Maismehl & Wasser

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Maismehl & Wasser
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Carlton McCarthy

Maismehl & Wasser

Das Alltagsleben des konföderierten Soldaten im Amerikanischen Bürgerkrieg

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Gewidmet dem Andenken meines Bruders

Vorwort des Übersetzers

Kapitel 01: Eine Stimme aus den Reihen (Einführung)

Kapitel 02: Unnötiger Ballast

Kapitel 03: Das Ende der Romantik

Kapitel 04: Auf dem Marsch

Kapitel 05: Kochen und essen

Kapitel 06: Behagliches, Angenehmes und Tröstendes

Kapitel 07: Freuden und Schrecken des Schlachtfeldes

Kapitel 08: Improvisierte Infanterie

Kapitel 09: "Mutige Überlebende" auf dem Heimwege

Kapitel 10: Verwandelte Soldaten

Kapitel 11: Die Lagerfeuer der Jungs in Grau

Kapitel 12: Die konföderierte Kriegsflagge

Anhang

Anzahl der im konföderierten Heere dienenden Männer (und Prozentsatz des gesamten Heeres)

Konföderierte Tote durch Kampfhandlungen und Krankheiten

Impressum neobooks

Gewidmet dem Andenken meines Bruders


Edward Stevens McCarthy

Captain der 1st Company, Richmond Howitzers,

gefallen bei Cold Harbor

am 4. Juni 1864.

Er war ein konföderierter Soldat.

Vorwort des Übersetzers

"Mit dem Tode der letzten Männer, die in der Army of Northern Virginia dienten, wird zugleich auch die Erinnerung an all jene kleinen Dinge aussterben, die so charakteristisch für das Wesen des konföderierten Soldaten waren. Der Historiker, der von den 'bedeutsamen Ereignissen' schreibt, wird sich kaum mit Schilderungen aufhalten, wie der hungrige Soldat seinen Speck briet, seine Brötchen buk und seine Pfeife rauchte; wie ihn die Zwänge seiner Situation zu einem stets neuen Menschen formten, bis der Gentleman, der Student, der Kaufmann, der Handwerker und der Farmer gleichermaßen belastbare, unermüdliche und unüberwindliche Soldaten waren."

Carlton McCarthy


In den Jahrzehnten nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861 - 1865) findet das Bemühen der Nation, die vergangene Tragödie zu begreifen, vermehrt Niederschlag in der Literatur. Die Historiker betreiben Ursachenforschung anhand der bedeutenden Persönlichkeiten und großen Geschehnisse, während die Veteranen sicherstellen wollen, dass ihre eigene, individuelle Rolle nicht in Vergessenheit gerät. Beide diese Vorgehensweisen sind wichtig und richtig, doch zwischen dem kleinsten und dem größten Maßstab der Geschichtsschreibung existiert eine Fülle von Fakten und Informationen, welche dem Historiker zu unbedeutend und dem alten Soldaten aufgrund großer Vertrautheit zu banal erscheinen, um in ihren Schriften nennenswerten Platz auf sie zu verwenden und welche somit Gefahr laufen, mit dem Tode des letzten Kriegsteilnehmers in Vergessenheit zu geraten.

Carlton McCarthy, selbst ein Veteran der konföderierten Army of Northern Virginia, ist einer der ersten, die diese Gefahr erkennen. Er beschließt, mit seiner Studie des konföderierten Soldaten dem "durchschnittlichen Johnny Reb", lebend wie tot, eine Stimme zu verleihen, indem er strukturiert die verschiedenen Facetten des Soldatenlebens beleuchtet und den inneren wie äußeren Wandel der Männer im Felde vom romantisierten Kriegsbeginn bis zu dessen bitterem Ende (und darüber hinaus) darlegt.

McCarthy, Sohn einer Familie aus der Oberschicht Richmonds, ist bereits zu Beginn des Krieges glühender "Rebell", doch mit seinen 14 Jahren noch zu jung, um sich zum Heer zu melden. Unbeirrt schließt er sich informell der Army of Northern Virginia an und als er 1864 alt genug ist, sich als Artillerist bei der 2nd Company der Richmond Howitzers einzuschreiben, kann er bereits als "alter" Veteran gelten. Er hält seiner geliebten Armee die Treue und ist einer der knapp 28.000 Soldaten, die sich gemeinsam mit General Robert E. Lee am 09. April 1865 bei Appomattox Court House, Virginia ergeben.

"Maismehl & Wasser" ist ein bedeutender Beitrag zur Geschichtsschreibung des Amerikanischen Bürgerkriegs und ein Standardwerk zum Verständnis des "einfachen Soldaten".

Florian Dexheimer

Kapitel 01: Eine Stimme aus den Reihen (Einführung)

Die Allgemeinheit ist vertraut mit den Namen und Taten der "Generale", vom Oberbefehlshaber an der Spitze bis hinab zu den nahezu unzähligen Brigadekommandeuren, während die Eigenschaften und Gewohnheiten jener einfachen Männer, die in den Reihen der "mächtigen Heere" in den Jahren von 1861 bis 1865 kämpften, dem Vergessen anheimzufallen drohen.

Mit dem Fortschreiten der Jahre sprechen die Historiker in ihrer Angewohnheit, das Komplexe auf das Einfache zu reduzieren, von den Männern nur noch in Form von "Brigaden", "Divisionen" und "Corps". Wir wollen hier jedoch das Individuum aus der Masse der riesigen Heere herauspicken und Leben und Dienst des Einzelnen beleuchten.

Der weltweite Ruhm von Lee und Jackson, der von Jahr zu Jahr nur noch heller erstrahlt, ist in seinem Wesen nichts anderes als die personifizierte und konkretisierte Bewunderung des konföderierten Soldaten, welche dieser einer teils unwilligen Weltöffentlichkeit durch seinen unübertroffenen Mut, seine Leidensfähigkeit und seine Treue abgerungen hat. Der Ruhm der Generale ist ein ewigwährendes Denkmal jener großen Taten, die der namenlose Soldat unter dem Opfer seines Schweißes und Blutes in glorreichen Siegen vollbrachte.

Es kann als ein Naturgesetz gelten, dass die Schwachen von den Starken beherrscht werden, doch heißt dies natürlich nicht, dass sich die Starken auch im Recht befinden. Wenn die Schwachen Unrecht erleiden, ihrer Lage überdrüssig werden und schließlich Widerstand leisten, werden sie hierdurch zu den Verteidigern von Recht und Gerechtigkeit. Wenn die mächtigen Nationen dieser Erde die schwächeren unterdrücken, so stählen sie hierdurch nur die Arme und befeuern die Herzen von Gottes Werkzeugen für die Wiederherstellung der Gerechtigkeit. Wenn ein Teil eines Landes einen anderen Teil unterdrückt und demütigt, so ist das Resultat jene ewige Geißel der Menschheit: Krieg! Dieser muss nun die Gesundheit der Nation wiederherstellen oder ihren blutigen Leichnam zurücklassen.

Die Prinzipien, für die der konföderierte Soldat kämpfte und in deren Namen er starb, sind noch heute Grundpfeiler dieses Landes. Solange ihre allgemeine Gültigkeit nicht erwiesen war, befand sich das Land in Unruhe und am Rande des Abgrundes.

Es fruchtet nicht, eine Erklärung für Taten zu fordern, deren Beweggründe über der Vernunft stehen. Das Herz ist stärker als der Verstand. Kein Mensch ist imstande, den Grund exakt zu definieren, warum der konföderierte Soldat zur Waffe griff. Dieser Grund steht über der menschlichen Vernunft und über den menschlichen Gesetzen. Der konföderierte Soldat kann sich der Redlichkeit seiner Absichten sicher sein und dafür, dass er eine eigene Nation schaffen wollte, der er seine Ehre verschrieb und für die er all seinen Besitz und gar sein Leben zu geben bereit war, wird er sich dereinst nur vor Gott allein zu rechtfertigen haben.

Mit seinem einfachen und ehrlichen Herzen vernachlässigte der konföderierte Soldat seine eigenen Interessen und Rechte, bis das andauernde Unrecht und die fortgesetzten Kränkungen ihn zu einer mächtigen Anstrengung nötigten, das ihm auferlegte Joch abzuschütteln. Er wagte es nicht, sich dem Ruf zu den Waffen zu verschließen, so groß war die Not und so klar seine Pflicht. Seine Brüder und Freunde folgten dem Signal der Trompete und dem Schlage der Trommel. Zurückzubleiben hätte Unehre und Schande bedeutet!

Der konföderierte Soldat konnte sich nicht dem Diktat der Tyrannei beugen, doch Widerstand bedeutete den Tod. Er widersetzte sich also und musste um sein Leben kämpfen. Auch reizte ihn eine romantische Vorstellung vom Kriege und so entwand er sich der Umarmung seiner Mutter und eilte in die Arme des Todes. Seine Spielgefährten, seine Freunde und seine Bekannten standen bereits im Felde. Er war einsam und suchte die Wiedervereinigung mit den Gefährten im Heerlager. Er wollte die Dogmen von Fanatikern nicht als Gesetz akzeptieren, also wurde er zum "Rebellen". Als "Rebell" musste er bestraft werden und die Strafe provozierte Widerstand. Sich widersetzend starb er schließlich.

 

Der konföderierte Soldat widersetzte sich einem weit überlegenen Gegner. In der "Siebentageschlacht" vor Richmond trieb er mit 80.000 Kameraden 115.000 Feinde zurück zum James River. Im Jahre 1862 schlugen bei Fredericksburg 78.000 Konföderierte 110.000 Unionssoldaten in die Flucht. Im Jahre 1863 besiegten bei Chancellorsville 57.000 Mann unter Lee und Jackson ein Heer von 132.000 Soldaten – eine mehr als zweifache Übermacht – und hätte Jackson nicht der Tod ereilt, wäre der Feind wohl vernichtet worden. Bei Gettysburg stürmten 62.000 Konföderierte gegen die von 112.000 Mann besetzten Höhen an. Im Jahre 1864 trafen in der Wilderness 63.000 von uns auf 141.000 Feinde und leisteten erfolgreich Widerstand. Im April des Jahres 1865 ergaben sich bei Appomattox 8.000 konföderierte Soldaten den von General Grant befehligten Heerscharen. Am Ende des Krieges entließ die Regierung der Vereinigten Staaten 1.000.000 Soldaten aus ihren Diensten. Im Verlaufe des Krieges hatten insgesamt 2.600.000 Männer im Unionsheer gedient. Hätte der konföderierte Soldat nur gegen diese Übermacht an Soldaten zu kämpfen gehabt, so hätte er jeden einzelnen der Invasoren vom Boden Virginias vertrieben.

Aber der konföderierte Soldat hatte zusätzlich noch gegen die überlegenen Transportkapazitäten seines Widersachers im Norden zu kämpfen, die es diesem gestatteten, über sein Schienennetz effektiv Truppen zu konzentrieren und Nachschub zu befördern. Diese enormen Kapazitäten unterstanden der direkten Kontrolle der Regierung und wurden gestützt vom Schatzamt, das wahre Unmengen von Geld herausgab, wobei ein Unionsdollar so viel wert war wie 60 konföderierte Dollars.

Auch sollte man bedenken, dass der Süden für Nachschub auf sein eigenes Territorium und für Soldaten auf seine eigene Bevölkerung angewiesen war, während der Norden für den Import von Gütern und Kämpfern auf alle Länder dieser Erde bauen konnte.

Waffen und Munition des Nordens waren von guter Qualität und reichlich vorhanden, ja tatsächlich waren sie so gut und reichlich, dass sich auch der Süden gerne mit ihnen "beliefern ließ". Die konföderierten Offiziere bevorzugten stets das Beutematerial. Die gesamte Ausrüstung der Unionsarmeen war nahezu perfekt. Es standen schier unbegrenzte Kapazitäten zu ihrer Herstellung zur Verfügung und kein finanzielles Opfer galt als zu groß, wenn dadurch nur das Land (die Union!) gerettet werden konnte. Die Schlote der Fabriken und Gießereien spien Rauch am Tage und Feuer in der Nacht. Die neuesten technischen Errungenschaften wurden eilig an die Front geschafft und bei den Heeren beider Seiten nahezu zeitgleich eingeführt, denn der Norden hatte das neueste Wunder der Technik kaum eingekauft, als der Süden es auch schon auf den Schlachtfeldern eroberte und selbst zum Einsatz brachte.

Überall in Virginia hatten die Invasoren Versorgungsgüter angehäuft. Sie hatten weit mehr als sie bewachen konnten und so war ihr Verlust der Gewinn der hungernden Verteidiger ihrer Heimat.

Der konföderierte Soldat hatte mit allerlei Übeln zu kämpfen, welche der Mangel an Chloroform und Morphium mit sich brachte. Die Konföderation war durch die Seeblockade von diesen Betäubungsmitteln abgeschnitten. Wer jemals eine Amputation ohne die Linderung durch Chloroform erdulden musste oder sich in Schmerzen einen Tag und eine Nacht lang schlaflos auf einem Krankenbett gewunden hat, weil kein Morphium für ihn verfügbar war, der mag wohl eine Vorstellung davon haben, welchen enormen Vorteil der nahezu unbegrenzte Vorrat dieser Mittel für die Unionsärzte darstellte.

Der konföderierte Soldat hatte auch gegen Prämien und regelmäßig ausgezahlten Sold zu kämpfen sowie gegen kämpferische Lieder wie "Stars and Stripes", "The Star-Spangled Banner", "Hail Columbia", "Tramp, Tramp, Tramp", "John Brown's Body", "Rally round the Flag" und all den Furor und Fanatismus, den ein kreatives Hirn ersinnen konnte. Diesem musikalischen Arsenal hatten wir die bescheidenen und gemütlichen Klänge von "Dixie" und das sanftmütige "Maryland, my Maryland" entgegenzusetzen. Der konföderierte Soldat hatte gegen stabile Wagen, wohlgenährte Pferde und Tonnen von militärischen Bedarfsgütern zu kämpfen sowie gegen kilometerlange Wagenzüge mit hervorragend gearbeiteten Pontonbrücken, Kanonenboote aus Holz und Eisen und mächtige Kriegsschiffe. Illustrierte Zeitschriften erfreuten die "Jungs in Blau" mit Zeichnungen all der glorreichen Taten, die sie nicht vollbracht hatten. Wagenladungen von Bibeln und Millionen von Traktaten wurden ihnen nachgekarrt – erstere sollten sie auf den Tod vorbereiten, letztere sollten sie davon überzeugen, dass es ihre Pflicht sei, zu sterben.

Der konföderierte Soldat hatte gegen die "Sanitätskommission" zu kämpfen, deren Mitglieder, ausgerüstet mit allen erdenklichen Hilfsmitteln, die Verwundeten und Kranken der Unionsarmeen unverzüglich in komfortable Unterkünfte brachten, ihnen dort die blutige Kleidung abnahmen, die Leidenden in ein sauberes, trockenes Bett legten, sie in gereinigte Kleider hüllten und ihnen die beste Nahrung einflößten, welche man mit Geld kaufen konnte.

Er hatte gegen die solide erbauten, bestens ausgestatteten Lazarette zu kämpfen, mit all den unzähligen Ärzten, Assistenzärzten und Krankenpflegern und den besten chirurgischen Instrumenten, die der medizinischen Fachwelt bekannt waren. Er hatte gegen den Außenhandel der Vereinigten Staaten und alle Kriegsgüter, welche Europa bereitstellen konnte, zu kämpfen, während seine eigenen Häfen der gesamten Welt verschlossen blieben. Er hatte gegen die ausgebildeten Offiziere und Berufssoldaten des Heeres der Vereinigten Staaten zu kämpfen sowie gegen Heerscharen prächtiger einheimischer Kriegsfreiwilliger und zudem noch Schwärme der Verstoßenen dieser Erde – Portugiesen, Spanier, Italiener, Deutsche, Iren, Schotten, Engländer, Franzosen, Chinesen, Japaner – Weiße, Schwarze, Gelbe und Braune. Der konföderierte Soldat tötete und starb ebenso wie der Söldner dieser eingekauften Horde, der sein Leben für Geld hingab, von niemandem betrauert oder vermisst wurde, der im Heere seines neuen Landes besser genährt und eingekleidet, glücklicher und zufriedener war als jemals in seiner alten Heimat und dessen Grab an den entlegensten Stellen des Landes liegt, wo keine liebende Seele es jemals besucht. Wenn einer dieser Söldner fiel, so wurden zwei neue bezahlt, um die Lücke zu füllen. Der konföderierte Soldat tötete den Söldner ohne Skrupel und dessen Kameraden begruben ihn, ohne eine Träne zu vergießen.

Der konföderierte Soldat hatte gegen die Hilfeschreie aus der Heimat zu kämpfen, welche Geschichten von Verzweiflung, Armut, Erniedrigung und Plünderung an sein Ohr trugen. Er hatte gegen Widersacher zu kämpfen, die wussten, dass ihre Häuser (sofern sie welche besaßen), Frauen, Kinder, Eltern und Schwestern in Sicherheit waren und dass ihre Wirtschaft im Kriege aufblühte. Sie konnten noch Sichtwechsel ziehen und sich auf die Zahlung verlassen. Ihre Tischchen im Heerlager waren ebenso sorgfältig und prächtig gefertigt wie die Tische der besten New Yorker Hotels. Der konföderierte Soldat hatte gegen eine Regierung zu kämpfen, welche die Genialität seiner eigenen Vorfahren erschaffen hatte, deren Stärke auf jenen Prinzipien fußte, die seine eigenen Vorfahren formuliert hatten und die nun ihre unionstreuen Soldaten überzeugte, sie seien die Bewahrer jener verfassungsmäßigen Freiheiten, welche sie doch durch ihre Invasion unterdrückten und zerstörten.

Wenn man diese Tatsachen bedenkt, so erscheint die relative Stärke der beiden Heere nur von untergeordneter Bedeutung. Das zahlenmäßige Ungleichgewicht alleine hätte niemals herbeiführen können, was die Gesamtheit dieser Faktoren schließlich erzwang: die Kapitulation der Army of Northern Virginia.

Der konföderierte Soldat war von reinem Patriotismus motiviert. Er sah die ihm bevorstehenden Schwernisse voraus und stellte sich ihnen bereitwillig aus freiem Willen. Er war ein Individuum, das nicht als Bestandteil in der Masse aufging, sondern stets für seine eigenen Ziele und auf seine eigene Weise kämpfte. Er war ein selbstloser Held, aber er beanspruchte weder diesen Titel noch irgendeine Ehrbezeugung, denn er glaubte, nichts weiter als seine Pflicht gegenüber sich selbst, seinem Lande und Gott zu tun. Er kämpfte für ein Prinzip und musste weder überzeugt noch angetrieben werden, denn er war entschlossen und begierig, zu kämpfen. Er war kein politisch motivierter Mensch, sondern ein von feurigen Leidenschaften beseelter Mensch, der, ungeachtet der Risiken und Nöte des Krieges, für seine Menschenrechte focht.

Der konföderierte Soldat war für vier Jahre von einer einzigen Idee besessen. Diese Idee war die Unabhängigkeit der konföderierten Staaten von Amerika, welche nur durch Waffengewalt zu erlangen war.

Der konföderierte Soldat war ein ehrenwerter alter Herr, ein Heranwachsender, ein Kind, ein Prediger, ein Farmer, Kaufmann, Student, Politiker, Redner, Vater, Bruder, Ehemann, Sohn – das Staunen der Welt, der Schrecken seiner Feinde!

Wenn der Friede in diesem Lande nur gewahrt werden kann, indem man die Taten des konföderierten Soldaten und seine Verdienste um den Süden in Vergessenheit geraten lässt, so ist dieser Friede zu teuer erkauft. Wir haben geschworen, diesem Soldaten dankbar zu sein. Während er, das Haupt auf den Schoß seiner Mutter Virginia gebettet, im Sterben lag, vernahm er unseren Schwur, seinen Namen zu ehren.

Wenn wir nun also jenen blutigen Graben, den der Krieg aufriss, hastig auffüllen, so sollten wir Vorsicht walten lassen, dabei nicht all die noblen Taten, die zärtlichen Erinnerungen, die leuchtenden Vorbilder und die tränenreichen Versprechen zu verschütten.

Der folgende Brief, den ein ergrauter Vater seinem einzigen, dem Knabenalter noch nicht entwachsenen Sohne schrieb, welcher sich freiwillig zur Infanterie gemeldet hatte und bereits im Felde stand, ist ein angemessener Beschluss dieses Kapitels. Dieser Brief zeigt auf beeindruckende Weise, welche Unterstützung der konföderierte Soldat aus der Heimat erfuhr:

"Mein geliebter Sohn,

es mag dir seltsam erschienen sein, dass ein bekennender christlicher Vater seinen christlichen Sohn so bereitwillig als Kriegsfreiwilligen zu den Soldaten gehen ließ. Mein Beweggrund war, dass ich diesen Krieg als einen Verteidigungskrieg erachte. Nicht nur schlug die Konföderation der Südstaaten vor, die bestehenden Differenzen friedlich und gerecht auf dem Verhandlungswege beizulegen, sondern Virginia unternahm ebenfalls wiederholt die größten und aufrichtigsten Anstrengungen, den Griff zum Schwerte abzuwenden. Nachdem diese Offerten hochmütig ausgeschlagen wurden und unserem geliebten Süden nun Invasion und Unterwerfung drohen, scheint es mir, als bliebe uns nur noch die Wahl zwischen entschlossenem Widerstande oder schändlicher Kapitulation vor verfassungswidriger Tyrannei. Ein tapferes und edelmütiges Volk kann bei derartigen Alternativen unmöglich auch nur den geringsten Moment zögern. Das Resultat ist dieser Krieg zum Schutze von Heim und Herd, von unseren Frauen und Kindern und allem, was das Leben lebenswert macht. Wenn ich auch die Notwendigkeit dieses Opfers zutiefst bedauere, so bin ich doch glücklich, der Sache meines Landes mit einem Sohn dienen zu können und hätte ich ein dutzend, ich ließe sie alle ziehen. Während du nun zuversichtlich die Härten des Lebens in einem Heerlager erträgst, wirst du, dessen bin ich mir gewiss, die Ratschläge eines Vaters nicht verschmähen, der dir dein neues Leben erleichtern möchte.

1.) Sei sorgsam auf deine Gesundheit bedacht. Es sterben mehr Soldaten im Krankenbett als in der Schlacht. Meine Ratschläge, welche ich dir diesbezüglich zu geben vermag, lauten folgendermaßen: Wenn du an einem heißen Tage der Sonne ausgesetzt bist, lege ein dünnes, feuchtes Schwämmchen unter deine Mütze; in regnerischem Wetter trage dichte Schuhe und einen wasserabweisenden Übermantel; wenn du erhitzt bist, so trinke kaltes Wasser so langsam, als sei es heißer Tee; kaue dein Essen gründlich; meide feuchte Zelte und feuchte Schlafplätze und zuletzt reinige deinen Körper regelmäßig. Solltest du irgendetwas benötigen, das ich dir beschaffen kann, so gib Nachricht. Ich werde tun, was in meiner Macht steht, um dir Annehmlichkeiten zukommen zu lassen. Allerdings musst du als guter Soldat auch lernen, Härten zu ertragen. Da du in deinem bisherigen Leben stets in einem weichen Bette geschlafen hast und keinen Mangel an gutem Essen kanntest, wird dir das Lagerleben zweifelsohne einige Schwierigkeiten bereiten, aber sorge dich nicht zu sehr. Ich bin zuversichtlich, dass der Krieg schon bald vorüber sein wird und dann wird die Erinnerung an das Erduldete dir die Freuden des Friedens noch weiter versüßen.

 

2.) Kriegsführung erfordert prompten und unbedingten Gehorsam. Gelegentlich magst du einen Befehl als willkürlich und einen Offizier als hochmütig erachten, aber du musst trotzdem gehorchen. Eine undisziplinierte Armee ist der Fluch ihrer Freunde und der Spott ihrer Feinde. Tue deswegen alles in deiner Macht Stehende, um rechtmäßiger Autorität und strikter Ordnung zu dem ihnen gebührenden Respekt zu verhelfen. Gib deinen Vorgesetzten die Gewissheit, dass jegliche Aufgabe, die sie dir übertragen mögen, pflichtgetreu ausgeführt werden wird. Ein Heer aus derartigen Soldaten, das zudem von tüchtigen und tapferen Befehlshabern angeführt wird, kann mit Gottes Hilfe niemals besiegt werden. Es dient überdies einer heiligen Sache und muss letztlich triumphieren.

3.) Sei bestrebt, dir deine christliche Gesinnung unter deinen Kameraden zu bewahren. Ich muss dich nicht vor den Gefahren starker alkoholischer Getränke und dem unter Soldaten so verbreiteten Fluchen warnen, da ich weiß, dass du beide dieser Laster bereits verabscheust. Sei stets entschlossen, der Sache des Herrn zu dienen. Falls möglich, so bete regelmäßig in deinem Zelt oder treffe dich mit anderen Gläubigen zu gemeinschaftlichen Gebeten im Lager. Sollte ein Feldgeistlicher Predigten abhalten, so wohne diesen bei, sooft es dir möglich ist. Lasse die Welt wissen, dass du ein Christ bist. Lies nach Möglichkeit jeden Morgen und jeden Abend je einen Abschnitt aus dem Neuen Testament, das deine Mutter dir mitgegeben hat und bitte Gott im stillen Gebet, dass sein Heiliger Geist dich leiten und erhalten möge. Ich würde lieber Nachricht von deinem Tode erhalten als davon, dass du vom menschlichen Anstande und dem rechten Glauben abgefallen bist.

4.) Da du regelmäßigen Umgang mit Männern verschiedensten Charakters haben wirst, sei in besonderem Maße darauf bedacht, nur mit jenen Freundschaft zu schließen, die du als einen positiven Einfluss auf deinen Charakter empfindest. Manche Männer lieben es, ausschweifende Geschichten zu erzählen, sich mit vulgärem Humor zu unterhalten, betont prahlerisch umherzustolzieren, sich ihrer schlechten Manieren zu brüsten, angeberische Reden über ihren Heldenmut zu führen oder Rachegelüste gegen den Feind zu offenbaren. All dies ist einem jungen und beeinflussbaren Geiste abträglich. Solltest du Gefallen an derlei Dingen finden, so wirst du unbewusst beginnen, sie nachzuahmen und somit allmählich aber unausweichlich deinen Charakter zugrunde richten. Andere Männer sind gesittet, ohne affektiert zu sein. Sie können sich gelegentlichen Zerstreuungen hingeben, ohne den Anstand zu verletzen. Sie können ihrer Regierung treu ergeben sein, ohne persönlichen Hass wider deren Feinde zu empfinden. Sie können gelassen und tapfer in der Schlacht sein, ohne in Abwesenheit der Gefahr mit ihrem Mute zu prahlen. Doch vor allen Dingen können sie bescheiden, gläubig und aktive Christen sein und zugleich an den mitreißenden und gefahrvollen Aspekten des Soldatenlebens teilhaben. Erwähle diese Männer zu deinen Gefährten und Vorbildern, so wirst du mit unbeflecktem Namen aus dem Felde heimkehren.

5.) Sollte es dir bestimmt sein, dem Feinde im Gefecht gegenüberzutreten, so stähle dein Herz mit stillen Stoßgebeten an den allgegenwärtigen, gnädigen Herrn, dass er dich vor einem gewaltsamen Tode bewahren möge oder, so du denn fallen solltest, deine aufsteigende Seele, gereinigt in dem Blute Jesu, in sein himmlisches Königreich aufnehmen möge. Es ist besser, dem himmlischen Herrn zu vertrauen als irdischen Fürsten. Überantworte also dein ewigliches Wohlergehen dem allmächtigen Erlöser. Niemals, auch nicht in der Stunde tödlichen Ringens, solltest du persönlichen Hass wider deinen Feind empfinden, ebenso wenig wie der Hüter des Gesetzes das Opfer des Gesetzes hassen sollte. Wie häufig kümmert sich eine siegreiche Armee liebevoll um die Toten und Verwundeten des geschlagenen Gegners. Der Krieg ist eine furchtbare Plage, mit welcher die Vorsehung gelegentlich hochmütige und lasterhafte Nationen Demut lehrt. Beide Seiten müssen leiden, wenn auch eine von ihnen letztlich obsiegen mag. Es gibt keinen Grund, das immanente Übel des Krieges durch die abscheuliche Sünde des persönlichen Hasses noch zu vergrößern. In den Reihen des Feindes stehen tausende einfacher Männer, welche die Prinzipien, für die wir streiten, nicht begreifen können. Sie werden von geschickten Aufwieglern zum Hass gegen jene verführt, die sie lieben würden, wenn sie nur die Wahrheit wüssten. Solchen Männern musst du möglicherweise gegenübertreten und es verstößt nicht gegen die Gesetze des Krieges, wenn du Mitleid mit ihnen empfindest, selbst während du sie vernichtest. Es ist umso wichtiger, dass wir in diesem unglückseligen Ringen nicht unsere Selbstbeherrschung verlieren, da viele bekennende Christen und Prediger der Heiligen Schrift im Norden mit jedem ihrer Gebete und in jedem ihrer Gottesdienste mordlüsterne Drohungen wider uns ausstoßen. Oh, wie schmerzt mich der bloße Gedanke, dass ein in Ehren ergrauter Geistlicher öffentlich verkündet: 'Ich würde sie ebenso bereitwillig aufhängen wie ich einen tollwütigen Hund erschieße!'

6.) Die Vorsehung hat dich in die Mitte von gedankenlosen und unerleuchteten Männern gestellt. Wie wunderbar wäre es, wenn du einige von ihnen für den Erlöser gewinnen könntest. Magst du es nicht versuchen? Du wirst zahlreiche Gelegenheiten haben, ein christliches Wort zu sprechen. Du kannst die Kranken trösten, die Zweifelnden bestärken, die Abgefallenen zurückgewinnen, die Erschöpften und Beladenen an Jesus für Seelenfrieden verweisen. Es ist von einem jungen Manne nicht vermessen, seinen Soldatenbrüdern gütig und bescheiden den christlichen Glauben näherzubringen. Selbst die Verschlossensten von ihnen werden ein freundliches, im Stillen vorgetragenes Ansinnen nicht zurückweisen. Viele weitere werden zweifellos glücklich sein, von der frohen Kunde zu erfahren. Sie wollen von Jesus lernen, aber sie scheuen sich, seinen Anhängern Fragen zu stellen. Ungewöhnlich viele gläubige Männer sind dem Heere beigetreten und ich bin mir sicher, dass sie das Wesen des Soldatenlebens verändern werden. Mögen sie sich gegenseitig finden und eine Bruderschaft der Gläubigen gründen. Religiöse Ansichten und brüderliche Ratschläge auszutauschen, wird für alle Beteiligten erbaulich sein. 'Wer reichlich tränkt, der wird auch getränkt werden.'

Da dem Soldaten nur wenige Mußestunden vergönnt sind, werde ich deine Zeit nun nicht länger beanspruchen. Sei versichert, dass wir dich jeden Morgen und jeden Abend am Familienaltar unserem himmlischen Vater empfehlen. Wir beten für einen 'raschen, gerechten und ehrenhaften Frieden' sowie die sichere Heimkehr aller Kriegsfreiwilligen zu ihren Lieben. All die Kinder sprechen häufig vom 'Bruder' und lauschen gebannt, wenn ich deine Briefe vorlese. Möge Gott, der Allmächtige dein Schild und dein Lohn nach dem irdischen Leben sein, dies ist das unablässige Gebet deines dich liebenden Vaters."

[Anm. d. Übers.: Der virginische Geistliche Robert Ryland schrieb diesen Brief am 17.06.1861 an seinen 18jährigen Sohn Norvell Ryland, Soldat in der Milizkompanie "Greene Rough and Readies" (später Kompanie D, 4th Virginia Heavy Artillery). Norvell war nicht, wie McCarthy irrigerweise schreibt, Robert Rylands einziger Sohn. William Semple Ryland diente ab 1863 als Feldgeistlicher in der 13th Virginia Infantry. Beide Söhne überlebten den Krieg.]