Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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5.2 Eigenkapitaldarstellung der Bilanz

119

In der Regel wird das Jahresergebnis bereits vor Aufstellung der Bilanz durch Aufsichtsrat und Vorstand teilweise verwendet;[95] in diesen Fällen werden gem. § 268 Abs. 1 S. 1 HGB die Begriffe „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“ und „Gewinnvortrag/Verlustvortrag“ durch den Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust“ ersetzt.

120

Für AG und SE konkretisiert § 152 Abs. 1 S. 1 AktG, dass das Grundkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen ist. Diese Standardisierung soll die internationale Verständlichkeit verbessern.[96] Auch die SE-VO[97] spricht vom gezeichneten Kapital.

5.3 Ergebnisdarstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung

121

§ 275 Abs. 1 S. 1 HGB stellt es den Unternehmen frei, die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aufzustellen. Die Staffelform der Abs. 2 bzw. 3 endet mit dem Posten 20 bzw. 19 „Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag“. Gem. Abs. 4 folgen im Anschluss daran Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen.[98] § 158 Abs. 1 AktG spezifiziert für AG und SE, die GuV im Anschluss unter Fortführung der Nummerierung um folgende Posten zu ergänzen:


Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr;
Entnahmen aus der Kapitalrücklage;
Entnahmen aus Gewinnrücklagen a) aus der gesetzlichen Rücklage b) aus der Rücklage für eigene Aktien c) aus satzungsmäßigen Rücklagen d) aus anderen Gewinnrücklagen;
Einstellungen in Gewinnrücklagen a) in die gesetzliche Rücklage b) in die Rücklage für eigene Aktien c) in satzungsmäßige Rücklagen d) in andere Gewinnrücklagen;
Bilanzgewinn/Bilanzverlust.

122

Alternativ können diese Angaben auch in den Anhang aufgenommen werden (§ 158 Abs. 1 S. 2 AktG).[99] Dort erfolgt dann die Überleitung von Posten 20 bzw. 19 der GuV auf den Bilanzgewinn bzw. -verlust.[100]

123

Der Grund für diese spezifische aktienrechtliche Ergänzung allgemeiner bilanzierungsrechtlicher Vorschriften für Kapitalgesellschaften liegt in dem Umstand begründet, dass der üblicherweise in der GuV ausgewiesene Jahresüberschuss/-fehlbetrag nicht ein vollständiges Erfolgsbild des abgelaufenen Geschäftsjahres zeichnet, sondern Vorstand und Aufsichtsrat (in der monistischen SE der Verwaltungsrat) i.d.R. von ihrem Recht nach § 58 Abs. 2 AktG Gebrauch machen, Ergebnisteile bereits zu verwenden und nicht erst die Hauptversammlung in ihrem Gewinnverwendungsbeschluss abzuwarten.[101] Als Rechenergebnis dieses differenzierten Ausweises ergibt sich der Bilanzgewinn/-verlust, der nach § 268 Abs. 1 HGB in die Bilanz zu übernehmen ist.

Anmerkungen

[1]

Vgl. zu den Rechnungslegungsvorschriften für dem deutschen Recht unterliegende AG MünchKomm AktG, Bd. 5/1, §§ 148 150, 161–178 AktG, §§ 238–264d, 342, 342a HGB, §§ 152–160 AktG, §§ 265–289a HGB; Henn Rn. 603 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 43 Rn. 1 ff.; Adler/Düring/Schmaltz Bd. 4, §§ 150, 152, 158, 160 AktG; Bd. 5, §§ 264–274, 274a, 275–278 HGB; Bd. 7, §§ 316–330 HGB; Berger/Ellrott/Förschle/Hense; Castan/Heymann/Müller/Ordelheide/Scheffler.

[2]

TransPuG v. 19.7.2002, BGBl I, 2681; ausf. zur Corporate Governance auch 5. Kap. Rn. 310 ff.

[3]

EuroEG (Gesetz zur Einführung des Euro) v. 9.6.1998, BGBl I, 1242.

[4]

Dazu Frege/Nicht im 12. Kap. Rn. 71 ff.

[5]

Zu den Besonderheiten im monistischen System s. Kallmeyer ZIP 2003, 1531 ff.; Teichmann BB 2004, 53 ff.

[6]

Im Einzelnen s. §§ 284–288 HGB.

[7]

Vgl. Frodermann im 5. Kap. Rn. 132 ff.

[8]

Begr. des RegE zu § 47 SE-AG (BT-Drucks. 15/3405).

[9]

BeBiKo/Winkeljohann/Philipps § 242 Rn. 9; Küting/Weber/Ellerich § 242 Rn. 6 ff.

[10]

Adler/Düring/Schmaltz § 266 HGB Rn. 19.

[11]

BeBiKo/Schubert/Krämer § 266 Rn. 9.

[12]

Adler/Düring/Schmaltz § 268 HGB Rn. 39.

[13]

BeBiKo/Grottel/Krämer § 268 Rn. 75.

[14]

BeBiKo/Schubert/Krämer § 268 Rn. 90.

[15]

BeBiKo/Schubert/Grottel/Schubert § 268 Rn. 101.

[16]

Adler/Düring/Schmaltz § 268 HGB Rn. 121-123; BeBiKo/Grottel/Schubert § 268 HGB Rn. 111.

[17]

BeBiKo/Grottel/Haußer/Grottel/Krämer § 268 Rn. 123.

[18]

Die Bestimmungen der §§ 15-19 AktG bleiben von den auf die Rechnungslegung beschränkten Bestimmungen des § 271 Abs. 2 HGB unberührt.

[19]

BeBiKo/Grottel/Haußer/Grottel/Krämer § 268 Rn. 127.

[20]

Vgl. Rn. 117.

[21]

Ebenda.

[22]

Adler/Düring/Schmaltz § 272 HGB Rn. 1 ff. und § 273 HGB Rn. 1 ff.; Baumbach/Hopt/Merkt § 272 Rn. 1-12.

[23]

Adler/Düring/Schmaltz § 152 AktG Rn. 4.

[24]

Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 3; BeBiKo/Förschle/Peun § 275 Rn. 11.

[25]

Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 29, 31, 39; BeBiKo/Förschle/Peun § 275 Rn. 45 ff.

[26]

Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 30, 31, 33, 39; BeBiKo/Förschle/Peun § 275 Rn. 265 ff.

[27]

Vgl. hierzu auch die Übersicht bei Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 39.

[28]

Vgl. hierzu auch die Übersicht bei Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 39.

[29]

Coenenberg S. 477.

[30]

Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 34.

[31]

Vgl. hierzu die erläuternde Darstellung in Coenenberg S. 478.

[32]

Baumbach/Hopt/Merkt § 277 Rn. 1-4; Adler/Düring/Schmaltz § 277 HGB Rn. 4 ff.

[33]

Vgl. hierzu Erläuterungen unter 7. Kap. Rn. 131.

[34]

Baumbach/Hopt/Merkt § 278 Rn. 1.

[35]

Adler/Düring/Schmaltz § 264 HGB Rn. 12.

[36]

Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen, BGBl 2005 I S. 2267, in Kraft seit dem 10.8.2005.

 

[37]

Zur Zulässigkeit §§ 56, 71 AktG; Münch. Hdb. GesR IV/Wiesner § 15 Rn. 22 f.

[38]

Baumbach/Hopt/Merkt § 242 Rn. 10.

[39]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 4.

[40]

Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 19.

[41]

Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 20.

[42]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 4.

[43]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 4.

[44]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 5.

[45]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 6.

[46]

WPH I Rn. 1085; Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 6.

[47]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 16.

[48]

Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 68.

[49]

Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 66.

[50]

Eine Aufzählung über mögliche relevante Ereignisse findet sich in: BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 23 und Adler/Düring/Schmaltz § 289 HGB Rn. 79.

[51]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 25.

[52]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 27.

[53]

Vgl. Begr. zum RegE BilReG, BR-Drucks. 326/04, 63.

[54]

WPH I Rn. 1107 m.w.N.

[55]

DRS 20 wurde am 4.12.2012 vom Bundesjustizministerium im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht.

[56]

Vermögens, Finanz- und Ertragslage.

[57]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 38.

[58]

Für eine Definition von Chancen und Risiken – auch auf Einzelabschlussebene – sei auf die DRS 20 Rn. 135-164, 165-167 verwiesen.

[59]

Vgl. IDW PS 203 Rn. 9.

[60]

Liegen keine berichtspflichtigen Sachverhalte vor, so ist eine Fehlanzeige nicht nötig.

[61]

BeBiKo/Grottel § 289 Rn. 103-108.

[62]

Coenenberg S. 75.

[63]

§ 246 Abs. 1 S. 2 und 3 HGB.

[64]

Hier gilt es die Ausschüttungssperre gem. § 268 Abs. 8 S. 1 HGB zu beachten.

[65]

Das Verrechnungsverbot wird jedoch von zahlreichen Ausnahmen durchbrochen, die sowohl die Bilanz wie auch die Gewinn- und Verlustrechnung betreffen. Eine ausf. Aufstellung der Ausnahmen findet sich in: BeBiKo/Förschle/Ries § 246 Rn. 105-115, 120-122.

[66]

Baumbach/Hopt/Merkt § 246 Rn. 28.

[67]

BeBiKo/Schubert § 249 Rn. 1

[68]

Baumbach/Hopt/Merkt § 249 Rn. 2 sowie die Bsp. in Rn. 3.

[69]

BeBiKo/Schubert § 249 HGB Rn. 112-116; Baumbach/Hopt/Merkt § 249 Rn. 24-26.

[70]

Coenenberg S. 427.

[71]

Baumbach/Hopt/Merkt § 250 Rn. 8.

[72]

Coenenberg S. 89.

[73]

Vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 252 HGB Rn. 119-121; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 252 HGB Rn. 72-79.

[74]

Www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Statistiken/Geld_Und_Kapitalmaerkte/Zinssaetze_Renditen/abzinsungszinssaetze.pdf

[75]

BeBiKo/Schubert/Roscher § 253 Rn. 507-509.

[76]

Baumbach/Hopt/Merkt § 255 Rn. 1-13; BeBiKo/Schubert/Gadek § 255 Rn. 20 ff.

[77]

Vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 255 HGB Rn. 127 ff.; Baumbach/Hopt/Merkt § 255 Rn. 14-21; BeBiKo/Schubert/Pastor § 255 Rn. 330 ff.

[78]

BeBiKo/Schubert/Pastor § 255 Rn. 330 ff.

[79]

BeBiKo/Schubert/Pastor § 255 HGB Rn. 358 f.

[80]

BeBiKo/Schubert/Pastor § 255 HGB Rn. 345.

[81]

Baumbach/Hopt/Merkt § 255 Rn. 22 und 23; BeBiKo/Schubert/Pastor § 255 Rn. 502 ff.

[82]

Zur Fifo (first in/first out)-Methode vgl. die beispielhafte Darstellung in BeBiKo/Grottel/Krämer § 256 Rn. 59.

[83]

Zur Lifo (last in/first out)-Methode vgl. die beispielhafte Darstellung in BeBiKo/Grottel/Krämer § 256 Rn. 62.

[84]

Zur Hifo (highest in/first out)-Methode vgl. BeBiKo/Grottel/Krämer § 256 Rn. 72.

[85]

BeBiKo/Grottel/Krämer § 256 Rn. 78.

[86]

Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 8; Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 1; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 2-4.

[87]

§ 265 Abs. 2 HGB; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 5 und 6; Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 28 ff.; Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 2.

[88]

§ 265 Abs. 3 HGB; Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 3; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 7-10; Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 39-46.

[89]

Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 5; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 14 und 15; Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 55-68.

[90]

Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 6; BeBiKo/Winkeljohann/Büsow § 265 Rn. 16; Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 71 ff.

[91]

Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 86 ff.; Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 7; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 17.

[92]

§ 265 Abs. 8 HGB; BeBiKo/Winkeljohann/Büssow § 265 Rn. 18; Baumbach/Hopt/Merkt § 265 Rn. 8; Adler/Düring/Schmaltz § 265 HGB Rn. 95 ff.

[93]

Henn Rn. 609 ff.

[94]

s. §§ 267 Abs. 1, 267a HGB.

[95]

So Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 43 Rn. 7.

[96]

Hüffer § 152 Rn. 1 unter Berufung auf RegBegr. BT-Drucks.10/317, S. 102.

[97]

Art. 4 Abs. 2.

[98]

MünchKomm AktG/Kessler/Freisleben §§ 275–277 HGB, § 158 AktG Rn. 214.

[99]

Vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 275 HGB Rn. 250 ff.

[100]

MünchKomm AktG/Kessler/Freisleben §§ 275–277 HGB, § 158 AktG Rn. 214.

[101]

Hüffer § 158 Rn. 4; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 43 Rn. 11.

7 › III. Prüfung des Jahresabschlusses

III. Prüfung des Jahresabschlusses

124

Auch bezüglich der internen und externen Prüfung des Jahresabschlusses verweist die SE-VO auf Rechtsvorschriften des Sitzstaates. Es kommen für die Abschlussprüfung der SE die für nach deutschem Recht gegründete AG geltenden §§ 316 – 324 HGB zur Anwendung. Für die Prüfung durch den Abschlussprüfer existieren keine aktienrechtlichen Sonderbestimmungen.

125

Hingegen richtet sich die Pflicht zur internen Vorlage des Jahresabschlusses nach § 170 AktG und die Prüfung durch den Aufsichtsrat nach § 171 AktG. Zwischen beiden Anforderungen ist im Folgenden zu unterscheiden.

7 › III › 1. Vorlage an Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat zum Zwecke der Prüfung

1. Vorlage an Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat zum Zwecke der Prüfung

1.1 Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts

126

Unverzüglich[1] nach Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts hat der Vorstand der SE nach dualistischem System beides dem Aufsichtsrat vorzulegen (§ 170 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Vorlage des Abschlusses selbst umfasst seine sämtlichen Bestandteile, Bilanz, GuV und Anhang (§ 242 Abs. 2, § 264 Abs. 1 HGB)[2] sowie den Lagebericht. Die Vorlage ist an den Aufsichtsrat als Organ gerichtet und erfolgt üblicherweise über den Vorsitzenden des Aufsichtsrats.[3]

 

127

Bei einer monistisch strukturierten SE existiert kein Vorstand als Leitungsorgan, dessen Tätigkeit von einem Aufsichtsorgan überwacht werden könnte, sondern ein Verwaltungsorgan (Art. 38 SE-VO), das gem. Art. 43 Abs. 1 SE-VO die Geschäfte der SE führt und in § 20 SEAG als Verwaltungsrat bezeichnet wird. Eine Aufstellungspflicht eines Organs „Vorstand“ oder seine Vorlagepflicht gegenüber einem Aufsichtsrat scheidet somit aus. § 47 Abs. 1 SEAG überträgt diese Pflichten den geschäftsführenden Direktoren, die sowohl aus dem Kreise der Mitglieder des Verwaltungsrats als auch von außen stammen dürfen (§ 40 Abs. 1 SEAG). § 47 Abs. 1 SEAG selbst spricht nur von der Pflicht zur Vorlage. In der Regierungsbegründung zu § 47 SEAG ist jedoch auch von der Aufstellung des Jahresabschlusses als Aufgabe der geschäftsführenden Direktoren die Rede; zum einen stünden sie dem Tagesgeschäft näher (als die anderen Verwaltungsratsmitglieder), zum anderen bliebe dadurch das „Vier-Augen-Prinzip“ als Grundprinzip der Kontrolle bei Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses gewahrt. Da die geschäftsführenden Direktoren die laufenden Geschäfte der SE führen (§ 40 Abs. 2 SEAG), ist es logisch, dass § 47 Abs. 1 SEAG ihnen die Pflicht auferlegt, den Jahresabschluss und den Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung dem Verwaltungsrat vorzulegen. Damit wird die Pflichtenverteilung für die deutsche AG und für die SE nach dualistischem System auf die Struktur der monistischen SE übertragen.

128

Jedes Verwaltungsratsmitglied hat nach § 47 Abs. 2 S. 1 SEAG das Recht, von den Vorlagen und Prüfungsberichten Kenntnis zu nehmen. Diese sind jedem Verwaltungsratsmitglied – oder bei Bestehen eines Bilanzausschusses dessen Mitgliedern – auszuhändigen. Denn jedem Ausschuss- oder Verwaltungsratsmitglied, das mit der Prüfung des Jahresabschlusses befasst ist, müssen sämtliche internen Informationsquellen, die für eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit der Materie notwendig sind, offen stehen.[4] Deshalb gilt auch in der monistischen Systematik, was § 111 Abs. 2 AktG für ihm unterworfene dualistisch errichtete SE vorgibt, nämlich ein Einsichtsrecht in über die vorgelegten Jahresabschlüsse und Lageberichte sowie Prüfungsberichte hinausgehende Unterlagen. Allerdings steht das Recht nach § 111 Abs. 2 S. 1 AktG nur dem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat als Organ zu, grundsätzlich nicht einzelnen Mitgliedern.[5] Gem. § 111 Abs. 2 S. 2 1. HS AktG können aber einzelne Mitglieder mit der Ausübung des Prüfungsrechts beauftragt werden.[6]

129

Man wird im Ergebnis das Einsichts- und Prüfungsrecht für einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats einer SE nicht zu sehr einengen, aber die Einsicht in Unterlagen, die über die Jahresabschlussvorlagen und Prüfungsberichte hinausgehen und weitergehende Unterlagen oder Auskünfte durch Vorstandsmitglieder oder geschäftsführende Direktoren betreffen, auf bestimmte Mitglieder des jeweiligen Organs oder einen Ausschuss begrenzen dürfen. Das Recht zur Kenntnisnahme durch Einsicht in die Jahresabschlussvorlagen selbst und in die Prüfungsberichte kann nach dem klaren Wortlaut des § 47 Abs. 2 S. 1 SEAG einzelnen Verwaltungsratsmitgliedern nicht verwehrt werden.

130

Für die Heranziehung weiteren, externen Sachverstandes dürfte das gelten, was nach der Rechtsprechung zum deutschen Aktienrecht gilt: Nur wenn die im Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat vorhandenen Beratungsmöglichkeiten nicht ausreichen oder pflichtwidrig verweigert werden, darf ein externer Sachverständiger hinzugezogen werden.[7]

1.2 Vorlage des Gewinnverwendungsvorschlages

131

Zugleich mit der Vorlage von Jahresabschluss und Lagebericht hat der Vorstand dem Aufsichtsrat den Vorschlag vorzulegen, den er der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen will (§ 170 Abs. 2 S. 1 AktG). Dem entspricht § 47 Abs. 1 S. 2 SEAG in der monistischen SE, wonach die geschäftsführenden Direktoren einen Vorschlag vorzulegen haben, den der Verwaltungsrat der Hauptversammlung für die Verwendung des Bilanzgewinns machen soll.

132

Grundsätzlich folgt dieser Vorschlag der Gliederung:


Verteilung an die Aktionäre,
Einstellung Gewinnrücklagen,
Gewinnvortrag,

133

Die Vorlage des Gewinnverwendungsvorschlages ist bedeutsam, damit Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat ihrer Prüfungspflicht genügen können.[9]

1.3 Verhältnis zur Prüfung durch den Abschlussprüfer

134

Unter Einbeziehung des Berichts des Abschlussprüfers und der Erörterung mit dem Abschlussprüfer[10] haben Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Gewinnverwendung zu prüfen (§ 171 Abs. 1 S. 1 AktG, § 47 Abs. 3 SEAG).

135

Zwischen beiden Prüfungen – der der Aufsichtsorgane und der im Folgenden zu beschreibenden des externen Abschlussprüfers[11] – gibt es inhaltliche Überschneidungen. Beide haben den Jahresabschluss daraufhin zu prüfen, ob er Gesetz und Satzung entspricht.[12] Aus der Erklärungspflicht des Aufsichtsrates nach § 171 Abs. 2 S. 3 AktG, ob Einwendungen gegen das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer bestehen, ergibt sich, dass sich Aufsichtsrat und Verwaltungsrat ein selbständiges Urteil bilden müssen und sich nicht lediglich dem Urteil des Wirtschaftsprüfers anschließen dürfen.[13]

136

Die Intensität der Prüfung durch den Aufsichtsrat im Verhältnis zu der des Abschlussprüfers ist jedoch deutlich geringer.[14] Der Aufsichtsrat bzw. Verwaltungsrat der SE muss das Rechenwerk, das ihm vorgelegt wird, nicht selbst und noch einmal auf seine Richtigkeit hin überprüfen, sondern kann sich auf den ihn zum Zeitpunkt seiner Prüfungshandlungen ebenfalls vorliegenden Prüfungsbericht des Abschlussprüfers verlassen, sofern dieser keine Beanstandungen enthält.[15] Hinsichtlich der Tiefe der Prüfung handelt es sich mithin um eine reine Plausibilitätsprüfung. Ob es gerechtfertigt wäre, diese reduzierte Prüfungsintensität auch dem Verwaltungsrat einer monistisch strukturierten SE zuzubilligen, darf angesichts der ihm trotz geschäftsführender Direktoren zufallenden grundlegenden Geschäftsführungsaufgaben[16] bezweifelt werden. Der Verwaltungsrat hat es in der Hand, selbst und gegen den Willen der geschäftsführenden Direktoren auf die Aufstellung des Jahresabschlusses Einfluss zu nehmen.[17] Man wird von ihm deshalb auch eine intensivere Prüfung als vom Aufsichtsrat einer dualistischen SE erwarten dürfen.

137

Die Tätigkeit von Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat in der Breite geht hingegen zum Teil über die des Abschlussprüfers hinaus. Sie haben auch die Zweckmäßigkeit des Handelns der Geschäftsführung zu bewerten.[18]