Böser Zauber

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Böser Zauber
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Elias Reich

Böser Zauber

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Impressum neobooks

Kapitel 1

Violetta saß im Wagen und rutschte nervös auf dem Sitz herum. Besorgt behielt sie die Kneipe auf der anderen Straßenseite im Auge. Es war eine schmuddelige Spelunke im Hafengebiet. Allerlei Gesindel und Pack traf sich hier. Einige Motorräder standen in einer langen Reihe vor der Kneipe. Unbewusst knabberte Violetta an ihren Fingernägeln und schaute auf die Uhr. Oskar war bereits vor 20 Minuten in die Kneipe gegangen. Seitdem hatte sie kein Lebenszeichen mehr von ihm erhalten. Soll ich auch reingehen?, fragte sie sich und strich sich ein paar schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie seufzte. Ich warte noch ein paar Minuten, dann gehe ich nachsehen. Da hörte sie plötzlich dumpfe Schreie und Poltern aus der Kneipe. Sekunden später flogen zwei Männer durch die Fensterschreiben. Sie landeten, wie zwei nasse Säcke auf dem Boden und rührten sich nicht. Durch die nun entstandene Öffnung stieg Oskar und trat auf die Straße. Heute trug er ein dunkles Hemd, Jeans und Stiefel. Blut lief durch sein Gesicht, anscheinend kam es aus seiner Nase. In der Hand hielt er einen dicken Umschlag. Flott lief er auf Violetta zu, öffnete die Autotür und setzte sich auf den Beifahrersitz. “Ich habe alles“, sagte er. “Fahr los.“ Hastig startete Violetta den Wagen und gab Gummi. Besorgt schaute sie ihn an. “Du blutest!“ “Ist nur meine Nase“, sagte er und lächelte, ein durchaus gruseliger Anblick bei all dem Blut. “Ich habe nur im Getümmel einen Ellenbogen draufgekriegt. Nichts bleibendes.“ Er holte ein Taschentuch raus und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Violetta konzentrierte sich wieder voll und ganz auf die Straße vor ihr. Eine Weile sagte keiner von beiden etwas. Irgendwann linste Violetta zu Oskar hinüber. Er war gerade dabei das Geld aus dem Umschlag zu zählen. Seine kurzen straßenköterblonden Haare hatten auch einige Blutspritzer abgekriegt. Durch seine Augenbrauen zogen sich alte Narben. Seine Nase war ein wenig schief und erinnerte an die vieler Boxer. Ein wenig knubbelig und mitgenommen. Auf seinem Kinn zeigten sich bereits wieder die ersten Bartstoppeln. Sein Hemd spannte über der breiten Brust und seinen muskulösen Armen. Er sah aus, wie man sich einen waschechten Werwolf vorstellen würde. Was für ein Zufall, dass er tatsächlich einer war! Mit 12 Jahren war er von einem Werwolf gebissen worden und infolgedessen von zu Hause weggelaufen. Seitdem waren über 15 Jahre vergangen. In der Zeit war er allen möglichen Berufen nachgegangen. Mehr oder weniger legal... meistens eher weniger. Werwölfe sind nicht unbedingt die Dichter und Denker, der übernatürlichen Welt, wie Oskar es immer so schön ausdrückte. Die meisten waren ein Haufen gewalttätiger Streuner. Oskar war noch einer der umgänglichsten. Violetta räusperte sich. “Reicht das Geld?“ Er nickte. “Die Schuld ist damit beglichen. Mein Auftraggeber kriegt seine Kohle und wir einen netten Anteil.“ Er zählte ein dickes Bündel ab und reichte es Violetta. “Hier für dich.“ “Wofür?“, fragte sie überrascht. “Ich hatte damit doch überhaupt nichts zu tun!“ “Du fährst den Wagen“, erwiderte er. “Das ist nicht, nichts! Ich würde jetzt nur ungern nach Hause laufen müssen!“ Sie verdrehte die Augen. “Sehr witzig! Jetzt tu mal nicht so! Du kannst doch selber fahren!“ Er zuckte mit den Schultern. “Ja und? Jetzt nimm schon das Geld! Du hast mir geholfen und dafür kriegst du einen Anteil.“ Sie seufzte leise, nahm das Geld und steckte es ein. “Danke.“ Er winkte ab und zählte sich selber Geld ab. “Keine große Sache.“ Sie kratze sich am Hinterkopf. “Wie ich sehe, gab es Komplikationen bei dem Eintreiben des Geldes...“ Er schnaubte. “Die Saftsäcke wollten halt nicht zahlen. Das war zu erwarten gewesen. Ich hab´s auf die nette Art versucht, aber wer nicht hören will, muss mit den Konsequenzen leben. Hauptsache Herr Rackmann und seine Familie kriegen ihr Geld wieder.“ Er wischte sich nochmal Blut aus dem Gesicht. “Wir fahren jetzt bei Familie Rackmann vorbei und liefern das Geld ab, dann haben wir auch das erledigt. Und alle sind glücklich und zufrieden. Na ja, bis auf die, die ich gerade verprügelt habe. Denen wird morgen ordentlich der Schädel brummen.“ Violetta lächelte. Nun sprachen sie noch über Hinz und Kunz, während sie ihre Fahrt fortsetzten.

Kapitel 2

Wir fuhren die Einfahrt zu meinem Haus hinauf. Violetta und ich hatten das Geld bei Familie Rackmann abgeliefert und waren nun so gut, wie zu Hause. Ich saß nun wieder hinterm Steuer und lenkte meinen >Mercedes-Benz GLK<, einen großen Geländewagen. Violetta saß auf dem Beifahrersitz und schaute aus dem Fenster. Ihre glatten rabenschwarzen Haare hingen offen bis auf ihre Schultern herab. Sie war wie immer vornehm blass und geschminkt. Um ihre grünen Augen hatte sie schwarzen Lidschatten und Eyeliner aufgetragen, außerdem trug sie lila farbenden Lippenstift. Obenrum trug sie ein enges T-Shirt mit rotem Totenkopf und eine Lederjacke. An den Beinen trug sie einen kurzen Rock voller mexikanischer Totenköpfe und eine schwarze Strumpfhose. Das Outfit wurde noch durch klobige Lederstiefel, die ihr bis zum Knie gingen abgerundet. Sie war ein ganzes Stück kleiner als ich und zierlich. Sie sah aus, wie das hübsche Gothic-Mädchen, das gerne Hühnern den Kopf abhackt. Nur ein kleiner Scherz. Natürlich nur das mit der Tierquälerei, nicht das mit dem Hübsch. Wie auch immer. Ich hatte Violetta unter kuriosen Umständen kennengelernt. Sie befand sich zu dem Zeitpunkt in einer etwas prekären Lage und ich half ihr aus der Patsche. Seitdem wohnte sie bei mir und wir waren (rein platonische) Freunde geworden. Violetta war eine Halbdämonin, das heißt einer ihrer Elternteile, in der Regel der Vater, war ein Dämon, während das andere Elternteil ein Mensch war. Normalerweise war die Existenz als Halbdämon recht unkompliziert. Man ist ein ganzer normaler Mensch mit ein paar Zusatzkräften, wie Telekinese, Kontrolle über Feuer, Telepathie oder ähnliches. Aber bei Violetta war es ein wenig komplizierter. Ihr Dämonenelternteil war Baal, der König der Hölle. Über seine genaue Position war man sich nicht einig. Manche sagen, er wäre der Herrscher der Hölle, andere sagen er wäre die rechte Hand des Teufels und wieder andere behaupten er wäre der leibhaftige Satan selbst. Letztendlich war es auch egal. Unterm Stich war Baal ein extrem mächtiger Dämon. Das war es, worauf es ankam. Die Kinder von solch mächtigen Dämonen sind anders, als die anderen. Sie sind wirklich zur Hälfte Dämon, mit dem selben Vergnügen am Chaos, der Zerstörung und dem Töten. Und dieses Dämonen-Ich kommt immer mal wieder zum Vorschein, übernimmt die Kontrolle und zerlegt alles in der direkten Umgebung zu Staub und Asche. Und als wäre dies nicht schon schlimm genug, gibt es auch noch diverse Prophezeiungen darüber, wie Violetta gemeinsam mit ihrem Vater die Welt vernichten wird. Aber das nur am Rande. Genug geschwafelt, zurück zum aktuellen Gesehen. Ich wohnte in einer etwas ländlicheren Gegend von Oberhausen. Mein Grundstück war groß und in der Nachbarschaft gab es einige Felder und alte Bauernhöfe. Hier lag der Hund begraben. Dies hatte zur Folge, dass ich nur sehr selten ungebetenen Besuch bekam, weshalb ich mich sehr wunderte, als ich die Frau bemerkte, die vor meinem Haus neben einem alten Volvo stand und anscheinend auf irgendetwas oder irgendjemanden wartete. Ich runzelte die Stirn und stupste Violetta an. “Die kennst du nicht zufällig, oder?“ Überrascht schaute sie auf und schüttelte den Kopf. “Nein, die kenne ich nicht.“ Ich atmete geräuschvoll aus. “Na, da bin ich jetzt mal gespannt.“ Ich parkte meinen Wagen vor dem Haus und stieg aus. Sofort kroch mir der unverkennbare Werwolfgeruch in die Nase. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Wachsam musterte ich die Frau. Sie war vielleicht Anfang bis Mitte Zwanzig und etwa einen ganzen Kopf kleiner als ich. Ihre braunen, glatten Haare waren zu einem etwa kinnlangen Bob geschnitten. Sie hatte ein schmales, feminines Gesicht mit der ein oder anderen Narbe in den Augenbrauen. Sie war drahtig und schlank, wie eine Leichtathletin und trug eine schlichte Kombination aus Kapuzenjacke, Jeans und Turnschuhen. Freundlich lächelnd schaute sie mich an und trat auf mich zu. Trotzdem konnte ich ihre Anspannung spüren. “Hallo“, sagte sie. “Sind Sie Oskar Waidmann?“ Ich nickte knapp. “Wer sind Sie? Und was wollen Sie?“ “Ich bin Alina Gosling“, sagte sie. “Und ich möchte gerne mit Ihnen sprechen.“ “Aha“, sagte ich wenig begeistert. “Als Werwölfin sollten Sie eigentlich wissen, dass ich nicht unbedingt jemand bin, mit dem man ein kleines Schwätzchen hält! Worum geht es?“ Sie lächelte. “Wir haben eine gemeinsame Bekannte. Livia, die Amazone, spricht nur in den höchsten Tönen von Ihnen, da dachte ich, ich sollte mir mal ein eigenes Bild machen... Ich hatte damit gerechnet, Sie wären irgendwie älter. Sie sind ja noch ein junger Mann, kaum älter, als ich. Und aussehen tun Sie auch nicht, wie die gemeingefährliche Bestie, über die man sich Geschichten erzählt.“ “Ich kann Ihnen versichern, dass ich meinem Ruf gerecht werde“, erwiderte ich trocken. Violetta neben mir kicherte. “Müsstet ihr euch jetzt nicht erst mal gegenseitig am Hintern schnüffeln?... So zur Begrüßung und so.“ Ich warf ihr einen missbilligenden Blick zu. “Nicht witzig.“ Die fremde Werwölfin grinste breit. “Ich werde auf das Schnüffeln verzichten, wenn Sie es auch tun.“ Ich verdrehte die Augen. “Kommen Sie auf den Punkt! Was wollen Sie? Woher kennen Sie Livia?!“ “Livia und ich arbeiten mit den selben Leuten zusammen“, erklärte sie. “Dabei ist immer mal wieder Ihr Name gefallen. Wie es der Zufall so will, habe ich einen Auftrag in der Stadt, bei dem ich Ihre Hilfe gebrauchen könnte. Sind Sie interessiert?“ “Nein“, sagte ich. “Kein Bedarf, aber danke für das Angebot. Schönen Tag noch!“ Eigentlich wollte ich an der Werwölfin vorbei zum Haus gehen, doch sie stellte sich mir in den Weg. Ich starrte sie an. “Sie machen einen folgenschweren Fehler!“ “Es geht um Kinder“, sagte sie mit fester Stimme. “Livia hat behauptet, Sie wären nicht das Monster von dem alle sprechen! Lassen Sie mich Ihnen wenigstens alle Einzelheiten erzählen, danach können Sie mich immer noch wegschicken!“ Ich biss die Zähne zusammen und atmete tief durch, dann schaute ich zu Violetta hinüber. Sie nickte. Ich wandte mich wieder an die Werwölfin. “Na gut. Kommen Sie mit rein“, sagte ich. “Sie dürfen mir alles erzählen, dann treffe ich meine Entscheidung. Falls Sie dann nach wie vor nicht gehen, sollten Sie schon mal Ihre Koffer packen, um bei den Fischen zu schlafen! Haben wir uns verstanden?!“ “Hundertprozentig“, antwortete sie und wirkte ein wenig eingeschüchtert. Ich lächelte. “Exzellent. Also kommen Sie. Umso schneller Sie fertig sind, umso schneller kann ich Sie wieder von meinem Grundstück schmeißen!“ Ich lief zur Haustür und schloss auf. Violetta und Frau Gosling folgten mir. Ich führte beide in die Küche und deutete Ihnen, dass sie sich setzen sollten. Beide nahmen Platz. Ich schaute in die Runde. “Möchte jemand was trinken? Wasser? Saft? Tee?“ Beide schüttelten den Kopf. Innerlich zuckte ich mit den Schultern und nahm mir einen Orangensaft, dann setzte ich mich an den Tisch. Wachsam schaute ich meinen ungebetenen Gast an. “Erzählen Sie! Sie haben höchstens fünf Minuten! Die Zeit läuft!“ “17 Kinder in sechs Städten sind verschwunden“, erklärte sie. “Alle zwischen drei und sieben Jahren alt. Ich arbeite seit Wochen an dem Fall, habe aber bisher keine heiße Spur gefunden. Stattdessen verschwinden immer mehr Kinder. Gestern schon wieder eines hier in Oberhausen. Damit sind es schon zwei hier in der Stadt. Es ist immer das gleiche Muster. Nachts verschwinden die Kinder einfach aus ihren Betten, keine Türen oder Schlösser wurden aufgebrochen, keinerlei Hinweise auf gewaltsames Eindringen in die Wohnungen und Häuser. Rein gar nichts. Es gibt keine Verbindung zwischen den Kindern oder deren Familien, soweit ich weiß. Wenn es eine gibt, habe ich sie noch nicht gefunden. Das spurlose Verschwinden deutet für mich ganz klar auf übernatürliche Beteiligung hin. Aber ich weiß auch nicht welche übernatürliche Spezies! Ich hoffe nur, die Kinder leben noch... auch wenn die Chancen schlecht stehen.“ Ich lehnte mich zurück und starrte sie an. So gerne ich sie jetzt einfach wegschicken würde, wenn das stimmen sollte, was sie mir gerade erzählt hatte, sollte ich ihr helfen. Schon alleine der Kinder zuliebe. Ich seufzte. Verdammtes Gewissen! Genervt ließ ich meinen Nacken knacken. “Falls Ihre Geschichte stimmt, bin ich bereit Ihnen zu helfen“, sagte ich schließlich. “Aber zuallererst rufe ich Livia an und überprüfe das, was Sie mir erzählt haben. Nur am Rande, sollte sich raus stellen, dass Sie gelogen haben, werden Sie sich wünschen jetzt auf der Stelle vom Blitz getroffen worden zu sein!“ Sie nickte. “Das verstehe ich, aber ich garantiere Ihnen, dass ich nicht lüge!“ “Das werden wir ja gleich sehen“, erwiderte ich kramte mein Handy raus. Gelassen suchte ich die richtige Nummer und rief an. Livia war eine Amazonenkriegerin, die ich vor Jahren kennengelernt hatte, als sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht worden war, den Auftrag anzunehmen mich umzubringen. Was soll ich dazu groß sagen? Ihr Versuch ist fehlgeschlagen. Aufgrund der Sachlage habe ich davon abgesehen, sie umzubringen und seitdem standen wir in mehr oder weniger regelmäßigem Kontakt. Das ein oder andere mal hatte sie sich bereits als nützlich erwiesen. Während es klingelte, behielt ich die Werwölfin im Auge. Vorsicht ist besser als Nachsicht! Kurz knisterte es in der Leitung. “Hallo, Oskar“, meldete sich Livia. “Wie geht es dir? Was verschafft mir die Ehre?“ “Hallo“, sagte ich. “Rate mal, wer heute vor meiner Tür stand? Eine junge Werwölfin, die behauptet, dich zu kennen und mit der selben Gruppe von übernatürlichen Weltverbesserern zusammenzuarbeiten, wie du. Klingelt da was bei dir?“ Kurze Stille. “Ja, tut es“, sagte sie. “Du meinst Alina Gosling, oder? Schlank, braune Haare usw.“ “Anscheinend“, sagte ich langsam. “Die Dame bittet mich um meine Hilfe bei einem Ihrer Fälle. Es geht um verschwundene Kinder. Sagt dir das was?“ “Ja, aber warum kommt die damit ausgerechnet zu dir?“, fragte Livia verwundert. “Was hast du damit zu tun?“ “So wie es aussieht, hast du immer ganz begeistert von mir erzählt“, sagte ich nüchtern. “Weshalb Frau Gosling zu dem Schluss kam, dass ein Held in weißen Strumpfhosen bin, oder so.“ “Ich habe nie-“, begann sie und hielt inne. “Dein Name ist vielleicht ein- oder zweimal gefallen, aber wenn dann nur auf Nachfrage...“ “Aha“, sagte ich. “Wie auch immer. Das ist jetzt auch gar nicht das Thema. Ich rufe an, um mich von der Echtheit Ihrer Geschichte zu vergewissern. Das, was Sie sagt, stimmt also?“ “Ich kenne Sie und habe auch schon mit Ihr zusammengearbeitet“, antwortete sie. “Sie ist eine von den Guten.“ “Okay“, sagte ich. “Du bürgst für Sie. Falls Sie sich doch nur, als junge Werwölfin, die sich einen Ruf machen will, indem Sie mich umbringt, herausstellen sollte, fällt das auch auf dich zurück. Ist das klar?“ “Natürlich“, sagte sie. “Ich kenne die Spielregeln. Ich bin nicht mehr grün hinter den Ohren.“ “Wunderbar“, sagte ich. “Das war´s auch schon. Gibt es sonst noch was bei dir? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ “Nein, nein. Alles bestens“, sagte sie. “Halt mich auf dem Laufenden. Bis bald.“ “Mach ich“, sagte ich und legte auf. Ich lächelte. “So, das wäre dann jetzt geklärt. Ich helfe dir. Ab jetzt sind wir übrigens beim >du<. >Sie< sagt man nur, wenn man eigentlich meint >Sie, Arschloch<.“ Alina grinste breit. “Okay. Das freut mich sehr. Wo fangen wir an?“ “Hast du deine Unterlagen zu dem Fall dabei?“, fragte ich. “Dann hätte ich nämlich gerne eine Kopie, um die mir ansehen zu können und eventuell einem meiner Experten zu zeigen.“ Sie holte einen USB Stick hervor und reichte ihn mir. “Darauf ist alles, was ich bisher gefunden habe.“ “Alles klar“, sagte ich und nahm den Stick. “Ich hole eben meinen Laptop und mache eine Kopie.“ Kurzerhand stand ich auf, doch dann zögerte ich. Eigentlich wollte ich Violetta nicht mit Alina alleine lassen, aber auf der anderen Seite, wenn Livia für sie bürgt und ich bereit mit mit ihr zu arbeiten, dann sollte ich es auch über mich bringen können, sie mit Violetta alleine zu lassen. Einen kurzen Moment verharrte ich noch regungslos, dann überwand ich mich und verließ die Küche in Richtung meines Schlafzimmers. Aufmerksam lauschend, hörte ich, wie Violetta und Alina ein paar Worte wechselten und sich miteinander bekannt machten. Aus meinem Schlafzimmer holte ich meinen Laptop und nahm ihn mit in die Küche. Hier schaltete ich ihn ein und fertigte eine Kopie der Daten an. Nachdem das erledigt war, gab ich den Stick an Alina zurück. “Dann hätten wir das auch geklärt“, sagte ich an Alina gewandt. “Zunächst möchte ich nun alle Informationen sichten und mich mit dem Fall vertraut machen. Vielleicht zeige ich den Kram auch einem Bekannten von mir, der kennt sich mit Computern aus. Eventuell kann der uns weiterhelfen. Dabei ist deine Anwesenheit jedenfalls nicht erforderlich. Ich schlage vor, du kommst morgen wieder vorbei und wir fangen mit den Ermittlungen an. Was hältst du davon?“ Sie blinzelte verdutzt. “Na gut. Eigentlich dachte ich, wir würden jetzt direkt loslegen, aber so können wir es auch machen.“ “Exzellent“, sagte ich. “Dann wünsche ich noch einen schönen Tag.“ Nach wie vor ein wenig verdattert stand sie auf und reichte mir und Violetta die Hand. “Okay. Dann bis morgen also.“ Ich brachte sie noch zur Tür und schon war sie endlich wieder weg. Seufzend setzte ich mich an den Küchentisch und begann den Kram auf dem Laptop durchzusehen. Violetta schaute mich grinsend an. Ich runzelte die Stirn. “Ist irgendwas?“ “Ich wusste, du würdest sie nicht einfach wegschicken. Schon gar nicht, wenn es um Kinder geht. Unter deiner rauen Schale steckt halt doch ein weicher Kern.“ Ich verdrehte die Augen. “Was für eine Erkenntnis! Erzähl es bloß nicht weiter. Dir würde sowieso keiner glauben!“ Lachend stand sie auf, stellte sich neben mich und schaute auf den Bildschirm vom Laptop. “Und schon einen Durchbruch erzielt?“ “Nicht so ganz“, erwiderte ich und las weiter. “Das meiste sind Zeitungsartikel. Sie scheint keinen Polizeiinformanten oder einen fähigen Hacker zur Hand gehabt zu haben. Bei den Infos die sie hat, ist es kein Wunder, dass sie nicht voran kommt. Am besten gehen wir zu meinem Computerexperten und lassen ihn mal ein bisschen recherchieren. Anschließend können wir noch meinem Bekannten bei der Polizei einen Besuch abstatten. Was meinst du?“ “Klingt vernünftig“, sagte sie. “Dann lass uns mal loslegen.“

 

Kapitel 3

Genervt grummelte ich und fuhr zum vierten mal um den Block. Ohne irgendwelche Probleme waren wir an dem großen Mietshaus in dem Josef Redecker, mein Computerfachmann, wohnte angekommen, doch jetzt fand ich ums verrecken keinen Parkplatz. So nah am Ziel!, dachte ich und fuhr einige Straßen weiter, bis ich endlich einen Parkplatz fand. Ich stellte meinen Wagen ab und stieg aus. Violetta tat es mir gleich. Selbstverständlich mussten wir nun ein ganzes Stück laufen und ich hatte es eilig. Rasch überquerte ich die Straße und lief den Gehweg entlang. Meine dämonische Begleitung folgte mir auf Schritt und Tritt, bis sie plötzlich, wie angewurzelt stehen blieb. Überrascht musterte ich sie. Violetta starrte eine uns gegenüber stehende Frau an. Sie hatte blaue Haare, einen Nasenring und allerlei Tattoos, außerdem steckte sie in abgerissenen Klamotten. Die unbekannte Frau starrte Violetta ebenso entgeistert an. Irritiert schaute ich von der einen zur anderen. Was ist denn hier los?!, fragte ich mich. Habe ich irgendwas verpasst?! Violetta war diejenige, die ihre Sprache zuerst wieder fand. “Hallo, Stephanie. Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“ “Hallo, Violetta“, erwiderte die andere. Und schon umarmten sich die beiden. Ich verstand nur noch Bahnhof. Nach einiger Zeit lösten sie sich wieder voneinander und begannen sich angeregt zu unterhalten. Ich beobachtete das Schauspiel. Violetta wandte sich an mich. “Oskar, das ist Stephanie, eine alte Freundin von mir. Wir kennen uns noch aus dem Waisenhaus.“ Ich nickte. Violettas Eltern waren gestorben, als sie gerade mal fünf Jahre alt war. Von da an hatte sie im Waisenhaus gelebt, bis sie mit 16 Jahren von dort weggelaufen war, weil ihre Dämonenkräfte einzusetzen begannen und sie eine Gefahr für alle anderen darstellte. Von einer Freundin aus der Zeit hatte sie mir bisher nie erzählt. Ich lächelte freundlich und schüttelte Stephanie die Hand. Sie musterte mich interessiert. “Und du bist?“ Ich wollte gerade antworten, als Violetta mir zuvor kam. “Das ist Oskar. Er ist ein guter Freund.“ “So, so ein guter Freund“, sagte sie in einem eigenartigen Tonfall und musterte mich noch eindringlicher. “Woher kennt ihr euch denn?“ Ich schmunzelte. “Lange Geschichte.“ Aus dem Augenwinkel beäugte ich Violetta. Sie wirkte aufrichtig erfreut ihre alte Freundin wiederzusehen. Da wollte ich nicht stören. “Wie auch immer“, sagte ich. “Violetta, was hältst du davon, wenn du hier bleibst und ihr quatschen könnt, während ich unsere Erledigung mache?“ Sie nickte erfreut, auch wenn es ihr vielleicht ein bisschen unangenehm war, dass sie nun andere Prioritäten hatte, als unseren Fall. “Das wäre super. Danke.“ “Kein Ding“, sagte ich. “Wenn du willst, kannst du dir auch den Tag freinehmen und ich regle alles weitere.“ Sie nickte abermals. “Ich glaube, dass ist eine gute Idee. Natürlich nur sofern du Zeit hast, Stephanie?“ Die Angesprochene lächelte breit. “Von mir aus gerne! Sollen wir in ein Café gehen? Ich kenne ein gutes hier in der Nähe.“ Da unterbrach ich das Gespräch. “Es war mir ein Vergnügen deine Bekanntschaft zu machen, aber ich habe jetzt leider noch etwas geschäftliches zu regeln“, erklärte ich. “Violetta, falls irgendwas sein sollte, melde dich bei mir.“ Sie versicherte mir, dass sie dies tun würde und damit war ich zufrieden. Ich verabschiedete mich kurz von den beiden, dann ging ich.

 

Violetta schaute Oskar nach, wie der die Straße entlang ging. Ihr schlechtes Gewissen nagte an ihr. Eigentlich sollte ich mitgehen, dachte sie. Stattdessen mache ich mir hier einen lauen. Stephanie sah Oskar ebenfalls hinterher. Sie pfiff anerkennend. “Na da hast du dir aber einen Prachtkerl geangelt. Er fällt zwar mehr in die Kategorie >Schläger<, als in die Kategorie >Märchenprinz<, aber trotzdem! Was für ein Kerl! War der mal Boxer oder so? Wie habt ihr euch kennengelernt?“ Violetta machte ein überraschtes Gesicht. “Was?! Oskar und ich sind nur Freunde, da läuft nichts weiter!“ Stephanie sah sie wenig überzeugt an. “Ach komm schon. Das glaub ich dir nicht! Tu doch nicht so!“ “Wir sind nur gute Freunde“, versicherte Violetta. “Sonst nichts!“ Stephanie seufzte gespielt. “Na schön. Ganz wie du meinst. Ich wette, der kann mit seinem Hintern Nüsse knacken!“ Violetta errötete leicht, bei dem Gedanken an Oskars Hinterteil. Stephanie kicherte. “Wusste ich es doch! Lass uns zu dem Café gehen, da können wir das Thema weiter vertiefen.“ “Da gibt es nichts zu vertiefen“, erwiderte Violetta. Stephanie lachte ausgelassen und sie gingen los.

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