Die Gedichte. Auswahl

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Mein VolkMein Volk [30.]

Der Fels wird morschDer Fels wird morsch,

Dem ich entspringe

Und meine Gotteslieder singe ....

Jäh stürz ich vom Weg

Und riesele ganz in mir 5

Fernab, allein über Klagegestein

Dem Meer zu.

Hab mich so abgeströmt

Von meines Blutes

Mostvergorenheit. 10

Und immer, immer noch der Wiederhall

In mir,

Wenn schauerlich gen Ost

Das morsche Felsgebein,

Mein Volk, 15

Zu Gott schreit.

[28]ZebaothZebaoth [31.]

Gott ich liebe Dich in Deinem RosenkleideGott ich liebe Dich in Deinem Rosenkleide,

Wenn Du aus Deinen Gärten trittst, Zebaoth.

O, Du Gottjüngling,

Du Dichter,

Ich trinke einsam von Deinen Düften. 5

Meine erste Blüte Blut sehnte sich nach Dir,

So komme doch,

Du süßer Gott,

Du Gespiele Gott,

Deines Tores Gold schmilzt an meiner Sehnsucht. 10

Mein SterbeliedMein Sterbelied (Die Nacht ist weich von Rosensanftmut ...) [32.]

Die Nacht ist weich von Rosensanftmut …Die Nacht ist weich von Rosensanftmut ...

Komm gieb mir Deine beiden Hände her,

Mein Herz pocht spät

Und durch mein Blut

Wandert die letzte Nacht und geht 5

Und naht so weit und ewig wie ein Meer.

Und hast Du mich so sehr geliebt,

So nimm das Jubelndste von Deinem Tag,

Gieb mir, was keine Wolke trübt,

Das Gold von seinem frühsten Lenzschein … 10

Es wallen Harmonien aus der Nachtlandferne

Ich ziehe ein

Und werde Leben sein

Und Leben mich an Leben schmiegen,

[29]Wenn über mir Paradiessterne 15

Ihre ersten Menschen wiegen.

Mein WanderliedMein Wanderlied [33.]

Zwölf Morgenhellen weitZwölf Morgenhellen weit

Verschallt der Geist der Mitternacht,

Und meine Lippen haben ausgedacht

In stolzer Linie mit der Ewigkeit.

Torabwärts schreitet das Verflossene, 5

Indessen meine Seele sich im Glanz der Lösung bricht,

Ihr tausendheißes, weißes Licht

Scheint mir voran ins Ungegossene.

Und ich wachse über all Erinnern weit

So ferne Musik … und zwischen Kampf und Frieden 10

Steigen meine Blicke hoch wie Pyramiden,

Und sind die Ziele hinter aller Zeit.

Der LetzteDer Letzte [34.]

Wilde Winde wehte ichWilde Winde wehte ich,

Bis ich stand.

Alle Sterne träumen von mir,

Und ihre Strahlen werden goldener,

Und meine Ferne undurchdringlicher. 5

Ich lehne am geschlossenen Lid der Nacht

Und horche in die Ruhe.

[30]Wie mich der Mond umwandelt,

Immer leises, blindes Geschimmer murmelnd,

Ein Derwisch ist er in seinem Wandeltanz. 10

Weißgelbenjung hing sein Schein

Schaumleicht an der Nacht,

Und jäh über die Wolken sein Lawinengedröhne

Immer grauab

Mir zur Seite streifte sein Gold. 15

Mein Heimatmeer lauscht still in meinem Schoß,

Helles Schlafen – dunkles Wachen .....

In meiner Hand liegt schwer mein Volk begraben,

Und Wetter ziehen schüchtern über mich.

Ich lehne am geschlossenen Lid der Nacht 20

Und horche in die Ruhe.

HeimHeim [35.]

Unsere Zimmer haben blaue WändeUnsere Zimmer haben blaue Wände,

Und wir wandeln leisehin durch Himmelweiten,

Und am Abend legen Innigkeiten

Mit Engelaugen ineinander unsere Hände.

Und wir erzählen uns Geschichten, 5

Bis der Morgen kommt, in Silberglocken

Und dem Dämmersteine in den Locken,

Der Sonne winkt durchs Tor von Wolkenschichten.

Und wie sie tanzt auf unseren wiesenhellen

Teppichen; leicht über sanftverschlungene Blumenstiele! 10

Zum Liebeslauschen laden unsere Stühle,

Und von den Pfeilern fallen Seidenquellen.

[31]Heimlich zur NachtHeimlich zur Nacht [36.]

Ich habe dich gewähltIch habe dich gewählt

Unter allen Sternen.

Und bin wach – eine lauschende Blume

Im summenden Laub

Unsere Lippen wollen Honig bereiten 5

Unsere schimmernden Nächte sind aufgeblüht.

An dem seligen Glanz deines Leibes

Zündet mein Herz seine Himmel an –

Alle meine Träume hängen an deinem Golde

Ich habe dich gewählt unter allen Sternen. 10

Das Lied meines LebensDas Lied meines Lebens [37.]

Sieh in mein verwandertes Gesicht ....Sieh in mein verwandertes Gesicht ....

Tiefer beugen sich die Sterne

Sieh in mein verwandertes Gesicht.

Alle meine Blumenwege

Führen auf dunkle Gewässer, 5

Geschwister, die sich tötlich stritten.

Greise sind die Sterne geworden .....

Sieh in mein verwandertes Gesicht.

[32]An GottAn Gott [38.]

Du wehrst den guten und den bösen Sternen nichtDu wehrst den guten und den bösen Sternen nicht

All ihre Launen strömen.

In meiner Stirne schmerzt die Furche

Die tiefe Krone mit dem düsteren Licht.

Und meine Welt ist still 5

Du wehrtest meiner Laune nicht.

Gott wo bist du?

Ich möchte nah an deinem Herzen lauschen

Mit deiner fernsten Nähe mich vertauschen

Wenn goldverklärt in deinem Reich 10

Aus tausendseligem Licht

Alle die guten und die bösen Brunnen – rauschen – rauschen.

Und suche GottUnd suche Gott [39.]

Ich habe immer vor dem Rauschen meines Herzens gelegenIch habe immer vor dem Rauschen meines Herzens gelegen

Und nie den Morgen gesehen

Nie Gott gesucht.

Nun aber wandele ich um meines Kindes

Goldgedichtete Glieder 5

Und suche Gott.

Ich bin müde vom Schlummer

Weiß nur vom Antlitz der Nacht.

Ich fürchte mich vor der Frühe

Sie hat ein Gesicht 10

Wie die Menschen, die fragen.

Ich habe immer vor dem Rauschen

Meines Herzens gelegen

Nun aber taste ich um meines Kindes

Gottgelichtete Glieder. 15

[33]HeimwehHeimweh [40.]

Ich kann die SpracheIch kann die Sprache

Dieses kühlen Landes nicht

Und seinen Schritt nicht gehn.

Auch die Wolken, die vorbeiziehn,

Weiß ich nicht zu deuten. 5

Die Nacht ist eine Stiefkönigin.

Immer muss ich an die Pharaonenwälder denken

Und küsse die Bilder meiner Sterne.

Meine Lippen leuchten schon

Und sprechen Fernes, 10

Und bin ein buntes Bilderbuch

Auf deinem Schoß;

Aber dein Antlitz spinnt

Einen Schleier aus Weinen –

Meinen schillernden Vögeln 15

Sind die Korallen ausgestochen,

An den Hecken der Gärten

Versteinern sich ihre weichen Nester.

Wer salbt meine toten Paläste –

Sie trugen die Kronen meiner Väter, 20

Ihre Gebete versanken im heiligen Fluss.

[34]Mein LiebesliedMein Liebeslied (Auf deinen Wangen liegen) [41.]

Auf deinen Wangen liegenAuf deinen Wangen liegen

Goldene Tauben.

Aber dein Herz ist ein Wirbelwind,

Dein Blut rauscht, wie mein Blut –

Süß 5

An Himbeersträuchern vorbei.

O, ich denke an dich – –

Die Nacht frage nur.

Niemand kann so schön

Mit deinen Händen spielen, 10

Schlösser bauen, wie ich

Aus Goldfinger;

Burgen mit hohen Türmen!

Strandräuber sind wir dann.

 

Wenn du da bist, 15

Bin ich immer reich.

Du nimmst mich so zu dir,

Ich sehe dein Herz sternen.

Schillernde Eidechsen

Sind deine Geweide. 20

Du bist ganz aus Gold –

Alle Lippen halten den Atem an.

[35]Pharao und JosephPharao und Joseph [42.]

Pharao verstößt seine blühenden WeiberPharao verstößt seine blühenden Weiber,

Sie duften nach den Gärten Amons.

Sein Königskopf ruht auf meiner Schulter,

Die strömt Korngeruch aus.

Pharao ist von Gold. 5

Seine Augen gehen und kommen

Wie schillernde Nilwellen.

Sein Herz aber liegt in meinem Blut.

Zehn Wölfe gingen an meine Tränke.

Immer denkt Pharao 10

An meine Brüder,

Die mich in die Grube warfen.

Säulen werden im Schlaf seine Arme

Und drohen.

Aber sein träumerisch Herz 15

Rauscht auf meinem Grund.

Darum dichten meine Lippen

Große Süßigkeiten,

Im Weizen unseres Morgens.

[36]Die LiebeDie Liebe (Verstecke mich in deinem Süßblut) [43.]

Verstecke mich in deinem SüßblutVerstecke mich in deinem Süßblut

Nähe mich in den Saum deiner Haut ein.

Immer tragen wir Herz vom Herzen uns zu.

Pochende Naht

Hält unsere Schwellen vereint. 5

Wo mag der Tod mein Herz lassen?

In einem Brunnen, der fremd rauscht –

In einem Garten, der steinern steht –

Er wird es in einen reißenden Fluss werfen.

Mir bangt vor der Nacht 10

Daran kein Stern hängt.

Denn unzählige Sterne meines Herzens

Vergolden deinen Blutspiegel.

Liebe ist aus unserer Liebe vielfältig erblüht.

Wo mag der Tod mein Herz lassen? 15

Leise sagen –Leise sagen – [44.]

Du nahmst dir alle SterneDu nahmst dir alle Sterne

Über meinem Herzen.

Meine Gedanken kräuseln sich

Ich muss tanzen.

[37]Immer tust du das, was mich aufschauen lässt, 5

Mein Leben zu müden.

Ich kann den Abend nicht mehr

Über die Hecken tragen.

Im Spiegel der Bäche

Finde ich mein Bild nicht mehr. 10

Dem Erzengel hast du

Die schwebenden Augen gestohlen.

Aber ich nasche vom Seim

Ihrer Bläue.

Mein Herz geht langsam unter 15

Ich weiß nicht wo –

Vielleicht in deiner Hand.

Überall greift sie an mein Gewebe.

VersöhnungVersöhnung [45.]

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen …Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen ...

Wir wollen wachen die Nacht,

In den Sprachen beten

Die wie Harfen eingeschnitten sind.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht – 5

So viel Gott strömt über.

[38]Kinder sind unsere Herzen,

Die möchten ruhen müdesüß.

Und unsere Lippen wollen sich küssen,

Was zagst du? 10

Grenzt nicht mein Herz an deins –

Immer färbt dein Blut meine Wangen rot.

Wir wollen uns versöhnen die Nacht,

Wenn wir uns herzen, sterben wir nicht.

Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen. 15

Meine MutterMeine Mutter [46.]

War sie der große EngelWar sie der große Engel,

Der neben mir ging?

Oder liegt meine Mutter begraben

Unter dem Himmel von Rauch –

Nie blüht es blau über ihrem Tode. 5

Wenn meine Augen doch hell schienen

Und ihr Licht brächten.

Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz,

Ich würde es über ihr Grab hängen.

[39]Aber ich weiß einen Stern, 10

Auf dem immer Tag ist;

Den will ich über ihre Erde tragen.

Ich werde jetzt immer ganz allein sein

Wie der große Engel,

Der neben mir ging. 15

Ein alter TibetteppichEin alter Tibetteppich [47.]

Deine Seele, die die meine liebetDeine Seele, die die meine liebet

Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet

Strahl in Strahl, verliebte Farben,

Sterne, die sich himmellang umwarben.

Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit 5

Maschentausendabertausendweit.

Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron

Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl

Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.

RastRast [48.]

Mit einem stillen Menschen will ich wandernMit einem stillen Menschen will ich wandern

Über die Berge meiner Heimat

Schluchzend über Schluchten,

Über hingestreckte Lüfte.

[40]Überall beugen sich die Zedern 5

Und streuen Blüten.

Aber meine Schulter hängt herab

Von der Last des Flügels.

Suche ewige, stille Hände:

Mit meiner Heimat will ich wandern. 10

Dem BarbarenDem Barbaren [49.]

Ich liege in den NächtenIch liege in den Nächten

Auf deinem Angesicht.

Auf deines Leibes Steppe

Pflanze ich Cedern und Mandelbäume.

Ich wühle in deiner Brust unermüdlich 5

Nach den goldenen Freuden Pharaos.

Aber deine Lippen sind schwer,

Meine Wunder erlösen sie nicht.

Hebe doch deine Schneehimmel

Von meiner Seele – 10

Deine diamantnen Träume

Schneiden meine Adern auf.

Ich bin Joseph und trage einen süßen Gürtel

Um meine bunte Haut.

[41]Dich beglückt das erschrockene Rauschen 15

Meiner Muscheln.

Aber mein Herz lässt keine Meere mehr ein.

O du!!

Mein Herz heult schon über deine rauhen Ebenen

Und verscheucht meine seligen Sterne. 20

AbelAbel [50.]

Kains Augen sind nicht gottwohlgefälligKains Augen sind nicht gottwohlgefällig,

Abels Angesicht ist ein goldener Garten,

Abels Augen sind Nachtigallen.

Immer singt Abel so hell

Zu den Saiten seiner Seele, 5

Aber durch Kains Leib führen die Gräben der Stadt.

Und er wird seinen Bruder erschlagen –

Abel, Abel, dein Blut färbt den Himmel tief.

Wo ist Kain, da ich ihn stürmen will:

Hast du die Süßvögel erschlagen 10

In deines Bruders Angesicht?

Durch dein dumpfes Herz

Klagt Abels flatternde Seele.

Warum hast du deinen Bruder erschlagen, Kain?

[42]EstherEsther [51.]

Esther ist schlank wie die FeldpalmeEsther ist schlank wie die Feldpalme

Nach ihren Lippen duften die Weizenhalme

Und die Feiertage, die in Juda fallen.

Nachts ruht ihr Herz auf einem Psalme

Die Götzen lauschen in den Hallen. 5

Der König lächelt ihrem Nahen entgegen –

Denn überall blickt Gott auf Esther.

Die jungen Juden dichten Lieder an die Schwester

Die sie in Säulen ihres Vorraums prägen.

BoasBoas [52.]

Ruth sucht überallRuth sucht überall

Nach goldenen Kornblumen

An den Hütten der Brothüter vorbei –

Bringt süßen Sturm

Und glitzernde Spielerei 5

Über Boas Herz;

Das wogt ganz hoch

Über seine Korngärten

Der fremden Schnitterin zu.

[43]Abraham und IsaakAbraham und Isaak [53.]

Abraham baute in der Landschaft EdenAbraham baute in der Landschaft Eden

Sich eine Stadt aus Erde und aus Blatt

Und übte sich mit Gott zu reden.

Die Engel ruhten gern vor seiner frommen Hütte

Und Abraham erkannte jeden; 5

Himmlische Zeichen ließen ihre Flügelschritte.

Bis sie dann einmal bang in ihren Träumen

Meckern hörten die gequälten Böcke

Mit denen Isaak opfern spielte hinter Süßholzbäumen.

Und Gott ermahnte Abraham; 10

Er brach vom Kamm des Meeres Muscheln ab und Schwamm

Hoch auf den Blöcken den Altar zu schmücken.

Und trug den einzigen Sohn gebunden auf den Rücken

Zu werden seinem großen Herrn gerecht –

Der aber liebte seinen Knecht. 15

Paul ZechPaul Zech [54.]

Sing Groatvatter woar dat verwunschene BäuerleinSing Groatvatter woar dat verwunschene Bäuerlein

Aus Grimm sinne Märchens.

Der Enkelsonn ist ein Dichter.

Paul Zech schreibt mit der Axt seine Verse.

[44]Man kann sie in die Hand nehmen, 5

So hart sind die.

Sein Vers wird zum Geschick

Und zum murrenden Volk.

Er lässt Qualm durch sein Herz dringen:

Ein düsterer Beter. 10

Aber seine Kristallaugen blicken

Unzählige Male den Morgen der Welt.

Giselheer dem HeidenGiselheer dem Heiden [55.]

Ich weine –Ich weine –

Meine Träume fallen in die Welt.

In meine Dunkelheit

Wagt sich kein Hirte.

Meine Augen zeigen nicht den Weg 5

Wie die Sterne.

Immer bettle ich vor deiner Seele;

Weißt du das?

Wär ich doch blind –

Dächte dann, ich läg in deinem Leib. 10

Alle Blüten täte ich

Zu deinem Blut.

[45]Ich bin vielreich

Niemand kann mich pflücken;

Oder meine Gaben tragen 15

Heim.

Ich will dich ganz zart mich lehren;

Schon weißt du mich zu nennen.

Sieh meine Farben,

Schwarz und stern 20

Und mag den kühlen Tag nicht,

Der hat ein Glasauge.

Giselheer dem KnabenGiselheer dem Knaben [56.]

An meiner Wimper hängt ein SternAn meiner Wimper hängt ein Stern,

Es ist hell

Wie soll ich schlafen –

Und möchte mit dir spielen.

 

– Ich habe keine Heimat – 5

Wir spielen König und Prinz.

Ich bin dein Prinz

Dein Leib ist hold

Aus allen bunten Farben.

Dein Leib ist eine Seele. 10

[46]Höre! Höre! [57.]

Ich raube in den NächtenIch raube in den Nächten

Die Rosen deines Mundes,

Dass keine Weibin Trinken findet.

Die dich umarmt,

Stiehlt mir von meinen Schauern, 5

Die ich um deine Glieder malte.

Ich bin dein Wegrand.

Die dich streift,

Stürzt ab.

Fühlst du mein Lebtum 10

Überall

Wie ferner Saum?

Der alte Tempel in PragDer alte Tempel in Prag [58.]

(Paul Leppin, dem Dichter, gewidmet)

Tausend Jahre zählt der alte Tempel schon in PragTausend Jahre zählt der alte Tempel schon in Prag,

Staubfällig und ergraut ist längst sein Ruhetag,

Und die alten Väter schlossen seine Gitter.

Ihre Söhne ziehen nun in die Schlacht.

Der zerborstene Synagogenstern erwacht 5

Und er segnet seine jungen Judenritter.

Wie ein Glückstern über Böhmens Judenstadt,

Ganz aus Gold wie nur der Himmel Sterne hat:

Hinter seinem Glanze beten wieder Mütter.

[47]Senna HoySenna Hoy [59.]

Seit du begraben liegst auf dem HügelSeit du begraben liegst auf dem Hügel

Ist die Erde süß.

Wo ich hingehe nun auf Zehen,

Wandele ich über reine Wege.

O, deines Blutes Rosen 5

Durchtränken sanft den Tod.

Ich habe keine Furcht mehr

Vor dem Sterben.

Auf deinem Hügel blühe ich schon

Mit den Blumen der Schlingpflanzen. 10

Deine Lippen haben mich immer gerufen,

Nun weiß mein Name nicht mehr zurück.

Jede Schaufel Erde, die dich barg,

Verschüttete auch mich.

Darum ist immer Nacht an mir 15

Und Sterne schon in der Dämmerung.

Und ich bin unbegreiflich unseren Freunden

Und ganz fremd geworden.

Aber du stehst am Tor der stillsten Stadt

Und wartest auf mich, du Großengel.

[48]Georg Trakl †Georg Trakl † [60.]

Seine Augen standen ganz fern –Seine Augen standen ganz fern –

Er war als Knabe einmal schon im Himmel.

Darum kamen seine Worte hervor

Auf blauen und weißen Wolken.

Wir stritten über Religion; 5

Aber immer wie zwei Spielgefährte;

Und bereiteten Gott von Mund zu Mund;

Im Anfang war das Wort!

Des Dichters Herz, eine feste Burg.

Seine Gedichte, singende Thesen. 10

Er war wohl Martin Luther.

Seine dreifaltige Seele trug er in der Hand,

Als er in den »heiligen Krieg« zog.

Dann wusste ich, er war gestorben –

Sein Schatten weilte unbegreiflich 15

Auf dem Abend meines Zimmers.

[49]〈An Franz Marc〉<An Franz Marc> [61.]

Franz Marc, der blaue Reiter vom RiedFranz Marc, der blaue Reiter vom Ried,

Stieg auf sein Kriegspferd.

Ritt über Benediktbeuern herab nach Unterbayern,

Neben ihm sein besonnener, treuer Nubier

Hält ihm die Waffe. 5

Aber um seinen Hals trägt er ein silbergeprägtes Bild

Und den totverhütenden Stein seines blonden Weibes.

Durch die Straßen von München hebt er sein biblisches Haupt

Im hellen Rahmen des Himmels.

Trost im stillen Mandelauge, 10

Donner sein Herz.

Hinter ihm und zur Seite viele, viele Soldaten.

Milly StegerMilly Steger [62.]

Milly Steger ist eine BändigerinMilly Steger ist eine Bändigerin,

Haut Löwen und Panther in Stein.

Vor dem Theater in Hagen

Stehen ihre Großgestalten.

Böse Tollpatsche, ernstgewordene Hännesken, 5

Clowne, die mit ihren blutenden Seelen wehen.

Aber auch Brunnen, verschwiegene Weibsmopse

Zwingt Milly rätselhaft nieder.

[50]Manchmal spielt sie mit Zündhölzchen,

Die entzünden sich in der Gulliverin Hand. 10

Sie schnitzt aus dem Holze Adam

Hinterrücks sein Weib.

Und Millys Herz lacht wie ein Apfel,

In ihren stahlblauen Augen sitzt ein Schalk.

Milly Steger die Bildhauerin ist eine Welt, 15

Meteore stößt sie von sich

Eine Büffelin an Wurfkraft,

Freut sie sich auch zart an dem blühenden Kern der Büsche.

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