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Lied der Liebe
Zweite Fassung

Engelfreuden ahndend, wallen

Wir hinaus auf Gottes Flur,

Daß von Jubel widerhallen

Höh’n und Tiefen der Natur.

Heute soll kein Auge trübe,

Sorge nicht hienieden sein,

Jedes Wesen soll der Liebe

Frei und froh, wie wir, sich weih’n!

Singt den Jubel, Schwestern, Brüder,

Fest geschlungen, Hand in Hand!

Hand in Hand das Lied der Lieder,

Selig an der Liebe Band!

Steigt hinauf am Rebenhügel,

Blickt hinab ins Schattental!

Überall der Liebe Flügel,

Hold und herrlich überall!

Liebe lehrt das Lüftchen kosen

Mit den Blumen auf der Au,

Lockt zu jungen Frühlingsrosen

Aus der Wolke Morgentau,

Liebe ziehet Well’ an Welle

Freundlich murmelnd näher hin,

Leitet aus der Kluft die Quelle

Sanft hinab ins Wiesengrün.

Berge knüpft mit ehrner Kette

Liebe an das Firmament,

Donner ruft sie an die Stätte,

Wo der Sand die Pflanze brennt.

Um die hehre Sonne leitet

Sie die treuen Sterne her,

Folgsam ihrem Winke gleitet

Jeder Strom ins weite Meer.

Liebe wallt durch Ozeane,

Durch der dürren Wüste Sand

Blutet an der Schlachtenfahne,

Steigt hinab ins Totenland!

Liebe trümmert Felsen nieder,

Zaubert Paradiese hin,

Schaffet Erd und Himmel wieder –

Göttlich, wie im Anbeginn.

Liebe schwingt den Seraphsflügel

Wo der Gott der Götter thront,

Lohnt die Trän’ am Felsenhügel,

Wann der Richter einst belohnt,

Wann die Königsstühle trümmern,

Hin ist jede Scheidewand,

Biedre Herzen heller schimmern

Reiner, denn der Krone Tand.

Laßt die Scheidestunde schlagen,

Laß des Würgers Flügel weh’n!

Brüder, drüben wird es tagen!

Schwestern, dort ist Wiedersehn!

Jauchzt dem Heiligsten der Triebe,

Den der Gott der Götter gab,

Brüder, Schwestern, jauchzt der Liebe,

Sie besieget Zeit und Grab!

Hymne an die Unsterblichkeit

Froh, als könnt’ ich Schöpfungen beglücken,

Stolz, als huldigten die Sterne mir,

Fleugt, ins Strahlenauge dir zu blicken,

Mit der Liebe Kraft mein Geist zu dir.

Schon erglüht dem wonnetrunknen Seher

Deiner Halle gold’nes Morgenrot;

Ha, und deinem Götterschoße näher

Höhnt die Siegesfahne Grab und Tod.

Mich umschimmern Orionenheere,

Stolz ertönet der Plejaden Gang.

Ha, sie wähnen, Ewigkeiten währe

Ihrer Pole wilder Donnerklang.

Majestätisch auf dem Flammenwagen

Durchs Gefild’ der Unermeßlichkeit,

Seit das Chaos kreiste, fortgetragen,

Heischt sich Helios Unsterblichkeit.

Auch die Riesen dort im Gräberlande,

Felsgebirg’ und Sturm und Ozean,

Wähnen endlos ihrer Schöpfung Bande,

Wurzelnd in dem ew’gen Weltenplan;

Doch es nahen die Vernichtungsstunden,

Wie des Siegers Klinge, schrecklichschön. –

Erd’ und Himmel ist dahin geschwunden,

Schnell, wie Blitze kommen und vergeh’n.

Aber kehre, strahlendes Gefieder,

Zu der Halle, wo das Leben wohnt!

Triumphiere, triumphiere wieder,

Siegesfahne, wo die Göttin thront!

Wenn die Pole schmettern, Sonnen sinken

In den Abgrund der Vergangenheit,

Wird die Seele Siegeswonne trinken,

Hocherhaben über Grab und Zeit.

Ach, wie oft in grausen Mitternächten,

Wenn die heiße Jammerträne rann,

Wenn mit Gott und Schicksal schon zu rechten

Der verzweiflungsvolle Mensch begann,

Blicktest du aus trüber Wolkenhülle

Tröstend nieder auf den Schmerzenssohn!

Drüben, riefst du liebevoll und stille,

Drüben harrt des Dulders schöner Lohn.

Müßte nicht der Mensch des Lebens fluchen,

Nicht die Tugend auf der Dornenbahn

Trost im Arme der Vernichtung suchen,

Täuschte sie ein lügenhafter Wahn?

Trümmern möchte der Natur Gesetze

Menschenfreiheit, möcht’ in blinder Wut,

Wie die Reue die gestohlnen Schätze,

Niederschmettern ihr ererbtes Gut.

Aber nein, so wahr die Seele lebet,

Und ein Gott im Himmel oben ist,

Und ein Richter, dem die Hölle bebet,

Nein, Unsterblichkeit, du bist, du bist!

Mögen Spötter ihrer Schlangenzungen,

Zweifler ihres Flattersinns sich freu’n,

Der Unsterblichkeit Begeisterungen

Kann die freche Lüge nicht entweih’n.

Heil uns, Heil uns, wenn die freie Seele,

Traulich an die Führerin geschmiegt,

Treu dem hohen göttlichen Befehle,

Jede nied’re Leidenschaft besiegt!

Wenn mit tiefem Ernst der Denker spähet

Und durch dich sein Wesen erst begreift,

Weil ihm Lebenslust vom Lande wehet,

Wo das Samenkorn zur Ernte reift!

Wenn im Heiligtume alter Eichen

Männer um der Königin Altar

Sich die Bruderhand zum Bunde reichen,

Zu dem Bunde freudiger Gefahr;

Wenn entzückt von ihren Götterküssen

Jeglicher, des schönsten Lorbeers wert,

Lieb’ und Lorbeer ohne Gram zu missen

Zu dem Heil des Vaterlandes schwört!

Wenn die Starken den Despoten wecken,

Ihn zu mahnen an das Menschenrecht,

Aus der Lüste Taumel ihn zu schrecken,

Mut zu predigen dem feilen Knecht!

Wenn in todesvollen Schlachtgewittern,

Wo der Freiheit Heldenfahne weht,

Mutig, bis die müden Arme splittern,

Ruhmumstrahlter Sparter Phalanx steht!

Allgewaltig ist im Gräbertale,

Herrscherin, dein segensvoller Lohn!

Aus der Zukunft zauberischer Schale

Trinkt sich stolzen Mut der Erdensohn.

Hoffend endet er sein Erdenleben,

Um an deiner mütterlichen Hand

Siegestrunken einst empor zu schweben

In der Geister hohes Vaterland:

Wo der Tugend königliche Blume

Unbetastet von dem Wurme blüht,

Wo der Denker in dem Heiligtume

Hell und offen alle Tiefen sieht,

Wo auf Trümmern kein Tyrann mehr thronet,

Keine Fessel mehr die Seele bannt,

Wo den Heldentod die Palme lohnet,

Engelkuß den Tod fürs Vaterland.

Harret eine Weile, Orione!

Schweige, Donner der Plejadenbahn!

Hülle, Sonne, deine Strahlenkrone,

Atme leiser, Sturm und Ozean!

Eilt zu feierlichen Huldigungen,

All ihr großen Schöpfungen der Zeit,

Denn, verloren in Begeisterungen,

Denkt der Seher der Unsterblichkeit!

Siehe! da verstummen Menschenlieder,

Wo der Seele Lust unnennbar ist,

Schüchtern sinkt des Lobgesangs Gefieder,

Wo der Endlichkeit der Geist vergißt.

Wann vor Gott sich einst die Geister sammeln,

Aufzujauchzen ob der Seele Sieg,

Mag Entzückungen der Seraph stammeln,

Wo die trunkne Menschenlippe schwieg.

Hymne an den Genius Griechenlands

Jubel! Jubel

Dir auf der Wolke!

Erstgeborner

Der hohen Natur!

Aus Kronos Halle

Schwebst du herab,

Zu neuen, geheiligten Schöpfungen

Hold und majestätisch herab.

Ha! bei der Unsterblichen

Die dich gebar,

Dir gleichet keiner

Unter den Brüdern

Den Völkerbeherrschern

Den Angebeteten allen!

Dir sang in der Wiege den Weihgesang

Im blutenden Panzer die ernste Gefahr

Zu gerechtem Siege reichte den Stahl

Die heilige Freiheit dir.

Von Freude glühten

Von zaubrischer Liebe deine Schläfe

Die goldgelockten Schläfe.

Lange säumtest du unter den Göttern

Und dachtest der kommenden Wunder.

Vorüber schwebten wie silbern Gewölk

Am liebenden Auge dir

Die Geschlechter alle!

Die seligen Geschlechter.

Im Angesichte der Götter

Beschloß dein Mund

Auf Liebe dein Reich zu gründen.

Da staunten die Himmlischen alle.

Zu brüderlicher Umarmung,

Neigte sein königlich Haupt

Der Donnerer nieder zu dir.

Du gründest auf Liebe dein Reich.

Du kommst und Orpheus Liebe

Schwebet empor zum Auge der Welt

Und Orpheus Liebe

Wallet nieder zum Acheron.

Du schwingest den Zauberstab,

Und Aphroditäs Gürtel ersieht

Der trunkene Mäonide19.

 

Ha! Mäonide! wie du!

So liebte keiner, wie du;

Die Erd’ und Ozean

Und die Riesengeister, die Helden der Erde

Umfaßte dein Herz!

Und die Himmel und alle die Himmlischen

Umfaßte dein Herz.

Auch die Blumen, die Bien’ auf der Blume

Umfaßte liebend dein Herz! –

Ach Ilion20! Ilion!

Wie jammertest, hohe Gefallene, du

Im Blute der Kinder!

Nun bist du getröstet, dir scholl

Groß und warm wie sein Herz

Des Mäoniden Lied.

Ha! bei der Unsterblichen

Die dich gebar,

Dich, der du Orpheus Liebe,

Der du schufest Homeros Gesang …

Hymne an die Göttin der Harmonie

Urania, die glänzende Jungfrau, hält mit ihrem Zaubergürtel das Weltall in tobendem Entzücken zusammen.

Ardinghello 21

Froh, als könnt’ ich Schöpfungen beglücken,

Kühn, als huldigten die Geister mir,

Nahet, in dein Heiligtum zu blicken,

Hocherhab’ne! meine Liebe dir;

Schon erglüht der wonnetrunkne Seher

Von den Ahndungen der Herrlichkeit,

Ha, und deinem Götterschoße näher

Höhnt des Siegers Fahne Grab und Zeit.

Tausendfältig, wie der Götter Wille,

Weht Begeisterung den Sänger an,

Unerschöpflich ist der Schönheit Fülle,

Grenzenlos der Hoheit Ozean.

Doch vor Allem hab ich dich erkoren,

Bebend, als ich ferne dich ersah,

Bebend hab ich Liebe dir geschworen,

Königin der Welt! Urania.

Was der Geister stolzestes Verlangen

In den Tiefen und den Höh’n erzielt,

Hab ich allzumal in dir empfangen,

Sint dich ahndend meine Seele fühlt.

Dir entsprossen Myriaden Leben,

Als die Strahlen deines Angesichts,

Wendest du dein Angesicht, so beben

Und vergeh’n sie, und die Welt ist Nichts.

Thronend auf des alten Chaos Wogen,

Majestätisch lächelnd winktest du,

Und die wilden Elemente flogen

Liebend sich auf deine Winke zu.

Froh der seligen Vermählungsstunde

Schlangen Wesen nun um Wesen sich,

In den Himmeln, auf dem Erdenrunde

Sahst du, Meisterin! im Bilde dich. –

Ausgegossen ist des Lebens Schale,

Bächlein, Sonnen treten in die Bahn,

Liebetrunken schmiegen junge Tale

Sich den liebetrunknen Hügeln an:

Schön und stolz wie Göttersöhne hangen

Felsen an der mütterlichen Brust,

Von der Meere wildem Arm umfangen,

Bebt das Land in niegefühlter Lust.

Warm und leise wehen nun die Lüfte,

Liebend sinkt der holde Lenz ins Tal:

Haine sprossen an dem Felsgeklüfte,

Gras und Blumen zeugt der junge Strahl.

Siehe, siehe, vom empörten Meere,

Von den Hügeln, von der Tale Schoß,

Winden sich die ungezählten Heere

Freudetaumelnder Geschöpfe los.

Aus den Hainen wallt ins Lenzgefilde

Himmlischschön der Göttin Sohn hervor,

Den zum königlichen Ebenbilde

Sie im Anbeginne sich erkor:

Sanftbegrüßt von Paradiesesdüften

Steht er wonniglichen Staunens da,

Und der Liebe großen Bund zu stiften,

Singt entgegen ihm Urania:

„Komm, o Sohn! der süßen Schöpfungsstunde

Auserwählter, komm und liebe mich!

Meine Küsse weihten dich zum Bunde,

Hauchten Geist von meinem Geist in dich. –

Meine Welt ist deiner Seele Spiegel,

Meine Welt, o Sohn! ist Harmonie,

Freue dich! Zum offenbaren Siegel

Meiner Liebe schuf ich dich und sie.

Trümmer ist der Wesen schöne Hülle,

Knüpft sie meiner Rechte Kraft nicht an.

Mir entströmt der Schönheit ew’ge Fülle,

Mir der Hoheit weiter Ozean.

Danke mir der zauberischen Liebe,

Mir der Freude stärkenden Genuß,

Deine Tränen, deine schönsten Triebe

Schuf, oh Sohn! der schöpferische Kuß.

Herrlicher mein Bild in dir zu finden,

Haucht’ ich Kräfte dir und Kühnheit ein,

Meines Reichs Gesetze zu ergründen,

Schöpfer meiner Schöpfungen zu sein.

Nur im Schatten wirst du mich erspähen,

Aber liebe, liebe mich, o Sohn!

Drüben wirst du meine Klarheit sehen,

Drüben kosten deiner Liebe Lohn.“

Nun, o Geister! in der Göttin Namen,

Die uns schuf im Anbeginn der Zeit,

Uns, die Sprößlinge von ihrem Samen,

Uns, die Erben ihrer Herrlichkeit,

Kommt zu feierlichen Huldigungen

Mit der Seele ganzer Götterkraft,

Mit der höchsten der Begeisterungen

Schwört vor ihr, die schuf und ewig schafft.

Frei und mächtig, wie des Meeres Welle,

Rein wie Bächlein in Elysium,

Sei der Dienst an ihres Tempels Schwelle,

Sei der Wahrheit hohes Priestertum.

Nieder, nieder mit verjährtem Wahne!

Stolzer Lüge Fluch und Untergang,

Ruhm der Weisheit unbefleckter Fahne,

Den Gerechten Ruhm und Siegsgesang!

Ha, der Lüge Quell – wie tot und trübe!

Kräftig ist der Weisheit Quell und süß!

Geister! Brüder! dieser Quell ist Liebe,

Ihn umgrünt der Freuden Paradies.

Von des Erdelebens Tand geläutert,

Ahndet Götterlust der zarte Sinn,

Von der Liebe Labetrunk erheitert,

Naht die Seele sich der Schöpferin.

Geister! Brüder! unser Bund erglühe

Von der Liebe göttlicher Magie.

Unbegrenzte, reine Liebe ziehe

Freundlich uns zur hohen Harmonie.

Sichtbar adle sie die treuen Söhne,

Schaff’ in ihnen Ruhe, Mut und Tat,

Und der heiligen Entzückung Träne,

Wenn Urania der Seele naht.

Siehe, Stolz und Hader ist vernichtet,

Trug ist nun und blinde Lüge stumm,

Streng’ ist Licht und Finsternis gesichtet,

Rein der Wahrheit stilles Heiligtum.

Unsrer Wünsche Kampf ist ausgerungen,

Himmelsruh errang der heiße Streit,

Und die priesterlichen Huldigungen

Lohnet göttliche Genügsamkeit.

Stark und selig in der Liebe Leben

Staunen wir des Herzens Himmel an,

Schnell wie Seraphin im Fluge, schweben

Wir zur hohen Harmonie hinan.

Das vermag die Saite nicht zu künden,

Was Urania den Sehern ist,

Wenn von hinnen Nacht und Wolke schwinden

Und in ihr die Seele sich vergißt.

Kommt den Jubelsang mit uns zu singen,

Denen Liebe gab die Schöpferin!

Millionen, kommt emporzuringen

Im Triumphe zu der Königin!

Erdengötter, werft die Kronen nieder!

Jubelt Millionen fern und nah!

Und ihr Orione hallt es wider:

Heilig, heilig ist Urania!

Hymne an die Muse

Schwach zu königlichem Feierliede,

Schloß ich lang genug geheim und stumm

Deine Freuden, hohe Pieride22!

In des Herzens stilles Heiligtum;

Endlich, endlich soll die Saite künden,

Wie von Liebe mir die Seele glüht,

Unzertrennbarer den Bund zu binden,

Soll dir huldigen dies Feierlied.

Auf den Höh’n, am ernsten Felsenhange,

Wo so gerne mir die Träne rann,

Säuselte die frühe Knabenwange

Schon dein zauberischer Othem an; –

Bin ich, Himmlische, der Göttergnaden?

Königin der Geister, bin ich wert,

Daß mich oft, des Erdetands entladen,

Dein allmächtiges Umarmen ehrt? –

Ha! vermöcht’ ich nun, dir nachzuringen,

Königin! in deiner Götterkraft

Deines Reiches Grenze zu erschwingen,

Auszusprechen, was dein Zauber schafft! –

Siehe! die geflügelten Äonen

Hält gebieterisch dein Othem an,

Deinem Zauber huldigen Dämonen,

Staub und Äther ist dir untertan.

Wo der Forscher Adlersblicke beben,

Wo der Hoffnung kühner Flügel sinkt,

Keimet aus der Tiefe Lust und Leben,

Wenn die Schöpferin vom Throne winkt;

Seiner Früchte süßestes bereitet

Ihr der Wahrheit grenzenloses Land;

Und der Liebe schöne Quelle leitet

In der Weisheit Hain der Göttin Hand.

Was vergessen wallt an Lethes Strande,

Was der Enkel eitle Ware deckt,

Strahlt heran im blendenden Gewande,

Freundlich von der Göttin auferweckt;

Was in Hütten und in Heldenstaaten

In der göttergleichen Väter Zeit

Große Seelen duldeten und taten,

Lohnt die Muse mit Unsterblichkeit.

Sieh’! am Dornenstrauche keimt die Rose,

So des Lenzes holder Strahl erglüht; –

In der Pieride Mutterschoße

Ist der Menschheit Adel aufgeblüht;

Auf des Wilden krausgelockte Wange

Drückt sie zauberisch den Götterkuß,

Und im ersten glühenden Gesange

Fühlt er staunend geistigen Genuß.

Liebend lächelt nun der Himmel nieder,

Leben atmen alle Schöpfungen,

Und im morgenrötlichen Gefieder

Nahen freundlich die Unsterblichen.

Heilige Begeisterung erbauet

In dem Haine nun ein Heiligtum,

Und im Todesvollen Kampfe schauet

Der Heroë nach Elysium.

Öde stehn und dürre die Gefilde,

Wo die Blüten das Gesetz erzwingt;

Aber wo in königlicher Milde

Ihren Zauberstab die Muse schwingt,

Blühen schwelgerisch und kühn die Saaten,

Reifen, wie der Wandelsterne Lauf,

Schnell und herrlich Hoffnungen und Taten

Der Geschlechter zur Vollendung auf.

Laß der Wonne Zähre dir gefallen!

Laß die Seele des Begeisterten

In der Liebe Taumel überwallen!

Laß, o Göttin! laß mich huldigen! –

Siehe! die geflügelten Äonen

Hält gebieterisch dein Othem an,

Deinem Zauber huldigen Dämonen –

Ewig bin auch ich dir untertan.

Mag der Pöbel seinen Götzen zollen,

Mag, aus deinem Heiligtum verbannt

Deinen Lieblingen das Laster grollen,

Mag, in ihrer Schwäche Schmerz entbrannt,

Stolze Lüge deine Würde schänden,

Und dein Edelstes dem Staube weih’n,

Mag sie Blüte mir und Kraft verschwenden,

Meine Liebe!– dieses Herz ist dein!

In der Liebe volle Lust zerflossen,

Höhnt das Herz der Zeiten trägen Lauf,

Stark und rein im Innersten genossen,

Wiegt der Augenblick Äonen auf; –

Wehe! wem des Lebens schöner Morgen

Freude nicht und trunkne Liebe schafft,

Wem am Sklavenbande bleicher Sorgen

Zum Genusse Kraft und Mut erschlafft.

Deine Priester, hohe Pieride!

Schwingen frei und froh den Pilgerstab,

Mit der allgewaltigen Ägide

Lenkst du mütterlich die Sorgen ab;

Schäumend beut die zauberische Schale

Die Natur den Auserkornen dar,

Trunken von der Schönheit Göttermahle

Höhnet Glück und Zeit die frohe Schar.

Frei und mutig, wie im Siegesliede,

Wallen sie der edeln Geister Bahn,

Dein Umarmen, hohe Pieride!

Flammt zu königlichen Taten an; –

 

Laßt die Mietlinge den Preis erspähen!

Laßt sie seufzend für die Tugenden,

Für den Schweiß am Joche Lohn erflehen!

Mut und Tat ist Lohn den Edleren!

Ha! von ihr, von ihr emporgehoben

Blickt dem Ziele zu der trunkne Sinn –

Hör’ es, Erd’ und Himmel! wir geloben,

Ewig Priestertum der Königin!

Kommt zu süßem brüderlichem Bunde,

Denen sie den Adel anerschuf,

Millionen auf dem Erdenrunde!

Kommt zu neuem seligem Beruf!

Ewig sei ergrauter Wahn vergessen!

Was der reinen Geister Aug’ ermißt,

Hoffe nie die Spanne zu ermessen! –

Betet an, was schön und herrlich ist!

Kostet frei, was die Natur bereitet,

Folgt der Pieride treuen Hand,

Geht, wohin die reine Liebe leitet,

Liebt und sterbt für Freund und Vaterland!

Hymne an die Freiheit

Wie den Aar im grauen Felsenhange

Wildes Sehnen zu der Sterne Bahn,

Flammt zu majestätischem Gesange

Meiner Freuden Ungestüm mich an;

Ha! das neue niegenoss’ne Leben

Schaffet neuen glühenden Entschluß!

Über Wahn und Stolz emporzuschweben,

Süßer unaussprechlicher Genuß!

Sint dem Staube mich ihr Arm entrissen,

Schlägt das Herz so kühn und selig ihr;

Angeflammt von ihren Götterküssen

Glühet noch die heiße Wange mir;

Jeder Laut von ihrem Zaubermunde

Adelt noch den neugeschaff’nen Sinn –

Hört, o Geister! meiner Göttin Kunde,

Hört, und huldiget der Herrscherin!

„Als die Liebe noch im Schäferkleide

Mit der Unschuld unter Blumen ging,

Und der Erdensohn in Ruh’ und Freude

Der Natur am Mutterbusen hing,

Nicht der Übermut auf Richterstühlen

Blind und fürchterlich das Band zerriß;

Tauscht’ ich gerne mit der Götter Spielen

Meiner Kinder stilles Paradies.

Liebe rief die jugendlichen Triebe

Schöpferisch zu hoher stiller Tat,

Jeden Keim entfaltete der Liebe

Wärm’ und Licht zu schwelgerischer Saat;

Deine Flügel, hohe Liebe! trugen

Lächelnd nieder die Olympier;

Jubeltöne klangen – Herzen schlugen

An der Götter Busen göttlicher.

Freundlich bot der Freuden süße Fülle

Meinen Lieblingen die Unschuld dar;

Unverkennbar in der schönen Hülle

Wußte Tugend nicht, wie schön sie war;

Friedlich hausten in der Blumenhügel

Kühlem Schatten die Genügsamen –

Ach! des Haders und der Sorge Flügel

Rauschte ferne von den Glücklichen.

Wehe nun! – mein Paradies erbebte!

Fluch verhieß der Elemente Wut!

Und der Nächte schwarzem Schoß’ entschwebte

Mit des Geiers Blick der Übermut;

Wehe! weinend floh’ ich mit der Liebe

Mit der Unschuld in die Himmel hin –

Welke, Blume! rief ich ernst und trübe,

Welke, nimmer, nimmer aufzublüh’n!

Keck erhub sich des Gesetzes Rute,

Nachzubilden, was die Liebe schuf;

Ach! gegeißelt von dem Übermute

Fühlte keiner göttlichen Beruf;

Vor dem Geist in schwarzen Ungewittern,

Vor dem Racheschwerte des Gerichts

Lernte so der blinde Sklave zittern,

Frönt’ und starb im Schrecken seines Nichts.

Kehret nun zu Lieb’ und Treue wieder –

Ach! es zieht zu langentbehrter Lust

Unbezwinglich mich die Liebe nieder –

Kinder! kehret an die Mutterbrust!

Ewig sei vergessen und vernichtet,

Was ich zürnend vor den Göttern schwur;

Liebe hat den langen Zwist geschlichtet,

Herrschet wieder! Herrscher der Natur!“

Froh und göttlichgroß ist deine Kunde,

Königin! dich preise Kraft und Tat!

Schon beginnt die neue Schöpfungsstunde,

Schon entkeimt die segenschwang’re Saat:

Majestätisch, wie die Wandelsterne,

Neuerwacht am off’nen Ozean,

Strahlst du uns in königlicher Ferne,

Freies kommendes Jahrhundert! an.

Staunend kennt der große Stamm sich wieder,

Millionen knüpft der Liebe Band;

Glühend steh’n, und stolz, die neuen Brüder,

Stehn und dulden für das Vaterland;

Wie der Efeu, treu und sanft umwunden,

Zu der Eiche stolzen Höh’n hinauf,

Schwingen, ewig brüderlich verbunden,

Nun am Helden Tausende sich auf.

Nimmer beugt, vom Übermut belogen,

Sich die freie Seele grauem Wahn;

Von der Muse zarter Hand erzogen

Schmiegt sie kühn an Göttlichkeit sich an;

Götter führt in brüderlicher Hülle

Ihr die zauberische Muse zu

Und gestärkt in reiner Freuden Fülle,

Kostet sie der Götter stolze Ruh!

Froh verhöhnt das königliche Leben

Deine Taumel, niedre feige Lust!

Der Vollendung Ahndungen erheben

Über Glück und Zeit die stolze Brust. –

Ha! getilget ist die alte Schande!

Neuerkauft das angestammte Gut!

In dem Staube modern alle Bande,

Und zur Hölle flieht der Übermut!

Dann am süßen heißerrungnen Ziele,

Wenn der Ernte großer Tag beginnt,

Wenn verödet die Tirannenstühle,

Die Tirannenknechte Moder sind,

Wenn im Heldenbunde meiner Brüder

Deutsches Blut und deutsche Liebe glüht;

Dann, o Himmelstochter! sing’ ich wieder,

Singe sterbend dir das letzte Lied.

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