Seewölfe Paket 30

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Impressum

© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-104-3

Internet:

www.vpm.de

 und E-Mail:

info@vpm.de






Inhalt







Nr. 581







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 582







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Nr. 583







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 584







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 585







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Nr. 586







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 587







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Nr. 588







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Nr. 589







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Nr. 590







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 591







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 592







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Kapitel 10







Nr. 593







Kapitel 1







Kapitel 2



 





Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Nr. 594







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Nr. 595







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Nr. 596







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Kapitel 9







Kapitel 10







Nr. 597







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Nr. 598







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 599







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8







Nr. 600







Kapitel 1







Kapitel 2







Kapitel 3







Kapitel 4







Kapitel 5







Kapitel 6







Kapitel 7







Kapitel 8
















1.





Unwillkürlich hob Porfirio Nócciolo die Hände und wich zurück.



Signora Breganza holte aus und schlug voller Zorn zu. Es krachte. Die Gurke hatte die blankgescheuerte Tischplatte getroffen. Der Fisch, um den es ging, hüpfte hoch, als sei ihm das Leben neu eingehaucht worden. Mit einem schlaffen Klatschen fiel er zurück.



„Und das?“ ließ sich die große Signora dröhnend vernehmen. Anklagend hielt sie die unversehrte Gurke in die Höhe.



Porfirio Nócciolo barg den Kopf unter den Armen, weil er befürchtete, der zweite Hieb werde ihn treffen. Weiter zurückweichen konnte er nicht, denn hinter ihm stand der zweirädrige, noch halb beladene Handkarren, mit dem er seine Waren zum Markt zu bringen pflegte.



Eine harte Faust riß ihm die Arme herunter.



„Sehen Sie her, Sie Gauner! Sehen Sie sich das an!“



Der Fisch- und Gemüsehändler wagte es, den Kopf ein Stück zu heben. Und am liebsten wäre er im nächsten Moment im Erdboden versunken.



Das zürnende Drachengesicht war nahe vor ihm. Noch näher die beiden Riesenfäuste, die nicht ausschließlich bei der Küchenarbeit zuzupacken verstanden.



Diese beiden Fäuste bogen die Gurke, daß sie ein auf den Kopf gestelltes U bildete.



„Nun?“ donnerte die Baßstimme auf den Händler nieder. „Sicher werden Sie mir jetzt erzählen, daß dieses sonderbar biegsame Etwas erst heute morgen vor Sonnenaufgang von einem fleißigen Bäuerlein geerntet wurde. Und völlig selbstverständlich erwarten Sie, daß ich Ihnen diesen Humbug glaube.“ Sie ließ die Gurke fallen.



Das schon etwas schrumpelige Stück Gemüse hüpfte wie ein geräucherter Aal und blieb neben dem etwa gleich alten Seeteufel liegen.



Die schnurrbärtige Signora packte den Händler am Kragen und zog ihn zu sich heran.



„Damit Sie es nur wissen, Sie kleiner Betrüger“, sagte sie leise und drohend. „Ich bin kein dummes Ding, das gerade die ersten Ehe- und Hausfrauentage hinter sich hat. Mit mir können Sie so etwas nicht tun. Mit mir nicht!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf, daß Porfirio Nócciolo glaubte, der Boden unter seinem Verkaufsstand bebe. „Ich hole jetzt meinen Mann. Er wird Ihnen sagen, mit welchen Konsequenzen Sie zu rechnen haben.“



Sie stieß den fülligen kleinen Händler von sich, so daß er mit dem Rücken gegen die Ladeklappe des Karrens prallte. Mit energischem Griff nahm sie die Gurke und den kantenköpfigen Seeteufel an sich, wandte sich ruckartig um und stapfte los.



Der Händler schüttelte sich, richtete sich auf und schrie: „Signora Breganza! Was Sie da mitnehmen, haben Sie noch nicht bezahlt!“



Die mächtige Frau blieb in zehn Schritten Entfernung stehen, als sei sie gegen eine Wand gelaufen. Mit ungläubigem Gesichtsausdruck drehte sie sich um.



„Seit wann werden Beweismittel bezahlt?“ brüllte sie im nächsten Moment. „Sie kriegen die seltenen Stücke wieder, Nócciolo, darauf können Sie sich verlassen! Und Sie werden noch Ihre helle Freude daran haben – wenn Sie damit vor Gericht antanzen dürfen!“ Nach einer abermaligen Kehrtwendung marschierte sie endgültig davon, durch die Gasse, die die grinsenden Schaulustigen eilfertig bildeten.



Porfirio Nócciolos Mund stand noch immer offen, als der Drachen schon außer Sichtweite war. Dem grauhaarigen kleinen Mann fehlten die Worte. Zugleich spürte er Unbehagen in sich heraufkriechen. Wo, zum Teufel, steckte Gigliola? Suchend sah er sich um. Seine Tochter wußte fast immer Rat in den schwierigen Situationen, in die er sich selbst brachte.



„Jetzt braucht er mich“, sagte Gigliola Nócciolo lächelnd. Sie lehnte an einem Stapel leerer Kisten, hinter dem ihr Vater sie nicht sehen konnte. „Jetzt weiß er nämlich nicht mehr weiter. Und trotzdem versucht er immer wieder, einen Dummen zu finden, dem er seinen alten Kram andreht. Dabei müßte er langsam begriffen haben, daß er sich unnötigen Verdruß bereitet.“



„Aber irgendwie muß der arme Kerl doch seine Unkosten decken“, sagte der schwarzhaarige Seefahrer, der bei der jungen Frau einen rosig-zarten Pfirsich gekauft und ein Gespräch mit ihr begonnen hatte. Erst waren es die Blicke der hübschen Signorina gewesen, die ihn davon abgehalten haben, herzhaft in die Frucht zu beißen, und dann der Auftritt des zürnenden Riesenweibs.



Gigliola lachte. Ihr gefiel dieser kräftig gebaute Fremde, der mit seinen schwarzen Haaren, seinen dunklen Augen und dem braunen Teint aussah wie ein Landsmann. Sein Italienisch war nicht gerade perfekt, aber man konnte sich gut mit ihm unterhalten.



Ein Engländer. Einer von diesen Männern, denen man nachsagte, sie seien die rauhesten und verwegensten auf den Weltmeeren. Es bereitete Vergnügen, sich mit ihm zu unterhalten. Denn er wußte eine Menge mehr als die jungen Burschen, die über Cagliari und die Umgebung nie hinausgelangt waren.



„Sicher“, sagte sie. „Er glaubt, es gäbe nur diese eine Methode, die ihm schon in jungen Jahren von seinem Vater eingebleut worden ist. Nur wenn der Warenbestand restlos geräumt ist, erzielst du einen Gewinn. Natürlich mußt du ein bißchen darauf achten, daß die Kunden zufrieden sind vor allem gilt das für Stammkunden. Aber in den seltensten Fällen werden sie merken, daß ein Fisch vor dreißig Stunden und nicht erst vor sechs gefangen wurde.“



„Im Fall der gewaltigen Signora“, sagte der schwarzhaarige Seefahrer lachend, „dürfte es sich um achtundsiebzig Stunden gehandelt haben.“



Gigliola hielt die flache Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten.



„Er kann es einfach nicht lassen“, sagte sie. „Diesmal hat er wirklich maßlos übertrieben. Und er könnte es so einfach haben. Cagliari ist nämlich ein guter Platz für das Marktgeschäft. Aber Papa liegt mit seinen Verkaufspreisen zu niedrig, dabei könnte er den Verlust durch verdorbene Ware leicht ausgleichen, indem er sich dem Preisniveau der anderen angleicht.“



Blacky zog anerkennend die Mundwinkel nach unten. „Das hört sich fachmännisch an.“



„Ist es auch“, antwortete die hübsche junge Sardin und lächelte stolz. „Papa hat mich in ein Handelshaus geschickt, damit ich dort das Kaufmännische von Grund auf lerne. Es hat mir nicht geschadet. Ich könnte das Geschäft von heute auf morgen übernehmen. Und weil Papa keinen Sohn hat …“



„… hofft er auf einen brauchbaren Schwiegersohn?“



Gigliolas Lächeln wurde spitzbübisch. „So ist es, Marinero. Und ich tue alles, um ihn in der Hoffnung nicht zu enttäuschen. Das bedeutet, ich bin sehr wählerisch.“



„Ich heiße Blacky.“



„Ist das ein Name?“



„Eher ein Spitzname.“ Er tippte mit den Fingerkuppen auf sein Haar. „Die Leute bei denen ich als Rustabout gefahren bin, hatten keine Mühe, sich den auszudenken.“

 



„Was ist das – ein Rustabout?“



„Das jüngste Crewmitglied.“



„Und wie heißt du wirklich?“



„Keine Ahnung.“ Blacky zog die Schultern hoch und grinste verlegen. „Es ist wie mit dem alten Lied: ‚I’m nobody’s child‘ – ‚Ich bin niemandes Kind‘. Ich weiß nicht, woher und von wem ich stamme; ich war einfach irgendwann da.“



„Ein Findelkind also?“ In Gigliolas Miene zeigte sich das Mitgefühl einer Frau, die ihre Mutterinstinkte nicht verbergen konnte.



„Ich nehme es an“, brummte Blacky.



„Ach, kümmere dich nicht darum“, sagte Gigliola. „Namen sind Schall und Rauch. Und was meine und meines Vaters Hoffnung betrifft, spielen sie sowieso keine Rolle.“



Blacky zog überrascht die Brauen hoch. „Ist man hierzulande schon verlobt, wenn man ein Mädchen anspricht? Eins, dessen Namen man noch nicht einmal kennt?“



„Gigliola!“ ertönte eine laute Stimme, die einen Hauch Verzweiflung verriet. „Gigliola, wo steckst du denn?“



Blacky und die junge Sardin lächelten.



„Siehst du“, sagte sie, „so erspart man sich überflüssige Worte.“



„Lauf zu deinem Vater“, entgegnete Blacky. „Ich denke, er braucht wirklich Unterstützung.“



Sie nickte. „Geh nicht fort, Straniero.“



„Hör auf, mich Fremder zu nennen.“



„Oh, Verzeihung, Blacky. Also bleib noch ein bißchen. Du brauchst keine Angst zu haben. Ein Eheversprechen hast du mir nicht gegeben, ohne es zu wissen. Und sei beruhigt: Ungeprüft würde ich dich sowieso nicht nehmen. Wo gibt es ein Gesetz, das besagt, eine Frau müsse die Katze im Sack kaufen?“



Blacky hob beeindruckt die Augenbrauen und blickte ihr nach. Sie trug ein einfaches Leinenkleid, und doch war ihr Gang atemberaubend. Ihr Vater lugte um die Ecke des Kistenstapels. Seinem bestürzten Gesicht war anzusehen, daß er zur Zeit weniger an einen Schwiegersohn dachte als an einen Weg, sich aus dem Schlamassel herauszuwinden, in den er sich selbst hineingeritten hatte.



Blacky schlenderte ein Stück nach vorn, so daß er sehen konnte, was sich beim Fisch- und Gemüsestand von Vater und Tochter Nócciolo abspielte.



Die Mutter, Porfirios Frau, war nach Gigliolas Geburt, ihres einzigen Kindes gestorben. Eine Amme hatte das kleine Mädchen großgezogen, das seinen Vater jetzt so tatkräftig unterstützte.



Blacky biß in den Pfirsich. Das Fruchtfleisch war fest und zuckersüß, ein Genuß, den jeder Seemann nach den Entbehrungen einer monatelangen Seereise zu schätzen wußte.



Für Gigliola blieb keine Zeit, ihrem Vater zu raten, welche Verhandlungstaktik er tunlichst anwenden sollte.



Ein vielstimmiges Raunen entstand in der Umgebung. Überwiegend Frauen waren es, die ihr Feilschen mit gewitzten Handelsleuten abbrachen und in die Richtung spähten, der sich nach und nach alle Aufmerksamkeit zuwandte.



Der Drachen stürmte aus einer Seitengasse, die auf den Marktplatz mündete. Das Steinpflaster schien zu erbeben. Der Mann, den die riesenhafte Signora mitbrachte, war durchaus normalwüchsig. Schlank und einen Kopf kleiner, wirkte er an ihrer Seite jedoch wie ein Zwerg.



Sie zog ihn am linken Unterarm, und er hatte Mühe, Schritt zu halten. Immer wieder stolperte er. In der rechten Hand hielt er den Seeteufel und die Schlangengurke. Fisch und Gemüse schlenkerten wie eine gallertartige Masse, die in längliche Beutel gefüllt worden war.



Der Ehemann der wutentbrannten Riesin – um niemand anders konnte es sich handeln – sah unglücklich und verzweifelt aus.



Porfirio Nócciolo duckte sich hinter seinem Verkaufsstand wie jemand, der einem angreifenden Stier nun nicht mehr ausweichen konnte.



Gigliola Nócciolo hatte sich verteidigungsbereit neben ihrem Vater aufgebaut und verschränkte die Arme, wodurch ihr kecker Busen betont wurde.



Blacky grinste sich eins – wie die meisten anderen Leute auf dem Marktplatz.



Einen halben Schritt vor dem Verkaufsstand blieb das ungleiche Gespann stehen.



Der rundliche kleine Händler erinnerte jetzt an einen krummbeinigen Mischlingshund, der den Zorn eines kampferprobten Bullenbeißers erweckt hat und sich zum ungleichen Kampf stellen muß.



„Fabrizio!“ sagte die Signora mit schneidender, weit hallender Befehlsstimme. „Leg die Beweisstücke auf den Tisch! Vor die Füße werfen sollte man sie ihm, diesem Halsabschneider!“



Fabrizio gehorchte. Vorsichtig, nachdem seine bessere und größere Hälfte seinen Unterarm losgelassen hatte, schob er den schwammigen Seeteufel und die noch schwammigere Gurke auf die Holzplatte.



„Die Beweisstücke für Ihren Betrugsversuch, Signor Nócciolo“, sagte er lahm.



„Weiter!“ bellte Signora Breganza.



„Wir werden den Fall bei einem Gerichtsschreiber zu Protokoll geben“, erklärte Ehemann Fabrizio folgsam.



„Es sei denn …“ Die Signora sagte es mit erhobener Stimme wie ein diktierender Schulmeister.



„Es sei denn, Sie entschuldigen sich meiner Frau gegenüber ordnungsgemäß und ersetzen den entstandenen Schaden“, sagte Fabrizio seinen auswendig gelernten Satz auf.



Porfirio Nócciolo erstarrte. Er gab sich einen Ruck und wollte seine Gegenrede nun nicht mehr zurückhalten.



Aber seine Tochter kam ihm zuvor.



„Welchen Schaden?“ sagte sie energisch. „Durch was soll Ihnen ein Schaden entstanden sein, Signor Breganza? Ihre geschätzte Gemahlin hat weder den Seeteufel noch die Gurke bereits gekauft. Selbst wenn es sich um verdorbene Ware handeln sollte, ist damit der Tatbestand des Betrugs noch lange nicht erfüllt. Als mein Vater diesen Seeteufel und diese Gurke anbot, hat er sie nur als Musterstücke verwendet. Natürlich hätte er im Falle des Verkaufs frische Exemplare herausgegeben.“



Blacky beobachtete etwas Erstaunliches.



Der gehorsame Ehemann Fabrizio schien seine Umgebung nicht mehr wahrzunehmen. Ein verklärter Ausdruck trat in sein Gesicht. Er strahlte Gigliola geradezu an.



Blacky trat einen Schritt vor und sah, was sich abspielte. Diese kaufmännisch vorgebildete Händlerstochter war ein verteufeltes kleines Luder. Mit tiefem Augenaufschlag, und indem sie ihren Busen noch ein wenig deutlicher in Szene setzte, brachte sie den armen Kerl völlig in Verwirrung.



Fabrizio rang nach Atem und bemühte sich krampfhaft, seinen angetrauten weiblichen Koloß nichts von seinem Blickkontakt bemerken zu lassen. Wäre eine freundliche Hexe erschienen, um Signora Breganza wegzuhexen – ihr bedauernswerter, unterdrückter Ehemann hätte vermutlich einen Freudenschrei ausgestoßen.



Ein tiefes Grollen entrann sich der Kehle der Signora. „Musterstücke?“ brüllte sie. „Ich höre wohl nicht richtig! Wollen Sie mich auf den Arm nehmen, Sie freche kleine Kröte?“



Gigliola wandte den tiefen Blick nicht von dem bemitleidenswerten Fabrizio.



„Das würde ich bei Ihrem Gewicht wohl kaum schaffen“, sagte sie laut und vernehmlich.



Ringsherum auf dem Marktplatz ertönte Gelächter.



Signora Breganza versetzte ihrem träumerischen Mann einen Hieb in die Seite, daß er kopfüber auf die Beweisstücke zustolperte. Mit knapper Not konnte er sich abstützen und sich selbst davor bewahren, daß er den Seeteufel küßte.



„Laß dir das nicht bieten!“ fauchte sie. „Laß es dir nicht bieten, daß deine Frau so beleidigt wird! Unternimm gefälligst etwas! Und sag dem alten Gauner, daß er uns zum Gericht begleiten wird! Jetzt und auf der Stelle!“



„Ich lasse es mir nicht bieten“, sagte Fabrizio mit schwärmerischen Gesichtsausdruck, ohne den Blick von der Glut der dunklen Augen Gigliolas losreißen zu können, „daß meine Frau so belei…“ Seine Stimme versiegte in einem schmachtenden Klang.



„Signora Breganza“, sagte Porfirio Nócciolo, indem er seinen ganzen Mut zusammenraffte, „ich möchte Ihnen etwas vorschlagen. Ich meine, wir könnten die Angelegenheit bereinigen, indem ich Ihnen kostenlos …“



Die Signora hatte ihn nicht beachtet, nicht einmal zugehört. Ihre Aufmerksamkeit hatte sich jäh auf den Blickwechsel zwischen ihrem Ehesklaven und der Händlerstochter konzentriert. Mit einem röhrenden Wutschrei stürzte die Kolossale auf den Verkaufstisch los und packte zu.



Gigliola konnte nicht mehr ausweichen. Die Signora war zu schnell, erwischte sie am Kragen ihrer Bluse und zog sie nach vorn. Gigliola schrie und wand sich verzweifelt – vergeblich. Ihr Vater versuchte, sie festzuhalten. Fabrizio hängte sich von rechts an sein massiges Eheweib.



Aber der Drachen war mit seiner Kraft allen dreien überlegen.



Blacky konnte es nicht mit ansehen, wie die zauberhafte Gigliola