Die Star-Trek-Chronik - Teil 1: Star Trek: Enterprise

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Die bösen und zwielichtigen Vulkanier des 22. Jahrhunderts; man mochte sie, oder eben nicht. Ich persönlich empfand es als spannend, dass unsere altbekannten Freunde eine so interessante Vergangenheit zu bieten hatten. Warum sollten sich nur die Menschen im Verlauf der Jahrhunderte zum Vorteil entwickelt haben? Eben! Es gab keinen vernünftigen Grund. Und Vanik war bisher das überzeugendste Beispiel dieser neuen Darstellungsweise. Er bestach durch emotionslose Arroganz und Verachtung. Ein großes Lob an William Utay für diese Leistung. Die ganze Dinner-Szene erinnerte zudem in ihrer Intensität stark an das großartige Vorbild in Star Trek VI: The Undiscovered Country (Star Trek VI: Das unentdeckte Land). Diplomatie für Anfänger: brillant.

Diese drei Bereiche wurden von Regisseur Terry Windell problemlos miteinander verwoben und funktionierten sowohl einzeln als auch als Einheit. Als Würze (also als fast unvermeidbarer Action-Beitrag der Woche) gab es einen imposanten Kometen zu bewundern, den Reed und Mayweather (der jedoch leider immer noch vollkommen farblos blieb) erkunden durften (süß: Schneefrau à la Vulkan). Ihre Mission schmeckte allerdings zu sehr nach Routine, da zwischenzeitlich einfach vielzuviel anderes passierte, was definitiv ein kleines Manko der Episode darstellte.

Somit blieb dieser Teil auch bis zum Ende emotional außen vor; exakt so lange, bis die finale Gefahrensituation (ohne geht es einfach nicht) notwendig wurde. Wichtig hierbei war jedoch T’Pols Einwand, Archer solle Vanik zeigen, dass dessen Haltung den Menschen gegenüber falsch war, obwohl Archer diesem Klischee leider genau entsprach (»Wir regeln das selbst«). Eine wunderbare, unterschwellige Aussage über die noch junge und unerfahrene Crew.

Dabei könnte man auch anmerken, dass Verhaltensweisen wie die von Reed und Mayweather auf dem Kometen sicherlich sympathisch waren, aber auch erneut von wenig Professionalität zeugten. Es gibt eine feine Linie zwischen Unerfahrenheit (und damit verbundenen Albernheiten) und eben dieser Professionalität (die zumindest dafür sorgen sollte, dass man sich nicht unnötig in Gefahr begibt). Und genau wie Archer, der nur zu gerne einfach drauflosredet oder -handelt, folgten seine Offiziere hier eindeutig seinem Beispiel.

Ich verstehe durchaus, worauf die Produzenten abzielten, und ich konnte diesen Wunsch nach einer bodenständigeren, nicht so perfekten Crew auch absolut verstehen, nur sollte dabei niemand albern oder gar unglaubwürdig wirken müssen. Hier bestand noch Bedarf an etwas mehr feinsinniger Subtilität.

Fazit

Breaking the Ice war eine Episode, die sich im oberen Mittelfeld positionieren konnte und durchgehend zu gefallen wusste.

Die neuen Autoren Maria & André Jacquemetton präsentierten eine engagierte, ambitionierte und gut durchdachte Handlung, die problemlos über die Zeit unterhielt.

Die Crew wuchs einem zudem zunehmend ans Herz. Gute Arbeit!

1.09

Civilization

(Die Saat)

Nein, Sid Meyer wäre nicht stolz auf diese Episode gewesen. Und auch ich war es nicht. Und die Autoren hatten ebenfalls keinen Grund dazu. Nur Archer. Der durfte nämlich knutschen wie einst Kirk ...

Inhalt

Die Crew findet einen nicht besonders fortschrittlichen, jedoch erdähnlichen Planeten. Auf Undercover-Mission findet sie heraus, dass die Zivilisation von einer Krankheit bedroht wird. Als Archer versucht, der Krankheit auf den Grund gehen, stößt er auf eine noch viel schlimmere Bedrohung …

Dig deep and you’ll find nothing

Civilization machte es mir nicht leicht. Hier wurde nichts, aber auch gar nichts Neues geboten, nur kalter, schaler Kaffee neu aufgekocht und mit einem kleinen, aber zumindest halbwegs schmackhaften Keks serviert. So gab es auch nur wenige Punkte, auf die man näher eingehen kann. Es handelte sich um eine reine Unterhaltungsfolge, und der Begriff Mainstream drängte sich in einem nicht sehr angenehmen Tonfall auf.

Eigentlich handelte sich alles nur um eine kleine Erkundungsmission in aller Heimlichkeit. Da Hoshi jedoch eine merkwürdige Strahlung feststellte, ging man der Sache genauer auf den Grund. Auf dem Planeten bot uns die Folge sehr gemütliche, rustikale und atmosphärische Kulissen und einen experimentellen, unwirklichen Score, der sich perfekt der Stimmung anpasste. Gute Arbeit an dieser Front!

Allerdings wurde dann auf das Thema des Erstkontakts oder des Eingreifens in eine nicht so fortschrittliche Kultur kaum eingegangen. Trip und Archer brachen in einen Shop ein, aus dem die Strahlung zu kommen schien. Sie wurden prompt von einer Frau ertappt, die sie beschuldigte, mit dem Besitzer unter einer Decke zu stecken und somit für die sonderbaren Zwischenfälle verantwortlich zu sein: Unter anderem wurden die Bewohner des Dorfes krank.

T’Pols Eintreffen rettete die Situation, indem sie die Frau namens Riann einfach bewusstlos schoss. Danach entwickelte sich die Story nur noch in eine Richtung. Archer und T’Pol versuchten, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Der verdächtige Shop-Besitzer Garros entpuppte sich ebenfalls als Fremdling, der als Beobachter kam, zum Liebhaber der Gesellschaft wurde und seitdem unerkannt als freundlicher Antiquitätenhändler arbeitete (wer’s glaubt). Natürlich fand Archer, nicht zuletzt mit Rianns Hilfe, heraus, was wirklich vor sich ging. In einer höchst amüsanten Szene beobachteten die beiden den Shop, als der Universalübersetzer ausfiel. Und was machte unser neuer Kirk? Er küsste die verdutzte Riann, um hinter ihrem Rücken an seinem Tricorder herumzubasteln. Was für eine machohafte Idee! Schön, dass die Aktion Riann auch nicht zu stören schien.

Mulder & Scully in der Nähe?

Nach diesem Schmunzler folgte eine überaus gelungene Akte-X-Hommage, als die beiden beobachteten, wie im Wald Kisten deponiert wurden, um dann in gleißendem Licht von einem Raumschiff »hochgehievt« zu werden. Lange Rede, kurzer Sinn: Beide stehen wenig später vor dem Generator, der die Strahlung erzeugt. Durch ein Fenster konnte man riesige unterirdische Höhlen sehen, in denen irgendetwas abgebaut wurde. Leider erinnert diese Einstellung aber auch etwas zu sehr an The Andorian Incident; nur wurde dort spioniert. Schade.

Diese Szene bot jedoch immerhin noch eine weitere lustige Begebenheit, als Archer Probleme mit der Technik und der Schrift der Fremden bekam und nicht wusste, wie man das Kraftfeld um den Raum deaktivieren könne. Gelber Knopf oder blauer Knopf? Ich wünschte damals fast, er hätte den Ausschalter meines Fernsehers gewählt.

Auf der Enterprise geht es inzwischen auch hoch her, als die Fremden angreifen und T’Pol anordnet, den Orbit zu verlassen. Trip, der ihr anscheinend immer noch keinen Meter weit traut, meutert sofort. Das passt zwar zu seinem Charakter, ist aber ansonsten mehr als unrealistisch für eine militärische Struktur, die sich durch solche Aktionen auf Dauer gar nicht würde halten lassen. T’Pols Absichten sind aber natürlich nur die besten, und alle haben sich am Ende wieder lieb. Auch steht außer Frage, dass der Captain letztlich Erfolg hat. Nach der Zerstörung des Reaktors und dem Ausschalten der Fremden ist die Situation bereinigt. Archer lässt sich eine melancholische Abschiedsszene aber nicht nehmen und küsst Riann ein weiteres Mal – diesmal ganz ohne Fehlfunktion des Universalübersetzers …

Am erzählenden Stil dieser Rezension merkt man es schon: Die Folge sagte leider überhaupt nichts Neues aus und wollte auch kein Statement zu irgendetwas abgeben. Archer war einfach ein Netter, die Crew harmonierte mal mehr und mal weniger gut, Riann war ebenfalls eine Nette, der böse Garros und seine nicht minder fiesen Leute konnte man vertreiben, und alles war wieder gut. Ende der Geschichte.

Es waren damals Episoden wie diese, die mich zweifeln ließen, ob die Produzenten wirklich noch wussten, was sie da taten. Star Trek: Enterprise sollte eine Serie über die Anfänge der Menschheit im All sein, über die Probleme und Risiken. Hier zum Beispiel sollte es um die Nicht-Einmischung in außerirdische Kulturen gehen. Am Ende hatte jedoch niemand etwas gelernt. Es wurde keine Erkenntnis kommuniziert. Nur weil man die Situation bereinigen konnte, war nun alles gut? Hatte Archer sich vielleicht auch mal gefragt, ob jemand ihn als Weltall-Polizisten haben wollte? Wer entschied, wann er eingreifen durfte und sollte und wann nicht? Er selbst?

Fazit

Die Episode war in gewisser Weise ein Stimmungsbild der Reise. Unter diesem Gesichtspunkt kam man fast zu dem (übertriebenen) Schluss: Es passierte leider einfach noch nicht viel.

Civilization war überflüssig (weil hundertmal und oft besser gesehen) und wurde ohne Inspiration ausgeführt. Malen nach Zahlen. Eine kontinuierlich hohe Qualität schien noch nicht drin zu sein. Etwas mehr Tiefe in Hinblick auf das Gesamtbild durfte es in Zukunft gerne sein.

1.10

Fortunate Son

(Familienbande)

Nausikaaner waren schon im 22. Jahrhundert so attraktiv wie im 24., T’Pol taugte zunehmend für Situationskomik, und wir erfuhren endlich, warum Travis bisher meist schweigen musste.

Inhalt

Die Enterprise-Crew wird vom Sternenflottenkommando beauftragt, dem Frachter Fortunate zu helfen, dessen Crew von nausikaanischen Piraten angegriffen wurde. Dort ist man jedoch nicht wirklich an Hilfe interessiert, sondern sinnt auf blutige Rache …

Die Richtung stimmte

Fortunate Son war eine Episode, die zu diesem frühen Zeitpunkt der Serie genau den richtigen Ansatz verfolgte. Sie stellte die Frage, wie Reisen durch das All vor dem Start der Enterprise ausgesehen hatten. Die sogenannten Boomer, Frachtercrews, die mit geringer Geschwindigkeit und oft mit ihrer kompletten Familie an Bord alle möglichen Dinge beförderten, wurden hier näher beleuchtet. Endlich erlebten wir somit auch die erste Episode über den bisher völlig blassen Travis Mayweather, da dieser vor seiner Zeit auf der Enterprise auf dem Frachter Horizon gelebt hatte. Seine Geschichte und sein Background wurden hier dann auch treffend auf die Crew der Fortunate projiziert.

 

Routine, Routine!

Zwar handelte es sich um eine recht routinierte Geiselnahme-zwecks-Rache-Handlung, die mit dem reichlich strapazierten Erster-Offizier-hintergeht-Captain-im-Koma-Motiv garniert und der (hier eher aufgesetzten) emotionalen Verbundenheit eines Hauptakteurs versalzen wurde, dennoch funktionierte das Ganze größtenteils zufriedenstellend. Der genannte Erste Offizier Ryan war eine interessante Figur, und sein Darsteller fand genau das richtige Gefühl für die Szenen. Sein Konflikt wurde zwar nicht ausreichend beleuchtet, sondern nur sein Rache-Plan in den Fokus gerückt, dennoch fühlte man durchaus mit dieser Figur mit.

Die Piraten, deren Volk man bereits durch den legendären Stich durch Captain Picards Herz aus Star Trek: The Next Generation kannte, hatten wie auch die Andorianer ihr Äußeres definitiv zum Vorteil verändert, benahmen sich aber leider wie in den späteren Serien nur wie zweidimensionale Finsterlinge der Woche; eine verschenkte Chance. Sie dienten lediglich der Kontinuität mit der uns bekannten Geschichte und als Hass-Objekt für die Fortunate-Crew.

Sogar Travis, der in den bisherigen Folgen nur durch sein debiles alles-cool-Grinsen oder den angestrengten Gesichtsausdruck beim Knöpfedrücken (der eher an eine Sitzung auf dem stillen Örtchen denken ließ) auffallen durfte, konnte Ryan in gewisser Weise verstehen, da er das Konzept der Selbstbestimmung von Frachtercrews durch seine Erfahrungen für richtig erachtete. Daraus hätte ein interessantes Dilemma und ein guter Konflikt mit seinen Pflichten als Offizier der Sternenflotte werden können. Tja – hätte, hätte, Warpkernkette. Archer konnte ihn nämlich auf charmant-freundschaftliche Weise und viel zu leicht eines Besseren belehren.

Der kleine Travis hatte also mal kurz trotzig seinen Standpunkt vertreten, dann von Papa einen Vortrag zum Thema »so läuft das im Leben« erhalten und nur noch »hach ja, stimmt schon« stammeln können. Solche Aktionen stärkten den Charakter des Steuermannes leider gar nicht. Im Gegenteil, Mayweather war hier bereits der Wesley Crusher der NX-01: irgendwie viel zu nett und fast immer einfach nur vorhanden. Okay, Wesley wollte man gelegentlich samt seiner furchtbaren Strickpullover aus der nächsten Luftschleuse werfen. So schlimm war es bei Travis nicht. Doch als er gegen Ende der Episode noch einmal die Chance erhielt und eine entscheidende Szene tragen durfte, wirkte sein Spiel hölzern, farblos und wenig eindrucksvoll.

Die Technik macht’s besser

Ein Riesenkompliment an die Produzenten gibt es hier aber für das Design des Frachtschiffes. Seit der Nostromo aus Alien hatte kein Raumkreuzer mehr so dreckig, verwohnt und doch gastfreundlich ausgesehen. Ein bestimmt recht teures Vergnügen! Wünschenswert wäre eine Fortsetzung gewesen: Das ganze Konzept dieser Space-Boomer war höchst interessant und hätte genauere Würdigung verdient.

Als Negativaspekt ging noch das Verschenken des Captains der Fortunate durch. Nicht nur, dass sein Charakter eingehender Beleuchtung bedurft hätte, dem Darsteller gelang es in seinen wenigen Szenen auch zu faszinieren. Die Schlussszene, in der er mit Archer sprach, war ein großartiger, erneut kammerspielartiger Moment, in dem beide Männer ihre Weisheit, Führungsstärke und Warmherzigkeit unter Beweis stellten. Wir hatten hier zwei Pioniere des Alls in entspannter Atmosphäre versammelt.

Fortunate Son hatte das Herz am rechten Fleck. Die Episode wusste, worum es bei der Serie und der Mission gehen sollte, und näherte sich einem interessanten Thema auf frische Art und Weise an. Dass das Ganze beizeiten durch lauwarme Action und wenig innovative Elemente angereichert wurde, verwässerte zwar nicht den Inhalt, schmälerte aber doch die allgemeine Qualität der Handlung. Auch zeigte die Episode, dass Charaktere wie Mayweather, deren Darsteller eher mit »limitiert« zu beschreiben waren, einfach keine ganzen Folgen würden tragen können. Zumindest dann nicht, wenn Glanzstücke der Serie herauskommen sollten.

Fazit

Fortunate Son passte sich gut in die Staffel ein. Die Episode war dabei sicher kein Highlight, eher eine ruhige, mit Bedacht erzählte Themenepisode, die das Grundgefühl der Serie stärkte, dabei aber auch zu viele ausgetretene Pfade niederlatschte.

Gute Darsteller trugen ihren Teil zum Gelingen bei; einzig der arme Anthony Montgomery stand weiter auf der Verliererliste.

1.11

Cold Front

(Kalter Krieg)

Wir lernten, dass niemandem zu trauen ist, die Wahrheit entweder in der Vergangenheit, der nahen oder fernen Zukunft oder irgendwo da draußen liegt und dass man in diesen Fragen besser nicht den Vulkanischen Wissenschaftsrat konsultiert.

Inhalt

Um ein spektakuläres Sternenphänomen zu erleben, lädt die Crew eine Gruppe Außerirdischer auf die Enterprise ein. Was keiner weiß: Mit dem Suliban Silik ist ein alter Bekannter darunter …

Oha!

Bisher hatte ich mich in der neuen, doch überschaubaren Welt der Enterprise NX-01 sehr wohl gefühlt. Die Produzenten boten uns weitestgehend interessante und sympathische Charaktere, einen stimmigen Pilotfilm und fast durchweg zumindest unterhaltsame Episoden. So weit, so gut. Es folgte ohne Vorwarnung die Episode Cold Front.

Oha indeed!

Ja, genau, was war eigentlich mit diesen Suliban, diesen verschlagenen Schlimmlingen aus dem Pilotfilm? Was war mit ihrem charismatischen Anführer Silik? Und was sollte eigentlich dieser unkenntliche Mann aus der Zukunft (wir nennen ihn mal Future Guy)? Tja, und was hatte es mit dem Temporalen Kalten Krieg auf sich? Fragen, die man sich nach Broken Bow stellen durfte und musste, die dann aber für acht Episoden vollkommen irrelevant erschienen waren. Und nun, als hätte man lieber gar nicht fragen wollen, gab es knapp sechseinhalb Antworten und mindestens dreimal so viele neue Fragen. Na danke!

Doch wollen wir chronologisch vorgehen. Schon irgendwie sinnvoll bei einer Episode über Zeitreisen, Zeitkriege, was-wird-was-war-Denkspiele und viel kann-das-alles-denn-wahr-sein, oder?

Ich klaube mal alle Brocken zusammen

Die Crew stolperte über ein nicht alltägliches Sternenphänomen und traf auf eine Gruppe Gläubiger, die diesem heiligen Akt beiwohnen wollte. Doch Obacht: Die Enterprise kam mit den Bedingungen in dieser Region des Alls nicht klar und stand kurz vor der Zerstörung. Im letzten Moment passierte jedoch gar nichts. Tucker fand ein Kabel, das mutwillig zerstört worden war und die Zerstörung des Schiffes verhindert hatte. Doch wer war es gewesen? Keiner der Crew outete sich als Held. Die Tatsache, dass der Zuschauer natürlich längst wusste, dass einer der Gläubigen dahintersteckte, der auch noch frappierende Ähnlichkeit mit Silik aufwies, störte die Spannung nicht im Geringsten. Zu Beginn hatte man immerhin miterleben dürfen, dass der sonderbare Future Guy mit Siliks Performance in Sachen Klingonen nicht zufrieden gewesen war. Das Reich sollte eigentlich in einen Bürgerkrieg gestürzt und vernichtet werden. Aber was hatten die Befehlshaber aus der Zukunft diesmal vor? Man ahnte es fast, doch wusste man eigentlich nichts. Und das bis zum Ende der Episode.

Es entwickelte sich ein Ränkespiel, bei dem nie klar wurde, wer mit wem, wer für wen und wer wieso irgendetwas tat. Mittendrin landeten die bemitleidenswerten Frauen und Männer der NX-01. Immerhin behielt Archer am Ende eine »Uhr des Universums«, verlor aber Daniels. Doch war der wirklich tot? Sonstige Erkenntnisse? War Silik einer der Guten? Keine Ahnung. War Daniels einer der Guten? Wer konnte das schon sagen? Was wollten Siliks Befehlsgeber? Ha! Guter Witz. Wieso war das 22. Jahrhundert so wichtig in diesem Krieg? Tja, warum? Wer war dieser Future Guy? Noch immer gab es keine Tendenz.

Man durfte glauben, den Auftakt zu einem sehr interessanten Story-Arc gesehen zu haben. Die Chance, sich irgendwo zwischen X-Files-Verschwörung, dem DS9-Dominion-Konflikt/Krieg und dem Schatten-Krieg (Babylon 5) zu positionieren, war vorhanden.

Einziger Kritikpunkte für den Moment: Wenn man als Serienautor plant, jemanden wie Daniels auf diese Weise in die Geschichte einzubringen, hätte er in den vorigen Episoden gerne bereits unscheinbar auftauchen können. Hier zeigte sich retrospektiv (und auf den SF-Sektor bezogen) wieder mal die Klasse eines J. M. Straczynski, der bei Babylon 5 oft Entwicklungen lange vorher andeutete und aufbaute.

Fazit

Cold Front war ein großartiges, weil spannendes, mitreißendes und inhaltlich kreatives Stück SF, Mystery, ja sogar TV.

Für die junge Serie eine erste Sternstunde, die viel Hoffnung machte, sofern man damit leben konnte, danach keinen Deut schlauer zu sein als vorher.

1.12

Silent Enemy

(Lautloser Feind)

Reed hatte keine Lust, sich Hoshis Kochplatte anzusehen, Mayweather erkannte in den schweigsamen Aliens keine Verwandten, und medizinische Geheimnisse sollte man am besten nicht Doktor Phlox verraten.

Inhalt

Ständig taucht ein Schiff aus dem Nichts auf, das nicht auf Kommunikationsversuche reagiert, die Enterprise aber beschießt. Die Fremden kommen sogar an Bord. Da man den Angreifern technisch und vor allem im Hinblick auf Waffen vollkommen unterlegen ist, ordnet Archer an, zum Jupiter zurückzukehren, damit die vorgesehenen Kanonen installiert werden können. Währenddessen brütet die Crew über der Frage, was man Reed zum Geburtstag schenken könnte, da niemand den Waffenoffizier gut genug kennt, um eine brauchbare Idee zu liefern …

Immer diese Störungen

Die Crew hatte gerade einen weiteren Subspace-Transmitter installiert (eine gute Idee, so etwas von Zeit zu Zeit anzusprechen, da die Kommunikation mit der Erde dadurch etwas glaubwürdiger erschien), als ein grün schimmerndes Schiff auftauchte, nicht auf Rufe antwortete und einfach wieder verschwand, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.

An sich kein kosmosbewegender Zwischenfall, weswegen sich die Crew auch schnell wieder mit dem Tagesgeschäft befasste, in diesem Fall mit der Frage: Was sollte man Malcolm Reed, den keiner richtig zu kennen schien, zum nahenden Geburtstag schenken? Hoshi wurde beauftragt, der Sache nachzugehen.

Kurz darauf kehrten allerdings die sonderbaren Aliens zurück. Diesmal jedoch betraten sie gleich das Schiff und schienen sich einfach mal ein wenig umsehen zu wollen. Hierzu sei gesagt, dass für mich CGI-Aliens fast immer eine gute Figur machen, da gerade die Andersartigkeit von Außerirdischen in Star Trek (wie auch in Stargate) zu häufig recht konventionell ausfällt. Diese ET-Verschnitte waren nun jedoch eine völlige Abkehr dessen, was man bisher zu sehen bekam, und standen somit auf einer Stufe mit Species 8472 aus Star Trek: Voyager. Und da sie hier ausschließlich dem Thrill dienten und auch nicht in tiefschürfende Konversationen verwickelt wurden (im Klartext: sie sagten gar nichts), waren sie perfekt geeignet. Wenn ich so darüber nachdenke, hätte man Travis Mayweather vielleicht auch direkt per CGI animieren sollen. Aber das war eine andere Baustelle.

Doch was blieb nun zu tun? Beide Subspace-Transmitter (Breaking the Ice erwähnte den ersten) waren von den Angreifern zerstört worden, die Vulkanier also nicht zu erreichen. Archer beschloss nachzuholen, was von Anfang an hätte getan werden sollen: nämlich das Schiff erst losfliegen zu lassen, wenn alle, aber auch wirklich alle Waffen und sonstigen technische Einrichtungen eingebaut und funktionsbereit wären. Doch die Situation mit dem verwundeten Klingonen und die wenig hilfreichen Vulkanier hatten Archer dazu getrieben, ein unfertiges Schiff auf die Reise zu schicken, ohne die eigentlich vorgesehenen Phase Cannons.

 

Ein geschickter Schachzug, Archer über die Richtigkeit eines verfrühten Starts nachdenken zu lassen. Das All barg doch mehr Unwägbarkeiten und Gefahren, als er hätte zugeben wollen, und die Menschen erschienen weit davon entfernt, dafür bereit zu sein.

Und obwohl Reed und Trip überzeugt waren, die Arbeit alleine schaffen zu können – und auch damit beginnen durften –, bestand Archer auf die Heimreise, um ganz sicher zu gehen. Ob es so geschickt war, seine Crew mehr oder weniger deutlich spüren zu lassen, dass er sie für nicht kompetent genug hielt, sei dahingestellt.

Für die Charakterentwicklung ebenfalls sehr interessant war Trips anscheinend gekränkter Stolz, mit dem er und Reed folglich ans Werk gingen (»Los Leute, dem Captain zeigen wir es!«, schienen beide zu sagen). Der Elan, mit dem sie loslegten, führte jedoch auch zu einigen Reibereien, da Reed ziemlich kompromisslos vorgegangen wäre, hätte er das alleinige Sagen gehabt.

In der Zwischenzeit kümmerte sich Hoshi weiter um ihren Auftrag, welcher sich als kompliziert erwies, da weder Reeds Eltern noch seine Schwester oder sein bester Freund Genaueres über Reed sagen konnten. Das passte perfekt ins Bild des steifen Briten. Der Mann war zu diesem Zeitpunkt ein vollkommenes Rätsel: herb, knallhart, unsicher in zwischenmenschlichen Dingen (am meisten bei Frauen); mehr wusste man nicht. Dass letztlich Phlox Rat wusste, war natürlich fast schon zu einfach. Seine Herleitung über Reeds Allergie und die eigentlich unnötige Behandlung (sofern er auf Ananas verzichten würde) war dann jedoch famos weit hergeholt. Die beste Szene teilte sich die höchst erfrischende Japanerin übrigens ebenfalls mit Reed. Dass er ihre Fragen während eines gemeinsamen Essens als Avancen verstand, sie daraufhin sichtlich peinlich berührt (ja sogar ein wenig uncharmant) reagierte, er vollkommen tapsig davonstolperte – das alles war komödiantisches Timing der Extraklasse. Aber mit Humor hatte Star Trek: Enterprise von Beginn an keine großen Probleme, wenn man von gelegentlichen Kalauern einmal absieht.

Doch zurück zum unvermeidlichen letzten Showdown mit den stummen Gegenspielern. Genau genommen wurde dieser Storyteil recht konventionell gelöst. Archers Rede ging als gelungen durch, Reed und Tucker brachten die neuen Waffen schließlich doch ohne Hilfe online (und ließen ihren Captain dabei nicht gut aussehen), die Aliens wurden in die Flucht geschlagen, und fertig war die Laube. Gut war hierbei jedoch die Tatsache, dass die Feuerkraft trotzdem nicht ausreichte, sondern nur durch eine versehentliche Überlastung erreicht wurde.

Fazit

Silent Enemy war vielleicht kein großes Highlight, doch immerhin eine sehr unterhaltsame Episode, die zwei Handlungen geschickt verband, obwohl sie unterschiedlicher nicht sein konnten.

Es handelte sich um eine Episode, die man als Standard-Qualität gerne jede Woche bei Star Trek: Enterprise gesehen hätte.

Die Musik war herausragend und außergewöhnlich, die technische Umsetzung gelungen, Konflikte der Episode wurden mit Handlungen der Serie vermischt und ergänzten sich. Haupt- und Nebenhandlung waren dabei gleichermaßen interessant, und wir erfuhren nette Details über einige Crewmitglieder. Absolute Empfehlung!

1.13

Dear Doctor

(Lieber Doktor)

Hätte hohe Qualität Flügel verliehen, die Episode wäre binnen kürzester Zeit aus unserem Sonnensystem entschwunden und hätte alle Zweifel an Archers finaler Entscheidung mit sich fortgetragen.

Inhalt

Die Crew findet ein Pre-Warp-Shuttle mit schwerkranken Außerirdischen an Bord und begleitet es zu deren Heimatwelt, um bei der Bekämpfung einer Seuche zu helfen. Als einer der Anführer des Volkes Archer um Warp-Technologie bittet, erfährt dieser erstmals, wie schwer es ist, auf der anderen Seite des Zauns zu stehen …

Back to Star Trek

Titel und Trailer ließen es bereits vermuten: Die erste richtige Phlox-Episode erwartete uns. Nach Wochen der drohenden Bedeutungslosigkeit durfte John Billingsley endlich zeigen, ob er zu mehr imstande war, als den schrägen Außerirdischen mit Herz zu geben. Und glücklicherweise war er zu viel, viel mehr imstande. Der sympathische Mime lieferte eine hochgradig differenzierte Darstellung eines zwar etwas sonderbaren Zeitgenossen, der aber jederzeit zu seiner Überzeugung stand und für sie eintrat.

Auf der einen Seite ging er mit Ensign Cutler ins Bordkino, nur um die Zuschauer zu beobachten und sich an ihren emotionalen Reaktionen zu erfreuen (Trip heult wie ein kleines Kind), er brachte Hoshi seine Sprache bei und schien auch sonst gerne mit ihr etwas zu unternehmen; im Falle der gefährdeten Zivilisation brach jedoch eine wissenschaftliche Überzeugung und Ernsthaftigkeit aus ihm heraus, die man gar nicht erwartet hatte. Er analysierte das Problem (die Krankheit) unterkühlt und vollkommen rational und war in letzter Konsequenz bereit, die Rasse sterben zu lassen, obwohl er ein Heilmittel gefunden hatte. Sein Urteil: Es sei schlicht der Wille der Natur und der Gang der Evolution. Über diese radikale Denkweise mochte man geteilter Meinung sein. Das Recht, einfach einzugreifen und der Evolution seinen Willen aufzuzwingen, hat allerdings auch niemand. Oder doch? Und sollte jemand dieses Recht haben: Wer wäre dann dieser Jemand? Ein Mitglied der eigenen Spezies? Oder weiter gefasst, eben jeder beliebige Besucher einer anderen Welt?

Generell interessant war auch die Idee, innerhalb einer Kultur zwei gleichberechtigte Spezies zu zeigen, die sich im Evolutionsverlauf beide durchgesetzt hatten. Wenn die eine der beiden auszusterben drohte und die andere ihre Fähigkeiten durch die etwas dominantere Seite bisher nicht entfalten konnte, wer sollte hier entscheiden, was zu tun war? Hatte die aufstrebende, bisher eher zweitrangige Spezies nicht eine Chance verdient? Eine Chance, die die Evolution ihr offenbar nun zuteilen will? Phlox war absolut in seiner Ansicht, Archer genau entgegenlaufend, aber mindestens ebenso absolut. Beide hatten zumindest in einigen Punkten nachvollziehbare Argumente zu bieten. Der wissenschaftliche Standpunkt, der Vergleich mit der Erde und den Neandertalern, dagegen das schlichte Mitgefühl, die Tatsache, dass man keine Zivilisation sterben lassen könne: Selten wurde ein dermaßen kontroverses Thema so geschickt entfaltet, selten wurde am Ende überhaupt nicht getrickst und keine Last-Minute-Lösung aus der Tasche gezaubert.

Archer war vollkommen allein mit seiner Entscheidung, und vermutlich haben rund 50 Prozent der Zuschauer verständnislos den Kopf geschüttelt, als er sie dann schließlich kommunizierte. Und sie hatten ebenso recht wie unrecht. Wir hatten es hier mit einem Konflikt zu tun, den keiner allein entscheiden darf und kann. Alleine schon deshalb war Archers Nichteinmischung eine gute Entscheidung, wenn vielleicht auch eine feige oder inhumane solche. Vielleicht! Ein ewiges Sich-im-Kreis-Drehen wird hier keinem erspart bleiben, der bereit ist, sich auf die nötigen Gedankenspiele einzulassen.

Endlich zauberten die Autoren eine Episode, die sich wirklich mit den Fragen über eine nötige Oberste Direktive beschäftigte und wie der Weg zu dieser aussehen könnte. Endlich ließen sie Archer nicht wie einen egomanischen Weltall-Polizisten agieren. Endlich erlaubten sie, dass Fragen gestellt wurden, wenn die Antworten auch schmerzten.

Allein schon die emotionale Ebene, diese Anteilnahme an den Geschehnissen, ließ die Dimensionen der Episode erahnen. Die Autoren zogen hier alle Register ihres Könnens, indem sie nicht nur eine Themen-Episode kreierten, sondern gleichzeitig ein grandioses Porträt des bisher unterforderten Doktors präsentierten und John Billingsley in bester Manier ins Rampenlicht rückten. Fast nebenbei erfuhren wir liebevolle Dinge über das Leben an Bord. Cutler fühlte sich zu Phlox hingezogen, des Doktors Kultur wurde angesprochen, eine Freundschaft zwischen Sato und Phlox schien sich zu entwickeln, der Captain musste mit Hund Porthos zum Schiffsarzt, da das kleine Kerlchen zuviel Käse bekommen hatte, T’Pol hatte ein Loch im Zahn und durfte sich ebenfalls zum Allround-Mediziner begeben. Außerdem bekamen wir noch das Bordkino zu sehen. Viel dran an der Dreiviertelstunde!