Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto anders behandeln

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Symptome einer Unterfunktion (Hypothyreose)

• Müdigkeits- oder Trägheitsgefühl

• Kältegefühl an Händen, Füßen und ganz allgemein

• übermäßiges Schlafbedürfnis, sonst kann der Alltag nicht bewältigt werden

• Gewichtszunahme trotz kalorienarmer Ernährung

• rasche Gewichtszunahme

• Hartleibigkeit, seltener Stuhlgang

• Depressionen und Antriebsschwäche

• morgendliche Kopfschmerzen, die im Laufe des Tages abklingen

• Ausgedünnte Augenbrauen im äußeren Drittel

• Haarausfall (Kopf, Gesicht, Genitalbereich)

• trockene Haut und/oder Kopfhaut

• geistige Trägheit

Symptome einer Überfunktion (Hyperthyreose)

• Herzrasen

• innerliches Zittern

• beschleunigter Puls, auch in Ruhe

• nervös und weinerlich

• Schlafstörungen

• Nachtschweiße

• erschwerte Gewichtszunahme

Perniziöse Anämie und Gluten-Intoleranz

Zusätzlich zu den klassischen Symptomen gibt es noch eine Reihe weiterer Beschwerden, die Warnsignale für eine Hashimoto Thyreoiditis sind. Wenn Sie die genannten Symptome bei sich beobachten und an perniziöser Anämie20, einer Gluten-Intoleranz oder Zöliakie21 leiden, kann eine Hashimoto Thyreoiditis für den Zustand Ihrer Schilddrüse verantwortlich sein. Die perniziöse oder B12-Anämie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper den Intrinsic-Faktor, ein im Magen sezerniertes, für die Resorption von B12 notweniges Glykoprotein, angreift. Gluten-Intoleranz und Zöliakie sind Immunreaktionen auf Gluten, die in zahlreichen Studien mit Hashimoto in Verbindung gebracht werden. Ich komme an anderer Stelle in diesem Kapitel noch einmal ausführlicher auf Gluten zurück.

Diagnose: Hashimoto Thyreoiditis

Für die Einordnung einer Hypothyreose als Hashimoto Thyreoiditis liefern die Symptome wertvolle Informationen, doch die Bestätigung erfolgt durch einen Serumantikörpertest.

Ein Test auf Thyreoidea-Peroxidase-Antikörper (TPO-AK) ist äußerst wichtig, da es bei einem Angriff des Immunsystems auf TPO, einem in der Schilddrüse für die Bildung der Schilddrüsenhormone verantwortlichen Enzym, sehr häufig zu einer Hashimoto Thyreoiditis kommt.22, 23 Manchmal ist auch ein Test auf Thyreoglobulin-Antikörper (TG-AK) erforderlich, da ein Angriff auf Thyreoglobulin ebenfalls eine Hashimoto Thyreoiditis zur Folge haben kann.24 TG wird in der Schilddrüse gebildet und dient zur Hormonbildung.

Die Bestimmung von Antikörpern des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH-Rezeptor-Antikörper, TRAK) kann einen Morbus Basedow (Hyperthyreose) ans Licht bringen, doch auch bei einer Hashimoto Thyreoiditis sind erhöhte TRAK möglich. Bei Blutuntersuchungen wird der TSH-Marker meist als Thyreoidea-stimulierendes Immunglobulin TSI bezeichnet (eine Unterform von TRAK). Bei schwerwiegenden Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse können sich selten auch T4- und T3-Antikörper entwickeln. Dieses Muster findet man beim polyglandulären Autoimmunsyndrom (an dem viele Drüsen beteiligt sind; Anm. d. Übers.), bei Lupus erythematodes und anderen Autoimmunerkrankungen, von denen multiple Organe betroffen sind. Klinisch geht es den Betroffenen schlechter, und sie haben mehr Entzündungen, wenn sie bioidentische statt synthetischer Hormone nehmen.

Da kein Immunsystem dem anderen gleicht, gibt es auch Hashimoto-Patienten, die keine Antikörper aufweisen. Mit anderen Worten, wenn es sich um eine inaktive Autoimmunerkrankung handelt und das Immunsystem die Schilddrüse gerade nicht angreift, fällt der Antikörpertest negativ aus. Liegt ein negatives Testergebnis vor, weisen die Symptome und die Anamnese des Patienten jedoch stark in Richtung einer Hashimoto Thyreoiditis, mache ich weitere Untersuchungen und provoziere das Immunsystem damit vielleicht zu einem Schub. Zahlreiche Studien bringen zum Beispiel Gluten, das Protein in Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen und ähnlichen Getreiden, mit Hashimoto in Verbindung.25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32 Ernährt sich eine betroffene Person bereits glutenfrei, setze ich für die Dauer von zwei Wochen eine Ernährung mit Weizen an und wiederhole den Test, vorausgesetzt, Gluten verursacht keine anderen schwerwiegenden Symptome. Ein positiver Antikörpertest bestätigt eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse und weist darauf hin, dass das Immunsystem, und nicht nur die Schilddrüse, behandelt werden sollte.

Jod: Warum man Feuer nicht mit Benzin löschen kann

Jod ist heutzutage ein begehrtes Nahrungsergänzungsmittel. Viele Betroffene und Behandler haben sein therapeutisches Potenzial schätzen gelernt, insbesondere bei Fasergeschwülsten in der Brust und in der Gebärmutter. Jod ist außerdem für die Funktion der Schilddrüse unentbehrlich, da es ein wichtiger Co-faktor und Stimulator des Enzyms TPO ist. Bei Hashimoto-Patienten hingegen ähnelt die Supplementierung mit Jod dem Versuch, ein Feuer mit Benzin zu löschen. Da Jod die Bildung von TPO stimuliert, werden dadurch auch die TPO-Antikörperwerte drastisch erhöht, was ein Hinweis auf einen Autoimmunschub ist.33 Manche Menschen entwickeln sogar Überfunktionssymptome34, andere dagegen haben trotz erhöhter TPO-Antikörperwerte keine Symptome. Ich rate jedem Menschen mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse konsequent von der Einnahme jodhaltiger Ergänzungsmittel ab; auch von solchen Supplementen, die eigens für die Gesunderhaltung der Schilddrüse gedacht sind, denn viele enthalten ebenfalls Jod.

Dieser Ratschlag mag diejenigen verwirren, deren Schilddrüsenunterfunktion auf einen Jodmangel zurückgehen soll. Zwar ist ein Jodmangel weltweit die häufigste Ursache der Hypothyreose35, doch in den USA und anderen von westlichen Einflüssen geprägten Ländern ist die Hashimoto Thyreoiditis für die Mehrheit der Hypothyreosefälle verantwortlich.36 Zudem geht aus Studien hervor, dass in Ländern wie China, der Türkei und Sri Lanka37, 38 die Zahl der Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse steigt, wenn ein Jodmangel durch die Verabreichung von Jod korrigiert werden soll. Dasselbe gilt auch für die Anreicherung von Tafelsalz mit Jod in einigen Teilen der Welt.39 Die Jod-Supplementierung ist nicht per se die Ursache von Hashimoto, scheint aber wohl ein auslösender Faktor zu sein.40

Einige populäre Bücher zur Jodtherapie empfehlen sogar die Einnahme hoher Jodmengen, um die Symptome der Hashimoto Thyreoiditis abzufangen, da die TPO-Produktion durch solche „Megadosierungen“ eingestellt und die Bildung von Schilddrüsenhormonen blockiert wird. Infolgedessen wird die Aktivität der Schilddrüse herabgesetzt, und die Hypothyreose-Symptome werden so unterdrückt.

Wenn Sie an eine Jod-Supplementierung denken, Ihre Symptome aber stark in Richtung einer Hashimoto Thyreoiditis weisen, lassen Sie sich umfassend untersuchen, um eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse auszuschließen. Autoimmunerkrankungen haben viele Gesichter und negative Testergebnisse sind nicht immer eindeutig. Einmal abgesehen davon, dass man sich glutenfrei ernähren und insgesamt auf seine Gesundheit achten sollte, wovon in späteren Kapiteln noch die Rede sein wird, ist das Vermeiden zusätzlicher Jodbelastungen eine weitere Strategie zum Erhalt des Schilddrüsengewebes.

Weitere beteiligte Faktoren

Es gibt zwar keine allgemeingültigen Regeln, wodurch eine Autoimmunerkrankung ausgelöst wird, doch scheinen gewisse Faktoren an der Entstehung einer Hashimoto Thyreoiditis beteiligt zu sein. Dazu gehören Glutenintoleranz, Östrogendominanz, Insulinresistenz, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS, eine der häufigsten Stoffwechselstörungen bei Frauen; Anm. d. Übers.), Vitamin-D-Mangel, Umweltgifte, chronische Infektionen und Entzündungen sowie eine genetische Veranlagung.

Stress

Stress ist in dem Konglomerat, aus dem eine Autoimmunerkrankung besteht, zweifellos der größte Faktor. Obwohl die folgenden Faktoren als Stressoren betrachtet werden, wäre eine von Hashimoto betroffene Person gut beraten, wenn sie für einen weniger stressigen Lebensstil sorgen oder Möglichkeiten finden würde, den Stress zu verringern, um die Krankheit positiv zu beeinflussen. Stress bringt die Immunregulation auf vielfältige Weise durcheinander: Er unterdrückt die Funktion des Immunsystems, fördert das immunologische Ungleichgewicht, führt zur Schwächung und Atrophie (Schwund) der Thymusdrüse und baut die Barrieren zum Darm, der Lunge und dem Gehirn ab.

Glutenintoleranz

Zu den wichtigsten Aufgaben des Immunsystems gehört es, den Körper vor fremden Eindringlingen zu schützen. Manchmal „erkennt“ es in einem häufig gegessenen Nahrungsmittel einen gefährlichen Feind (z. B. weil der Darm nicht in Ordnung ist), und so bleibt es in eine dauerhafte „Schlacht“ verstrickt. Das in Mitleidenschaft gezogene, unberechenbar gewordene Immunsystem weiß sich dann nur noch zu wehren, indem es körpereigenes Gewebe angreift. Das häufigste Beispiel für ein solches Szenario bei Hashimoto-Patienten ist Gluten, das Protein, das in Weizen vorkommt sowie in Getreiden, die dem Weizen ähnlich sind, u. a. Dinkel, Kamut, Roggen, Gerste, Triticale (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen) und Hafer. Im Grunde genommen ist Gluten eine unzutreffende Bezeichnung, da es der Gliadinanteil im Gluten ist, der die Immunreaktion verursacht. Gluten ist inzwischen aber ein geläufiger Begriff, daher wird er in diesem Buch auch verwendet.

 

Zahlreiche Studien aus mehreren Ländern sehen eine enge Beziehung zwischen einer Glutenintoleranz und der Hashimoto Thyreoiditis.41, 42, 43, 44, 45, 46 Da die Molekularstruktur des Glutens derjenigen der Schilddrüse sehr ähnlich ist, könnte das Problem durch eine Verwechslung zustande kommen.

Jedes Mal, wenn nicht verdautes Gluten versehentlich in den Blutstrom gelangt, wird es vom Immunsystem zerstört, damit es entfernt werden kann. Denn eigentlich gehört es dort nicht hin, findet aber seinen Weg durch eine Barrierestörung der Darmschleimhaut. Auf dieses sogenannte „Leaky-Gut“-Syndrom wird in Kapitel 3 und Kapitel 6 näher eingegangen. Bei Menschen mit einer genetischen Prädisposition zur Glutenintoleranz – der Mediziner und Glutenforscher Dr. Kenneth Fine schätzt, dass bis zu 81 Prozent der Amerikaner davon betroffen sind –, schwächt das Gluten selbst den Darmtrakt und erhöht seine Durchlässigkeit. Die Betroffenen laufen Gefahr, eine Glutenintoleranz oder Zöliakie zu entwickeln, wobei Letztere eine Form der Glutenintoleranz ist, die eine Autoimmunreaktion im Dünndarm hervorruft. Etwa einer von 100 Amerikanern ist von Zöliakie betroffen, wobei nach Schätzungen nur jeder Achte von seiner Krankheit weiß, da die Symptome oft stumm sind.47 (In Deutschland beträgt die Häufigkeit 1:500, wobei auch die durch Screeninguntersuchungen diagnostizierten Fälle berücksichtigt sind; Anm. d. Übers.) Die Glutenintoleranz betrifft laut Fine jedoch etwa 35 Prozent der Amerikaner, wobei die Prozentzahl für Hochrisikopatienten oder Symptomträger auf über 50 Prozent hochschnellt. Die meisten Menschen glauben, dass sich eine Glutenintoleranz nur auf den Darm beschränkt, doch bei vielen Patienten verursacht sie andere Probleme, wie Entzündungen in den Gelenken, auf der Haut, in den Atemwegen oder im Gehirn. Es ist wichtig zu wissen, ob eine genetische Prädisposition zu Glutenintoleranz vorliegt, entsprechende Blutuntersuchungen werden angeboten. Sind diese Gene einmal „angeschaltet“, muss Gluten lebenslang gemieden werden.


* Bindegewebige Schicht, die die einzelnen Muskelfasern eines Skelettmuskels oder die einzelnen Fasern der glatten Muskeln umgibt; Anm. d. Übers.

Gluten-Intoleranz und Zöliakie

Bei Glutenintoleranz und Zöliakie richtet sich der Blick der Wissenschaftler auf Histokompatibilitätsantigene vom Typ HLA DQ (HLA steht für Humanes Leukozytenantigen). Bei Trägern des Genotyps HLA DQ kommt es häufiger zu einer Glutenintoleranz, einer Zöliakie und anderen Autoimmunerkrankungen, unter anderem Hashimoto Thyreoiditis. (Spezifische genetische Untersuchungen werden von diversen Labors angeboten). Untersuchungen von Fine zufolge weisen zum Beispiel 90 Prozent der Zöliakie-Patienten HLA DQ2 auf, das bei Menschen nordeuropäischer Abstammung häufiger vorkommt. Neun Prozent sind Träger von HLA DQ8, das in Südeuropa weiter verbreitet ist. Die Varianten DQ1 und DQ3 werden öfter einer Glutenintoleranz als einer Zöliakie zugeordnet. Alles in allem besteht bei schätzungsweise 43 Prozent der Amerikaner eine genetische Prädisposition für eine Zöliakie und bei 81 Prozent für eine Glutenintoleranz.

Weitere in Betracht kommende Marker für die Diagnose Zöliakie sind positive Antikörper gegen

• Gliadin, ein Proteinbestandteil von Gluten,

• Transglutaminase, ein Enzym im Darmtrakt,

• Endomysium, eine Umhüllung der Muskelfasern.

Ist einer oder sind alle diese Marker positiv, weist das darauf hin, dass der Betroffene nicht nur glutenintolerant ist, sondern von Zöliakie betroffen ist.

Manche Menschen bilden zwar Antikörper gegen Gluten, haben aber keine genetische Disposition für HLA DQ, was sie zu einer Sensibilität gegenüber Gluten prädestinieren würde. Die Bildung von Gluten-Antikörpern kann auch von einer Barrierestörung der Darmschleimhaut (Leaky-Gut-Syndrom) herrühren, und sobald das Verdauungssystem sich regeneriert hat, wird Gluten wieder problemlos vertragen.

Letzten Endes kann eine Zöliakie auch aufgrund einer negativen Biopsie des Dünndarms nicht ausgeschlossen werden, da falsch negative Ergebnisse möglich sind. Eine positive Biopsie ist jedoch beweisend.

Hieran erkennt man, wie das Immunsystem eines Menschen mit einer Glutenintoleranz oder Zöliakie, der regelmäßig glutenhaltige Nahrungsmittel zu sich nimmt, konstant in Alarmbereitschaft gehalten wird und praktisch dauerhaft unter Strom steht. Und so werden die Voraussetzungen für eine Hashimoto Thyreoiditis geschaffen: Markieren die Antikörper Gluten, um es abzubauen, stimulieren sie auch die Bildung von Antikörpern gegen die Schilddrüse (weil sie einander strukturell so ähnlich sind). Mit anderen Worten, jedes Mal, wenn Gluten aufgenommen wird, löst das Immunsystem einen Angriff nicht nur auf das Gluten, sondern auch auf die Schilddrüse aus. Besonders schlimm ist, dass die Immunreaktion auf Gluten – trotz umgehenden Verzichts – bis zu sechs Monate anhalten kann.

Meine eigenen klinischen Beobachtungen haben dieses Szenario immer wieder bestätigt. Alle Patienten mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse sollten auf eine Glutenintoleranz oder eine Zöliakie48 untersucht werden. Im umgekehrten Fall natürlich auch: Alle Patienten mit einer Glutenintoleranz oder Zöliakie sollten eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse abklären lassen.49 Ich rate meinen Hashimoto-Patienten, Gluten völlig aus dem Speiseplan zu streichen, wenn sie ihre Schilddrüse erhalten wollen. Selbst von geringsten Mengen ist abzuraten, da auch wenig Gluten das Schilddrüsengewebe irreversibel schädigt. Ich halte sie auch dazu an, Fremdkontaminationen in Restaurants, durch abgepackte Nahrungsmittel und in der eigenen Küche zu meiden. Lea kann das bestätigen: Als ich ihr sagte, sie solle nichts Glutenhaltiges mehr zu sich nehmen, um ihre Hashimoto Thyreoiditis positiv zu beeinflussen, stellte sie mit Verblüffung fest, dass daraufhin ihr beängstigendes Herzrasen aufhörte. Doch wie bei vielen Menschen basierten manche ihrer Lieblingsspeisen auf Weizen. „Anfangs dachte ich noch, ich könnte mir gelegentlich eine kleine Sünde leisten, aber sobald ich das dann tat, kam mein Herzrasen wieder“, sagt Lea. „Jetzt habe ich sogar manchmal Herzklopfen, wenn ich glutenfreies Essen im Restaurant bestelle, weil trotzdem Spuren von Gluten enthalten sind. Ich habe gelernt, vorsichtig zu sein.“

Zur Feststellung einer Glutenintoleranz und Zöliakie gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. Man sollte ihnen jedoch mit ein wenig Skepsis begegnen. Manchmal kann das Immunsystem so erschöpft sein, dass die Gesamtzahl der gebildeten Antikörper extrem niedrig ist, auch wenn es Gluten angreift. Infolgedessen sind Testergebnisse negativ, obwohl die Glutenintoleranz in Wirklichkeit weiterhin ihr Unwesen treibt. Am besten ist eine Eliminationsdiät mit anschließendem Provokationstest, bei dem Glutenhaltiges zwei Wochen lang gemieden und dann erneut verzehrt wird. (Weitere Einzelheiten hierzu in Kapitel 6) Angesichts der erdrückenden Belege für eine Verbindung zwischen Glutenintoleranz und Hashimoto Thyreoiditis ist es jedoch am vernünftigsten, alles Glutenhaltige aus dem Speiseplan zu streichen, wenn man seine Schilddrüse erhalten will.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass allein durch die Einhaltung einer glutenfreien Ernährung hypothyreote Symptome bedeutend zurückgehen. Durch das Meiden von Gluten wird die Krankheit jedoch nicht geheilt.50 Diese Ernährungsumstellung trägt lediglich dazu bei, das Immunsystem im Zaum zu halten, damit es nicht mehr zum Angriff auf das Schilddrüsengewebe kommt.

Anmerkung: Viele Ärzte sind der Meinung, dass der Verzicht auf Kasein, ein Protein, das in allen Kuhmilchprodukten enthalten ist, ebenfalls wichtig für die Gesundheit der Schilddrüse ist. In Bezug auf eine Kaseinintoleranz gibt es noch nicht so viele Untersuchungen wie das bei Gluten der Fall ist; Einzelfallberichte sprechen jedoch sehr dafür, dass eine Ernährungsweise, die nicht nur glutenfrei, sondern auch frei von Kuhmilch und Kuhmilchprodukten ist, beste Ergebnisse im Umgang mit einer Hashimoto Thyreoiditis verspricht.

Glutenfreie Ernährung und die Gesundheit der Schilddrüse

Sam ist ein 50-jähriger Arzt, der über Depressionen, Verstopfung und Energiemangel klagte. Sein Blutbild zeigte einen erhöhten TSH-Wert und TPO-Antikörper sowie andere Marker für eine niedrige Schilddrüsenfunktion. Die Leukozyten waren ebenfalls erhöht, der Nüchternblutzucker war niedrig. Der adrenale Stress-Index (ASI) aus dem Speichel ergab eine Erschöpfung der Nebennieren. Es lag auf der Hand, dass er eine Hashimoto Thyreoiditis hatte.

Da Sams finanzielle Möglichkeiten begrenzt waren, empfahl ich lediglich eine Liposomencreme mit Glutathion und Superoxiddismutase (SOD) sowie eine glutenfreie Ernährung. Zudem empfahl ich ihm, auf kohlenhydratarme und proteinreiche Mahlzeiten zu achten sowie alle drei Stunden einen Imbiss zu sich nehmen, um seinen Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Es fiel ihm schwer, auf Glutenhaltiges zu verzichten, und er machte sich Sorgen, dass er noch stärker abnehmen würde.

Nach einem Monat machten wir wieder ein Blutbild. Sams TSH-Wert war fast im Normbereich, und die TPO-Antikörper waren ebenfalls stark zurückgegangen. Er litt immer noch an Depressionen, aber nicht mehr ganz so stark, und die Verstopfung hatte sich ebenfalls gebessert. Er hatte deutlich mehr Energie. Die positive Entwicklung spornte ihn dazu an, Glutenhaltiges völlig von seinem Speiseplan zu streichen und seine Ernährung noch weiter umzustellen, um seine anderen Probleme anzugehen. Seine Gesundheit wurde für ihn zur Priorität.

Sieben Monate später hatte sich der TSH-Wert vollständig normalisiert und die TPO-Antikörper waren deutlich abgesunken. Die Besserung zeigte sich auch daran, dass er weniger Symptome hatte. Wir wiederholten den ASI, und es stellte sich heraus, dass sich der Zustand seiner Nebennieren deutlich gebessert hatte. Heute hat Sam gar keine Symptome mehr und arbeitet begeistert mit seinen Patienten in ähnlicher Weise. Er besucht nun zusammen mit mir regelmäßig Kharrazians Seminare.

Donna DiMarco (CN, LNC), Pompano Beach, Florida

Östrogenschwankungen

Östrogenschwankungen sind ein weiterer potenzieller Auslöser der Hashimoto Thyreoiditis, wenn andere Risikofaktoren wie eine genetische Prädisposition und Probleme mit der Immunregulation vorliegen.51, 52 Bei vielen Frauen wird aufgrund der extremen Veränderungen im Hormon- und Immunsystem nach einer Schwangerschaft durch die Östrogenschwankungen eine Hashimoto Thyreoiditis ausgelöst.53, 54 Die Zeit kurz vor den Wechseljahren, die sogenannte Perimenopause, ist wegen der Östrogenschwankungen eine weitere sensible Phase.55 Dies kann zu Fehleinschätzungen führen, da die Hashimoto-Symptome diejenigen der Perimenopause imitieren können. Wenn Schilddrüsengewebe durch einen Autoimmunangriff zerstört wird, gelangen übermäßig viele Schilddrüsenhormone ins Blut, erhöhen den Stoffwechsel und produzieren Symptome wie Hitzewallungen, Nervosität, Schlafstörungen und Reizbarkeit, die sich für die Frau und ihren Arzt als Zeichen der beginnenden Wechseljahre darstellen.