Katastrophen im Gartenteich

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Katastrophen im Gartenteich
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Gerhard Ebert

Katastrophen im Gartenteich

Erlebnisse mit Fischen und Fröschen

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Zunächst

1. Pool für Frösche

2. Rotfeder im Eimer

3. Kummer mit Moderlieschen

4. Liebling Edwina

5. Fatale Rettung

6. Ein tieferer Teich

7. Goldorfen machen sich rar

8. Ein tückischer Feind

9. Unbekannter Räuber

10. Fehler beim Einkauf

11. Possierliche Schleierschwänze

12. Neuer Teich für Koi und Shubunkin

13. Und wieder Nachwuchs

14. Eiszeit

15. Silberpfeil gestohlen

16. Rätselhaftes Sterben

17. Falsch gefüttert

18. Der Goldbarren todkrank

19. Endlich ein Springbrunnen

20. Diebischer Graureiher

21. Teiche verbinden

22. Aufregung: eine Ringelnatter!

23. Erdkröten-Hochzeit

24. Immer wieder Rätsel

25. Die „Koi-Tragödie“

26. Erfreuliches noch

Impressum neobooks

Zunächst

Die Geschichten, die hier erzählt werden, sind keine Erfindungen. Sie haben sich zugetragen.

Wir – das heißt Vater, Mutter, Sohn und Tochter – wollten uns einen kleinen, wirklich klitzekleinen Gartenteich leisten, weil wir glaubten, dass es uns Spaß machen würde. Aber kaum hatten wir uns solch künstlichen Weiher zugelegt, erlebten wir eine Katastrophe nach der anderen. Anstatt nun enttäuscht die Finger von Teichen, Fischen und Fröschen zu lassen, mutierten wir zu reinen Narren. Wir konnten einfach nicht aufhören.

Mittlerweile besitzen wir fünf Fischteiche. Zwar sind sie, offen gesagt, sehr klein, doch für unsere Verhältnisse groß genug. Sie machen viel Mühe, bereiten allerdings inzwischen auch mancherlei Freude. Vielleicht, weil wir tapfer ausgehalten haben. Man muss viel Geduld haben, viel Ausdauer, vor allem aber harte Nerven.

1. Pool für Frösche

Angefangen hat aller Trouble nicht mit Fischen, sondern mit Fröschen. Unser Sohn hatte die Idee, für die putzigen Hüpfer einen "Pool" anzulegen. Wie er darauf gekommen war, lässt sich nicht mehr erinnern. Jedenfalls hob er eines schönen Tages mit dem Spaten ein Loch aus, kaum größer als ein Wassereimer, und passte eine alte, ausrangierte Plastik-Tischdecke hinein. Dann füllte er das Mini-Meer mit Wasser und erklärte stolz, nun würden die Frösche nicht mehr durch unseren Garten hindurchhopsen, sondern sesshaft werden.

Dazu muss gesagt werden, dass der Sohn, damals war er wohl gerade ein Schulbub geworden, gelegentlich im Garten Frösche aufstöberte und sich wunderte, weil sie entweder mal grün oder mal braun aussahen. Bald fand er heraus, dass es sich bei den Grünen um Teich- und bei den Braunen um Grasfrösche handelte. Er hätte selbstverständlich die Grünen Grasfrösche genannt. Aber leider waren weder er noch wir dafür zuständig. Das musste er akzeptieren.

Er musste auch hinnehmen, dass die Frösche mit seinem "Pool" offenbar nichts im Sinn hatten. Wenn er dort einen im Garten gefundenen Frosch ausgesetzt hatte, war der am nächsten Wochenende garantiert verschwunden.

Daran konnten Katzen schuld haben! Was wir vorher kaum beachtet hatten, fand plötzlich unsere besondere Aufmerksamkeit. Dass nämlich Katzen wegen Appetit oder aus Langeweile fast ein größeres Interesse an Fröschen hatten als wir! Eines Tages hatte doch tatsächlich so eine Mieze, die wir vorher noch gefüttert hatten und eigentlich ganz gut mochten, einen Frosch gefangen. Und sie spielte mit ihm, als sei er eine Maus. Das heißt, sie packte ihn, schleppte ihn ein Stück und ließ ihn los. Was der Frosch natürlich zur Flucht nutzen wollte. Womit nun aber die Katze nicht einverstanden war. Mit einem Sprung hatte sie den armen Kerl eingeholt und wieder im Maul.

Natürlich hätten wir eingreifen müssen! Aber eine seltsame Neugier veranlasste uns, die Katze gewähren zu lassen. Und die benahm sich, als machte sie eine Vorführung für uns. Plötzlich ertönte ein durchdringender Schrei, wie wir ihn noch nie gehört hatten. Der Frosch hatte ihn ausgestoßen. Er hatte sich wie ein Ballon aufgeblasen, aber die Katze damit nicht zu irritieren vermocht. Nun bekam mein Sohn ein schlechtes Gewissen und wollte einschreiten. Aber die Katze ergriff den Frosch kurz entschlossen und verschwand damit hinter einem Busch. Jede Hilfe kam zu spät. Unser Sohn, der die Katze verfolgte, erreichte nur, dass sie wieder zupackte und mit ihrer Beute auf des Nachbarn Grundstück ausrückte.

Als wir den Vorfall schon vergessen hatten, kam die Katze zurück. Völlig unschuldig und wie selbstverständlich legte sie den toten Frosch, dessen Kopf sie zerbissen hatte, auf den Stein vor der Tür unserer Laube. Nachdem wir den Schock überwunden hatten, verjagten wir die Katze, die das überhaupt nicht verstehen konnte, und den Frosch begruben wir mit Trauergesang. Erschüttert stand die Familie, Vater, Mutter, Sohn und Tochter, vor dem kleinen Grab. Welch Katastrophe! Solchen Gefahren also waren Frösche ausgesetzt!

Der Sohn entschloss sich, seinen Frosch-Pool mit einem Zaun zu umgeben. Uns erschien das nutzlos, zumal noch kein Frosch ansässig geworden war. Er aber ließ sich nicht davon abbringen. Er steckte in kurzen Abständen ein Sortiment Bambus-Stäbchen ringsherum und zog dann Schnur kreuz und quer. Das sah zwar nicht unbedingt schön aus, aber darauf kam es jetzt nicht mehr an. Jetzt musste für Sicherheit gesorgt werden.

Wie viel Zeit verstrichen war, kann ich nicht mehr sagen. Wir hatten die kleine Pfütze am Rande unseres Gartens fast vergessen, zumal an einem Wochenende immer viel zu tun war. Schon allein die Straße sauber zu halten, kostete viel Zeit. Dort übrigens, in einem Gully, entdeckte der Sohn eines Tages einen kapitalen Teichfrosch. Der saß in der Tiefe und fand nicht wieder heraus. Nur ein kräftiger Regenguss würde ihn retten können. Es war irgendwie seltsam. Da gab es in unserem Garten so ein schönes Wasser, aber dieser dumme Frosch missachtete das Angebot und zog es vor, im Dunkeln zu hocken.


Eines Tages jedoch, wir hatten nach der Ankunft im Garten noch nicht einmal alle Utensilien ausgepackt, erklang ein Ruf großen Entzückens. Unser Sohn stand an seinem Frosch-Pool und zeigte begeistert hinein. Eben, als er herangetreten war, sagte er, sei ein grüner Frosch in hohem Bogen vom Ufer hineingesprungen und abgetaucht. Sofort stand die ganze Familie an der Pfütze und starrte hinein. Nichts zu sehen! Schon meldeten sich Zweifel. Vor allem die Tochter glaubte ihrem Bruder nicht. Doch der erklärte bestimmt, eben einen springenden Frosch gesehen zu haben. Wir Eltern verharrten unentschlossen.

Plötzlich tauchte doch tatsächlich der Kopf eines Frosches am Ufer auf. Weil wir uns vor Begeisterung bewegten, huschte das Tier aber sofort wieder in die Tiefe. Der Frosch hielt uns wahrscheinlich für hungrige Katzen. Nun musste wieder gewartet werden. Wir überließen das den Kindern und wandten uns dem Garten zu.

Nach geraumer Zeit hörten wir, wie die beiden entzückt miteinander flüsterten und uns unmerklich zunickten. Wir schlichen hinzu. Jetzt kroch doch tatsächlich ein kapitaler grüner Frosch gemütlich ans Ufer, machte kehrt und platzierte sich in einer Nische zwischen Grasbüscheln. Wir standen und starrten, und er regte sich nicht. Sensation! Ein Teichfrosch hatte Sohnemanns Angebot angenommen und sich offenbar sozusagen häuslich eingerichtet. Unser Sohn nannte ihn spontan Paulchen. Wir fanden das lustig und stimmten zu. Andächtig und durchaus ein wenig stolz betrachteten wir unseren Gast.

 

Urplötzlich schreckte er uns auf. In hohem Bogen war Paulchen nach einer Wespe gesprungen, die auf einer Pflanze Platz genommen hatte. Das geschah so blitzschnell, dass es schon bewunderungswürdig war. Alsbald saß Paulchen wieder an seinem Platz und tat so, als sei nichts geschehen. Langsam zogen wir uns zurück. Aber die Kinder konnten sich nicht trennen.

Als wir am Abend das Grundstück verließen, war der Frosch verschwunden. Am liebsten wäre der Sohn geblieben, um Gewissheit zu haben. Auch um Katzen fern zu halten. Aber das war nicht möglich. Wir trösteten die Kinder damit, dass der Frosch nächstes Wochenende gewiss wieder zu sehen sein würde.

Und in der Tat: Als wir uns ein Woche später langsam und leise an die Pfütze heranschlichen, saß da unser grüner Freund und sonnte sich. Unser Sohn begrüßte ihn stolz, wobei er sich unachtsam zu brüsk bewegte. Hops war der Frosch abgetaucht. Aber er blieb uns treu. So lange es Sommer und warm war.

Als die kalte Jahreszeit anbrach, war Paulchen verschwunden. Wir suchten ihn vergeblich. Auf dem Grund des Wassers war er nicht zu entdecken, da half auch keine Taschenlampe. Wir trösteten unseren Sohn damit, dass – wie in klugen Büchern steht – die Teichfrösche sich für den Winter irgendwo einbuddeln. Es blieb nichts anderes übrig, als sich bis zum kommenden Frühjahr zu gedulden.

Nachdem endlich der März gekommen und der Schnee weggetaut war, besichtigte unser Sohn seinen Pool. Das Wasser war wunderbar klar und vor allem, es war noch vorhanden. Also hatte die dünne Plastfolie dem Frost widerstanden. Unseren Sohn störte allerdings, dass im Herbst so viele Blätter in das Wasser gefallen waren. Er entschloss sich, die Pfütze zu säubern.

Der Schlamm, den er herausholte, roch nicht eben angenehm. Der Geruch bestätigte, wie nützlich die Säuberung sein würde. Allzu viel Modder war es freilich nicht. Als der Sohn aus Neugier das klein Häufchen verrotteter Blätter auseinander zog, hielt er entsetzt inne. Was da halb verwest vor ihm lag, war eindeutig die Leiche eines Frosches! War es Paulchen? Woher sollten wir das wissen?

Welch Katastrophe! Der kleine Kerl hatte offenbar im Wasser überwintern wollen und war jämmerlich erfroren. Sohn und Tochter machten sich schlimme Vorwürfe. Waren sie etwa schuld am Tode des Frosches? Wir trösteten sie. Schließlich war Paulchen oder welch Frosch auch immer für seine Entscheidung selber zuständig.

Ärgerlich war natürlich, dass solch ein Frosch wegen der Folie nicht weiter hinabkrabbeln konnte, wenn's ihm am Hintern kalt wurde. Also, entschied unser Sohn, muss der Frosch-Pool tiefer angelegt werden.

2. Rotfeder im Eimer

Vier, fünf Jahre mochten vergangen sein. Unser Sohn hatte zwar lauthals verkündet, den "Pool" tiefer anzulegen, aber ans Werk war er nicht gegangen. Als er in einem Frühjahr sogar einen toten Igel aus seinem Pool zu Tage gefördert hatte, war ihm erst einmal alle Lust vergangen. Irgendwann hatte er dann in Erfahrung gebracht, dass es spezielle Teichfolie zu kaufen gibt. Da wir Eltern damals andere und weit dringendere Probleme im Kopf hatten, waren wir bislang nicht aufmerksam geworden. Nun ließen wir uns überreden, solche Folie herbeizuschaffen.

Eines schönen Tages also fuhren wir los, um in einem Garten-Center einzukaufen. Noch unterwegs hatten wir nichts anderes im Sinn als Folie für einen Frosch-Pool. Angesichts der zahlreichen kleinen und großen Plastik-Becken aber, die in dem Garten-Center verlockend angeboten wurden, änderten wir unser Programm. Plötzlich bewegte uns der Einfall, uns einen kleinen Fischteich zuzulegen. Irgendwie stand das einfach auf der Tagesordnung.

Unser Sohn weigerte sich nämlich kategorisch, in seiner Pfütze irgendwelche Fische anzusiedeln. Bei ihm sollte Natur pur zu beobachten sein. Er hatte die Hoffnung, ein größeres Wasserloch würde auch Molche anlocken und vor allem Frösche dazu verführen, Hochzeit zu feiern. Fische, erklärte er standhaft, würden da nur stören!

Während der Verkäufer die entsprechende Menge Folie für den Sohn zurechtschnitt, es sollten vier Meter Länge bei drei Meter Breite werden, beschaute ich mir die stabilen Plast-Teiche. Die Dinger waren nicht unbedingt billig. Der Kauf selbst eines kleinen Beckens für ein passables Fisch-Loch würde im Moment ein sogenanntes Haushalts-Loch verursachen. Aber wie das meist so geht. Wenn man erst einmal Feuer gefangen hat, kratzt man den letzten Groschen zusammen. Meine Frau war nicht abgeneigt. Auch sie reizte der Einfall. Also fiel die Entscheidung noch vor Ort. Wir kauften ein achtzig Zentimeter tiefes, etwa 250 Liter Wasser fassendes ovales Becken.

Bis zur Anlieferung musste nun schnell der passende Platz vorbereitet werden. Wir entschlossen uns, den Mini-Teich in unmittelbarer Nähe unserer Sitzecke anzulegen. Unseren Fischen wollten wir beim gemütlichen Kaffeetrinken zuschauen können. Mit einiger Mühe zwar, aber alsbald war ein gemäßes Loch ausgehoben.

Der künftige „Frosch-Pool“


Soeben wurde das Becken eingepasst. Die Ruhepause ist verdient. Aber noch fließt kein Wasser. Welch Vorgang eine Überraschung bringen wird...

Im Hintergrund ist ein Spalier zu sehen, an dem Heckenrosen gewachsen waren. Wir opferten es, als wir später weitere Teiche bauten...

Als das Becken angeliefert wurde, musste es nur noch eingepasst werden. Das war allerdings nicht ganz so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir wollten die Hohlräume, die unter dem Becken unvermeidlich entstanden, mit Erde zuschwemmen. Aber das klappte nicht. Das Wasser versickerte nämlich nicht so schnell, wie es nötig gewesen wäre. Im Gegenteil, es hob das Becken immer wieder hoch und aus der geplanten Position. Also gaben wir die Absicht auf. Sollten die Mäuse oder wer auch immer da unten angenehme Hohlräume finden. Und wenn sie gar auf die Idee kämen, das Plastbecken anzuknabbern, hätten wir uns damit abfinden müssen. Was sie übrigens nie getan haben. Nur einmal im Verlaufe der Zeit sah ich, dass sich ein Mäuschen da unten irgendwie häuslich niedergelassen hatte. Aber es machte uns keinen Ärger.

Jetzt beim Bau konzentrierten wir uns darauf, das Becken waagerecht zu platzieren. Obwohl wir x-mal mit der Wasserwaage hantierten, stellte sich, als wir schließlich Wasser einließen, heraus, dass wir doch nicht präzis genug gewesen waren. So eilig man es hat, solch kleines Werk zu vollenden – von jeder Hast ist abzuraten.

Noch bevor es "Wasser Marsch!" heißen konnte, musste eine Schicht Teichgrund eingebracht werden. Nackt und bloß sollte unser Teich nicht sein. Und da es die passende Teicherde in ansehnlichen Säcken zu kaufen gibt, sorgten wir denn für die unseres Erachtens gemäße Menge, fügten auch noch ein bisschen Sand aus unserem Grundstück hinzu. Sand brauchen die Fische zum Gründeln. Und bei uns sollten sie auf nichts verzichten.

Welche Überraschung nun aber, als wir endlich begannen, Wasser einzulassen. Obwohl wir ganz vorsichtig vorgingen, also jeden festen Strahl vermieden, schien es fast, als hätten wir nicht Teichgrund gekauft, sondern schwimmenden Holzmulch. Ratlos standen wir um unsere neue Errungenschaft herum. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Hatten wir zu hohe Ansprüche? Hatten wir etwas falsch gemacht? Je mehr Wasser hineinlief, desto mulmiger wurde die Brühe. Wir trösteten uns mit der Hoffnung, dass die Teicherde sich voll Wasser saugen und also schließlich absinken würde. Was nach zwei, drei Tagen bangen Wartens wirklich geschah.

Wie auch immer - die undurchsichtige Lorke enttäuschte uns erst einmal maßlos. Dennoch war ein Zustand erreicht, der unerwartet neue Überlegungen provozierte. Schließlich hatten wir noch keine Fische gekauft. Denn zuerst hatte der Mini-Teich gebaut werden müssen. Aber nun war er fertig, und kein Lebewesen darin. Abgesehen vielleicht von ein paar Mückenlarven.

Der Sohn kam auf die rettende Idee. Seine neue Folie war verlegt, eine schmucke kleine Pfütze entstanden, aber ein Frosch noch nicht eingetroffen. Jetzt sprach er aus, was ihn offenbar schon lange bewegte. Er schlug vor, von einem nahen Tümpel im Wald ein paar Kaulquappen zu holen. Das sollte man zwar nicht tun, gewiss doch, aber da dieser Tümpel im Sommer immer austrocknete, waren die Kaulquappen dort sowieso reine Todeskandidaten. In unseren Pfützen hingegen, für deren Wasser wir sorgen würden, hätten sie das reine Paradies! So zog Sohnemann denn los.

Als er mit einem halbvollen Eimer trüben Teichwassers zurückkehrte, wollten wir ihm nicht glauben, dass da Kaulquappen drin schwammen. Vorsichtig kippte er den Eimer aus, und just in dem Moment erblickte ich für Sekunden-Bruchteile etwas Silbriges, das mit dem Schwupp Brühe im Teich verschwand. Ich äußerte meine spontane Vermutung, dass ein Fisch dabei gewesen sein könnte. Unser Sohn hielt das für unmöglich. Er hatte, wie er berichtete, den Eimer einfach in ein Wasserloch gestülpt, dem letzten Rest Wasser im Tümpel, in dem sich Kaulquappen quälten. Einen Fisch aber hatte er nicht gesehen.

Nun stand und saß die ganze Familie den lieben langen Tag um unseren Teich herum, starrte hinein und hoffte, einen Fisch zu sehen. Aber da war nichts zu sehen. Jedenfalls kein Fisch. Kaulquappen hingegen tauchten ab und zu aus dem Modderwasser am Rande auf, zogen sich aber stets sofort wieder in die schützende Tiefe zurück. Womit sie uns im Grunde klar machten, wie sehr sie hier neugierigen Katzen ausgeliefert waren.


Es half alles nichts - es musste ein Schutz her. Noch bevor wir am Wochenende wieder stadtwärts zogen, musste der Teich gründlich abgeschirmt werden. Zwei Dutzend Glasfaser-Stäbe, eigentlich als Halt für Pflanzen gedacht, wurde in gebührendem Abstand ringsum gesteckt und die Zwischenräume mit Schnuren und Drähten verbunden. Das sah am Ende zwar nicht unbedingt schön aus, versprach aber Schutz.

Ziemlich abgekämpft versammelte sich die Familie noch einmal vor der Neuerung, wartete und wartete, aber ein Fisch war nicht zu sehen. Meine Beobachtung wurde in Frage gestellt, Anlass für mich, zum Aufbruch zu bitten.

Nach einer Woche voller Wenn und Aber, das schon fast lächerlich war wegen maßloser Übertreibung in Sachen Fisch, fanden wir uns denn wieder im Garten ein. Klar war, dass man den Fisch, so es ihn wirklich gab, nicht verschrecken durfte. Möglicherweise hatte er sich inzwischen wohl gefühlt, weil sicher und geborgen, und hielt sich an der Oberfläche in der Sonne auf. Also wurde entschieden, dass der Sohn zunächst allein und vor allem vorsichtig an den Teich herantreten sollte. Wir verharrten in gebotener Entfernung.

Kaum konnte er aufs Wasser schauen, erstarrte er zur Salzsäule, und zwar mit einer Miene, die purer Triumph war. Strahlend über alle Backen nickte er uns vorsichtig zu und zeigte mit einem Finger der fest an den Körper gepressten rechten Hand zum Teich. Kein Zweifel, er sah einen Fisch! Langsam rückten wir nun auch vor. Doch als wir am Ziel waren, ließ sich niemand blicken.

Eben war er da, meinte der Sohn, und zwar ein silberner Fisch von so etwa 15 Zentimeter Länge. Donnerwetter! Wie war das zugegangen? Wir rätselten und kamen zu der Überzeugung, dass wahrscheinlich ein Angler überflüssige Beute in dem Tümpel abgekippt hatte, und der Fisch hatte sich in das Wasserloch retten können. Im Moment und vorläufig war er wieder unsichtbar. Wieder stand die Familie und starrte.

Als wir dann beim Kaffee saßen und uns möglichst still verhielten, geschah die Sensation. Ein prächtiger silbriger Kerl von wirklich etwa 15 Zentimeter Länge schwamm geruhsam kreuz und quer und schnappte unablässig nach irgendwelcher Nahrung, die wir nicht erkennen konnten. Welchen Fisch hatten wir da "an Land" gezogen?

Es war gar nicht so einfach, die Art zu bestimmen. Da man anders als in einem Aquarium solch Fisch immer nur von oben und so gut wie gar nicht von der Seite sehen kann, fehlten wichtige Merkmale. Von der Größe her, fanden wir, sofern er nicht noch weiter wachsen würde, schien es zunächst einmal kein Karpfen zu sein. Als Hecht ließ er sich auch nicht einordnen. Möglich war eine sogenannte Rotfeder. Für Momente, wenn man die Flossen zu Gesicht bekam, schien es nämlich, als seien die rötlich gefärbt. Auf alle Fälle, das stand irgendwie fest, war es kein Zierfisch.

 


Damit war eine knifflige Situation entstanden. Futter, das man für Teichfische kaufen kann, konnte man wahrscheinlich an diesen "Naturburschen“ nicht verfüttern. Also musste er selber sehen, wie er in unserer für ihn gewiss zu kleinen Pfütze zurechtkommen würde. Auf alle Fälle verbot es sich, ihm noch andere Fische zuzumuten. Wie sonst sollte die natürliche Nahrung ausreichen, die mit der Zeit entstand, vielleicht Mückenlarven oder so etwas Ähnliches!

Wahrscheinlich hatten wir richtig entschieden; denn der muntere Geselle sah auch nach zwei, drei Wochen nicht etwa abgemagert aus. Auch war er nicht mehr ganz so scheu wie anfangs. Allerdings zog er sich gern zwischen die Pflanze zurück, wo er für unsere Begriffe ewig stecken konnte. Mit den Kaulquappen vertrug er sich, wie uns schien, ganz gut. Zum Glück konnten sie ihm nicht als Nahrung dienen, weil sie dafür einfach schon zu groß waren.

So begnügten wir uns denn mit einem Fisch und erfreuten uns ansonsten am Gedeihen der Kaulquappen. Viel Aufregung selbstverständlich, als wir bei einigen von ihnen kleine Beinchen entdeckten. Warum sie unterschiedlich schnell wuchsen, wussten wir uns nicht zu beantworten. Neue Aufregung dann, als sich eines Tages ein kapitaler Frosch eingefunden hatte. Er hopste vom Uferrand ins Wasser und verkroch sich misstrauisch unter die Pflanze. Würde er sich mit den Kaulquappen vertragen? Immerhin war der Teich nun sozusagen komplett von der Natur anerkannt. Wir waren richtig stolz auf unseren Pool.


Welch echte Freude, als eines Tages so etwa daumengroße Frosch-Winzlinge am Ufer saßen und in hohem Bogen ins Wasser hüpften, sobald wir näher traten. Da nebenan im Wald der Tümpel, den die Gemeinde verrotten ließ, inzwischen vollkommen ausgetrocknet war, hatten wir ganz ohne Zweifel ein wirklich gutes Werk getan. Durch unsere Hilfe hatten sich so etwa zehn bis zwölf quicklebendige Teichfrösche entwickelt. Gar nicht auszudenken, wenn die im nächsten Jahr alle am Ufer unseres Teiches sitzen würden. Nach Erkundungen in einschlägigen Büchern war unsere Pfütze in ihrer Größe bestenfalls für einen Frosch ausreichend.

Dass wir uns über den unvermeidlich herannahenden Winter keinen Kopf machten, mag daran gelegen haben, dass man schließlich im Leben auch noch über andere Dinge nachdenken muss. Jedenfalls kamen Schnee und Eis schneller und früher, als wir angenommen hatten. Wir trafen unseren Teich mit einer Schicht Eis an und sahen mit Entsetzen, dass einige der Frosch-Winzlinge offenbar überhaupt keine Ahnung davon gehabt hatten, dass es Winter geben würde. Jedenfalls lagen sie erfroren am Rande. Sie hatten keinerlei Anstalten gemacht, sich irgendwohin zu verkriechen.

Und der Fisch? Wohin sollte der sich verkrümeln? Da er unterm Eis nicht zu erkennen war, trugen wir uns mit der Hoffnung, dass er wenigstens tief genug abgetaucht war. Freilich würde es da ein Problem geben. Unser Becken war nämlich so tief nicht, wie in sachkundigen Büchern zu Recht empfohlen wird. Wahrscheinlich waren die Becken-Hersteller davon ausgegangen, dass man seine Fische vor Ausbruch des Winters herausfischt. Auf die Idee waren wir einfach nicht gekommen.

Andererseits, wenn wir jetzt darüber nachdachten: Unser Fisch war ja gar nicht geeignet für ein Aquarium oder irgendein Wasserglas. Das war ja ein Naturbursche. Der musste selber sehen. Was ihm offenbar nicht gelang. Denn als wir im Frühjahr bei erstem Tauwetter nachschauen wollten, wie es ihm ergangen war, sahen wir das Elend. Unterm Eis, das durchsichtig geworden war, lag er quer in voller Länge. Er war der erste Fisch, der uns gestorben ist. Es sollte leider nicht der letzte gewesen sein.