Warm-up, Core-Stabilität und Plyometrie

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2 Die Muskelketten
ADas Bewegungssystem

Die Sichtweise auf das Funktionieren des Körpers hat sich in den letzten Jahren stark verändert. So wird der Körper nicht mehr als die Summe der verschiedenen Teile angesehen, aus denen er besteht, sondern als ein System, das wie ein globales Ganzes wirkt. Die Wirkung eines Organs oder eines Hormons hat Auswirkungen auf die Funktion anderer Organe und anderer Stoffwechselformen des Körpers. Das Gleiche gilt für das Bewegungssystem, das auch als lokomotorisches System bezeichnet wird.

Wenn alle Elemente dieses Systems korrekt arbeiten, funktionieren das gesamte System und die damit verbundenen motorischen Schemata ebenfalls korrekt. Dies führt dazu, dass der Körper eine gute Haltung einnimmt und im richtigen Moment die richtigen Bewegungen ausführt, was ein wirksames und schmerzfreies Funktionieren des gesamten Bewegungssystems zur Folge hat.

Funktioniert hingegen eines der Elemente des Bewegungssystems nicht korrekt, sei es auf Grund einer Verletzung, einer muskulären Dysbalance oder einer schlechten Haltung, dann funktioniert das gesamte System auf veränderte Weise, und es entstehen als Kompensationsmechanismus zu hohe Spannungen in bestimmten Muskeln und Geweben des Körpers. Diese Kompensationsmechanismen gehen einher mit einer Dysregulierung des gesamten Systems, wobei das initiiert wird, was man als Schmerzkreislauf bezeichnet: Dieser geht mit einer schlechten Funktion des Systems einher, bei der weitere Kompensationsmuster entstehen etc. Es ist daher grundlegend wichtig zu verstehen, wie dieses gesamte komplexe System funktioniert, um nachvollziehen zu können, warum eine alte, schlecht oder unvollständig ausgeheilte Verstauchung des Knöchels z. B. zu Schmerzen im Knie oder im Rücken führen kann.

Dieses System besteht aus drei Subsystemen:

›dem myofaszialen System, bestehend aus Muskeln, Faszien und Sehnen, die die Position der Gelenke bei Haltungen oder Bewegungen aufrechterhalten, die Gelenke stabilisieren, die Gelenke bewegen oder auch die Bewegung der Gelenke entschleunigen;

›dem Gelenksystem, bestehend aus Gelenken und Knochen;

›dem Nervensystem, bestehend aus Nerven und Propriorezeptoren, deren Aufgabe es ist, mechanische Informationen (Spannungen im Zentrum des Muskels, der Faszien, der Sehnen und der Haut) umzuwandeln in elektrische Informationen, die vom Gehirn gesammelt und analysiert werden. Das Gehirn verwendet dieses System zur anschließenden Kommunikation mit dem Körper.


»Die Wirkung eines Organs oder eines Hormons hat Auswirkungen auf die Funktion anderer Organe und anderer Stoffwechselformen des Körpers.«

BDas myofasziale System

Dieses System besteht aus Muskeln, Sehnen und Faszien, die alle drei zum Bindegewebe gehören. Sie bilden ein echtes fibröses »Skelett« oder verschiedene Bindegewebe, die jede Muskelfaser, jede Muskelgruppe, jede Sehne und jedes Gelenk miteinander verbinden.

Das myofasziale System ist also genau organisiert. Es arbeitet, um die Aufrechterhaltung einer Körperposition sicherzustellen oder um die Kraft zu erzeugen, zu stabilisieren und zu reduzieren, die die Gelenke des Körpers in Bewegung setzen. Die verschiedenen Muskelketten und die Muskeln, die diese bilden, können je nach den Bewegungen, die der Körper und seine Gelenke ausführen, muskuläre Agonisten – d.h. Muskeln, die die Bewegung eines Gelenkes hervorrufen – sein oder Antagonisten, d.h. Muskeln, deren Funktion denen der Agonisten entgegengesetzt ist, um die Bewegung des Gelenkes zu bremsen und eine Ver-/Ausrenkung (Luxation) zu verhindern.

Dazu ein Beispiel: Wenn Sie Ihre Arme ausstrecken, sind die Trizepsmuskeln, die Muskeln auf der Armrückseite, Agonisten der Bewegung. Das heißt, sie führen die Bewegung aus. Der Bizeps hingegen bremst die Streckung des Ellenbogens, um zu verhindern, dass sich das Gelenk verlagert (disloziert). Die Bizepsmuskeln fungieren bei dieser Bewegung also als Antagonisten. Damit die Gelenke regelrecht arbeiten können, ist es wichtig, dass es in jedem Muskel eine Beziehung zwischen Länge und Spannung gibt und dass die Kraft, die erzeugt wird, auf beiden Seiten des Gelenks gleich (Kraftpaar) ist, damit das Gelenk optimal und ausgeglichen funktionieren kann.

Wie wir gesehen haben, funktionieren die Muskeln nicht isoliert, sodass, um eine Bewegung zu erzeugen, ein Agonist Muskeln hat, die ihm in seiner Aktion helfen oder assistieren. Diese Muskeln heißen Synergisten. Wenn beispielsweise das Hüftgelenk korrekt funktioniert, erzeugen die Gesäßmuskeln die Bewegung: Sie sind die Agonisten und schieben die Hüfte nach vorne in die Streckung. Die Rückenmuskeln und die Muskeln auf der Rückseite der Oberschenkel helfen dabei den Gesäßmuskeln, um die Hüftstreckung durchzuführen: Sie sind die Synergisten der Gesäßmuskeln.

Je komplexer die Bewegungen aufgebaut sind oder je mehr verschiedene Gelenke mit einbezogen sind, umso mehr muss der Körper die Gelenke stabilisieren, während eine Bewegung erzeugt wird. Beispielsweise stabilisieren die tiefen Bauchmuskeln und die tiefen Rückenmuskeln die Zwischenwirbelgelenke im Lendenwirbelsäulenbereich und in den Hüften, während andere Muskelketten die Geh- oder Laufbewegung erzeugen.

Wenn schließlich schwere muskuläre Dysbalancen bestehen oder eine Bewegung fehlerhaft ausgeführt wird, kommt es dazu, dass bestimmte Muskeln der fehlerhaften Funktion anderer Muskeln entgegenwirken, um die Integrität eines Gelenkes aufrecht zu erhalten. Dies sind die Neutralisierer.

CDas Gelenk- und Knochensystem

Dieses System umfasst Knochen und Gelenke. Wenn eine muskuläre oder posturale (die Körperhaltung betreffende) Dysbalance besteht, führt sie zu Zwangsstellungen in Gelenken wie in Knochen und erzeugt Spannungen im myofaszialen System sowie eine Veränderung der vom Nervensystem gesammelten Informationen. Dies geschieht über die Gesamtheit der Propriorezeptoren des Körpers. Kurz gesagt besteht, wie Sie sehen, eine echte Synergie und gegenseitige Abhängigkeit (Interdependenz) in dem gesamten Bewegungssystem.

Ein Bruch (Fraktur) oder eine Ver-/Ausrenkung (Luxation) erfordert eine Reedukation des gesamten myofaszialen artikulären Systems sowie des Nervensystems. Das Gleiche gilt für einen verschobenen Wirbel oder für ein Sprunggelenk, das nicht in der korrekten Position steht. Alle Elemente ober- und unterhalb des verletzten Gelenkes beginnen zu kompensieren und kommen unter anormalen Stress, was schließlich zu einem verfrühten Gelenkverschleiß, zur Arthrose führt.


»... es besteht eine echte Synergie und eine gegenseitige Abhängigkeit (Interdependenz) im gesamten Bewegungssystem.«

DDas Nervensystem

Unser Körper verfügt über ein weitreichendes Kommunikationsnetz, dessen zentrale Schaltstelle unser Gehirn und dessen Relaisstation unsere Wirbelsäule ist. Von diesen Schaltstellen gehen Nerven aus, die elektrische Informationen transportieren. Dieses System erlaubt eine Kommunikation zwischen den verschiedenen Körperbereichen. Im Zentrum der Muskeln, Sehnen und der Haut sowie der Gelenke befinden sich propriozeptive (die Eigenwahrnehmung betreffende) Sensoren, deren Aufgabe es ist, die Informationen über den Zustand der Spannung von Haut, Muskelfasern und Sehnen zu sammeln. Das gesamte Nervensystem sammelt diese Informationen und übermittelt sie an das Gehirn. Dieses liest die Informationen aus, analysiert sie und wählt das geeignete Bewegungsprogramm mit der nötigen Korrektur der Haltemuskeln aus, was eine Kontraktion der guten Muskeln im Bereich des richtigen Gelenks mit dem richtigen Kraftgrad im richtigen Moment gewährleistet. Es gewährleistet auch, dass die Antagonisten (Gegenspieler) des Gelenks mit der richtigen Spannung und der richtigen Länge locker lassen.

Wenn ein Element des Bewegungssystems (verhärtete oder abgeschwächte Muskeln, Gelenke, die nicht normal funktionieren, eingeklemmte Nerven) dysfunktionell ist, wird die Gesamtheit der vom Gehirn gesammelten Informationen verfälscht, und das ganze System ist gestört. Dadurch nehmen in jedem Gelenk die Fähigkeiten der Reduktion, der Gelenkstabilisierung und der Krafterzeugung ab. Folglich kommt es zur Ausbildung anderer neuromuskulärer Mechanismen mit dem Ergebnis einer dysfunktionellen Veränderung der Haltung. Diese Mechanismen sind folgende: reziproke Inhibition, Überwiegen der synergistisch wirksamen Muskeln und Hemmung der Gelenkfunktion. Mehr dazu finden Sie auf den folgenden Seiten.

EReziproke Inhibition

Durch diesen Prozess wird über das Gehirn die Muskelspannung eines Antagonisten verringert, um die Kontraktion des Agonisten zu begünstigen. Ist das System beeinträchtigt, bringt es ein verhärteter Muskel mit sich, dass der gesamte Muskeltonus des Antagonisten vermindert wird. Dieser Mechanismus verändert das normale Verhältnis des Kraftpaares um ein Gelenk. Da bestimmte Muskeln die meiste Zeit in einer verkürzten Position sind, haben die Muskelfasern die Neigung, miteinander zu verkleben. Dadurch entstehen Adhäsionen, die gleichzeitig die Fähigkeiten dieses nämlichen Muskels verringern, sich zu verlängern und zusammenzuziehen (Verhältnis von Muskellänge/Muskelspannung). So verbringen wir zum Beispiel alle viel Zeit im Sitzen, was dazu führt, dass die Quadricepsmuskeln (die Oberschenkelmuskeln) und der Psoas (einer der Muskeln, der es uns erlaubt, das Knie zu heben) hart und verkürzt werden. Die Gesäßmuskeln, die den ganzen Tag in einer gestreckten Stellung sind, werden schwach. Andererseits führen Verhärtung und ständige Spannung der Psoas- und Quadricepsmuskeln dazu, dass ein Nervenbefehl inhibiert wird, der normalerweise zum Gesäßmuskel geht und ihm eine bestimmte Spannung befehlen soll, damit um das Gelenk ein Gleichgewicht entsteht. Es kommt zu einer Kompensation mit dem Ergebnis, dass die Muskeln über dem Gesäß (paravertebrale Muskeln) und unter dem Gesäß (ischiokrurale Muskulatur) dies substituieren müssen. Man bezeichnet dieses Phänomen als Überwiegen der synergistisch wirkenden Muskeln, kurz: der Synergisten.

 

FDas Überwiegen der Synergisten

Durch diesen Prozess kompensieren die Synergisten und übernehmen die Arbeit eines agonistisch wirkenden Muskels. Das Problem besteht darin, dass diese Synergisten oder Hilfsmuskeln ursprünglich vorhanden sind, um bei bestimmten globalen motorischen Schemata zu helfen – aber nicht, um diese zu erzeugen. So sammeln diese Muskeln nun sehr viel Spannung und Stress an und beides drückt sich eines Tages in Muskelkontrakturen, Muskelrissen und Sehnenentzündungen aus. Häufig zeugt der Schmerz in einer Körperzone einfach nur davon, dass an einer anderen Stelle etwas nicht funktioniert, häufig über oder unter diesem Bereich, aber auch an einer entgegengesetzten Stelle. Und dieser Prozess setzt sich fort, wenn man nicht auf seine Körpersignale achtet.

Die Dominanz der Synergisten begünstigt die Unterschiede des Kraftpaares um das betroffene Gelenk herum. Je mehr das Gleichgewicht des Kraftpaares gestört ist (zur Erinnerung: dieses Gleichgewicht herrscht, wenn auf beiden Seiten eines Gelenkes die Muskelspannung gleich ist), umso mehr verliert dieses Gelenk seine Fähigkeit zur normalen Bewegung. Und wenn ein Gelenk in Folge einer muskulären Dysbalance oder in Folge eines Sturzes oder Traumas nicht mehr die gleiche Bewegungsfähigkeit hat, kommen Phänomene der Inhibition dieses Gelenks ins Spiel.

GArtikuläre Inhibition

Die artikuläre Inhibition ist das neuromuskuläre Phänomen, das auftritt, wenn die Dysfunktion eines Gelenkes die Inhibition der Muskeln, die sich um dieses Gelenk herum befinden, mit sich bringt. Beobachten wir diesen Prozess an einem bereits weiter oben genannten Beispiel:

Die sitzende Position bringt eine Verhärtung der Hüftbeuger (M. quadriceps und M. iliopsoas) mit sich. Dies führt zu einer reziproken Inhibition des antagonistischen Muskels, des großen Gesäßmuskels (M. gluteus maximus). Die Inhibiton des großen Gesäßmuskels wiederum führt zur Dominanz der synergistisch wirksamen Muskeln, d.h. der ischiokruralen Muskulatur auf der Rückseite der Oberschenkel und der paravertebralen Muskulatur entlang der Wirbelsäule. Dies geschieht, damit die Hüfte gestreckt werden kann (die Hüfte wird nach vorne gebracht).

Die Gesamtheit der muskulären Dysbalancen in der Umgebung des Hüftgelenks bringt eine Reduktion der normalen Beweglichkeit dieses Gelenkes mit sich. Phänomene der neuromuskulären Inhibition treten an den Muskeln auf, deren Aufgabe es ist, den gesamten Gelenkkomplex um Hüfte und Becken zu stabilisieren (M. transversus, kleiner M. obliquus, M. multifidus, Mm. intervertebrali – auf Höhe der Lendenwirbelsäule).

In dem Maße, in dem die Hüft- und Beckenstabilisatoren ihre Arbeit nicht mehr korrekt ausführen, werden diese beiden Gelenke bei jeder Bewegung von einem Stressphänomen heimgesucht, das zu entzündlichen Prozessen und zu Schmerzen auf Höhe der Lendenwirbelsäule (LWS) oder des Beckens führt. Diese Schmerzen auf Becken- oder LWS-Ebene bringen kompensatorische motorische Muster mit sich. So schließt sich der Kreis.

Dieses eben geschilderte Muster gilt für alle Gelenke des Körpers. Das Konzept der myofaszialen Ketten oder, allgemein ausgedrückt, der Muskelketten müsste besser bekannt sein, um körperliche Probleme, die häufig weit entfernt vom betroffenen Gelenkkomplex auftreten, lösen zu können.

Das nachfolgende Schema fast alles zusammen, was wir soeben gesehen haben.


Wenn ein Element des Bewegungssystems nicht korrekt funktioniert, wird die Gesamtheit des Systems dysfunktionell; es entstehen muskuläre Dysbalancen in den Muskelketten. Wird nichts dagegen unternommen, so speichert der Körper Spannungen in Muskeln, Faszien und Sehnen. So können wir über Jahre hinweg mit einem Körper funktionieren, der sich nicht mehr normal bewegt. Denn der menschliche Körper ist ein Weltmeister, was Kompensation betrifft. Bis zu dem Tag, an dem er wirklich nicht mehr kann, was er uns folgendermaßen wissen lässt: Es treten Kontrakturen, Zerreißungen und Risse, Muskelschwäche sowie Entzündungen auf.


»Wenn ein Element des Bewegungssystems nicht korrekt funktioniert, wird die Gesamtheit des Systems dysfunktionell.«

HDie myofaszialen Ketten

Wie wir soeben gesehen haben, benützt der Körper, um sich wirksam zu bewegen oder aufrecht halten zu können, ein System von Ketten, das die Muskeln mit den Sehnen und mit den Gelenken verbindet – dies geschieht über die Faszien. Hier einige Abbildungen der myofaszialen Ketten des Körpers.

Die oberflächliche rückwärtige Muskelkette, die die Muskeln der Fußwölbung bis zum Scheitel verbindet.


Die oberflächliche vordere Muskelkette.


Die oberflächliche hintere und vordere Muskelkette wirken entgegengesetzt.

Die seitliche Muskelkette.


Die spiralförmige Muskelkette erlaubt es, den Körper zu drehen oder im Gegenteil eine Rotation zu stabilisieren.


Die Muskelkette der Arme, die über die Schultern und den Rumpf eine Hand mit der anderen verbindet.


Die funktionelle Muskelkette, die es vor allem ermöglicht, dass die Muskelkette der Arme mit dem Becken verbunden wird, um die Bewegungen des Beckens oder der Beine beim Gehen oder Laufen auszugleichen. Diese erlaubt es auch, bei allen sportlichen Bewegungen eine hohe muskuläre Kraft zu erzeugen.


Die tief liegende Muskelkette, die eine wichtige posturale Rolle spielt und auch eine wichtige Funktion bei der Stabilisierung der Bewegungen (positiv oder negativ) hat.


Die Aufgabe der hier abgebileten Schemata ist es nicht, anatomische Tafeln zu ersetzen. Der kundige Leser wird auch bemerkt haben, dass bestimmte Muskeln unvollständig dargestellt sind, um einen besseren Blick auf das Ganze zu ermöglichen.

Bei allen unseren Bewegungen oder Haltungen treten mehrere dieser Ketten in Aktion, um den Körper zu stabilisieren, um Bewegungen zu erzeugen, abzubremsen oder zu neutralisieren. Dieser Blick auf das Ganze erlaubt es auch, besser zu verstehen, wie die Dysfunktion bestimmter Muskeln oder Gelenke Kompensationen und Probleme in anderen Teilen des Körpers mit sich bringt. Weil der Körper als globales System funktioniert, müssen auch die Bereiche Warm-up, Core-Stabilität und plyometrische Übungen global verstanden werden.


3 Das Nervensystem

Die Bewegungen des Alltags und noch viel stärker die Bewegungen im Sport erfordern in jedem Moment, den Körper im Gleichgewicht zu halten. Sonst würden wir als Zweifüßler stürzen.

Um im Gleichgewicht zu bleiben, nutzt unser Körper ein höchst perfektioniertes System: die Eigenwahrnehmung (Propriozeption). Es gibt zwei Formen von Propriozeption, eine unbewusste und eine bewusste.

Bei der bewussten Propriozeption spüren wir die Stellung unseres Körpers im Raum und die Position jedes Teils unserer Gliedmaßen im Verhältnis zueinander. Die unbewusste Form fasst die schnellen Adaptationsmechanismen zusammen, die bei der Kontrolle der Muskelanspannung, des aufrechten Standes und bei anderen posturalen Anpassungen ins Spiel kommen.

Um vollständig zu funktionieren, nutzen die propriozeptiven Mechanismen verschiedene Rezeptoren im ganzen Körper:

›innerhalb der Muskeln in den neuromuskulären Bündeln;

›in den Sehnen über die Vermittlung von Rezeptoren, genannt Golgischer Sehnenapparat;

›in den Gelenken durch die Gelenkrezeptoren;

›in der Haut dank der Hautrezeptoren;

ݟber die Ohren dank der Vestibularis-Rezeptoren;

›und schließlich über die Augen, dank aller visueller Informationen, die auch als visuelle Afferenzen bezeichnet werden.

Durch die Nutzung aller dieser Rezeptoren tritt unser Gehirn mit dem gesamten Körper in Verbindung. Dabei informiert es ihn über seine Stellung im Raum sowie über die Korrekturen, die erforderlich sind, um das Gleichgewicht zu halten und um die Unversehrtheit jedes Gelenkes zu wahren.

Das zentrale Nervensystem verteilt also die Informationen in jede Körperzone, um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Anhand dieser Informationen erhöht oder verringert jeder Teil des Körpers seine Spannung, um die Haltung zu korrigieren, während man diese einnimmt.

Dies stellt den einfachsten Fall dar. Wenn man beispielsweise auf einem Laufband läuft oder auf einem schaukelnden Schiff steht, muss unser Gehirn alle inneren und äußeren Informationen berücksichtigen, um unsere Positionen an die jeweilige Umgebung anzupassen. Daher hängt die Seekrankheit mit einer Fehlverarbeitung der von den Propriorezeptoren aufgenommenen Signale zusammen.

Bei der Sportausübung oder bei einem Sturz, nachdem man ausgerutscht ist, muss der Körper sehr schnell reagieren, um eine Verletzung zu verhindern. Ziel ist es daher, die verschiedenen Rezeptoren so zu trainieren, dass sie sehr schnell reagieren können, um die Gelenke im Interesse ihrer Unversehrtheit in einer anatomisch korrekten Stellung zu halten. Dies gilt besonders, weil Verletzungen gerne bei Ermüdung auftreten, sei es am Ende einer Sportsitzung oder nach einem Arbeitstag. Erschöpfung verlangsamt nämlich das Tempo des Austausches zwischen den Rezeptoren des Körpers und dem Gehirn. Diese nervliche Ermüdung, die in unserer Gesellschaft immer weiter zunimmt, müssen Sie bei der Zusammenstellung Ihres Trainings unbedingt berücksichtigen. Denn sie kann die Qualität Ihrer Bewegungen beim Warm-up oder bei Übungen zur Core-Stabilität beeinträchtigen oder das Tempo der Muskelkontraktionen bei Ihren plyometrischen Übungen verlangsamen.

 

Der Plyometrie sagt man nach, dass sie diese Geschwindigkeit der Kontraktion und der Kommunikation zwischen dem Gehirn und den verschiedenen Muskeln verbessert. Der Welt des Sports wird zugeschrieben, dass sie die Grenzen des menschlichen Körpers erweitert. Das ist aber nur dann möglich, wenn der Organismus völlig ausgeruht ist.

Viele Sportler und Trainer sind der Meinung, den Tag über zu sitzen, um im Büro zu arbeiten, Vorlesungen zu hören etc., habe keine Auswirkung auf das körperliche Potenzial. Konzentration, Sitzen oder Stehen während des ganzen Tages ermüden jedoch das Nervensystem und verursachen falsche motorische Schemata. Folglich müssen Sie die Intensität und die Dauer Ihrer Trainingseinheiten Ihren täglichen Aktivitäten anpassen: Davon hängen Ihre Fortschritte ab, und damit beugen Sie Verletzungen vor.


»Um im Gleichgewicht zu bleiben, nutzt unser Körper ein höchst perfektioniertes System, die Eigenwahrnehmung (Propriozeption).«