Buch lesen: «Yes to this, No to that!»
Inhalt
Ernst Mohr Yes to this, No to that! Ein Gespräch mit Peter Felixberger und Armin Nasseh
Der Autor
Impressum
Ernst Mohr
Yes to this, No to that!
Ein Gespräch mit Peter Felixberger und Armin Nasseh
Kursbuch: Menschen schaffen heute über den Konsum soziale Nähe und Distanz. Coolness ist verbunden mit der einen richtigen oder falschen Entscheidung. Alles gipfelt in der Unterscheidung: Yes to this, No to that! Wie aber können Konsumenten oder Style-Follower der Kränkung entgehen, dass sie womöglich das Falsche gewählt haben?
Mohr: Nehmen wir für das Falschwählen ein Wettspiel im Fußball. In der Regel sind Spiele eine Kombination aus unserer Erfahrungswelt und etwas völlig Fiktionalem. Bei der letzten Fußball-EM bin ich in einer solchen Tippgruppe Letzter geworden, habe also übermäßig oft nach landläufiger Meinung falsch gewählt. Ich würde allerdings sagen, wenn ich auf den Ersten blicke: Wir haben eigentlich nur sehr unterschiedlich gewählt und damit beide richtig. Wenn nämlich alle gleich getippt hätten, wären alle nur Erster oder Letzter, uns alle hätte die ganze Sache angeödet und wir hätten deshalb allesamt das Falsche gemacht. Der Unterschied zwischen diesem Wettspiel und typischen Konsumentscheidungen besteht allerdings darin, dass der Unterschied im Wettspiel erst nach dem rien ne va plus sichtbar wurde und das Gleiche und damit Falsche zu wählen deshalb nicht mehr korrigierbar war. Dies war das Fiktionale im Spiel im Unterschied zum Konsumieren. Das Typische einer Konsumentscheidung besteht hingegen in der Möglichkeit von kollektiven Korrekturschlaufen, bevor abgerechnet wird. Yes to this, No to that! – kollektiv zu Ende koordiniert. Das Konsumglück oder wie die Ökonomen sagen: Der Konsumnutzen entsteht dabei nicht aus dem Konsum positiver Mengen (je mehr, desto besser), sondern dadurch dass wir unterschiedliche Qualitäten konsumierend zeigen und damit das Soziale produzieren. Zur Illustration passt der Kultfilm Die Ferien des Monsieur Hulot von Jacques Tati. Da gibt es eine wunderbare Szene, in der sich eine In-Group, die sich jedes Jahr zur selben Zeit in einem Hotel am Atlantik trifft, zu einem Ausflug verabredet. In einem Zimmergang im Hotel treten im selben Augenblick zwei Damen aus ihren Zimmern. Im identisch gepunkteten Petticoatkleid. Sie mustern sich, sprechen kein Wort und verschwinden wieder in ihren Hotelzimmern. Schnitt: Die Gruppe trifft sich unten vor dem Hotel. Keine Frau trägt mehr ein Petticoatkleid. Die beiden Damen haben zuerst falsch gewählt, weil sie im selben Augenblick dasselbe gewählt haben. Die falsche Konsumwahl ist somit kollektiv getroffen worden. Zum Glück sind beide wieder ins Zimmer zurückgekehrt und haben sich umgekleidet – und vom Kollektiven her gedacht, auch ohne Schaden umkleiden können. Zurück zum Fußballwettspiel. Was mir dort das Glück verschafft, ist nicht, das Richtige zu tippen, wenn alle anderen auch das Richtige tippen, sondern die Dynamik der unterschiedlichen Entscheidungen.
Der kostenlose Auszug ist beendet.