Kostenlos

Schöpfungen der Ingenieurtechnik der Neuzeit

Text
0
Kritiken
iOSAndroidWindows Phone
Wohin soll der Link zur App geschickt werden?
Schließen Sie dieses Fenster erst, wenn Sie den Code auf Ihrem Mobilgerät eingegeben haben
Erneut versuchenLink gesendet

Auf Wunsch des Urheberrechtsinhabers steht dieses Buch nicht als Datei zum Download zur Verfügung.

Sie können es jedoch in unseren mobilen Anwendungen (auch ohne Verbindung zum Internet) und online auf der LitRes-Website lesen.

Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Überaus segensreich hat sich die drahtlose Telegraphie bei Schiffsunfällen erwiesen, indem sie die mit Sendeapparaten ausgestatteten Schiffe in den Stand setzte, andere Schiffe mit Erfolg um Hilfe zu bitten. Zeigt die Antennenanlage des Dampfers »Imperator«.

VIII. Neuzeitliche Riesendampfschiffe

Bevor wir uns der Beschreibung einiger neuzeitlicher Riesendampfschiffe zuwenden, ist es für das Verständnis der nachstehend angegebenen Größenverhältnisse der Schiffe erforderlich, die Erklärung einiger sich stets wiederholender Fachausdrücke zu geben.

Unter dem Deplacement eines Schiffes versteht man das Gewicht derjenigen Wassermenge, die das Schiff, wenn es schwimmt, verdrängt; man begegnet daher auch häufig an Stelle des fremdsprachlichen »Deplacement« dem gut deutschen Wort »Wasserverdrängung«. Nach dem »Archimedischen Prinzip«, das seinem Entdecker den hinfort zum Schlagwort gewordenen Ausruf »Heureka!« Ich hab's gefunden! entlockte, verdrängt das schwimmende Schiff eine Wassermenge, die genau so viel wiegt wie das Schiff selbst mit seinem sämtlichen Inhalt. Die Wasserverdrängung wird angegeben in Tonnen zu je 1000 kg. Für die Zwecke der Schiffsvermessung, welch letztere maßgeblich ist für die Ladefähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Schiffs sowie für die Berechnung der Lotsengebühren, Kanal- und Hafenabgaben, sowie der Zölle, gilt als Einheit die Registertonne. Dieselbe beträgt 100 englische Kubikfuß oder 2,83 cbm. Mißt man den gesamten Inhalt der sämtlichen Räume eines Schiffs einschließlich der bei den jetzigen Riesenschiffen oft sehr erheblichen Aufbauten in Kubikmetern und dividiert man den auf diese Weise gefundenen Betrag durch 2,83, so erhält man den Bruttotonnengehalt des Schiffs.

Für die Bemessung der von einem Schiffe zu leistenden Abgaben kommt dessen Fähigkeit, gewinnbringende Ladung zu befördern (Stauvermögen), in Betracht. Diese wird dargestellt durch den Nettotonnengehalt und wird festgestellt, indem von dem vorstehend genannten Inhalt der Gesamträume des Schiffs, also von dem Bruttotonnengehalt, alle diejenigen Räume abgezogen werden, die nicht für Aufnahme der Ladung, sondern für Betriebszwecke erforderlich sind. Dies sind die Räume für die Maschinen und Kessel, die die Kohlen aufnehmenden Bunker, die Mannschafts-, die Küchen- und sonstigen Wirtschaftsräume usw. Die Geschwindigkeit der Schiffe wird in Seemeilen oder Knoten (1852 m) gemessen.

Das erste Dampfschiff, dem nach heutigen Begriffen der Name eines Ozeanriesen zukommt, war der im Jahre 1860 zum ersten Male das Weltmeer durchquerende »Great Eastern«. Der Entwurf des Schiffs rührte von Isambard Kingdom Brunel, dem Sohne des im Jahre 1849 verstorbenen Erbauers des Themsetunnels, Marc Isambart Brunel, her. Der »Great Eastern« hatte eine Länge von 207 m, eine Breite von 25,3 m und ein Deplacement von 19 000 t; die Maschinen leisteten 7700 P.S. Der Antrieb erfolgte durch zwei seitliche Schaufelräder und durch eine Schraube. Die erzielte Geschwindigkeit betrug 14½ Knoten. Die Abmessungen des »Great Eastern« sind erst im Jahre 1903 durch den Schnelldampfer »Kaiser Wilhelm II.« des Norddeutschen Lloyd übertroffen worden; seine Geschwindigkeit ist erst im Jahre 1879 erreicht worden. Die für die Fertigstellung des Schiffs erforderliche Zeit betrug insgesamt 8 Jahre, eine kleine Ewigkeit im Vergleich zu der Bauzeit unsrer heutigen Riesendampfer. Der »Great Eastern« vermochte 4000 Personen und gewaltige Mengen von Frachtgütern zu befördern. Leider aber bestand zu damaliger Zeit noch kein Bedürfnis nach einem so leistungsfähigen transatlantischen Beförderungsmittel. Glücklicherweise konnte der »Great Eastern« seine Riesenkräfte in andrer Weise, nämlich bei dem Verlegen transatlantischer Telegraphenkabel verwerten. Jedoch auch dieser vorübergehende Erfolg konnte nicht verhindern, daß das Schiff im Jahre 1891 auf Abbruch verkauft werden mußte.

Die Abmessungen der Ozeandampfer blieben bis in die siebziger Jahre bis zur Hälfte gegenüber denen des »Great Eastern« zurück. Erst in den achtziger Jahren baute man Schiffe von 160–170 m Länge. In den folgenden Jahren nahm der Überseeverkehr einen derartigen Aufschwung, daß der Bau von Riesendampfern sich erforderlich machte, von denen der eine den andern andauernd an Größe und Geschwindigkeit übertraf. Ein angestrengter Wettbewerb entspann sich zwischen den großen transatlantischen Dampfergesellschaften und spornte die Schiffbauingenieure zu immer großartigeren Leistungen an. Mit Genugtuung können wir hier feststellen, daß die großen deutschen Gesellschaften, der Norddeutsche Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie, stets an hervorragender Stelle standen und sich dort andauernd behauptet haben. Die Sicherheit und Schnelligkeit der Schiffe dieser deutschen Großbetriebe hat zur Folge gehabt, daß sie von den Reisenden aller Völker bevorzugt wurden. Nicht minder erfreulich ist der Umstand, daß der Bau der von den deutschen Reedereien in Fahrt gesetzten Riesendampfer, der früher ausschließlich auf englischen Werften erfolgte, von den deutschen Werften in der vollkommensten Weise ausgeführt wurde. Der Umstand, daß der Weltkrieg uns unserer zu höchster Leistungsfähigkeit entfalteten Handelsflotte beraubt hat, darf uns nicht dazu führen, diese Glanzleistungen des deutschen Schiffbaues mit Stillschweigen zu übergehen, dies um so weniger, weil sie uns die Gewähr geben, daß uns die Mittel zu Gebote stehen, den uns gewaltsam entrissenen Hochstand wiederzugewinnen. Der erste der auf einer deutschen Werft, dem Stettiner »Vulkan«, erbauten Ozeanriesen war der Schnelldampfer »Kaiser Wilhelm der Große« des Norddeutschen Lloyd. Derselbe wurde im Jahre 1897 vollendet und erzielte sofort den hocherfreulichen Erfolg, daß er einen Geschwindigkeitsrekord, der bis dahin von englischen Schiffen gehalten war, brach. Die Abmessungen des Dampfers sind in der auf S. 83 wiedergegebnen Tabelle enthalten.

Im Jahre 1907 stellte die Cunard-Linie unter Beihilfe der englischen Regierung die Dampfer »Lusitania« und »Mauretania« in Dienst. Die Abmessungen dieser Schiffe sind: Größte Länge 239,2 m; größte Breite 26,8 m; Raumtiefe 18,3 m; Tiefgang 10,0 m; Deplacement 38 000 t: Bruttotonnengehalt 32 500; Zahl der Passagiere 2200; Besatzung 827 Mann. Der Antrieb erfolgt durch vier mittels Dampfturbinen von 68 000 P.S. betriebene Schrauben. Wenige Jahre später stellte die White Star-Linie ohne Beihilfe der englischen Regierung die Schiffe »Olympic« und »Titanic« in Dienst. Diese beiden Schiffe übertrafen in ihren Abmessungen um ein erhebliches die »Mauretania« und die »Lusitania«. Die »Titanic« wurde in der Nacht vom 14. zum 15. April 1912 auf den Bänken von Neu-Fundland von einem Eisberge angerannt und in den Grund gebohrt. Von den an Bord befindlichen 2358 Personen konnten nur 868 gerettet werden, so daß 1490 Menschenleben verloren gingen. Diese Zahl steht in der langen Geschichte der verderblichen Schiffsunfälle an erster Stelle. Soweit eine Übersicht der bei den größten einschlägigen Unfällen vernichteten Menschenleben zur Verfügung steht, kommt dem Untergange der »Titanic« der zwischen den Schiffen »Defence« und »St. Georg« im Jahre 1811 an der Küste Jütlands erfolgte Zusammenstoß am nächsten; bei diesem fanden 1400 Personen den Tod. Die »Olympic« faßt 45 000 Registertonnen; ihre Länge beträgt 264 m; 24,8 m mehr als die »Mauretania«. Die Breite beträgt 28 m. Das oberste der 11 Decks liegt 29 m über dem Kiel, und um noch weitere 21 m überragen die Schornsteine das Deck. 15 wasserdichte Schotten teilen das Schiff in Abteilungen und halten dasselbe bei Verletzungen der Schiffshaut über Wasser. Diese Schotten vermochten, entweder infolge mangelhafter Handhabung oder infolge Versagens der Vorrichtungen, nicht das Schwesterschiff »Titanic« vor dem Untergange zu bewahren. Die Besatzung zählt 860 Mann, und außer gewaltigen Mengen an Frachtgut kann das Schiff 2500 Personen befördern. Während die »Olympic« ihre Vorgängerinnen an Größe übertrifft, steht sie diesen hinsichtlich der Geschwindigkeit nach. Sie erreicht nur 24 Knoten, während die beiden Cunarddampfer 25 Knoten in der Stunde zurücklegen. Diese Verminderung der Geschwindigkeit ist aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus erfolgt. Man weiß, daß mit zunehmender Geschwindigkeit die Maschinenstärke, die Maschinengröße und mit dieser der Kohlenverbrauch und die Betriebskosten in einem Maße zunehmen, daß sie nicht mehr im Einklang stehen mit den wenigen Stunden, die sie während der Fahrt einholen können, d. h. mit der erzielbaren Zeitersparnis. Bei Handelsschiffen spielt aber die Wirtschaftlichkeit die Hauptrolle, ganz abgesehen davon, daß die Zurücklegung tunlichst beschleunigter Ozeanfahrten allmählich zu einem teuren und unfruchtbaren Sport geworden ist. Die Cunard-Linie gab, offenbar unter dem Druck, den der Bau der später zu beschreibenden deutschen Riesendampfer »Imperator« und »Vaterland« auf sie ausübte, den Bau des Dampfers »Aquitania« in Auftrag. Derselbe faßt 50 000 Registertonnen brutto und entwickelt eine Geschwindigkeit von 23 Knoten in der Stunde. Die Besatzung zählt 950 Mann; die Zahl der Passagiere beträgt 4000.

Unter den neueren Riesendampfern nehmen einen hervorragenden Platz die 4 durch den Weltkrieg uns verloren gegangenen Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd ein: »Kaiser Wilhelm der Große«, »Kronprinz Wilhelm«, »Kaiser Wilhelm II.«, »Kronprinzessin Cecilie«. Sie sind sämtlich vom Stettiner »Vulkan« erbaut. Ihre wesentlichsten Verhältnisse sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt:


Ein solcher Schnelldampfer ist mit allen erdenklichen Einrichtungen versehen, um die höchste Bequemlichkeit und die größte Sicherheit zu gewähren. Auf dem Dampfer »Kronprinzessin Cecilie« sind insgesamt 72 Dampfmaschinen für die verschiedensten Zwecke aufgestellt; 5 Dynamos speisen 3100 elektrische Lampen. Der Dampf wird in 19 Zylinderkesseln (12 Doppel- und 7 Einfachkessel) erzeugt mit 124 Feuerungen von insgesamt 290 qm Rostfläche. Hier werden innerhalb 24 Stunden 700 t Kohlen verbrannt. Vor den Kesseln sind andauernd 80 Mann beschäftigt, die nach vierstündiger Arbeit 8 Stunden Ruhe genießen.

 

Unter den Sicherheitsvorrichtungen sind die wasserdichten Schotten, die Feuerlöscheinrichtungen, die Unterwassersignale, die Apparate für drahtlose Telegraphie und die Vorrichtungen für das Zuwasserlassen der Rettungsboote zu nennen.

Eine andre Art von Riesenschiffen, die sog. Postdampfer gestatten eine weitgehende Ausnutzung der umfangreichen Schiffsräume für Ladungszwecke und lassen außerdem noch die Unterbringung einer Anzahl von Passagieren zu. Die Überfahrt von Deutschland nach New York dauert auf diesen Schiffen allerdings 2–3 Tage länger als auf den Schnelldampfern, verläuft aber im übrigen unter den gleichen Verhältnissen des Komforts und der Sicherheit.

Der Postdampfer des Norddeutschen Lloyd, der Doppelschraubendampfer »George Washington« mit einem Bruttogehalt von 25 570 Registertonnen, bildete einen Typ für sich, obgleich die Grundsätze, nach denen er erbaut ist, im wesentlichen dieselben sind wie bei den vorgenannten Postdampfern. Er ist vom Stettiner »Vulkan« erbaut und gehörte zu den größten Dampfern der deutschen Handelsflotte. Seine Länge beträgt 220,18 m, seine Breite 23,77 m, seine Tiefe 16,46 m. Seine beiden vierzylindrigen Vierfach-Expansionsmaschinen indizieren 20 000 P.S.; sie verleihen dem Schiffe eine Geschwindigkeit von 19 Knoten in der Stunde. Die größte Passagierzahl beträgt 2891; die Besatzung zählt 586 Köpfe.

Unter sämtlichen Ozeanriesen der Erde stehen an erster Stelle die Dampfer »Imperator« und »Vaterland« der Hamburg-Amerika-Linie. Ersterer ist erbaut auf der Werft des Stettiner »Vulkan« in Hamburg und hat am 11. Juni 1913 seine erste Ausreise nach Amerika angetreten. Letzterer ist auf der Werft von Blohm und Voß in Hamburg am 3. April 1913 vom Stapel gelaufen.

Am 18. Juni 1910 legte man den Kiel zum »Imperator« und es begann die Herstellung des doppelten Schiffbodens. Dieser ist für die Sicherheit des Schiffes um deswillen von besonderer Bedeutung, weil, wenn der äußere Boden aus irgendeinem Grunde leck wird, der innere das Schiff vor dem Eindringen von Wasser schützt.

Die Länge des Schiffes beträgt 276 m; die Breite 30 m, die Tiefe über 19 m; das Bootsdeck liegt 30,5 m und die Spitze der Lademasten 75 m über dem Kiel.

Für das körperliche Wohlbefinden der Passagiere ist durch reichlich bemessene Promenadendecks, Turnhallen und Badegelegenheiten gesorgt. Mehr als 220 Wannenbäder und Duschen sind für die Passagiere aller vier Klassen vorgesehen. Als eine großartige Neuerung ist hier ein Schwimmbassin von 12,5 m Länge, 6,5 m Breite und 2¼ m Wassertiefe zu nennen, an das sich hygienische Bäder der verschiedensten Art in großer Zahl anschließen.

Zur Bewegung des Schiffes dienen 4 Schrauben, die durch Dampfturbinen angetrieben werden, die mehr als 60 000 P.S. entwickeln. Zu den auf dem »Imperator« vorgesehenen Neuerungen gehört auch die Einführung des Kreiselkompasses. Dieser unterliegt nicht den Gesetzen des Magnetismus, sondern denen der Trägheit und der Erdrotation, ist also den Störungen gegenüber, denen magnetische Kompasse auf eisernen Schiffen ausgesetzt sind, unempfindlich. Um das Schiff Tag und Nacht mittels Funkentelegraphie mit anderen Schiffen in Verbindung zu halten, befinden sich 3 Telegraphisten an Bord.

Mit der Kiellegung des »Vaterland«, des Schwesterschiffes des »Imperator«, wurde im September 1911 begonnen, und schon im Frühjahr 1912 waren die Spanten, die mächtigen Querrippen des Schiffskörpers, aufgerichtet. Am 3. April 1913 erfolgte bereits der Stapellauf, eine erstaunlich kurze Bauzeit, wenn man sie mit derjenigen des »Great Eastern« vergleicht, die volle 8 Jahre umfaßte. Durchschnittlich waren täglich 1800 Arbeiter beschäftigt. Zur Verarbeitung gelangten 34,5 Mill. kg gewalzter Stahl, 2 Mill. kg Gußeisen, 1 Mill. kg Kupfer, 6,5 Mill. kg Holz.

Die Zahl der Passagiere beträgt bei voller Belegung des »Imperator« und des »Vaterland« 700 in der ersten, 600 in der zweiten, 1050 in der dritten und 1700 in der vierten Klasse, insgesamt also 4050. Hinzu kommt dann noch die Besatzung von etwa 1200 Köpfen.

IX. Lenkbare Luftschiffe und Flugzeuge

Schon im Jahre 1784, also fast unmittelbar nachdem die Gebrüder Montgolfier die ersten Luftballons steigen ließen, traten Vorschläge auf, die darauf abzielten, den Luftballon lenkbar zu gestalten. Als erster ist hier der französische General Meusnier zu nennen, dessen Lenkballon um deswillen ein besonderes Interesse verdient, weil er in seinem Innern Luftfächer »Ballonets«, enthielt, die auch heute noch bei den Luftschiffen »unstarren« Systems dazu dienen, diese auf eine gewisse Höhenlage zu bringen, ohne daß es erforderlich ist, Ballast zu werfen oder das Gasventil zu öffnen. Im Jahre 1852 trat dann der französische Ingenieur Girard mit zwei Versuchsballons an die Öffentlichkeit, jedoch ohne Erfolg. Meusnier, Girard sowie auch einige der späteren Bahnbrecher des Lenkballons hatten unter dem Umstande zu leiden, daß ihnen ein leichter und kräftiger, die Schraube antreibender Motor nicht zur Verfügung stand. Der Vorschlag, die Luftschiffschraube durch Menschenkraft zu bewegen, stellte sich als unausführbar heraus. Im Jahre 1870/71, während der Belagerung von Paris, versuchte der französische Marine-Ingenieur Dupuy de Lôme einen solchen durch Menschenkraft bewegten Ballon zu bauen. Es folgten alsdann der deutsche Ingenieur Paul Hänlein, der im Jahre 1872 einen durch eine Gasmaschine bewegten Ballon ausführte, und die Franzosen Gaston und Albert Tissandier (1883), Renard und Krebs (1884), die als Antriebsmaschine einen Elektromotor benutzten. Die beiden letztgenannten Offiziere konnten sich rühmen, den Beweis der Lenkbarkeit des Luftballons erbracht zu haben. Ihr Ballon »La France« hatte die Form eines Torpedos, vorn dicker als hinten; die Länge betrug 50,42 m, der größte Durchmesser 8,40 m, der Inhalt 186,4 cbm. Der Elektromotor hatte 8,5 P.S. Die Schraube war an der Vorderseite der Gondel angebracht. Die Geschwindigkeit betrug 23 km in der Stunde.

Es folgten sodann der Deutsche Dr. Wölfert und der Franzose Severo, die beide ihre Versuche mit dem Tode bezahlten, der Österreicher Schwarz, der einen Ballon aus Aluminium herstellte, jedoch im Jahre 1897 mit diesem scheiterte, sowie der Brasilianer Santos Dumont; letzterem gelang es mit einem seiner zahlreichen ausgeführten Luftschiffe, dem sechsten derselben, den Eiffelturm zu umkreisen. Alle diese Bahnbrecher des lenkbaren Luftschiffes stehen weit hinter dem »Eroberer der Luft«, dem deutschen General Graf Ferdinand v. Zeppelin zurück, der berufen war, die vielumworbene Aufgabe erfolgreichst zu lösen. Die Versuche des Grafen v. Zeppelin, die durch Gottlieb Daimlers Erfindung eines leichten, leistungsfähigen Motors (1887) begünstigt wurden, begannen in den Jahren 1892–94 und führten in den Jahren 1898–1900 zum Bau des ersten Versuchsluftschiffes, das am 2. Juli 1900 sich zum ersten Mal von dem Spiegel des Bodensees aus in die Lüfte erhob. Dasselbe war mit zwei Daimler-Motoren von je 16 P.S. ausgestattet und hatte eine Geschwindigkeit von 7,2 m in der Sekunde (27 km in der Stunde). Am 17. Oktober 1900 legte dieses Luftschiff eine Fahrzeit von 1½ Stunden zurück.

Es gibt drei Arten von lenkbaren Luftschiffen, das starre, das halbstarre und das unstarre System. Das starre System ist dadurch gekennzeichnet, daß der Tragkörper, also der eigentliche Ballon, aus starrem Stoffe (Blech u. dgl.) besteht, oder ein starres mit Ballonstoff überzogenes Gerüst besitzt. Die Gondel ist mit dem Tragkörper starr verbunden. Bei dem halbstarren System ist nur eine kielförmige Längsversteifung des Tragkörpers vorgesehen, ohne daß sonst noch ein starres Gerippe vorhanden ist. Die Gondel kann mit dem Tragkörper starr verbunden oder an Drahtseilen aufgehängt sein. Bei den unstarren Systemen besitzt der Tragkörper keinerlei starre Versteifungen, und die Gondel ist an Drähten oder Drahtseilen aufgehängt. Alle drei Systeme gehen ineinander über und grenzen sich untereinander nicht bestimmt ab.

Die Zeppelinschen Luftschiffe gehören dem starren System an. Am 17. Januar 1906 stieg ein zweites, verbessertes Zeppelin-Luftschiff auf, erreichte eine Höhe von 400 m und landete bei Kießlegg im Algäu, wurde aber durch einen Sturm von seiner Verankerung losgerissen und zerstört. Graf Zeppelin hat trotz verschiedener schwerer Mißgeschicke und trotz des Widerspruchs gewisser Fachkreise sein starres System immer weiter ausgebildet und zur höchsten Vollkommenheit gebracht. Unter den zahlreichen Wechselfällen, die Graf Zeppelin zu überwinden hatte, steht an erster Stelle der Unfall, dem im August 1908 sein viertes Luftschiff bei Echterdingen zum Opfer fiel, nachdem es am 1. Juli desselben Jahres eine zweistündige Fahrt vom Bodensee in die Schweiz und am 4. August eine Fahrt nach Mainz glücklich zurückgelegt hatte. Dieses Mißgeschick des schon damals zu höchster Volkstümlichkeit gelangten, bereits im Feldzug 1870/71 ruhmvoll bewährten deutschen Reiteroffiziers löste in erfreulicher Weise den Opfermut des deutschen Volkes aus. Eine binnen kurzer Zeit gesammelte Nationalspende setzte den Grafen in den Stand, seine erfolgreichen Arbeiten fortzusetzen.

Das erste Zeppelinluftschiff bestand aus einem starren Gerüst von Aluminiumträgern, das sich nach vorn und hinten verjüngte und mit Ballonstoff überzogen war; der auf diese Weise gebildete Ballonkörper hatte den Querschnitt eines 24-Ecks; in diesem lagen Querwände, die ihn in 17 Abteilungen zerlegten, deren jede einen mit Gas gefüllten Ballon aufnahm. Diese Einrichtung findet sich auch heute noch bei den neusten Zeppelinschiffen. Der Gasinhalt des Ballons betrug insgesamt 11 300 cbm. Jeder der beiden 15pferdigen Daimlermotoren trieb die aus Stahlrohren und Universalgelenken bestehende Transmission an, die zwei Schrauben in Drehung versetzten. Diese waren vierflügelig, hatten einen Durchmesser von 1,1 m und waren zu beiden Seiten des Ballonkörpers angebracht.

Steuervorrichtungen dienen dazu, das Luftschiff in der Wagerechten, d. h. nach rechts oder links zu lenken sowie auf- und abwärts zu bewegen. Dieselben haben im Laufe der Zeit mehrfach erhebliche Änderungen erfahren. Im wesentlichen haben sie folgende Einrichtung. Um das Schiff in der Wagerechten, d. h. nach rechts oder nach links zu drehen, dienen senkrechte Flächen, die am Hinterteile des Luftschiffes angebracht sind und genau so gehandhabt werden wie die Steuer der Wasserschiffe. Als Vertikalsteuer, d. h. zum Heben oder Senken des Ballons, dienen am Vorder- und am Hinterteil angebrachte wagerechte, um wagerechte Achsen drehbare Flächen. Wenn diese sämtlichen Flächen wagerecht stehen, so bewegt sich das Luftschiff in wagerechter Richtung. Werden diese Flächen so gedreht, daß ihre Vorderkante höher steht als die Hinterkante, so wird der Ballon durch den unter diesen Flächen nach aufwärts wirkenden Luftdruck gehoben. Werden die Vertikalsteuer in die entgegengesetzte Lage gebracht, so daß ihre Vorderkante tiefer liegt als die Hinterkante, so wird das Luftschiff abwärts gedrückt, sinkt also zur Erde, ohne daß erforderlich ist, Gas ausströmen zu lassen.

Die beiden Zeppelin-Luftkreuzer »Schwaben« und »Viktoria Luise«, deren ersterer leider im Juni 1912 einer Brandkatastrophe zum Opfer fiel, waren mit einer Geschwindigkeit von 75,6 km in der Stunde die schnellsten Luftschiffe der Erde und haben sich für Passagierfahrten mit regelmäßiger Fahrt auf kurze und weite Strecken bestens bewährt. Die Erzielung einer so großen Geschwindigkeit war nur dadurch möglich, daß es gelungen war, stärkere Motoren zu bauen, die nicht schwerer als ihre Vorgänger waren. Auch eine zweckmäßigere Ausbildung der Spitze, sowie eine Verkürzung des Luftschiffkörpers haben hierzu wesentlich beigetragen. Bei diesen Zeppelinluftschiffen sind die sämtlichen Steuerflächen hinten am Heck angebracht. Sie hatten drei Maybachmotoren von je 145 P.S.; ihre Länge betrug 140 m, ihr Durchmesser 14 m; ihr Gasinhalt 18 000 cbm. Die Zahl der voneinander getrennten Gaszellen war dieselbe wie bei dem ältesten Zeppelinluftschiff, nämlich 17.

Ein wesentlicher Vorteil des starren Systems hat sich bei diesen Luftkreuzern ergeben. Diese Bauart ermöglicht es nämlich, daß die von der deutschen Militärverwaltung erworbenen Zeppelin-Luftschiffe sich ohne alle weiteren Hilfsmittel und ohne Ballastabgabe auf über 2000 m erhoben. Die »Viktoria Luise« erreichte eine Höhe von 1000 m in 4 Min. 19 Sek. Die Zeppelin-Passagierluftschiffe hatten drei Gondeln. In der vorderen, der Führergondel, war ein Motor von 145 P.S. aufgestellt, sowie die Züge zur Bedienung der Steuerräder. Die mittlere Gondel bot Raum für 24 Passagiere. Die hintere Gondel enthielt zwei Motoren von je 145 P.S. Der in der Führergondel aufgestellte Motor trieb ein Paar zweiflügeliger Luftschrauben mit 500 Umdrehungen in der Minute. Die in der hinteren Gondel angebrachten zwei Motoren trieben je eine vierflügelige Luftschraube von gleichfalls 500 Umdrehungen in der Minute. Mit einem Vorrat von 1500 kg an Öl und Benzin konnte ein solches Luftschiff etwa 15 Stunden mit sämtlichen drei Motoren und 20 Stunden mit zwei Motoren arbeiten und 900 bis 1000 km zurücklegen. Das Personal bestand aus dem Führer, einem Ingenieur, zwei Steuerleuten und vier bis fünf Monteuren. Außer den Passagierräumen nebst kaltem Buffet besitzt das neuzeitliche Luftschiff ein wissenschaftliches Laboratorium für luftelektrische Messungen, eine Station für drahtlose Telegraphie und eine Poststation.

 

Nach dem starren System ist außer den Zeppelin-Luftschiffen auch das Schütte-Lanz-Luftschiff erbaut und zwar in den Jahren 1909–1911 auf der Werft der Firma Heinrich Lanz in Rheinau bei Mannheim. Von den Zeppelinschiffen unterschied es sich dadurch, daß das Gerippe des Tragkörpers aus leichtem fourniertem Holz bestand und daß die Gondeln zwar in der wagerechten Ebene unverschiebbar starr, in der senkrechten aber unstarr aufgehängt waren. Bei dieser Anordnung wurden die Tragseile, wenn das Schiff beim Landen auf den Erdboden stieß, schlaff und entlasteten den Tragkörper. Nachdem es am 17. Oktober 1911 den ersten Aufstieg unternommen hatte, hat auch dieses Schiff eine große Anzahl von Fernfahrten glücklich ausgeführt, ist aber leider am 17. Juli 1913 bei Schneidemühl durch einen Sturm losgerissen und zerschellt.

Einen Hauptvertreter der halbstarren Bauart bildete der nach den Entwürfen des Kommandeurs der Preußischen Luftschiffertruppen Major Groß und des Oberingenieurs Basenach in mehreren Ausführungen erbaute deutsche Militärballon. Der erste derselben wurde im Jahre 1907 fertiggestellt. Der Tragkörper desselben hatte eine Länge von 40 m und einen Durchmesser von 12 m; der Gasinhalt betrug 1800 cbm. Der Antrieb erfolgte durch zwei dreiflügelige Luftschrauben, die an der unter dem Ballon befindlichen Starrfläche angebracht waren. Die Übertragung des Antriebs der Schrauben von der den Motor tragenden Gondel erfolgte durch Hanfseile. Die Starrfläche hing unterhalb des Tragkörpers an Drahtseilen. Auf Grund der mit diesem ersten Ballon gemachten Erfahrungen hat man die Abmessungen der späteren Ausführungen des deutschen Militärballons erheblich vergrößert und hiermit ebenfalls befriedigende Ergebnisse erzielt.

Neben dem Grafen Zeppelin und unabhängig von diesem hat sich der bayrische Major von Parseval mit dem Bau eines lenkbaren Luftschiffes beschäftigt und ist hierbei zu der unstarren Bauart gelangt. Die Erwägungen, aus denen heraus Major Dr. v. Parseval zu dieser Bauart sich bekannt hat, sind dem Bestreben entsprungen, in Anlehnung an die guten Eigenschaften des Freiballons folgende Anforderungen tunlichst zu erfüllen: einfachen Transport des Ballons bei geringer Raumbeanspruchung, schnelle Inbetriebsetzung, Erreichung größtmöglichen Nutzauftriebs, tunlichste Entbehrlichkeit von Hallen, schnelles Abmontieren und Verladen. Im Innern des Ballons, an der vorderen und hinteren Spitze, liegt je ein kleinerer Ballon, Ballonet, der bereits von Meusnier vorgeschlagenen Art und Wirkungsweise. Diese werden durch einen Motor mittels Luft aufgeblasen, was vom Führerstande aus geregelt werden kann. Wird in das vordere Ballonet Luft eingeblasen, so senkt sich die Spitze des Ballons, und umgekehrt. Auf diese Weise kann man die Höhenlage des Ballons ändern. Am hinteren Ende des Ballons sind dann noch zwei wagerechte und eine horizontale Steuerfläche angeordnet. Auch die Parsevalluftschiffe, die von der der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin nahestehenden Luftfahrzeug-Gesellschaft m. b. H. hergestellt wurden, sind in größerer Anzahl gebaut worden.

Als der Weltkrieg begann, verfügte die deutsche Heeresleitung über neun Zeppelin-, ein Schütte-Lanz- und ein Parseval-Luftschiff. Nach Schwarte »Die Technik im Weltkriege« betrug die Größe der Schiffe starrer Bauart rund 20 000 bis 25 000 cbm; ihre Geschwindigkeit etwa 75 km in der Stunde, ihre Kriegsfahrthöhe höchstens 2400 m. Die Besatzung zählte 10 bis 20 Mann, an Abwurfballast wurden 800 bis 1000 kg mitgeführt. Der Verlust einiger dieser Luftschiffe zwang, auf Mittel zu sinnen, um die Abwehr zu erschweren und die Wirksamkeit der Angriffe zu erhöhen. Die Zahl und Stärke der Antriebsmaschinen stieg daher schließlich auf 5 von je 240 P.S., der Rauminhalt erhöhte sich zuletzt bis auf 55 000 cbm. Man erreichte Höhen bis zu 7000 m und Geschwindigkeiten bis zu 90 km in der Stunde und unternahm erfolgreiche Luftangriffe auf England. Trotz dieser großartigen Fortschritte, die die Technik des Luftschiffbaus erzielte, waren die Verluste derart groß, daß am Anfang 1917 die völlige Einstellung der Heeresluftschiffahrt erfolgte. Nach Beendigung des Krieges hat das lenkbare Luftschiff eine überaus erfolgreiche Anwendung als Verkehrsluftschiff gefunden. Am 24. August 1919 nahm das Luftschiff »Bodensee« der mit der Hamburg-Amerika-Linie verbundenen Deutschen Luftschiffahrts A. G. (»Delag«) einen regelmäßigen Luftverkehr zwischen Friedrichshafen am Bodensee und Staaken bei Berlin mit 21 Passagieren auf und vollführte die Fahrt zum Teil mit mehr als 120 km Stundengeschwindigkeit. Trotz schweren Sturmwetters legte »Bodensee« die Hin- und Rückfahrt Berlin–Stockholm in 16 Stunden zurück.

Die Flugzeuge, Flugmaschinen oder Aeroplane unterscheiden sich von den Lenkballons wesentlich dadurch, daß ihr Tragkörper aus einer oder mehreren schräg gegen die Wagerechte gestellten Flächen besteht, die entweder eben oder gewölbt sind. Je nachdem das Flugzeug eine oder mehrere Tragflächen besitzt, unterscheidet man Eindecker, Zweidecker usw. Die Vorwärtsbewegung wird entweder durch die Schwerkraft erzielt, indem der Flieger sich mit seiner Maschine von einem erhöhten Punkte abwärts durch die Luft dahingleiten läßt, oder durch Luftschrauben, die durch einen Motor in Drehung versetzt werden. Die für den ernsthaften Gebrauch in Frage kommenden Flugzeuge sind nur solche der letzteren Art. Das Auf- oder Abwärtsfliegen wird dadurch erreicht, daß entweder die Tragflächen selbst (ähnlich wie die Höhensteuer der Lenkballons) oder besondere wagerechte Steuerflächen schräg eingestellt werden. Die Steuerung in der Wagerechten, also nach rechts oder nach links, erfolgt meist durch senkrechte Steuerflächen. Der erste, der den Bau eines durch einen Motor angetriebenen Flugzeuges unternahm, war der Engländer Henson, der im Jahre 1842 das Modell eines mit einer 20pferdigen Dampfmaschine ausgestatteten Drachenfliegers erbaute, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Das neuzeitliche Flugzeug ist im wesentlichen aus den Arbeiten des deutschen Ingenieurs Lilienthal und der Amerikaner Gebrüder Wilbur und Orville Wright aufgebaut. Ersterer führte bereits im Jahre 1890 Gleitversuche von einem besonders hierzu errichteten Abflughügel aus und befaßte sich auch bereits mit dem Bau eines mit Motorantrieb ausgestatteten Gleitflugzeuges. Leider wurde Lilienthal im besten Mannesalter am 12. August 1896 das Opfer seiner bahnbrechenden Versuche. Den Gebrüdern Wright war es beschieden, nachdem im Jahre 1896 auch durch Chanute zahlreiche Gleitmaschinen im Gleitfluge versucht worden waren, einen lebensfähigen Flugapparat zu bauen. Die Zahl der Bauarten von Flugmaschinen ist eine überaus große; betrug doch nach dem Jahrbuche der Motorluftschiff-Studiengesellschaft 1911/12 die Zahl der deutschen Flugzeugfabriken an 20. Diesem Jahrbuch entnehmen wir auch, daß bei dessen Abschluß die Franzosen über 1000 Flugzeugführer, die Engländer über 300, die Deutschen über 250 verfügten.