die grünen Bohnen, die ich im Garten gepflückt hatte. Ich war dabei, die Sahne für den Blaubeerkuchen zum Nachtisch aufzuschlagen. Mit der freien Hand wischte ich mir die Stirn, denn die Ofenhitze und der Herd machten die Küche trotz offener Hintertür unheimlich warm.

Dann klingelte es an der Haustür. Er seufzte und stellte die Kanne zurück auf den Herd. “So viel zum Thema helfen.”

Ich bot ihm ein zaghaftes Lächeln an, als er aber aus dem Raum war, um die Tür zu öffnen, verflog auch schon meine aufgesetzte Fröhlichkeit. Herr Bernot war ein Problem; er hatte die Angewohnheit mir seine unerwünschte Hand auf den Hintern zu legen, sobald ich ihn am Tisch bediente.

Keiner der anderen Gäste bemerkte es, denn er war ziemlich gerissen. Entweder das oder den anderen Reisenden war es schlichtweg egal. Wenn ich Herrn Bernot einen finsteren Blick zuwarf, grinste er einfach. Er war mit seinem braunen Haar und Schnurrbart recht gutaussehend, aber die Blicke, die er mir zuwarf, machten mir Gänsehaut. Bis zu seiner Abreise würde ich wohl mehr Zeit als üblich in der Küche verbringen—und meine Schlafzimmertür abschließen. Sogar oben auf dem Dachboden musste ich vorsichtig bleiben.

Aber jetzt musste ich dem Mann erstmal Kaffee anbieten oder Herr Anderson würde mich für nachlässig halten.

Also stellte ich Schüssel und Schneebesen beiseite, wischte mir die Hände mit einem Lappen ab und nahm die Kaffeekanne. Im Moment hatten wir zwei Gäste, Herr Bernot und einen älteren Herren, der seit kurzem verwitwet war und der den Winter bei seiner Schwester verbringen wollte.

Ich war mit einundzwanzig Witwe geworden und obwohl mir seine Gesellschaft fehlte, so sah mein Leben jetzt nicht viel anders aus, als zu der Zeit als mein Ehemann Charles noch am Leben war. Unser Gast aber hatte über vierzig Jahre mit seiner Frau verbracht und ohne sie wirkte er betrübt und wirklich verloren.

Auf dem Weg zum Tisch im Esszimmer füllte ich anstandshalber zuerst dem älteren Mann die Tasse auf. Gerne hätte ich mich über den Tisch gebeugt, um auch Herrn Bernots Tasse zu erreichen, der aber hielt sie vor sich ausgestreckt und ich war gezwungen um den Tisch herumzulaufen, um ihn zu bedienen.

Mistkerl.

Mit einem aufgesetzten Lächeln ging ich um den Tisch und schenkte ihm sein Getränk ein. Selbstverständlich musste er wieder Hand anlegen. Ich erstarrte und wich zurück, er aber drückte mir seine Hand auf den Arsch und stoppte meinen Rückzug. Der alte Mann bekam nichts davon mit; er war dabei sich Zucker in seine dampfende Tasse zu streuen.

“Herr Bernot—” Ich fauchte und war bereit den Typen zum Teufel zu jagen, aber genau in diesem Moment trat Herr Anderson in den Raum und aus Respekt hielt ich den Mund, schließlich wollte ich vor einem potenziellen Gast keine Szene machen, denn Herr Anderson war nicht allein.

“Wie Sie sehen können, essen wir alle gemeinsam. Frühstück ist um sieben, Mittagessen um zwölf und Abendbrot um fünf.”

Herr Bernot nutzte die Gelegenheit; als Herr Anderson gerade einen gutaussehenden Gentleman in den Speisesaal führte, kniff er mir tatsächlich in den Arsch. Ich hätte ihn am liebsten geohrfeigt, aber das Geburtsmal in meiner Handfläche, das sich zuvor nur etwas warm angefühlt hatte, fühlte sich plötzlich an, als ob ich meine Hand über eine Kerze hielt. Der Schmerz loderte einige Sekunden lang auf und verblasste wieder, aber der scharfe Stich entlockte mir ein schockiertes Keuchen.

Herr Bernots Mundwinkel bog sich nach oben und ich erkannte diesen gewissen Ausdruck in seinen Augen. Er hatte den Laut als Zustimmung für seine Aktion gedeutet, was unzutreffender nicht hätte sein können.

“Es riecht köstlich. Tut mir leid, dass ich mich zum Abendessen verspätet habe.”

Ich riss den Kopf herum, denn ich war sicher, dass ich diese tiefe Stimme schonmal gehört hatte. Ohne weiter auf Herrn Bernot zu achten, inspizierte ich den Mann, der jetzt neben Herr Anderson am Eingang zum Esszimmer stand. Im Vergleich zur kleinen Statur und runden Figur meines Chefs war der Neuling ein Hüne. Er hielt seinen Hut in der Hand, aber sein Kopf reichte fast bis zum Türrahmen. Er war wuchtig, mit breiten Schultern und einer massigen Brust; aber er war nicht fett. Nur feste, magere Muskeln. Überall.

Ich bemerkte sein dunkles Haar, das vom Hut plattgedrückt war und an den Enden leichte Wellen schlug, die ich am liebsten zwischen meinen Fingerspitzen reiben wollte. Sein Kiefer war quadratisch und mit einem jungen Bart bedeckt. Ich verspürte den absurden Drang, meine Lippen gegen seinen Bart zu reiben und seine Konsistenz zu testen. Seine auffallend blauen Augen aber waren es, die mich in seinen Bann zogen, vor allem, weil sie genau auf mich gerichtet waren. Also genauer gesagt nicht auf mich, sondern auf Herr Bernots Hand auf meinem Hintern.

Meine Wangen fingen an zu glühen und ich riss mich von Herrn Bernot los. Ich wirbelte herum und eilte in die Küche zurück, um die Kanne wieder auf den Herd zu stellen. Als ich nun dort stand, rieb ich mit dem Daumen über das Geburtsmal, das jetzt nicht länger brannte, sondern genauso aufgeregt pochte wie mein Herz.

Dieser Mann. Das war er.

Der Mann aus meinen Träumen.

3


Cassie

Die Träume hatten mir zwar nie das Gesicht meines Liebhabers offenbart, aber ich kannte diese Stimme. Diesen tiefen Klang, den rauen Nachhall. Er hatte zwar vom Essen gesprochen, aber sein “Ich finde dich,” waren die Worte, die ich nie vergessen würde.

Ich lehnte gegen den Arbeitstisch und rieb meine Handfläche, um irgendwie das Kribbeln zu stoppen. Träume wurden nicht einfach so wahr. Ich musste es mir eingebildet haben. Seine Stimme klang ähnlich, war aber nicht dieselbe. Es konnte nicht derselbe Mann sein. Das war einfach unmöglich. Niemand träumte von Leuten, die er noch gar nicht getroffen hatte.

Warum reagierte mein Körper dann dermaßen extrem auf ihn? Meine Atmung war abgehakt, meine Haut gerötet und aufgeheizt. Und es lag nicht am Ofen. Nein, diese Hitze kam von innen, mein Körper wärmte sich auf, als wollte er sich für ihn bereitmachen, als ob er seine Berührung erwartete. Meine Nippel scheuerten hart und empfindlich gegen das unnachgiebige Korsett. Und weiter unten war ich ganz sehnsüchtig.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich fühlte mich … aufgewühlt, wie kurz vorm Nervenzusammenbruch. Ich lief in der kleinen Küche auf und ab und rieb mit dem Daumen über mein Geburtsmal. Der Kaffee war bereits serviert worden und es gab keinen Grund, um ins Esszimmer zurückzukehren. Unruhig nahm ich die Sahneschüssel und fing wieder an zu rühren. Ich hatte irgendwie mehr Energie und der Kuchenbelag würde diesen zusätzlichen Eifer abbekommen. Herr Anderson kam durch die Tür und führte wie üblich Selbstgespräche. Ich ließ nicht von meiner Arbeit ab, denn sie verschleierte meine Unruhe.

“Der nette junge Mann wird für drei Tage bleiben,” sprach er und machte sich daran einen Teller randvoll mit übriggebliebenem Essen zu füllen.

Nett war nicht gerade das Wort, mit dem ich den Mann beschrieben hätte. Eher kräftig, düster, intensiv. Und dieser Schwanz erst. Ich wusste, wie er sich anfühlte, wenn seine Dicke meine Pussy dehnte, wenn seine Länge mich komplett ausfüllte. Ich kannte seinen Geruch und wusste, wie er schmeckte. Ich kannte seine kraftvollen Hüftstöße und die Glut seiner Küsse.

“Ich werde ihm einen Teller hinstellen, während die anderen ihren Kuchen essen,” fügte er hinzu und nahm sich eine Minute Zeit. “Nun, Cassie, diese Sahne sieht perfekt aus.”

Ich schaute und runter und sah, dass der weiße Belag dick und steif war. Ich hatte dermaßen gedankenverloren aus dem Fenster gestarrt, dass ich es gar nicht bemerkt hatte. Während ich Herrn Anderson dabei half, mehrere Stücke Kuchen mit einem Klecks Sahne zu überziehen, dachte ich weiter an ihn. Sein hellblaues Hemd spannte leicht. Seine Hosen saßen ziemlich tief auf seinen schmalen Hüften und konnten seine kräftigen Oberschenkel nicht verbergen. Dann kam mir wieder dieser Traum in den Sinn—nein, diese Träume, denn ich hatte vier Nächte hintereinander davon geträumt—und das Gefühl von dem Mann, als er auf mir drauf lag. Ich dachte daran, wie der Fremde mich berührt hatte, wie er sein Knie tief zwischen meine Schenkel geschoben und meinen Kopf für einen Kuss zur Seite geneigt hatte.

Und jetzt kannte ich sein Gesicht.

“Hat er—” Ich leckte mir die Lippen und versuchte so unaufgeregt wie möglich zu klingen, “—einen Namen, unser Neuankömmling?”

Herr Anderson stellte den garnierten Kuchenteller auf ein Tablett. “Herr Maddox.”

Er hob das Tablett, ging zur Tür und stieß sie mit der Hüfte auf, um ins Esszimmer zu gelangen.

Herr Maddox.

Ich legte meine Hand auf meinen Bauch. Ich spürte Schmetterlinge, Bienen—nein, Hornissen in mir herumschwirren. Ich hatte ihn nur ein paar Sekunden lang gesehen und doch hatte ich bereits so viele Details aufgeschnappt. Ich stützte die Hand auf eine Stuhllehne am Tisch und versuchte mir auszumalen, was er wohl von mir dachte. Er hatte den Raum und die Gäste betrachtet, dann mich. Er hatte mich ins Visier genommen, seine hellen Augen hatten abwägend und aufmerksam geblickt. Oh gütiger Himmel.

 

Mein Haar war eine Katastrophe und ich hatte den ganzen Tag über in der Küche geschuftet. Der Schweiß stand mir auf der Stirn, weil mein Körper damit bemüht war mitten im Juli die Hitze des Holzofens zu überstehen. Schlimmer noch, Herr Maddox hatte mich gar nicht wirklich angeschaut. Er hatte die Hand auf meinem Arsch betrachtet.

Er musste mich für eine Schlampe halten, weil ich den Gästen erlaubte mich anzutatschen und auf so unangemessene Art und Weise Hand anzulegen. Die bloße Vorstellung, dass er so von mir denken würde trieb mir die Tränen in die Augen. Ich war am Boden zerstört. Warum? Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte weniger als eine Minute in seiner Gegenwart zugebracht. Es müsste mir peinlich sein, dass er mich in dieser Situation ertappt hatte, aber Herr Bernot hatte sich anstößig verhalten, nicht ich. Ich schämte mich immer noch, und zwar aus demselben Grund, weshalb ich Herrn Anderson nichts von den Annäherungsversuchen des Mannes erzählt hatte.

Herr Anderson würde mir zwar glauben, aber Herr Bernot konnte er deswegen nicht zur Rede stellen, denn es war das Wort einer Frau gegen das Wort eines Mannes. Herr Bernot würde wahrscheinlich sagen, dass ich versucht hätte ihn zu verführen; eine Witwe, die bei einem Mann auf der Durchreise vorübergehend Trost suchte. Was konnte Herr Anderson schon dagegen tun? Den Mann als Gast verlieren? Diese Dinge waren auch früher schonmal vorgekommen und ich hatte einfach gelächelt und die Zähne zusammengebissen und mich mit meinem Schicksal als Frau im Westen abgefunden. Aber diesmal hatte Herr Maddox den Übergriff mitbekommen und aus irgendeinem Grund war mir extrem wichtig, was er von mir dachte.

Herr Anderson kehrte in die Küche zurück und murmelte still vor sich hin, während er das leere Tablett auf den Tisch stellte. Dann hielt er inne und blickte mich an. “Was ist los?” wollte er wissen und runzelte besorgt die Stirn.

Ich schniefte, denn ich war nicht bereit ihm die Wahrheit zu erzählen, schließlich verstand ich selbst nicht, was mit mir los war. Abgesehen davon war er ein Mann und mit meinen Launen und romantischen Wunschvorstellungen würde er herzlich wenig anfangen können. Ich konnte ihm nicht erzählen, dass Herr Maddox etwas in mir ausgelöst hatte, dass ich jetzt Dinge wollte, die ich mir vorher nie hätte vorstellen können. Ich würde ihm niemals das merkwürdige Gefühl der Narbe in meiner Handfläche erklären können, die jetzt vor Hitze nur so kribbelte oder das befremdliche Verlangen, das die Stelle zwischen meinen Beinen jetzt ganz feucht werden ließ. Das würde er nie verstehen.

Ich war ein emotionales Wrack. War es womöglich die Erschöpfung? Die vergangenen vier Nächte hatten meine Träume mich aufgeweckt. Für meine Tränen gab es keine greifbare Erklärung, aber insgeheim wusste ich, dass meine Bestürzung mit Herrn Maddox zusammenhing.

“Ich … ich habe mir die Hand verbrannt.” Ich schwenkte sie durch die Luft, aber schnell, damit er die fehlende Röte nicht mitbekam. Es war gar nicht so weit hergeholt, denn das verfluchte Geburtsmal brannte tatsächlich.

Er beäugte mich mit hochgezogener Augenbraue, dann deutete er mit dem Kopf zur Hintertür. “Geh raus und kühl dich ab. Bald muss der Abwasch gemacht werden.”

Ich entgegnete nichts darauf, sondern nickte nur kurz und flüchtete nach draußen. Die abendlichen Pflichten würden sich zwar nicht von alleine erledigen, aber der Abwasch konnte warten.

Ich ging um den Hühnerstall herum und kletterte über den kleinen Stapel Holzscheite aufs Dach. Dort setzte ich mich, winkelte die Beine an und legte den Kopf auf die Knie. Es war der einzige Ort auf dem Grundstück, an dem ich wirklich allein sein konnte. Ich blickte über die meilenweite Prärie hinaus und auf das Gras, das in der sommerlichen Brise wehte und sich in der Sonne wie Gold kräuselte.

Ich selbst sah mich oft wie ein Mädchen in einem Grimm’schen Märchen, besonders wie dieses arme Mädchen, das ununterbrochen arbeiten musste, am Feuer schlief und dann mit lauter Asche bedeckt aufwachte. Aschenputtel war ihr Name. Ihr Dasein war voller Elend, schlimmer als meins. Ich hatte einen anständigen Job und einen guten Arbeitgeber, einen gottesfürchtigen Mann, der mir für meine Arbeit einen fairen Lohn und ein Dach über dem Kopf bot. Ab und zu war er wirklich nett. Ich war keine Sklavin mit bösen Stiefschwestern oder einer giftigen Stiefmutter, die mich am liebsten tot gesehen hätte. Es gab keinen Zauberbaum, Vögel als Freunde oder magische goldene Schuhe und keinen Prinzen in einem entfernten Schloss, der mir nach dem Ball nach Hause folgte und um meine Hand anhielt.

Ich war einfach nur ich, das Waisenmädchen, das auch noch Witwe geworden war und sich mit einem Leben im Dienste der anderen abgefunden hatte, Menschen, die die unglaublichsten Abenteuer erlebten.

Da war ich nun und träumte Nacht für Nacht diese albernen, lächerlich obszönen Träume über einen Mann, den ich nicht kannte und mit dem ich auch nie zusammen sein würde. Aber, Gott möge mir helfen, ich wollte ihn. Ich wollte genau das empfinden, wenn er mich in meinen Träumen berührte. In seinen Armen kam ich mir bedeutend vor, wertgeschätzt. Ich fühlte mich geliebt und das war etwas, was ich nie gekannt hatte, denn selbst Charles war ich zwar gelegen gekommen, aber begehrt hatte er mich nie.

Zu weinen würde nichts nützen, es würde mir keinen Trost spenden oder meine Einsamkeit lindern. Aber ich dachte an den Fremden im Esszimmer und tat es trotzdem.


Maddox

Ich setzte mich genau dem Idioten gegenüber, der es gewagt hatte meine Partnerin anzufassen und verspeiste die einfache Mahlzeit. Ohne etwas zu schmecken. Meine Partnerin war geflohen; ich hatte gehört wie Herr Anderson, der ältere Gentleman ihr gesagt hatte sie solle nach draußen gehen, um sich auszuruhen. Was Herrn Bernot wahrscheinlich gerade das Leben gerettet hatte. Wäre ich nämlich noch einmal gezwungen gewesen, seine unerwünschten Avancen meiner Partnerin gegenüber mitanzusehen, dann war ich nicht sicher, ob ich meinen wütenden, animalischen Instinkt noch einmal hätte kontrollieren können.

Das Arschloch wollte doch glatt ins Gespräch kommen.

“Und, Herr Maddox, woher haben Sie gesagt kommen Sie nochmal?”

“Das habe ich nicht gesagt.”

“Ah … einer von dieser Sorte, was?” Er wischte sich die Creme von seinem lächerlich gekrümmten Gesichtshaar über der Oberlippe und nickte, als wäre er ein Gelehrter und ich sein gegenwärtiges Forschungsobjekt. “Keine Sorge, Sie müssen es nicht erzählen, wenn Ihnen nicht danach ist.”

“Mir ist nicht danach.”

Herr Bernot hob seine Kaffeetasse hoch und winkte unserem Gastgeber zu. “Ist Miss Cassie in der Nähe? Sagen Sie dem Mädchen, dass ich mehr Kaffee brauche.”

Ich stand auf, packte das Handgelenk des sehr viel kleineren Mannes und zwang ihn die Tasse wieder auf die Untertasse zurückzustellen, sodass die dunkle Flüssigkeit auf das Leinentischtuch tropfte. Dann beugte ich mich vor und flüsterte ihm ins Ohr: “Wenn du Cassie noch einmal anrührst, dann reiße ich dir deine widrigen Griffel ab. Hast du verstanden?”

Er starrte mich an, der Knoten in seiner Kehle ruckte auf und ab, als ob er nicht aufhören konnte seine eigene Spucke runterzuschlucken. Als er keine Antwort gab, ließ ich wieder los und nickte Herrn Anderson zu. Er grinste und trat durch die Haustür nach draußen, wo der stille Wind die Bäume rauschen ließ, die Bienen summten und die Vögel zwitscherten.

Cassie. Der Name durchfuhr mich und ich wiederholte ihn im Stillen, schwelgte in seinem Klang. Er passte zu ihr, so feminin und sinnlich.

Mir.

Erneut loderte meine Markierung auf. Cassie war in der Nähe, sehr nahe sogar und ich wollte sehnlichst ihre Haut berühren und herausfinden, ob sie genauso zart war wie in meinen Träumen. Würde ihr Duft der gleiche sein? Würde sie in der Realität dieselben lieblichen Geräusche machen, wenn ich sie verwöhnte?

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