Buch lesen: «Star Trek - Legacies 3: Der Schlüssel zur Hölle»

Schriftart:

STAR TREK

LEGACIES

BAND DREI

DER SCHLÜSSEL
ZUR HÖLLE

DAYTON WARD & KEVIN DILMORE

Based on

Star Trek created by Gene Roddenberry

Ins Deutsche übertragen von

Helga Parmiter



Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – LEGACIES 3: DER SCHLÜSSEL ZUR HÖLLE

wird herausgegeben von Cross Cult / Andreas Mergenthaler, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.

Übersetzung: Helga Parmiter; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde;

Lektorat: Katrin Aust; Korrektorat: Peter Schild; Satz: Rowan Rüster;

Cover Artwork: Alan Dingman; Print-Ausgabe gedruckt

von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the EU.

Titel der Originalausgabe: STAR TREK – LEGACIES 3: PURGATORY’S KEY

German translation copyright © 2020 by Cross Cult.

Original English language edition copyright © 2016 by CBS Studios Inc.

All rights reserved.

™ & © 2021 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-96658-329-9 (Januar 2021) · E-Book ISBN 978-3-96658-330-5 (Januar 2021)

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Für Gene Roddenberry

Danke für die wunderbare Spielwiese, auf der wir uns austoben dürfen.

Inhalt

HISTORISCHE ANMERKUNG

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ZWÖLF

DREIZEHN

VIERZEHN

FÜNFZEHN

SECHZEHN

SIEBZEHN

ACHTZEHN

NEUNZEHN

ZWANZIG

EINUNDZWANZIG

ZWEIUNDZWANZIG

DREIUNDZWANZIG

VIERUNDZWANZIG

FÜNFUNDZWANZIG

SECHSUNDZWANZIG

SIEBENUNDZWANZIG

ACHTUNDZWANZIG

NEUNUNDZWANZIG

DREISSIG

EINUNDDREISSIG

ZWEIUNDDREISSIG

DREIUNDDREISSIG

VIERUNDDREISSIG

FÜNFUNDDREISSIG

SECHSUNDDREISSIG

SIEBENUNDDREISSIG

DANKSAGUNGEN


HISTORISCHE ANMERKUNG

Diese Geschichte spielt zu Beginn des Jahres 2268, einige Monate nach der Mission der U.S.S. Enterprise, bei der sie Diplomaten der Föderation zur Konferenz auf den neutralen Planetoiden Babel (»Reise nach Babel«) brachte, und unmittelbar nach dem Angriff der Romulaner auf den Planeten Centaurus (STAR TREK – LEGACIES Buch 2: »Beste Verteidigung«).


EINS

Visla drehte sich auf dem Absatz um die eigene Achse und brachte das hölzerne Trainings-bat’leth in die Horizontale, nachdem sie es von der linken Schulter genommen hatte. Dann holte sie mit dem Waffenarm aus und schwang die schwere Klinge über ihren Körper. Der Aufprall auf der Waffenattrappe ihres Gegners ließ ihren Arm erzittern, aber sie ignorierte es. Instinktiv bewegte sie sich nach links und duckte sich unter dem Gegenangriff ihres Kontrahenten weg. Dabei spürte sie den Luftzug, als die Trainingswaffe über ihrem Kopf durch die Luft schnitt. Sie nahm eine andere Haltung ein und hob ihr eigenes bat’leth als Vorbereitung auf einen weiteren Angriff. Dann erkannte Visla, dass etwas an den Bewegungen ihres Gegenübers nicht ganz stimmte.

»Mev!«

Ihr Gegner, Lieutenant Koveq, reagierte sofort auf ihren Befehl, indem er in seiner eigenen Bewegung innehielt und wieder Grundhaltung einnahm. Mit beiden Händen hielt er sein bat’leth vor sich, die Schneide zeigte nach unten. »Commander?«

Visla musterte ihn. »Sie greifen mich nicht mit voller Kraft an. Warum nicht?«

»Ich verstehe nicht«, antwortete Koveq und runzelte verwirrt die Stirn. »Dies sollte eine Trainingseinheit sein.«

»Ich möchte nicht wie ein Kind verhätschelt werden.« Die Hand an ihrer Waffe spannte sich an und sie genoss noch einen Moment länger die Wut, die sie durchströmte. »Greifen Sie mich an. Setzen Sie all Ihre Kraft und Können ein.«

Mit offensichtlichem Zweifel antwortete ihr Waffenoffizier: »Sind Sie sicher, Commander?«

Das war keine unvernünftige Frage, räumte Visla ein. Ihr Untergebener war im Nahkampf gut ausgebildet, sowohl mit Klingenwaffen als auch mit bloßen Händen. Er wog wesentlich mehr als sie und es war nicht zu leugnen, dass allein seine Körperkraft ihrer eigenen bei Weitem überlegen war. Hinzu kam die schlichte Tatsache, dass sie Koveq zu einem Trainingskampf aufgefordert hatte, für den es klare Regeln und Vorschriften gab, um die Zahl der vermeidbaren und oftmals dummen Verletzungen gering zu halten.

Das alles war ihr heute völlig egal. »Hören Sie auf, meine Befehle infrage zu stellen. Greifen Sie mich an!«

Auf ihren Befehl hin verstummte Koveq. Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich und Visla erkannte, dass er entschlossen das Kinn reckte. Er hob sein bat’leth und hielt die Waffe so, dass ihr linkes Ende höher und Visla zugeneigt war. Mit einem Geschick, das er in unzähligen Stunden Training und tatsächlichen Kämpfen erworben hatte, rückte er ohne überstürzte Bewegungen vor und ließ nicht erkennen, was er vorhatte. Visla fühlte, wie sich ihr Puls erwartungsvoll beschleunigte. Sie konnte sich ein kleines, zufriedenes Lächeln nicht verkneifen, hob ihre Klinge und machte ein paar Schritte nach rechts.

Sie erwartete, dass Koveq nach links antäuschen würde, bevor er einen Angriff auf ihre linke Flanke startete, aber der Waffenoffizier überraschte sie, indem er einen Ausfallschritt nach links machte, den Anstellwinkel seines bat’leth änderte und dann seinen ursprünglichen Angriff fortsetzte. Visla riss ihre Klinge gerade rechtzeitig hoch, um den Schlag abzufangen. Zu diesem Zeitpunkt wirbelte Koveq bereits herum und nutzte seinen Schwung, um seine Waffe mit einer Hand wieder in Richtung ihres Kopfes zu schwingen. Sie parierte auch diesen Angriff und wich zurück, um sich Handlungsspielraum zu verschaffen, aber ihr Untergebener hatte sich bereits gesammelt und griff erneut an. Sie wollte kontern, aber er drehte im letzten Augenblick ab und wich ihrer Klinge aus. Sie machte einen Schritt zu viel, sodass er außerhalb ihrer Reichweite war. Koveq schwang sein bat’leth über seinen Körper und Visla fühlte den Stachel der Trainingswaffe in ihrem Rücken. Die Wucht des Schlags stieß sie von den Füßen, sie stolperte, fing ihren Sturz mit der freien Hand ab und drückte sich wieder hoch.

»Mev«, sagte Koveq und brachte sein bat’leth in eine Trageposition, die deutlich machte, dass er weder angreifen noch verteidigen wollte.

Visla sah ihn mit finsterer Miene an. »Ich habe Ihnen nicht befohlen aufzuhören.«

»Ich weiß, Commander. Aber als Kampfausbildungsoffizier des Schiffs ist das mein Vorrecht. Diese Übung ist beendet.«

»Warum?« Sie wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn. »Sie waren dabei, zu gewinnen.«

»Beim Training geht es nicht um Sieg oder Niederlage, Commander«, erklärte Koveq mit ruhiger Stimme. »Es geht ums Lernen.«

Visla knurrte verärgert und schüttelte den Kopf. »Sie klingen wie ein Vulkanier, wenn Sie so reden.«

»Trotz ihrer lästigen Neigung, unaufhörlich über Nichtigkeiten zu schwafeln, sind Vulkanier in den Kampfkünsten recht versiert.« Koveq durchquerte den Raum und hielt vor der Bank an, die im rechten Winkel zur schrägen Stirnwand des Trainingsraums stand. Er nahm sich ein Handtuch und begann, sein Trainings-bat’leth abzuwischen. »Ich habe einige ihrer waffenlosen Kampfdisziplinen studiert. Da gibt es einiges zu lernen und zu bewundern.«

Zorn wallte in Visla auf und sie hielt ihre Waffenattrappe hoch. »Bevor ich einen Weg finde, Sie mit diesem Spielzeug zu töten … Was hat dieser Unsinn, den Sie von sich geben, mit irgendetwas zu tun?«

Koveq legte das bat’leth auf die Bank und drehte sich zu ihr um. »Die Vulkanier sind Meister darin, ihren Geist neuen Ideen und neuen Vorgehensweisen gegenüber zu öffnen. Aus diesem Grund können sie sich fast jeder Situation anpassen, auch im Kampf. Diese Einstellung erleichtert ihnen das Lernen und verleiht ihnen die Fähigkeit, sich jeder Herausforderung zu stellen. Um zu lernen, muss man sich gedanklich auf die jeweilige Aufgabe einstellen. Sie sind mit den Gedanken woanders, Commander.«

Visla öffnete den Mund, um zu antworten, doch sie hielt sich zurück. Mehrere Herzschläge vergingen, dann trat sie einen Schritt zurück, atmete tief ein und ließ das hölzerne bat’leth aus der Hand fallen. Die Waffe schlug klappernd auf die Metallplatten des Decks. Zum ersten Mal, seit sie den Trainingsraum betreten hatte, lächelte sie und stieß dann sogar ein leises Lachen aus.

»Ihnen ist klar, dass nicht einmal mein Erster Offizier so mit mir reden darf, und ihn mag ich wenigstens.«

Der Waffenoffizier lachte schallend. »Ja, aber ich bin der Hüter Ihres Gewissens, Commander. Das ist eine Verantwortung, die ich nicht auf die leichte Schulter nehme. Sie sind offensichtlich beunruhigt und das beeinträchtigt Ihre Konzentration.«

Obwohl Visla seinen Rat schätzte, gab es Zeiten, da hätte sie Koveq wegen seines ruhigen, unerschütterlichen Auftretens am liebsten mit dem Gesicht gegen das nächste Schott gerammt oder ihn einfach aus einem der Torpedorohre des Schiffs gefeuert. Wenn er so mit ihr redete, wurde sie nur noch wütender, weil sie wusste, dass er die Quelle ihrer Wut ganz genau kannte.

»Sie wissen, dass ich es hasse, wenn Sie in Rätseln sprechen«, sagte sie und griff nach dem bat’leth, das sie fallen gelassen hatte. Dann brachte sie es an seinen Platz bei den anderen Trainingswaffen auf dem Lagergestell an der hinteren Wand zurück. »Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, Lieutenant.«

Koveq stellte sich neben sie und legte seine Waffe ebenfalls auf das Gestell. »Sie sind hin- und hergerissen. Sie sind dankbar, dass Ihr Sohn lebt. Dennoch haben Sie das Gefühl, dass ihm, genau wie Ihnen selbst, durch Mächte, auf die er keinen Einfluss hatte, seine Ehre genommen wurde. Sie befürchten, dass er zu einem bloßen Diener des Reichs degradiert wird, der dazu bestimmt ist, im Verborgenen zu dienen, ohne Hoffnung auf einen Aufstieg, eine Belobigung, eine Belohnung oder auch nur ein bisschen Respekt.«

Visla spannte bei den Worten ihres treuen Freundes den Kiefer an, drehte sich um und schlug gegen die Wand. Natürlich richtete die Wucht des Schlags keinen Schaden an der Metallverkleidung an, aber sie spürte den befriedigenden Schmerz in ihrer Hand auch durch den schweren, schützenden Lederhandschuh hindurch. Trotzdem rief der Schlag ein dumpfes Echo in der Wand hervor und sie stellte sich vor, wie der Klang durch das gesamte Schiff hallte. Dann lachte sie über die Absurdität eines solchen Gedankens.

Du und ich, wir sind beide dickköpfig. Wir beugen uns nie. Wir kapitulieren nie.

Dieser alte Eimer mochte seine Glanzzeiten lange hinter sich haben, aber die I.K.S. Qo’Daqh besaß immer noch ein gewisses Maß an Schneid und Stolz. Der Schlachtkreuzer der D5-Klasse war ein Relikt, eine veraltete Todesfalle und hätte schon eine Generation vor Vislas Geburt verschrottet werden müssen, aber er besaß eine Geschichte voller Ruhm und Schande. Letzteres war natürlich alles, was zählte, zusammen mit der Schmach, die er und das Klingonische Reich während einer Jahrzehnte zuvor geführten und verlorenen Schlacht erlitten hatten. Wie die Schlacht war auch der Kommandant dieses unseligen Feldzugs, Vislas Großvater, aus den offiziellen Aufzeichnungen mehr oder weniger getilgt worden, und niemand, den sie kannte, hatte je laut über diesen schändlichen Tag gesprochen. Er selbst hatte nie ein Wort darüber verloren und es vorgezogen, die Last der Demütigung bis zu seinem Lebensende stillschweigend zu schultern.

Unter fast allen anderen Umständen hätte man die Qo’Daqh zerstört, aber irgendwo hatte jemand entschieden, dass sie noch einen gewissen Wert besaß. Sie war genau wie diejenigen, die sie bemannt hatten, in Ungnade gefallen. Sie durfte nie mehr etwas anderes als die niedersten Aufgaben verrichten und es war ihr verwehrt, irgendetwas zu vollbringen, um ihre Ehre und ihr Vermächtnis wiederzuherstellen. Alle, die an Bord dienen mussten, wussten, dass sie im Ansehen des Reichs ganz unten standen, und das galt besonders für den Klingonen, der dazu verdammt wurde, den Sessel des Captains einzunehmen. Dies war die Strafe für Vislas Unverfrorenheit, in ein Haus hineingeboren zu werden, das das Reich entehrt hatte.

»Mein Sohn war bereits dazu verdammt, mir auf dem Pfad der Schande zu folgen«, sagte sie und ging vom Waffenregal zu dem groben Leinentuch, das sie auf eine Bank in der Nähe gelegt hatte. »Es war sein Pech, mich als Mutter zu haben. Seine Schande hat sich jetzt nur vergrößert.«

Visla hatte nicht geschlafen, seit sie am Vorabend die Nachricht erhalten hatte, dass die I.K.S. HoS’leth – der Kreuzer, dem ihr Sohn K’tovel zugeteilt war – im Kampf gegen ein romulanisches Schiff in der Nähe des Planeten Centaurus zerstört worden war. Der Ort der Schlacht war interessant, da dort Friedensgespräche zwischen Gesandten der Föderation und des Klingonischen Rechs stattfanden. Die HoS’leth hatte unter dem Kommando des bekannten klingonischen Generals Kovor mit der unwahrscheinlichen Unterstützung eines Raumschiffs der Föderation, der U.S.S. Enterprise, gegen das romulanische Schiff gekämpft. Einzelheiten der Begegnung waren nicht bekannt gegeben worden. Doch Prang, der klingonische Attaché, der Ratsmitglied Gorkon während der Friedensgespräche in Centaurus zugeteilt war, hatte Visla erzählt, dass die Konfrontation die Folge einer wichtigen Entdeckung auf Usilde, einer abgelegenen Welt im Libros-Sternsystem, war. Mehr Informationen hatte Prang nicht preisgegeben. Visla mutmaßte aber, dass das, was man auf diesem Planeten gefunden hatte, wohl für die Romulaner, die Klingonen und die Föderation gleichermaßen von großem Interesse war.

Außerdem hatte jemand diese Entdeckung für wertvoll genug gehalten, um General Kovor dazu zu bewegen, sich mit James Kirk, dem Captain des Föderationsschiffs, zu verbünden. Nach dem, was Visla über die jüngsten Gefechte des Erdlings mit anderen klingonischen Schiffen gelesen hatte, konnte sie das kaum glauben. Diese Begegnungen hatten ihm sowohl die Verachtung als auch den widerwilligen Respekt des Hohen Rats eingebracht. Zahlreiche Schiffskommandanten hatten bereits den Wunsch geäußert, sich mit dem menschlichen Captain auf einen Kampf einzulassen, um zu sehen, ob die Berichte über seine taktischen Fähigkeiten und seine Listigkeit der Wahrheit entsprachen. Visla dagegen vermutete, dass die Berichte beschönigt worden waren, um die Inkompetenz der Klingonen zu verschleiern, die durch Kirk eine Niederlage erlitten hatten.

Was die HoS’leth anging, so wusste Visla zu diesem Zeitpunkt nur, dass eine Gruppe von Überlebenden des zerstörten Kreuzers auf dem Planeten Centaurus auf ihre Abholung wartete und dass K’tovel unter ihnen war. Wie ihr Sohn und seine Schiffskameraden der Zerstörung ihres Schiffs während der Schlacht entgangen waren, war ebenfalls eine Frage, die unbeantwortet blieb, bis die Qo’Daqh eintraf, um sie abzuholen. Visla wusste bereits, wie der klingonische Hohe Rat reagieren würde, wenn bekannt wurde, dass K’tovel unter den Überlebenden der HoS’leth war.

Noch mehr Schande über unser Haus.

»Ich habe den Bericht gelesen«, sagte Koveq. »Obwohl darin Einzelheiten fehlen, ist offensichtlich, dass der Sternenflottencaptain ohne Rücksicht auf unsere Traditionen gehandelt hat. Die HoS’leth-Besatzung, einschließlich Ihres Sohnes, war bereit, mit ihrem Schiff zu sterben, wurde dieser Ehre aber beraubt. Das sollte man berücksichtigen, wenn man über die Überlebenden urteilt.«

Visla wischte sich das Gesicht mit ihrem Handtuch ab und starrte finster vor sich hin. »Und wie wahrscheinlich ist es, dass das passiert?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Der Hohe Rat hat nie eine Gelegenheit ausgelassen, meine Familie in ihre Schranken zu weisen. Das werden sie auch jetzt nicht tun und die Beleidigung wird nur noch schlimmer, weil ich geschickt wurde, um sie zurückzuholen. Es ist ein endloser Kreislauf, Koveq, und zwar einer, aus dem es kein Entrinnen gibt.« Sie hielt inne und betrachtete ihn einen Moment lang. »Wie kommt es, dass Sie Ihren Gefühlen nicht freien Lauf lassen? Man hat auch Ihnen Ihre Ehre genommen. Verärgert Sie das nicht?«

»Meine Schande habe ich mir selbst zuzuschreiben, Commander.« Der Waffenoffizier starrte auf die Metallplatten des Decks. »Ich habe im Kampf gezögert. Ich stand zum ersten Mal einem Feind gegenüber. Man könnte Jugend und Unerfahrenheit als Erklärung heranziehen, aber Tatsache ist, dass ich einfach Angst hatte. Diese Angst machte mich handlungsunfähig und dieses Versagen führte zum Tod von zwei Kriegern. Ich lebe mit diesem Wissen und mit jedem neuen Tag versuche ich, ein besserer Krieger zu sein als am Tag zuvor. Ich weiß aber, dass ich diesen Fehler nie wiedergutmachen kann. Ich kann nur dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.«

Visla nickte. Wie sie und Koveq hatte jedes Mitglied der Besatzung der Qo’Daqh solch eine Geschichte, irgendein Versagen oder Versäumnis, das als Schmach für das Reich angesehen wurde. Es gab noch andere Schiffe wie dieses, voll von Verstoßenen und Zurückgewiesenen, die letztlich nur ein Ziel hatten: zu sterben, damit andere Krieger, besser und ehrenhafter, leben und weiterkämpfen konnten.

Wir werden ja sehen.

»Wir beide sind uns sehr ähnlich, mein Freund«, sagte sie. »Ich mache mir keine Gedanken darum, meine persönliche Ehre wiederherzustellen, da das nicht in meiner Macht liegt. Das befreit uns jedoch nicht von unserer Pflicht als Krieger, und wenn das bedeutet, eine gegen das Reich gerichtete Beleidigung zu korrigieren, dann sollten wir das tun.«

Koveq sah sie verwirrt an. »Ich verstehe nicht, Commander.«

Das Interkom in der Nähe des Eingangs zum Trainingsraum gab einige Pieptöne von sich, bevor eine tiefe Männerstimme über den Lautsprecher sagte: »Brücke an Commander Visla.«

Visla lächelte ihren Vertrauten an und meinte: »Sie werden es zu gegebener Zeit verstehen, Lieutenant.« Sie bedeutete Koveq, ihr zum Interkom zu folgen, und drückte auf den Aktivierungsknopf. »Visla hier.«

»Entschuldigen Sie die Unterbrechung Ihrer persönlichen Trainingseinheit, Commander«, meldete sich Woveth, der Erste Offizier der Qo’Daqh, »aber wir haben eine Subraumnachricht vom klingonischen Hohen Rat erhalten. Sie wollen wissen, warum Sie den Befehl, Kurs auf Centaurus zu setzen, nicht bestätigt haben.«

Visla wechselte einen Blick mit Koveq, der seine Stirn erneut in Falten gelegt hatte.

»Das liegt daran, dass wir nicht nach Centaurus fliegen, Lieutenant«, erklärte sie. »Nehmen Sie mit Höchstgeschwindigkeit Kurs auf das Libros-System. Sobald wir unterwegs sind, teilen Sie mir unsere Ankunftszeit mit.«

Woveths erste Reaktion war Schweigen, und Visla meinte, ihn durch den offenen Kanal atmen zu hören. Dann sagte der Erste Offizier: »Commander, ich verstehe nicht. Habe ich eine Änderung unserer Befehle übersehen?«

»Nein, Lieutenant. Diese Entscheidung liegt in meinem Ermessen und ich übernehme die volle Verantwortung. Wir werden das im Detail besprechen, wenn ich wieder auf der Brücke bin. Ändern Sie erst einmal den Kurs.«

Der Erste Offizier war hörbar verwirrt, protestierte aber nicht. »Verstanden, Commander. Ich berechne den neuen Kurs.«

»Ausgezeichnet.« Visla trennte die Verbindung.

»Commander?« Koveq gab sich keine Mühe, seine Skepsis zu verbergen. »Eine unautorisierte Abweichung von unserem Kurs wird dem Hohen Rat nicht entgehen.«

Visla nickte. »Ganz recht. Ich hoffe doch, dass er unseren Versuch, die Besatzung der HoS’leth reinzuwaschen und die Ehre, die ihr genommen wurde, wiederherzustellen, bemerken wird.«

»Die Besatzung.« Koveqs Augen verengten sich. »Einschließlich Ihres Sohns.«

»Ja, einschließlich meines Sohns.« Visla drehte sich zu ihrem Waffenoffizier um. »Kann ich auf Ihre Loyalität vertrauen, Lieutenant?«

Koveq nickte. »Immer und bedingungslos, Commander.«

»Gut.«

Visla spürte das fast unmerkliche Beben in den Deckplatten unter ihren Füßen, das darauf hindeutete, dass die Qo’Daqh beschleunigte und mehr Energie aus ihren Triebwerken herausholte, und gestattete sich ein zufriedenes Lächeln. Sie, ihre Außenseiterbesatzung und ihr schrottreifes Schiff würden dem Reich und der HoS’leth zurückerobern, was ihnen von diesem törichten Erdling genommen worden war.

James Kirk würde für seine Unverschämtheit bezahlen.