Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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Literaturverzeichnis

Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG, Bd. 4 und 5, 6. Aufl. 1997, Bd. 7, 6. Aufl. 2000

Bader/Dörner/Schütz/Vossen/Mikosch Gemeinschaftskommentar zum ArbGG, Loseblatt

v. Bar Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2003

Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch, 36. Aufl. 2014

Baumbach/Hueck GmbH-Gesetz, 20. Aufl. 2013

Baums/Cahn (Hrsg.) Die Europäische Aktiengesellschaft – Umsetzungsfragen und Perspektiven, 2004

Bayer Der grenzüberschreitende Beherrschungsvertrag, 1988

Bechtold Kartellgesetz, 7. Aufl. 2013

Blümich Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, Loseblatt

Böcking/Castan/Heymann/Pfitzer/Scheffler Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, Loseblatt

Boruttau Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl. 2011

Brandt Die Hauptversammlung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), 2004

Butzke Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Aufl. 2011

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Casper Der Lückenschluss im Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, in Festschrift für Peter Ulmer, 2003, S. 51

Dauner-Lieb/Simon Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz, 2009

Drinhausen/van Hulle/Maul Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE), 2007

Dötsch/Pung/Möhlenbrock Die Körperschaftsteuer: KSt, Loseblatt

El Mahi Die Europäische Aktiengesellschaft, 2003

Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz (Hrsg.) BetrVG Gemeinschaftskommentar, Bd. 1, 7. Aufl. 2002

Ferid Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 1986

Ficker Die Europäische Entwicklung zu einem Aufsichtssystem für Großgesellschaften, in Festschrift für Johannes Bärmann zum 70. Geburtstag, 1975, S. 299

Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier BetrVG Handkommentar, 27. Aufl. 2014

Förschle/Grottel/Schmidt/Schubert/Winkeljohann Beck'scher Bilanzkommentar, 9. Aufl. 2014

Frotscher Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2009

Frotscher/Maas KStG/UmwStG, Kommentar, Loseblatt

Ganske Das Recht der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), 1988

Gause Europäisches Konzernrecht im Vergleich, Eine Untersuchung auf der Grundlage des portugiesischen Rechts, 2000

Germelmann/Matthes/Prütting ArbGG Kommentar, 8. Aufl. 2013

Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff Aktiengesetz, Bd. 1, 1984, Bd. 4, 1989

Glanegger/Güroff Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 85. Aufl. 2014

Goutier/Knopf/Tulloch (Hrsg.) Umwandlungsrecht, 1996

Grabitz/Hilf (Hrsg.) Das Recht der Europäischen Union, Loseblatt

v. der Groeben/Schwarze Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 6. Aufl. 2003

Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004

Habersack/Drinhausen SE-Recht, 2013

Habersack/Verse Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2011

Hachenburg GmbHG Großkommentar, Bd. 1-3, 8. Aufl. 1997

Hamann/Sigle Vertragsbuch Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2012

Hanau/Steinmeyer/Wank Handbuch des Europäischen Arbeits- und Sozialrechts, 2002

Happ Aktienrecht, Handbuch – Mustertexte – Kommentar, 2. Aufl. 2003

Hauschild Die europäische Aktiengesellschaft, in Europäische Handelsgesellschaft und Angleichung des nationalen Gesellschaftsrechts, Arbeiten zur Rechtsvergleichung, Bd. 39,1968

Heidel Aktienrecht Anwaltskommentar, 2003

Henn/Frodermann/Jannott Handbuch des Aktienrechts, 8. Aufl. 2009

Henssler Unternehmerische Mitbestimmung in der Societas Europaea, in Festschrift für Peter Ulmer, 2003, S. 193

Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg.) Arbeitsrecht Kommentar, 6. Aufl. 2014

Hermann/Heuer/Raupach Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Gesetz-Kommentar, Loseblatt

Herzig (Hrsg.) Besteuerung der europäischen Aktiengesellschaft, 2004

Hoffmann-Becking (Hrsg.) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4 Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2007

Hommelhoff Zum Konzernrecht der Europäischen Aktiengesellschaft, 2003

Hopt/Wiedemann (Hrsg.) Großkommentar zum Aktiengesetz, 1. Bd., 2. Halbband, 3. Aufl. 1973, 2. Lieferung, 4. Aufl. 1992, 3. Lieferung, 4. Aufl. 1993, 7. Lieferung, 4. Aufl. 1996, 11. Lieferung, 4. Aufl. 1999, 12. Lieferung, 4. Aufl. 1999, 14. Lieferung, 4. Aufl. 1999, 19. Lieferung, 4. Aufl. 2003

Hübner Die Ausgliederung von Unternehmensteilen in aktien- und aufsichtsrechtlicher Sicht, in FS Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, 1985, S. 791

Hübschmann/Hepp/Spitaler (Hrsg.) Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Loseblatt

Hüffer Aktiengesetz, 11. Aufl. 2014

Kallmeyer Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2013

Kalss/Hügel (Hrsg.) Europäische Aktiengesellschaft, SE-Kommentar, 2004

Karl Der Zusammenschlussbegriff in der Europäischen Fusionskontrollverordnung: Eine Untersuchung unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis der EG, 1996

Kegel/Schurig Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004

Krafka/Kühn Handbuch der Rechtspraxis, Registerrecht, 9. Aufl. 2013

Kropff Über die „Ausgliederung", in FS Ernst Geßler zum 65. Geburtstag, 1971, S. 111

Kropff/Semler (Hrsg.) Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 2008, Bd. 3 und 4, 3. Aufl. 2011, Bd. 5/1, 2. Aufl. 2003, Bd. 5/2, 2. Aufl. 2004, Bd. 7, 3. Aufl. 2012, Bd. 8, 2. Aufl. 2000

Kübler/Prütting (Hrsg.) Kommentar zur Insolvenzordnung, Loseblatt

Kümpe/Wittig Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2012

Langen/Bunte Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 9. Aufl. 2001

Leinemann (Hrsg.) Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 2, 2. Aufl. 2000

Lenski/Steinberg Gewerbesteuergesetz, Kommentar, Loseblatt

Lentner Das Gesellschaftsrecht der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung, 1994

Lenze Folgen von Unternehmens- und Konzernveränderungen für die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat, 2005

Liebert Der Bezugsrechtsausschluss bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, Diss. 2003

Lübking Ein einheitliches Konzernrecht für Europa, 2000

Lutter Die Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 1978

ders. Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl. 1996

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ders. (Hrsg.) Umwandlungsgesetz, 5. Aufl. 2014

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Lutter/Hommelhoff (Hrsg.) GmbH-Gesetz, 18. Aufl. 2012

dies. SE-Kommentar, 2008

Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2010

Martens Leitfaden für die Leitung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2003

Maul Die faktisch abhängige SE (Societas Europaea) im Schnittpunkt zwischen deutschem und europäischem Recht, 1998

Meyer-Panhuysen Die fehlerhafte Kapitalerhöhung, 2003

Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.) Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2014

Müller/Rödder (Hrsg.) Beck'sches Handbuch der AG, 2. Aufl. 2009

Oetker Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 2013

Palandt Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014

Pichot Arbeitnehmervertreter in Europa und ihre Befugnisse im Unternehmen, Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, 1999

Raiser Die Europäische Aktiengesellschaft und die nationalen Aktiengesetze, in FS Johannes Semler zum 70. Geburtstag, 1993, S. 277

ders. MitbestG Kommentar, 4. Aufl. 2002

Raiser/Veil Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl. 2010

Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 11, Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1999

Richardi (Hrsg.) Kommentar zum BetrVG, 14. Aufl. 2014

Richardi/Wlotzke (Hrsg.) Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 3 Kollektives Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2000

Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder Deutscher Corporate Governance Kodex, 4. Auflage 2010

Schaaf Die Praxis der Hauptversammlung, 2. Aufl. 1999

Schaumburg Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011

Schindler Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002

Schmidt, K. Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002

Schmidt, K. Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Bd. 1, 3. Aufl. 2010

Schmidt, L. Einkommensteuergesetz, Kommentar, 32. Aufl. 2013

Schmitt/Hörtnagel/Stratz Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 6. Aufl. 2013

Scholz Kommentar zum GmbHG, Bd. 1, 11. Aufl. 2012, Bd. 2, 11. Aufl. 2013

Schütz Gemeinschaftskommentar, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung und Europäisches Kartellrecht, Zusammenschlusskontrolle §§ 35-43 GWB, 5. Aufl. 2001

 

Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000

Schweitzer/Hummer Europarecht, 1996

Schwintowski/Schäfer Bankrecht, 4. Aufl. 2014

Semler/Stengel (Hrsg.) Umwandlungsgesetz, 3. Aufl. 2012

Semler/Volhard Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003

Spindler/Stilz Kommentar zum Aktienrecht, 2. Aufl. 2010

v. Staudinger Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, EGBGB/IPR Art. 7-12, 15. Bearbeitung 2013, Internationales Gesellschaftsrecht, 13. Bearbeitung 1998

Streck Körperschaftsteuergesetz, 8. Aufl. 2014

Theisen/Wenz (Hrsg.) Die Europäische Aktiengesellschaft, Recht, Steuern und Betriebswirtschaft der Societas Europaea (SE), 2. Aufl. 2005

Tipke/Lang Steuerrecht, 20. Aufl. 2010

Ulmer/Habersack/Henssler Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl. 2013

Veelken Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) und Europäische Fusionskontrolle – Gründungsformen der SE und Zusammenschlussbegriff der Fusionskontrollverordnung, in FS Ulrich Immenga zum 70. Geburtstag, 2004, S. 433

Veil Unternehmensverträge, 2003

Vogel/Lehner Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Aufl. 2014

Werlauff SE – The Law of the European Company, 2003

Widmann/Mayer Umwandlungsrecht, Loseblatt-Sammlung

Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, Arbeitsrechtliches Handbuch, 4. Aufl. 2011

Wittschen Die Zulässigkeit der zweistufigen Aktienemission, Eine Untersuchung unter Berücksichtigung des US-amerikanischen und des britischen Rechts, Diss. 2004

Zöllner (Hrsg.) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 2012, Bd. 2, 3. Aufl. 2012, Bd. 4, 2. Aufl. 1991, Bd. 5/1, 3. Aufl. 2014, Bd. 6, 3. Aufl. 2004, Bd. 7, 3. Aufl. 2011, Bd. 8/1, 3. Aufl. 2012, Bd. 8/2, 3. Aufl. 2010

Einleitung Einsatzmöglichkeiten der Europäischen Aktiengesellschaft

Inhaltsverzeichnis

I. Wesentliche Besonderheiten der SE

II. Einsatzmöglichkeiten der SE

1

Die SE, die auch als „Flaggschiff des europäischen Gesellschaftsrechts” bezeichnet wurde,[1] feiert in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit hat sie unter Beweis gestellt, dass sie diesem Anspruch gerecht wird, und sich als wettbewerbsfähige Rechtsform durchgesetzt. Mittlerweile gibt es europaweit mehr als 2 100 SE, davon in Deutschland knapp 300.[2] Sie ist auch auf den Kapitalmärkten anerkannt, was sich darin niederschlägt, dass immerhin europaweit 75 und in Deutschland 23 SE[3] börsennotiert sind.[4] Dass sie von der Praxis angenommen wurde und wird, hängt damit zusammen, dass sie aufgrund ihrer Besonderheiten und Einsatzmöglichkeiten zahlreiche Vorteile gegenüber der nationalen AG bietet.

I. Wesentliche Besonderheiten der SE

2

Die SE ist durch zahlreiche Besonderheiten geprägt, die in diesem Handbuch ausführlich und detailliert dargestellt werden. Von diesen sollen im Folgenden die wesentlichen Besonderheiten herausgegriffen werden, die die Praxistauglichkeit der SE in besonderem Maße beeinflussen. Folgerichtig handelt es sich dabei auch um die in der Unternehmenspraxis am häufigsten genannten Motive für durchgeführte SE-Umwandlungen.[5]

1. Möglichkeit der grenzüberschreitenden Sitzverlegung

3

Nach Art. 8 SE-VO kann eine SE ihren Satzungssitz über die Grenze in einen anderen Mitgliedstaat verlegen.[6] Hierbei handelt es sich um eine identitätswahrende Sitzverlegung, d.h. – anders als regelmäßig bei grenzüberschreitenden Sitzverlegungen anderer Gesellschaftsformen – führt die grenzüberschreitende Sitzverlegung der SE nicht zur Auflösung und Neugründung. Konsequenterweise ist auch die Zustimmung der Gläubiger der SE zur Sitzverlegung nicht erforderlich.[7] Aufgrund des identitätswahrenden Charakters hat die grenzüberschreitende Sitzverlegung auf den Aktionärskreis grundsätzlich keine Auswirkungen.[8] Grundsätzlich ist zwar seit der Cartesio-Entscheidung[9] und der Vale-Entscheidung[10] des EuGH der grenzüberschreitende Formwechsel in einen anderen Mitgliedstaat unter bestimmten Umständen zulässig, mangels entsprechender europäischer Rechtsetzung allerdings bisher mit erheblichen Rechts- und Verfahrensunsicherheiten verbunden.[11]

2. Wahlrecht zur Organisationsverfassung

4

Die SE-VO überlässt es dem Satzungsgeber der SE, sich hinsichtlich der Organisationsverfassung zwischen dem dualistischen und dem monistischen System zu entscheiden (Art. 38 b SE-VO).[12] Danach kann die SE wahlweise nach dem sog. Trennungsprinzip mit einem Leitungsorgan[13] und einem Aufsichtsorgan[14] oder entspr. dem anglo-amerikanischen Board-System mit einem einheitlichen Verwaltungsorgan[15] ausgestattet werden. Von wenigen Mitgliedstaaten abgesehen, die auch ihrer AG nationaler Prägung beide Leitungssysteme zur Wahl stellen, weist die Verfassung der SE gegenüber der AG insoweit ein deutlich höheres Maß an Flexibilität auf.

3. Verhandlungslösung für die Arbeitnehmermitbestimmung

5

Die im europäischen Rechtsetzungsverfahren zur SE am heftigsten umstrittene Mitbestimmungsfrage ist im Wege eines Kompromisses durch das Prinzip der Verhandlungslösung geregelt worden.[16] Vorrangiges Ziel ist es danach, eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung zwischen den Unternehmensleitungen der beteiligten Rechtsträger und den betroffenen Arbeitnehmern, die dabei durch ein besonderes Verhandlungsgremium vertreten werden, herbeizuführen. Der Inhalt der zu treffenden Vereinbarung ist den Parteien weitgehend freigestellt. Die SE-RL und die nationalen Umsetzungsvorschriften – in Deutschland das SEBG – stellen lediglich einige Mindestvorgaben auf. Nur wenn bis zum Ende des Verhandlungszeitraums keine Vereinbarung zustande kommt, ohne dass das besondere Verhandlungsgremium von sich aus die Verhandlungen abbricht, greifen die jeweiligen nationalen Auffangregelungen ein. Der Verhandlungszeitraum beträgt regelmäßig sechs Monate, kann jedoch einvernehmlich auf maximal ein Jahr verlängert werden. Diese lange Verfahrensdauer, die durch die Zeitspanne für die Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums noch um weitere drei Monate verschärft wird, kann zu erheblichen Problemen bei der Gründung der SE führen, im Einzelfall die Rechtsform der SE sogar unattraktiv machen.[17] Durch das sog. Vorher-Nachher-Prinzip wird das höchste in den beteiligten Gesellschaften existierende Mitbestimmungsniveau erhalten und auf die gesamte SE ausgedehnt, sodass die Möglichkeiten einer „Flucht aus der Mitbestimmung“ begrenzt sind. Dennoch bietet das Prinzip der Verhandlungslösung eine begrüßenswerte Chance zur Flexibilität.

4. Die SE als Instrument für corporate identity und branding

6

Die SE dokumentiert die europäische Ausrichtung und den europäischen Auftritt des diese Rechtsform annehmenden Unternehmensträgers und steht damit für dessen supranationalen Charakter. Dies macht die SE nicht nur zu einer einzigartig neutralen Rechtsform, sondern zugleich ihre Rechtsform selbst zu einem Marketinginstrument. Sie dient unternehmensintern der Bildung einer europäischen Unternehmenskultur (corporate identity) und nach außen einer europäischen Markenbildung (branding). Dies kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein – nicht nur im Wettbewerb um Kunden, sondern auch um qualifizierte Arbeitskräfte.

II. Einsatzmöglichkeiten der SE

1. Allgemeines

7

Die Rechtsform der SE bietet sich für zahlreiche Einsatzmöglichkeiten an.[18] Sie ist nicht nur für international tätige Konzerne attraktiv ist, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen. Dies entspricht dem im 13. Erwägungsgrund niedergelegten Ziel der SE-VO.

8

Die SE-VO hat in die Entwicklung und Harmonisierung des europäischen Gesellschaftsrechts neuen Schwung gebracht. Dies gilt sowohl für die Schaffung der Europäischen Genossenschaft (SCE)[19] und die Richtlinie über die grenzüberschreitende Verschmelzung[20] als auch für die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, die es Unternehmen ermöglicht, ihren Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen,[21] und zur Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels.[22] Ferner veranlasste die Kommission im Juni 2013 eine öffentliche Konsultation zur geplanten europäischen Einpersonen-Gesellschaft (Societas Europaea UniPersonam – SEUP)[23], und im Juli 2013 sprach sich das Europäische Parlament für die Einführung einer europäischen Stiftung auf der Grundlage des vom Rat vorgelegten Entwurfs einer Verordnung über das Statut einer europäischen Stiftung (Fundatio Europaea – FE) vom 8.2.2012[24] aus.[25] Die weiteren Schritte auf diesem Weg werden die Besonderheiten der SE zwar relativieren, ihre Praxistauglichkeit jedoch nicht einschränken oder gar in Frage stellen.

2. Grenzüberschreitende Unternehmensverbindungen

2.1 Vollfusion gleichberechtigter Gesellschaften (merger of equals)

9

Streben zwei Gesellschaften aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten eine grenzüberschreitende Fusion an, eignet sich hierfür die Errichtung einer SE im Wege einer Verschmelzung durch Neugründung in besonderem Maße.[26] Die Gründung einer SE ermöglicht die grenzüberschreitende Verschmelzung, bei der die Fusionspartner durch Vollfusion aufgelöst und die Aktionärskreise vollständig in einer Gesellschaft zusammengeführt werden. So wird die gleichberechtigte Behandlung beider Fusionspartner sichergestellt. Diese Gleichbehandlung wird dadurch gefördert, dass mit der SE eine neutrale Rechtsform gewählt wird, die sogar die neutrale Sitzwahl in einem dritten Mitgliedstaat ermöglicht. Handelt es sich bei den Fusionspartnern um Konzerne, werden außerdem spätere Reorganisationsmaßnahmen erleichtert und vereinfacht. Wie bei allen SE-Gründungen ergeben sich schließlich weitere Vorteile aus der Flexibilität der Organisationsverfassung, der Flexibilität der Verhandlungslösung zur Arbeitnehmerbeteiligung und der Nutzung der SE als Marketinginstrument.

2.2 Holding-Gründung zur Bildung eines europäischen Konzerns

10

Wollen sich zwei Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die als selbständige Rechtsträger fortbestehen sollen, unter einer einheitlichen Leitung zusammenschließen, bietet sich die Gründung einer Holding-SE an.[27] Selbstverständlich ist die Bildung einer Holding auch in anderer Rechtsform möglich, allein die SE-VO stellt dafür jedoch ein besonderes Verfahren zur Verfügung. Wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung kann auch hier die Gründung einer Holding-SE die gleichberechtigte Behandlung beider Gründungsgesellschaften gewährleisten – nicht zuletzt durch Wahl einer neutralen europäischen Rechtsform und eines neutralen Sitzes. Gegenüber der grenzüberschreitenden Verschmelzung bietet sich die Struktur der Holding-SE dann an, wenn aus Gründen der Haftungsabschottung die Gründungsgesellschaften als selbständige Rechtssubjekte erhalten bleiben sollen.

2.3 Teilzusammenschluss durch europäisches Joint Venture

11

 

Wollen zwei Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten Teile ihrer Aktivitäten dauerhaft zusammenführen, können sie dies in einem Joint Venture in der Form einer Tochter-SE tun.[28] Auch hier gilt wie bei der Holding-SE: Für das Joint Venture kommen selbstverständlich auch andere Rechtsformen in Frage, nur die SE ermöglicht jedoch als neutrale Rechtsform die Gleichbehandlung der Joint Venture-Partner und bietet zudem die übrigen genannten Vorteile wie Flexibilität der Organisationsverfassung und der Verhandlungslösung zur Arbeitnehmerbeteiligung sowie den Marketingeffekt der europäischen Rechtsform. Insbesondere bei dem grenzüberschreitenden Joint Venture kann als weiterer Vorteil der SE die Möglichkeit der späteren grenzüberschreitenden Sitzverlegung Bedeutung erlangen.