Buch lesen: «Helden des Wilden Westens»
Daniela Mattes
Helden des Wilden Westens
„Helden des Wilden Westens” Printausgabe Oktober 2015
Ancient Mail Verlag Werner Betz
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Inhalt
Vorwort
Vorwort
Die vielen Helden, die in einem solchen Buch genaugenommen Erwähnung finden müssten, können wir überhaupt nicht alle hier unterbringen.
Die ersten Helden waren schon diejenigen Trapper und Pioniere, die das Territorium ausgekundschaftet, erforscht und kolonisiert haben.
Die Helden waren auch diejenigen, die Straßen und die Eisenbahn gebaut haben, um das Territorium auszuweiten und bewohnbar zu machen und den Osten und Westen miteinander zu verbinden.
Helden waren alle Wegbereiter, die dafür gekämpft haben, das Land zu besiedeln und zu erhalten, aber auch die, die die Kriege überlebt haben.
Helden waren diejenigen, die den Mut hatten, sich für andere einzusetzen und den Verfolgten, Indianern wie Sklaven, zu helfen, weil ihre Moral ihnen andere Ziele vorgab als die Gesellschaft.
All diese Männer und Frauen müssten genaugenommen hier beschrieben werden, doch das würde den Umfang dieses Werkes sprengen.
Daher habe ich beschlossen, mich stattdessen als Einführung auf einige Etappen des Wilden Westens zu beschränken wie zum Beispiel die Geisterstädte und den Goldrausch und danach einige der bekanntesten Persönlichkeiten vorzustellen.
Zuerst die eine, dann die andere Seite des Gesetzes. Revolverhelden, weibliche Vorreiterinnen, mutige Indianer, dann die andere Seite, den Sheriff, die Detektivagentur, das Zuchthaus, in dem viele der „Revolverhelden“ schließlich landeten.
Bitte berücksichtigen Sie, dass dies wirklich nur eine Auswahl aus der Vielzahl der historischen Persönlichkeiten darstellt und nicht nach Berühmtheits- oder Bekanntheitsgrad gegliedert ist. Es handelt sich lediglich um einen Ausschnitt einer nostalgischen Zeit, die es wert ist, in Ehren gehalten zu werden.
Teil 1 – Etappen
Der Wilde Westen … Wie alles begann …
Wann war der Westen denn eigentlich „wild“? Der „Wilde Westen“ aus den Filmen spielte sich tatsächlich erst später ab, als die Gesetzlosen durch die neu gegründeten Städte ritten, die wegen des Goldrausches überall aus dem Boden geschossen waren. Man denkt an Postkutschen, Eisenbahnraub und wilde Schießereien ... Hollywood eben.
Aber dies spielte sich erst alles lange nach dem Bürgerkrieg ab. War das wirklich der Beginn des Wilden Westens? Wenn es um Schießereien ging, vielleicht, doch genaugenommen hätte es den Wilden Westen gar nicht gegeben, wenn das Land nicht zunächst entdeckt und besiedelt worden wäre. Wir müssen dafür allerdings nicht bis zu Columbus zurückgehen – der auch gar nicht der Entdecker war, denn die Wikinger waren schon viel früher da gewesen – aber zumindest bis zur Präsidentschaft von Thomas Jefferson (1743-1826), dem dritten Präsidenten der Vereinigten Staaten (von 1801 bis 1809) und dem Verfasser der Unabhängigkeitserklärung.
Abb.1: Thomas Jefferson (Rembrandt Peale, 1800) (Wikipedia, gemeinfrei)
1803 kaufte Jefferson durch seine Mittelsmänner von Napoleon das Louisiana-Territorium, bei dem es sich nicht einfach um den heutigen Staat Louisiana handelte, sondern um Teile der jetzigen Staaten Arkansas, Missouri, Iowa, Oklahoma, Kansas, Nebraska und South Dakota sowie Teile von Minnesota, North Dakota, Texas, New Mexico, Colorado, Wyoming, Montana und sogar noch Randgebiete der kanadischen Provinzen Manitoba, Saskatchewan und Alberta.
Abb. 2: Karte: Das Louisiana-Territorium (grün) wurde hinzugekauft
Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:LouisianaPurchase.png (CC BY-SA 3.0)
Und damit wurde der größte Grundstücksverkauf der Geschichte abgewickelt. Für schlappe 15 Mio. Dollar (das wären heute 13.659.600 € (Stand 05.04.2015)) wechselten 2,1 Mio. km² Land den Besitzer.
Das Land gehörte nun zwar den Vereinigten Staaten, war aber völlig unbekanntes Gebiet. Also was tun damit? Natürlich expandieren und nebenbei einen Wasserweg zum Pazifik finden, dachte sich der Präsident. Da lag es nahe, eine Expedition auszusenden, um das unbekannte Terrain zu ergründen. Und schon kurz darauf ging es los: Die Lewis und Clark Expedition erforschte vom Mai 1804 bis zum September 1806 das neu erworbene Land und erstattete Bericht über Flora, Fauna und Geologie des Gebietes zum Zwecke der weiteren Nutzung.
Abb. 3: Der „Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika
und der Französischen Republik“ (Wikipedia, gemeinfrei)
Abb. 3: Captain Meriwether Lewis und William Clark (Wikipedia, gemeinfrei)
Captain Meriwether Lewis, der ehemalige Privatsekretär des Präsidenten wurde dabei unterstützt von William Clark sowie einigen Soldaten, Dolmetschern und weiteren Helfern. So starteten sie in einem Boot auf dem Wasserweg und fuhren den Missouri River entlang. Nach einigen Begegnungen mit verschiedenen Indianerstämmen und Pelzhändlern und der gefahrvollen Überquerung der Rocky Mountains schaffte die Expedition es, zahlreiche detaillierte Berichte über die Gegebenheiten an den Präsidenten zu übermitteln, was weitere Expeditionen nach sich zog.
Auch verschiedene Pelzhändler, die besonders an der Tierwelt interessiert war, fühlten sich daraufhin bemüßigt, sich in den neuen Gebieten breitzumachen. Es folgten weitere Pioniere, Trapper und Mountain Men und danach die ersten Siedler, die aus den dicht besiedelten Gebieten im Osten der USA in die neuen Territorien zogen, um sich ein Leben als Farmer aufzubauen.
Abb. 4: Karte von Lewis und Clark, 1814 publiziert (Wikipedia, gemeinfrei)
Besonders nach 1863, als das von Präsident Abraham Lincoln unterzeichnete „Heimstättengesetz“ in Kraft getreten war, das jedem Erwachsenen (in USA ab einem Alter von 21 Jahren) erlaubte, sich 64 Hektar Land zu nehmen und zu bewirtschaften, welches ihm dann automatisch nach 5 Jahren gehörte, strömten die Menschen von überall herbei.
Ab dieser Zeit wurde es dann richtig voll in den neuen Territorien, denn es kamen nicht nur Siedler aus dem Osten, sondern auch Immigranten aus allen Herren Länder, die aufgrund ihres sozialen Status, ihrer Religion oder auch wegen eines Verbrechens verfolgt oder abgeschoben worden waren. Auch Kriegsflüchtlinge und Abenteurer sowie Goldgräber strömten in die „Neue Welt“ und machten das bunte Bild komplett. Jeder durfte kommen, jeder hatte eine Chance.
Aber das Siedlerleben war hart und Flora und Fauna unbekannt. Wer die Anreise zu seinem Bestimmungsort überlebte, hatte bereits viel Glück. Und mit noch mehr Glück konnte er auch einen Bärenangriff, einen Indianerüberfall oder eine Trockenperiode überleben …
Die Schießereien und Revolverhelden gab es erst nach dem Bürgerkrieg, wie Clint Thomsen in seinem Buch „Ghost Towns“ erwähnt. So nennen Historiker für den „echten“ Wilden Westen eine Zeitspanne von ungefähr 1846 bis 1905, manchmal bis 1920. Und wie Bill O’Neal in „Gunfighter“ betont, war der Wilde Westen lange nicht SO wild, wie er beschrieben wurde, doch dazu an anderer Stelle mehr.
Abb. 5: Die Homestead-Urkunde mit der No. 1 in Nebraska, ausgestellt auf
Daniel Freeman (Wikipedia, gemeinfrei)
Der typische „Wilde Westen“, das waren die kleinen Boomtowns, die aus dem Boden schossen, wenn irgendwo Gold gefunden wurde. Oder andernorts kleine Siedlungen von Farmern, die sich ihr Gebiet abgesteckt hatten. Wo die Farmidylle eher an die TV-Serie aus den 1970ern „Unsere kleine Farm“ erinnert, handelt es sich bei den Goldgräber-Boomtowns eher um berüchtigte Städte, in denen es weder Recht noch Gesetz gab.
Einige davon konnten überleben, wie z. B. der heutige Skiort Aspen, der früher auch eine kleine Goldgräberstadt war, andere wurden einfach verlassen, wenn das Gold versiegte. Unzählige berühmte und berüchtigte Geisterstädte, in denen es auch tatsächlich spuken soll, sind auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten zu finden.
Schauen wir uns als Beispiel eine besonders berüchtigte Stadt des Wilden Westens an, die mehrere verehrte Revolverhelden beherbergte und sich bis heute halten konnte – nur nicht mehr in ihrer ursprünglichen gesetzlosen Form: Deadwood.
Deadwood, South Dakota –
Berüchtigte Stadt des Wilden Westens
Abb. 6: Deadwood im Jahr 1876. (A photograph of Deadwood in 1876. General view of the Dakota Territory gold rush town from a hillside above. By S. J. Morrow.) Quelle: Wikipedia, gemeinfrei
In Deadwood waren viele bekannte Revolverhelden zuhause. Alles, was Rang und Namen hatte,, hatte sich in der Stadt versammelt, nachdem das erste Mal Gold gefunden worden war. Deadwood liegt in den Black Hills und war ehemaliges Indianerland – wie eigentlich ganz Amerika. Bereits Lewis & Clark sind auf ihrer Expeditionsreise durch das Gebiet gekommen, Wild Bill Hickok hat hier gelebt und wurde 1876 beim Pokern erschossen, im selben Jahr hielt sich auch Wyatt Earp hier auf. Ebenso Doc Holliday. Im Rahmen der Indianerverfolgung war General Custer hier, sowie andere Berühmtheiten wie Poker Alice, Sundance Kid, Calamity Jane und viele viele mehr.
Abb. 7: Ehemalige Stammesgebiete der Sioux-Gruppen (grün): der Lakota,
der benachbarten Nakota (Yanktonai und Yankton) sowie Dakota-Stämme
und heutige Reservationen (orange) (Wikipedia, gemeinfrei)
Nachdem die Lakota Indianer aus dem Gebiet weitgehend zurückgedrängt worden waren, verabschiedete der US Kongress 1862 den Homestead Act, der den amerikanischen Bürgern günstiges Land im Dakota Territorium versprach. Verschiedene Interessentengruppen stürmten daher in die Black Hills und um ihnen Platz zu machen, wurden die Indianer weiter zurückgedrängt. Für den Kampf gegen die Indianer verweise ich auf den Artikel über Häuptling Sitting Bull, der bis zuletzt alles versuchte, um seinem Volk das angestammte Gebiet zu erhalten. Im Juni 1876 konnte er noch die Schlacht am Little Bighorn für sich entscheiden und Custers Armee zurückdrängen, doch letztendlich scheiterten seine Bemühungen. Er wurde 15.12.1890 ermordet und sein Volk landete im Reservat.
Schon zu Beginn der 1860-er Jahre waren einige Goldsucher in den Black Hills unterwegs, aber die Gerüchte über Funde zirkulierten 1870 verstärkt und zogen noch mehr Abenteurer und Glücksritter in das Gebiet. John B. Person fand 1875 das erste Gold in den nördlichen Black Hills und benannte den Canyon anschließend in Deadwood Gulch wegen der vielen toten Bäume, die die Strecke säumten. Zu der Zeit waren schon ca. 800 Männer auf Goldsuche in diesem Gebiet. Gleichzeitig, als der Kampf gegen die Indianer seinen Höhepunkt erreichte, schossen überall die Bergarbeitercamps aus dem Boden. Auf dem Höhepunkt des Goldrauschs ließen sich fast 10.000 Leute in den Black Hills nieder, und zwar hauptsächlich in den Städten Custer, Hill City und Deadwood. Immer wenn eine Quelle erschöpft war, wurden auch die Camps und Städte verlassen und woanders neu aufgebaut, immer auf der Jagd nach dem Gold.
Deadwood selbst wurde 1876 errichtet und war bald völlig überlaufen. Wo sich zunächst eine Zeltstadt befand, wurden bald richtige Holzhäuser und Ziegelhäuser erbaut. Für den schönen Schein wurden den Bauwerken dann falsche Häuserfronten vorangestellt, die aussahen wie Kulissen in einem Film. Die beste Mine in dem Gebiet, die Homestake Mine von Fred und Moses Manuel, versiegte erst 2001 und hatte bis dahin 100 Millionen Dollar in Gold erbracht. Natürlich hatte nicht jeder so viel Glück.
Und außerdem zog die Stadt nicht nur Minenarbeiter an, sondern auch dunkle und gesetzlose Gestalten, die auf andere Weise zu Geld kommen wollten. Saloons und Glücksspiel waren eine weitere Geldumsatzquelle. Insgesamt waren diese Städte Männerdomänen. Fast 90% der Frauen, die sich hier niedergelassen hatten, waren Prostituierte. Wer über Spiel und Raub und Prostitution nicht an das erhoffte Geld kam, der musste zu härteren Maßnahmen greifen. Angeblich gab es im ersten Jahr nach der Gründung von Deadwood täglich einen Toten zu beklagen.
1876 trafen Wild Bill Hickok und Calamity Jane in der Stadt ein. Wild Bill war damals bereits eine Legende. Doch er lebte nur kurz dort, er wurde im August 1876 bereits beim Pokerspiel von hinten erschossen (ich verweise hier auf den Artikel über Wild Bill, der bereits im Blog zu lesen ist). Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte die Stadt ihren Ruf als gesetzlose Stadt weg.
Im September 1879 breitete sich von der Bäckerei her ein Feuer aus und zerstörte schnell den Geschäftsbezirk von Deadwood. Die Bewohner bauten die Stadt jedoch wieder auf. 1880 strömten noch mehr Siedler in die Stadt. 1883 zerstörte eine Flut einen großen Teil der Stadt und dennoch ließen sich die Menschen dort nicht unterkriegen. Bereits 1889 war die Einwohnerzahl so hoch, dass das Dakota Territory das Staatenrecht beantragte – und erhielt. Am 2. November 1889 wurden daraus die Staaten North Dakota und South Dakota.
1891 kam die Eisenbahn in die Stadt und mit ihr die chinesischen Einwanderer, die am Bau beteiligt waren. Viele Chinesen kamen auch als Minenarbeiter nach Deadwood und bereits zuvor, Ende der 1880er, hatte Deadwood ein „Chinatown“. Chinesen waren nämlich bereits vorab als Goldsucher in das Gebiet geströmt.
Mit der Eisenbahn wurde Deadwood von der gesetzlosen Grenzstadt zum florierenden Geschäftszentrum. Trotz seiner legendären Vergangenheit hatte die Stadt den Sprung ins 20. Jahrhundert geschafft. Dennoch wurden Glücksspiel und Prostitution noch lange als legale Geschäfte betrachtet. 1919 verbot die US Regierung im Rahmen der Prohibition den Verkauf und Ausschank von Alkohol. In den goldenen 1920-er Jahren wurde das Glücksspiel für illegal erklärt und lebte erst 1935 mit der Aufhebung des Gesetzes wieder auf, bis es 1947 endgültig verboten wurde. Die Prostitution konnte sich noch bis 1950 halten, dann wurde ein Etablissement nach dem anderen geschlossen. Das letzte 1980. Nachdem diese beiden Laster abgeschafft waren, wurde Deadwood bereits 1964 ein „National Historic Landmark“.
Abb. 8: The Gem Theater, Deadwood, circa 1878. Der berühmteste Saloon/Bordell der Stadt.
1980 begannen die Diskussionen darum, das Glücksspiel wieder einzuführen, was ab 01.11.1989 gelang. 1987 wurde von der Deadwood City Commission die Historic Preservation Commission gegründet, um die Restauration der historischen Gebäude zu leiten. Die Restauration zusammen mit dem neu erlaubten Glücksspiel lockten von da an jede Menge Touristen in die Stadt. Natürlich ist das nicht der einzige Grund. Die historische Geschichte der Stadt und ihrer berühmten Bewohner tut ein Übriges, um die Touristen in Scharen anzulocken.
Immer noch ungeklärt ist die Frage, wem das Land eigentlich gehört. Den Lakota oder der Regierung?
Das Supreme Court wollte die Lakota Stämme ausbezahlen, doch diese haben einstimmig abgelehnt, sie wollen das Heilige Land ihrer Väter lieber zurückhaben.
Wie man sieht, war der Goldrausch einer der Auslöser für eine weitere Verdrängung der Indianer von ihrem angestammten Gebiet sowie Auslöser von Kriegen, aber auch der weiteren Besiedlung des Westens. Der Goldrausch sorgte für einen Ansturm in bestimmten Gebieten, zerstörte dabei aber nicht nur das Leben der Indianer, sondern auch die Umwelt, denn die Goldgräber siebten nicht nur im Fluss den Kies, sonder gruben ganze Landstriche um, legten Flüsse trocken und unterspülten die Berge. Aus mehreren Gründen ist also das Phänomen „Goldrausch“ im Zusammenhang mit der Besiedlung und den tapferen Männern, die nach Gold suchten und unter schwierigsten Bedingungen nach der Industrialisierung in den Minen arbeiteten, erwähnenswert.
Der amerikanische Goldrausch
Abb. 9: Goldgräbersiedlung beim Goldrausch in Klondike
Gold wurde und wird in vielen Gebieten gefunden, aber die sicherlich legendärsten Erzählungen, wenn es um Goldsuche oder gar den Goldrausch geht, drehen sich um die Funde in Amerika, hauptsächlich zu der Zeit, als der Westen noch wild war. Sicherlich wäre ohne den großen Ansturm der Goldsucher (Prospektoren) das Land nicht so schnell und an so vielen Stätten besiedelt worden. Schnell wurden Zeltstädte und bei längerem Aufenthalt Holzhütten, danach sogar Gebäude aus Stein errichtet.
Die Sache hatte nur einen Haken, oder sogar zwei: zum einen gab es keine Garantie, dass jeder Gold finden würde oder dass die Vorkommen ewig reichten. Daher musste manch einer pleite wieder abziehen. Der rasche Verfall der Städte führte im Endeffekt dazu, dass diese dann zu Geisterstädten wurden, die man heute in ganz Amerika findet. Der zweite Haken war der, dass die Gier nach Gold viele unehrliche Gesellen anzog, fiese Geschäftemacher, Räuber, Mörder … Aus diesem Grund waren viele Boomtowns gleichzeitig ein Hort der Gesetzlosen und entsprechend gefährlich.
In Amerika gab es viele einzelne Goldräusche, doch nicht jeder davon war berühmt und hatte denselben Ansturm wie die anderen. Die drei berühmtesten waren die in Kalifornien, Colorado und Alaska/Kanada in Klondike. Diese war dann auch der letzte große Goldrausch überhaupt. Wir werden daher hauptsächlich Kalifornien und Klondike beleuchten, da es auch nicht möglich ist, in diesem Bericht alle Schauplätze ausführlich zu besprechen.
Schauen wir zunächst, wo alles begann.
1848 Kalifornien.
„Wer hat’s erfunden? Die Schweizer!“ möchte man beinahe sagen, denn mit einem Schweizer hat eigentlich alles begonnen. Der Kaufmann Johann August Sutter, der eigentlich Suter hieß (23.02.1803 – 18.06.1880), war ein reicher Abkömmling einer Firma, die Papier herstellte und außerdem Druckereien besaß. Als er wegen unsauberer Geschäfte vor den Schweizer Behörden floh, landete er in Kalifornien, das damals zu Mexiko gehörte, und ließ sich 1839 im Sacramento-Tal nieder.
Abb. 10: Ölgemälde: Sutter, eigentl.
Suter, gemalt von Frank Buchser (1866) (Wikipedia, gemeinfrei)
Er vertrieb die Indianer und baute sich ein Reich auf, das er Neu-Helvetien nannte. Schließlich fiel das Gebiet jedoch nach Beendigung des Amerikanisch-Mexikanischen Krieges 1848 von den Mexikanern an die USA und sein Traum vom eigenen Reich zerplatzte. Im selben Jahr wollte er nämlich von James W. Marshall eine Sägemühle am American River bauen lassen. Bei den Grabungsarbeiten fand Marshall ein Goldnugget und Sutter konnte nicht verhindern, dass Marshall dies sofort herumposaunte. Sutter konnte sich vorstellen, was passieren würde … und genau so traf es auch ein.
Abb. 11: Zeitgenössische Darstellung von Sutters Fort (Wikipedia, gemeinfrei)
Marshall bezahlte seine Rechnungen beim örtlichen Kaufmann Kaufmann Samuel Brannan (1819-1889) mit Gold, was natürlich ziemlich auffällig war. Noch ungünstiger war die Tatsache, dass Brannan eine gute Geschäftsidee umsetzte. Er verkaufte lautstark eine riesige Menge Schaufeln, neben die er ein Glas mit Goldstaub stellte und dazu verkündete, dass es im American River Gold gab.
Die Leute stürmten jetzt von überall herbei, wanderten sogar von Deutschland dorthin aus, um an der Fundstelle nach Gold zu suchen, und obwohl es sich dabei eigentlich um SEIN Land handelte, hinderte es die Goldsucher nicht daran, sich darauf munter einen Claim abzustecken und drauf los zu buddeln. Recht und Gesetz spielten bald keine Rolle mehr. Auch seine eigenen Arbeiter widmeten sich lieber der Goldsuche als ihrem Job und so ging Sutter schließlich bankrott.
Aber nicht nur Sutter hatte der Goldrausch geschadet, sondern dem gesamten Land. Über 100.000 Ureinwohner verloren ihr Leben, Flüsse und Seen waren nachhaltig geschädigt. Denn zum Goldabbau wurden sie oft trockengelegt und umgeleitet. Das gesamte Ökosystem geriet aus dem Gleichgewicht.
Doch mit Sutters Ruin ist die Geschichte des Goldrauschs natürlich noch nicht zu Ende. In San Francisco ging es jetzt erst richtig rund. Die Zeitungen berichteten ebenfalls überall vom Goldfund und schürten die Gier der Prospektoren noch weiter. Massenweise landeten die Einwanderer hier mit den Schiffen und sorgten dafür, dass die Bevölkerung in San Francisco explodierte. Unter den ersten Einwanderern und Goldsuchern waren die Chinesen, die später fast 20 Prozent der Bevölkerung San Franciscos ausmachten. Sie wurden anschließend speziell beim Bau der Eisenbahn eingesetzt, mussten sich aber ständig gegen Diskriminierungen und Überfälle wehren.
Abb. 12: Photo panorama of San Francisco, 1853 Source http://www.daguerre.org/gallery/oakland/5ca.html (wikipedia, gemeinfrei)
1849 die „Forty-Niner“
Besonders im Jahr 1849 ging es so richtig rund in Kalifornien, daher hatten die Goldsucher dann auch ihren Spitznamen “Forty-Niner“. Gaststätten, Bordelle und alles, was die Goldsucher so brauchten, konnte man hier finden. Recht und Gesetz war Mangelware, Mord, Raub und Tote waren an der Tagesordnung. Genauso wie Brände in den Holzhütten, verursacht durch die Petroleum- und Lebertran-Lampen. San Francisco ist eine der wenigen Boomtowns, die nach dem Abflauen des Goldrausches nicht zur Geisterstadt geworden ist.
Abb. 13: Plakat aus dem Jahr 1849 für Schiffspassagen nach Kalifornien zum Goldrausch (Wikipedia, gemeinfrei)
Als nun die Forty-Niner ein Jahr nach dem ersten Fund endlich eintrafen, waren die besten Claims schon weg und außerdem stellten sie fest, dass auch das meiste Gold, das man leicht aus dem Fluss herauswaschen konnte, schon verschwunden war. Um weiter zu graben oder komplizierter zu schürfen, benötigte man Geld, welches die Glücksritter natürlich nicht besaßen.
Eine Möglichkeit der Unterstützung bestand darin, dass sich die Goldsucher Arbeitsgeräte von Förderern ausliehen – gegen eine Beteiligung am Erlös des gefundenen Goldes. Einige Männer betrieben diese Art der Förderung im großen Stil, hauptsächlich Kaufleute und Saloonbesitzer. Eine andere Möglichkeit war, sich mit mehreren Männern zusammenzutun, um gemeinsam mit größerem Werkzeug und vereinten Kräften am Goldabbau zu arbeiten.
1853 kam der deutsche Jude Levi Strauss (eigentlich Löb Strauss, geb. 1829 in Buttenheim bei Bamberg) nach San Francisco, wo er mit seinem Schwager und seinem Bruder ein Geschäft eröffnete, das mit Stoffen und Kurzwaren handelte.
Abb. 14: Löb Strauss, Fotograf unbekannt (Wikipedia, public domain)
Er verkaufte auch vor Ort den täglichen Bedarf an die Goldgräber. Dabei führte er Stoffballen, Zeltplanen und Nähzeug mit und entdeckte beizeiten den Bedarf an strapazierfähiger Kleidung, der für die Goldsucher unerlässlich war.
Er verkaufte ihnen die sogenannten Duck Pants, die aus Segeltuchstoff bestanden, die aber nicht lange hielten, bzw. deren Nähte nicht lange genug hielten, da die Goldgräber ihr Werkzeug in die Taschen stopften und sie damit kaputtmachten.
1870 kam der Schneider Jacob Davis auf die Idee, dieses Problem dadurch zu lösen, dass er einfach diese Nähte mit Nieten verstärkte. Weil ihm das Geld zur Patentanmeldung fehlte, bat er Levi Strauss um Hilfe, seinen damaligen Stofflieferanten.
1873 erhielten die beiden das Patent für den Waist Overall, der sich großer Beliebtheit erfreute. Diese wurden aus Denim gefertigt und sind der Vorläufer der heutigen Jeans.
Weitere Stationen des Goldrauschs (ohne nähere Erläuterung):
1850 Goldrausch in Oregon und in British Columbia
1854 die Goldlagerstätten in Kalifornien sind erschöpft;
Wirtschaftskrise
1858 Denver, Colorado, South Platte River
1859/60 Nevada, Comstock Lode
1863 Montana und Idaho
1874 Black Hills, in Custer und Deadwood, South Dakota
1896 Klondike
Klondike oder besser die „Klondike Fields“ liegen im Territorium Yukon, dem kleinsten der drei kanadischen Territorien. Es liegt östlich der Grenze zu Alaska.
Abb. 15: Goldsucher am Chilcoot Trail (Wikipedia, public domain)
Als in Kanada/Alaska im Yukon River Gold gefunden wurde, machten sich die Veteranen aus den vorangegangenen Goldräuschen auf, um auch dem Yukon River in der Stadt Dawson das Gold zu entreißen. Die Strecke dorthin war lang und gefährlich und die meisten überlebten nicht einmal die Anreise.
Es gab nur zwei Wege in die Stadt Dawson: a) 2.700 km den Yukon River entlang, der die meiste Zeit des Jahres zugefroren war oder b) 570 km von der Küste Alaskas über die schwer passierbaren Schluchten und Gebirgspässe (Chilcoot Trail).
1870 kamen bereits die ersten Veteranen aus Kalifornien in das Gebiet am Klondike. Dort gab es hauptsächlich zwei Städte: Circle City auf amerikanischem Gebiet und Forty Mile auf kanadischer Seite. Beide bestanden aus Hütten.
Der richtige Goldrausch in Klondike startete allerdings erst 1896 und die Spitze war 1897/98. Der Abbau des Goldes war hier allerdings wesentlich schwieriger als in Kalifornien, denn wer die gefährliche Anreise überstand, hatte anschließend mit den rauen Lebensbedingungen dort zu kämpfen.
Abb. 16: Warteschlange bei der Registrierung des Claims, 1898 Erik A. Hegg (Wikipedia, gemeinfrei, source: Alaska National Archives)
Im Winter war eine bittere Kälte bis minus 59° Grad C auszuhalten, im Sommer bis plus 38° C, gepaart mit einer üblen Stechmückenplage. Nur ganz wenige Frauen kamen in das Gebiet am Klondike, erst als sich die Bedingungen dort gebessert hatten, reisten viele ihren Männern hinterher, es kamen auch Tänzerinnen und Schauspielerinnen nach. Karrierefrauen inbegriffen, die Gaststätten und Wäschereien eröffneten etc.
Der Skagway Trail zwischen der Stadt Skagway, einem Stützpunkt der Goldgräber, bis hin zum Klondike war so hart, dass er 1897 von über 3.000 toten Pferden gesäumt wurde, die auf der Strecke zusammengebrochen waren wegen Überanstrengung und vor Hunger. Es wurde sogar behauptet, dass die Tiere selbst vor Todessehnsucht in den Abgrund gesprungen wären. Die Stadt existiert heute noch und hat ungefähr 850 Einwohner.
Abb. 17: Claim am Bonanza Creek (Wikipedia, gemeinfrei)
Exkurs: Woher kommt eigentlich das Gold und wie wurde es geschürft und abgebaut?
Das Gold kam aus den Bergen, die größtenteils aus Granit bestehen, also aus erstarrtem Magma. Die nacheinander kristallisierten Mineralien scheiden sich in den Erzgängen wieder ab. Flüsse, die durch die Berge fließen, transportieren diese Mineralien dann mit sich bergabwärts bzw. flussabwärts. Diese Partikel, die man lose im Fluss findet und heraussieben kann, nannte man auch „Placer“ oder Seifen- und Waschgold. Diese Art von Gold suchte man vorrangig und dies war auch mit einfachsten Mitteln zu bewerkstelligen. Diese Fundstätten nannte man daher auch „Arme-Leute-Minen“.
Diese winzigen Goldflöckchen konnten also vom abfließenden Gebirgswasser fortgetrieben werden und aufgrund des geringen Gewichts lange Strecken zurücklegen. Schwerere Goldpartikel und Nuggets blieben auf den kürzeren Strecken hängen, besonders da, wo sich das Wasser verlangsamte, wenn das Gelände weniger abschüssig war oder der Fluss eine Kurve machte. Auf diesen Felsbänken waren die Funde dann wahrscheinlicher und ergiebiger.
Abb. 18: Goldwäscher mit einer „Wiege“, Archives of Pearson Scott Foresman
(Wikipedia, gemeinfrei)
Beim Sieben des Sandes und Kieses im Bachbett musste man achtgeben, dass man nicht das Gold mit Glimmer oder Pyrit (Katzengold) verwechselte. Glimmer ist ein Schichtsilikat bzw. eine Bezeichnung für eine ganze Gruppe von Gesteinen, die u.a. in magmatischen und metamorphen Gesteinen vorkommt. Magmatisch wäre z. B. Granit und metamorph Gneis. Sammler kennen wahrscheinlich den Biotit, Lepidolith und Muskovit.
Die Profis hatten sich aber bereits einiges Wissen angeeignet, mit dem sie das Gold leicht unterscheiden konnten. Denn zum einen sieht Gold aus jedem Betrachtungswinkel gleich aus, während der Pyrit und der Glimmer funkeln und blinken, wenn man sie dreht und zum anderen ist echtes Gold weich. Der Finder musste also nur auf den vermeintlichen Goldnugget beißen und beobachten, ob er nachgab und sich verformte oder ob er hart blieb.
Die kleinen Waschtröge aus Zinn, die die Goldwäscher benutzten, waren ca. 10 cm tief und mit einer Öffnung von ca 25 cm gegenüber dem Boden mit 40 cm versehen. Darin schwenkte man dann vorsichtig den Sand und kippte das Wasser immer wieder über die Öffnung hinaus. Der feuchte Rest, der dann im Sieb hängen blieb, konnte getrennt werden in Goldkörnchen /Flöckchen und in den Sand, der wieder ausgekippt wurde. Die Goldkörnchen oder Flöckchen wurden in einer Flasche mit Wasser aufbewahrt.
Abb. 19: Zum Vergleich: Pyritwürfel im Gestein; Flasche mit
Goldflöckchen in Wasser © Daniela Mattes
Manchmal taten sich die Goldsucher auch zusammen, um gemeinsam das Gold zu waschen. Dann konnten sie größere Werkzeuge benutzen und mit einem mechanischen Siebtrog oder oder einer Goldwaschrinne arbeiten. Die Tröge waren flach mit schrägem Rand und mit Maschendraht bespannt, sodass Gold und Kiesel darin zurückblieben. Wenn das Gold im leichten Sand bis zum Felsgrund hinunter abgesunken war, musste zur Goldgewinnung der Fluss trockengelegt werden und im Bachbett nach dem Gold gegraben werden.
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