"Die Handwerker-Fibel", Band 1

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

4.Informationen aus dem Rechnungswesen, insbesondere aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung, zur Analyse von Stärken und Schwächen eines Unternehmens nutzen

Kompetenzen

> Teilsysteme des betrieblichen Rechnungswesens unterscheiden, ihre Zusammenhänge verstehen und Rechnungsgrößen zuordnen.

> Auswirkungen typischer Geschäftsvorfälle in den Teilsystemen strukturell darstellen.

> Grundprinzipien und -begriffe der doppelten Buchführung verstehen.

> Aufgaben von Buchführung und Bilanz erläutern.

> Möglichkeiten sowie Vor- und Nachteile der Ausgliederung von Buchführungsaufgaben anhand von Qualitätskriterien erläutern.

> Aufbau und Aussagekraft von Jahresabschluss und betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) sowie weiterer typischer Unterlagen erläutern.

> Wichtige Arten des Betriebsvermögens und der Verbindlichkeiten erfassen und bewerten.

> Bewertungsspielräume, Wertberichtigungen, Rückstellungen sowie stille Reserven bei der Analyse von Kennzahlen des externen Rechnungswesens berücksichtigen.

> Arten der Abschreibungen beschreiben und in den Teilsystemen des Rechnungswesens berücksichtigen.

> Branchen-, Zeit- sowie Soll-Ist-Vergleiche durchführen sowie deren Ergebnisse erläutern.

> Gewinn oder Verlust einer Unternehmung auch unterjährig ermitteln.

> Einfache periodische Finanzplanungen durchführen und Kriterien für kritische Liquiditätslagen kennen.

Das betriebliche Rechnungswesen ist die Gesamtheit aller Verfahren, die dazu dienen, sämtliche Aktivitäten eines Unternehmens zahlenmäßig zu erfassen. Es dokumentiert damit das Unternehmensgeschehen und liefert wichtige Informationen zur Planung, Steuerung und Kontrolle eines Unternehmens. Durch den Vergleich der eigenen Zahlen mit denjenigen von anderen Unternehmen können Stärken und Schwächen erkannt werden (Branchenvergleich). Ferner kann die Analyse von Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlich erreichten Werten (Soll-Ist-Vergleich) Hinweise auf Verbesserungspotenziale im Unternehmen geben. Darüber hinaus liefert der Vergleich der aktuellen Zahlen mit den Vorjahreswerten Hinweise auf Entwicklungstendenzen und kann so unternehmerischen Handlungsbedarf aufzeigen (Zeitvergleich).

4.1Teilsysteme der Unternehmensrechnung

Dokumentationsfunktion

Die Unternehmensrechnung dient der mengen- und wertmäßigen Erfassung der Geld- und Leistungsströme in einem Unternehmen. Sie ist damit das zentrale Informationsinstrument eines Unternehmens. Ihre Aufgabe ist es, sowohl unternehmensinterne Adressaten (Inhaber, Mitarbeiter) als auch unternehmensexterne Interessensgruppen mit Informationen zu versorgen. Wesentliche Aufgaben der Unternehmensrechnung sind folglich:

Informationsfunktion

> Abbildung des betrieblichen Geschehens zur Rechenschaftslegung gegenüber Anteilseignern, Banken, Finanzamt, Sozialversicherungsträgern etc.

> Bereitstellung von Informationen zur Steuerung und Kontrolle des Unternehmens

> Bereitstellung von Informationen für Kunden, Lieferanten und Investoren etc.

> Bereitstellung von Informationen als Basis für unternehmerische Entscheidungen.

Entscheidungsfunktion

Der Aufbau einer aussagekräftigen Unternehmensrechnung ist einerseits aufgrund handels- und steuerrechtlicher Vorgaben zwingend notwendig, andererseits auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Denn die Unternehmensrechnung stellt Informationen bereit, welche die Qualität unternehmerischer Entscheidungen und damit den wirtschaftlichen Erfolg nachhaltig beeinflussen können.

In der betrieblichen Praxis findet eine Vielzahl unterschiedlicher Teilsysteme der Unternehmensrechnung Anwendung. Je nachdem, welches Entscheidungsziel primär mit einem Rechnungssystem verfolgt wird, unterscheidet man insbesondere finanzziel-, erfolgsziel-, potenzialziel- und sozialzielorientierte Teilsysteme. Zu den auf das Finanzziel ausgerichteten Teilsystemen der Unternehmensrechnung zählen die Finanzrechnung sowie die Kapitalflussrechnung. Den unternehmerischen Erfolg im Blick haben insbesondere die Bilanzrechnung sowie die Kosten- und Erlösrechnung, aber auch die Investitionsrechnung. Die unternehmerischen Ressourcen stehen im Mittelpunkt der potenzialzielorientierten Teilsysteme. Ein besonders wichtiger Produktionsfaktor sind die Mitarbeiter. Sie sind das zentrale Element der Humanvermögensrechnung (Human Resource Accounting). Darüber hinaus kommen in einigen Unternehmen auch Erfolgspotenzialrechnungen zum Einsatz, wenn es darum geht, die strategische Planung zu unterstützen. Gesellschaftspolitische Strömungen sind oftmals der Auslöser für die Erstellung von Sozial- oder Umweltbilanzen, mit denen Unternehmen ihr soziales Engagement, die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung oder Maßnahmen zum Umweltschutz dokumentieren.

Informationsbasis für all diese Teilsysteme der Unternehmensrechnung ist die Finanz- und Betriebsbuchhaltung. Letztere beinhaltet Rechnungssysteme wie die Anlagen-, Material- und Lohnrechnung, die als „Nebenbuchhaltungen“ zumeist Vorsysteme der monetären Erfolgsrechnung darstellen.


Finanz-, Bilanz- sowie Kosten- und Erlösrechnung gehören als Kernsysteme des traditionellen Rechnungswesens in die Klassen der finanz- bzw. erfolgszielorientierten Systeme. Sie sind aus keinem Unternehmen wegzudenken und sollten sowohl als vergangenheitsbezogene Ist-Rechnung wie auch in Form von Planrechnungen für die Zukunft durchgeführt werden. Nur wenn Planzahlen für die Zukunft als Vergleichsmaßstab für die tatsächlich erreichten Werte vorliegen, kann die Unternehmensrechnung ihre Unterstützungswirkung für die Steuerung und Kontrolle voll entfalten.

Abgrenzung zwischen der Finanz- und der Bilanzrechnung

Diese drei Kernsysteme sind jeweils eigenständige Rechnungen, die sich in Teilen überschneiden bzw. auf Informationen aus den anderen Systemen zurückgreifen. In der Liquiditätsrechnung werden Ein- und Auszahlungen einander gegenübergestellt. Nicht jede dieser Einzahlungen ist jedoch erfolgswirksam. So erhöht beispielsweise eine Kapitaleinlage ebenso wenig den Gewinn eines Unternehmens, wie eine Auszahlung im Rahmen der Tilgung eines Kredites den Gewinn reduziert. Gleichsam gibt es auch Aufwendungen und Erträge, die nicht (direkt) zahlungswirksam werden, also keine Ein- oder Auszahlung darstellen. So sind Abschreibungen zwar Aufwendungen im Sinne der Bilanzrechnung, sie führen aber zu keiner Auszahlung im Sinne der Finanzrechnung. Gleiches gilt für Erträge aus Bestandserhöhungen bei fertigen und unfertigen Erzeugnissen oder aus der Auflösung von Rückstellungen.

Abgrenzung zwischen der Bilanz- und der Kosten- und Erlösrechnung

Überschneidungen, aber auch Differenzmengen gibt es zudem bei der Abgrenzung zwischen der Bilanzrechnung und der Kosten- und Erlösrechnung. Die Überweisung einer Spende stellt z. B. einen betrieblichen Aufwand dar, der in der Kosten- und Erlösrechnung keine Berücksichtigung findet. Gleiches gilt für den (außerordentlichen) Ertrag aus dem Verkauf einer Maschine über dem Buchwert. Auch er kommt in der Kostenrechnung nicht zum Ansatz. Analog dazu gibt es Kosten, die keinen Aufwand darstellen und auch zu keiner Auszahlung führen. Dies gilt beispielsweise für den kalkulatorischen Unternehmerlohn oder die kalkulatorische Miete, die sogenannte Zusatzkosten darstellen. Sowohl die Arbeitskraft des Unternehmers als auch im Eigentum befindliche Immobilien könnten ja auch für betriebsfremde Zwecke genutzt werden. Diese entgangenen alternativen Nutzungsmöglichkeiten werden als Kosten erfasst, auch wenn es keine Auszahlung gab und damit umgangssprachlich „keine Kosten entstanden sind“. Neben diesen Zusatzkosten gibt es auch Anderskosten bzw. Anderserlöse. Sie resultieren z. B. aus der im Vergleich zur Bilanzrechnung niedrigeren bzw. höheren Bewertung von Beständen oder unfertigen Erzeugnissen in der Bilanz. Gleiches gilt für den Fall, dass in der Kosten- und Erlösrechnung andere Abschreibungsverfahren zum Einsatz kommen als in der Bilanzrechnung.


Daraus ergeben sich folgende Definitionen:

> Auszahlungen sind die von einem Unternehmen gezahlten Geldbeträge.

> Einzahlungen sind die an ein Unternehmen gezahlten Geldbeträge.

> Aufwendungen sind der Wert der in der Periode verbrauchten Leistungen.

> Erträge sind der Wert der in der Periode erbrachten Leistungen.

> Kosten sind die betriebszweckbezogenen Wertminderungen einer Periode.

> Erlöse sind die betriebszweckbezogenen Wertzuwächse einer Periode.

Beispiel:

Abgrenzung von Auszahlung, Aufwand und Kosten:


Geschäftsvorfall Auszahlung Aufwand Kosten
Rückzahlung eines Kredits (Tilgung) X
Spende für den örtlichen Kindergarten X X
Steuernachzahlung für das Vorjahr X X
Barkauf von Bürobedarf X X X
Verbrauch von Fertigungsmaterial aus dem Lager X X
kalkulatorischer Unternehmerlohn X

Abgrenzung von Einzahlung, Ertrag und Erlös

 

Geschäftsvorfall Einzahlung Ertrag Erlös
Gewährung eines Gesellschafterdarlehens X
Verkauf einer abgeschriebenen Maschine X X
Steuerrückzahlung für das Vorjahr X X
Barverkauf von Produkten X X X
Verkauf von Produkten, die im nächsten Jahr bezahlt werden X X
Bewertung von lagernden Produkten mit Verkaufspreisen X

4.1.1Bilanzrechnung

Die Bilanzrechnung ist derjenige Teil der Unternehmensrechnung, zu deren Durchführung die meisten Unternehmen aufgrund gesetzlicher Regelung verpflichtet sind. Unter bestimmten Voraussetzungen schreiben sowohl das Handelsgesetzbuch als auch diverse steuerrechtliche Vorschriften zwingend vor, einen Jahresabschluss zu erstellen.

Wichtigste Aufgabe der Bilanzrechnung ist die Erstellung des Jahresabschlusses mit seinen beiden Teilen Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Unter einer Bilanz versteht man dabei die systematische Gegenüberstellung von Vermögens- und Schuldenbeständen zu einem bestimmten Zeitpunkt (Bilanzstichtag). Im Gegensatz dazu bezieht sich die GuV auf einen Zeitraum und stellt Aufwendungen und Erträge gegenüber.

Externes Rechnungswesen

Die Durchführung der Bilanzrechnung folgt festen Regeln, die für alle Unternehmen gelten und im Handelsgesetzbuch niedergeschrieben sind. Trotz zahlreicher Wahlrechte müssen Bilanzen damit nach einheitlichen Standards erstellt werden. Das ermöglicht insbesondere unternehmensexternen Interessenten, sich ein gutes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu machen und über ihr zukünftiges Verhalten gegenüber dem Unternehmen zu entscheiden. Die Bilanzrechnung wird deshalb auch als externes Rechnungswesen bezeichnet.

Publizitätspflicht

Ermöglicht wird externen Interessenten der Einblick in die Unternehmensdaten durch die Pflicht zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses im Unternehmensregister, die insbesondere für alle Kapitalgesellschaften gilt (>> Abschnitt 4.3).

Gewinnermittlungsfunktion

Wichtiger externer Adressat von Jahresabschlüssen ist das Finanzamt. Durch den Saldo der GuV oder den Vergleich des Eigenkapitals zu Beginn des Geschäftsjahres mit demjenigen am Ende des Geschäftsjahres ergibt sich der Gewinn oder Verlust einer Periode und damit die Besteuerungsgrundlage für das Unternehmen (Gewinnermittlungsfunktion).

Ausschüttungsbemessung

Die Höhe des Gewinns ist ferner für die Anteilseigner eines Unternehmens von Bedeutung, da sich Ausschüttungen oder Privatentnahmen an der Höhe des Gewinns orientieren sollten.

Gläubigerschutz

Banken und Sparkassen sind häufig die wichtigsten Gläubiger von Handwerksunternehmen. Um mögliche Gefahren für ihr Kreditengagement frühzeitig erkennen zu können, informieren sie sich laufend über die wirtschaftliche Lage ihrer Kreditkunden. Jahresabschlüsse sind hierfür eine wesentliche Basis. Nachdem Lieferanten oftmals in Vorleistung gehen, möchten auch sie sich ein Bild von der wirtschaftlichen Lage ihrer Kunden machen, um Forderungsausfälle zu vermeiden.

Informationsfunktion

Auch Kunden und die Öffentlichkeit interessieren sich vielfach für die Jahresabschlüsse von Unternehmen. Bilanzen zeichnen ein gutes Bild von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und können damit entscheidenden Einfluss auf Auftragsvergaben und Kaufentscheidungen haben.

Steuerungs- und Kontrollfunktion

Wertvolle Informationen liefert die Bilanzrechnung ferner für die Unternehmensleitung, indem sie Informationen über die Wirtschaftlichkeit und den Erfolg des betrieblichen Geschehens liefert, und zwar in einer standardisierten Form, die nicht nur einen Vergleich mit Plan- und Vorjahreswerten, sondern auch mit den Zahlen anderer Unternehmen erlaubt. Durch diese Vergleiche können Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens erkannt werden und Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbssituation ergriffen werden.

Zweige der Bilanzrechnung

Neben dem Jahresabschluss mit seinen Elementen Bilanz, GuV und ggf. Anhang zählen auch die ihm zugrunde liegende Buchhaltung, das Inventar sowie bei großen Unternehmen der Lagebericht zu den Bestandteilen der Bilanzrechnung. Hinzu kommen in Einzelfällen noch Sonder- und Zwischenbilanzen sowie Konzernabschlüsse.

4.1.2Kosten- und Erlösrechnung

Internes Rechnungswesen

Während die Bilanzrechnung in erster Linie für externe Adressaten bestimmt ist, dient die Kosten- und Erlösrechnung (KER) ganz überwiegend unternehmensinternen Zwecken und unterliegt kaum gesetzlichen Vorschriften. Ihre Ergebnisse werden deshalb in der Regel auch nicht öffentlich bekannt gemacht. Sie ist wesentlicher Bestandteil des internen Rechnungswesens und wird durch Unternehmen freiwillig durchgeführt. Ihr Detailiertheitsgrad kann sich deshalb an Wirtschaftlichkeitsaspekten orientieren. Der Nutzen infolge besserer Unternehmenssteuerung sollte folglich über den Kosten für die (zusätzliche) Informationsgewinnung, also der Durchführung der Rechnung, liegen.

Die Kosten- und Erlösrechnung (KER) bildet die Entstehung bzw. den Verzehr von Werten in einem Unternehmen zahlenmäßig ab. Kosten sind dementsprechend definiert als bewerteter, sachzielbezogener Güterverzehr und Erlöse als bewertete, sachzielbezogene Leistung einer Abrechnungsperiode. Die Informationen aus der Kosten- und Erlösrechnung können insbesondere für Zwecke der kurzfristigen Planung in Unternehmen genutzt werden.

Dokumentationsfunktion

Aufgabe der KER ist es unter anderem, realisierte Kosten zu ermitteln und zukünftige Kosten zu prognostizieren. Insofern kommt der KER eine Darstellungs- oder Dokumentationsfunktion zu.

Planungsfunktion

Auf Basis dieser Erkenntnisse können Entscheidungen über das Produktionsprogramm, Losgrößen und Bestellmengen getroffen werden. Auch für die Preispolitik und die Abgabe von Angeboten liefert die Kostenrechnung wichtige Informationen.

Steuerungsfunktion

Eine weitere Zwecksetzung der KER bezieht sich auf die Verhaltensbeeinflussung der Mitarbeiter. Durch die Vorgabe individueller Zielgrößen sowie die Verknüpfung von Belohnungen mit der Erreichung der Ziele können die Mitarbeiter motiviert werden, sich im Sinne der Unternehmensziele zu verhalten.

Kontrollfunktion

Außerdem liefert die KER Informationen, welche eine Wirtschaftlichkeitskontrolle des ganzen Unternehmens, einzelner Abteilungen oder Prozesse mittels Soll-Ist-Vergleich, Zeitvergleich oder Betriebsvergleich ermöglichen. Diese Kontrolle schließt auch die Ermittlung der Abweichungsursache mit ein, sodass daraus Schlüsse für zukünftige Entscheidungen gezogen werden können.

Schnittstelle zur Bilanzrechnung

In der Bilanz ist der Wert fertiger und unfertiger Erzeugnisse (hierzu zählen auch Baustellen) auszuweisen. Die KER stellt Informationen zur Verfügung, welche diese Wertermittlung ermöglichen. Umgekehrt stammen viele Quelldaten der KER aus der Bilanzrechnung.

Datenquelle

Eine weitere wesentliche Datenbasis für die KER stellen manchmal sogenannte ERP-Systeme (Enterprise Ressource Planing) zur Verfügung. Diese Systeme zur Unternehmensressourcenplanung erfassen sämtliche Abläufe in einem Unternehmen und stellen für die KER unter anderem Arbeitspläne und Stücklisten zur Verfügung. Vielfach werden auch Daten aus externen Quellen (z. B. ortsübliche Vergleichsmieten) sowie eigene Berechnungen (z. B. kalkulatorische Kosten) genutzt.

Zweige der KER

Die Aufbereitung und Verarbeitung dieser Quelldaten erfolgt nach vorher festgelegten Kriterien der Kostenzuordnung und -aufteilung. Diese erfolgt in drei Stufen: Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Diese drei Rechnungen sind damit wesentliche Bestandteile der KER, gemeinsam mit der (kurzfristigen) Erfolgsrechnung.

4.1.3Finanzrechnung

Ebenfalls zum internen Rechnungswesen zählt die Finanzrechnung. Sie ist, wie der Name schon sagt, auf das Finanzziel des Unternehmens ausgerichtet. Primäre Aufgabe ist es folglich, durch den Erhalt der Zahlungsfähigkeit den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Im Rahmen der Finanzrechnung werden Informationen über die Liquidität eines Unternehmens bereitgestellt. Sie können einerseits vergangenheitsbezogen sein und sich auf bestimmte Bilanzrelationen beziehen. Auf der anderen Seite, und dies ist ihr eigentlicher Kern, basiert die Finanzrechnung auf der Prognose zukünftiger Zahlungsströme. Zahlungen sind dabei diejenigen Geschäftsvorfälle, die entweder den Bestand an liquiden Mitteln (Kasse) oder denjenigen des Geldvermögens (Bankguthaben) verändern. Wird dieser Bestand erhöht, spricht man von Einzahlungen und im umgekehrten Fall von Auszahlungen.

Zwecke der Finanzrechnung

Zur Erfüllung des Liquiditätsziels stellt die Finanzrechnung Informationen über Zahlungen, den Kapitalbedarf, die Kapitaldeckung sowie die Innenfinanzierungskraft (also die Fähigkeit eines Unternehmens, neue Investitionen aus selbst erwirtschafteten Mitteln zu finanzieren) eines Unternehmens bereit. Auf Basis dieser Erkenntnisse können rechtzeitig Maßnahmen zur Sicherung der Zahlungsbereitschaft bzw. zur rentablen Anlage von Einnahmeüberschüssen ergriffen werden. Im letzten Punkt kommt die zweite Zwecksetzung der Finanzrechnung zum Ausdruck, die besagt, dass durch eine optimale Investitions- sowie Kapitalstrukturpolitik der Gewinn bzw. das Vermögen eines Unternehmens gesteigert werden soll.

Zweige der Finanzrechnung

Je nach Datenbasis und Fristigkeit kann man vier verschiedene Formen der Finanzrechnung unterscheiden.

Finanzierungs- und Liquiditätskennzahlen

Die einfachste Form der Finanzrechnung ist die Bestimmung von Bilanzkennzahlen zur Finanzierung und zur Liquiditätsstruktur. Weil diese Kennzahlen auf Vergangenheitsdaten beruhen, ist ihre Vorhersagekraft in Bezug auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit nur begrenzt. Weil es sich aber um ein einfaches und schnelles Verfahren handelt, erfreut sich diese Form der Finanzrechnung gerade in kleinen Unternehmen größter Beliebtheit. Die Kennzahlen berechnen in der Regel Deckungsgrade von verschiedenen Bilanzpositionen (>> Abschnitt 4.4.1).


Liquiditäts-status Finanz-planung Kapitalbedarfs-planung
Aussage Deckungsgrade, Liquidität taggenaue Prognose der Zahlungsfähigkeit monatsgenaue Prognose der Zahlungsfähigkeit Deckungsgrad liquidierbares Vermögen ./. kurzfr. Kapital
Zeitbezug Analyse der Vergangenheit Zukunftsplanung – Monat Zukunftsplanung – Jahr Zukunftsplanung – mehrere Jahre
Datenquelle Bilanz Buchhaltung Produktions- und Absatzplan Plan-Bilanz, Plan-GuV

Übersteigen die finanziellen Mittel beispielsweise die kurzfristigen Forderungen (Zahlungsverpflichtungen), so ist dies ein Hinweis darauf, dass die Zahlungsfähigkeit zumindest am Bilanzstichtag gewährleistet war. Daraus lässt sich folgern, dass die Gefahr von Liquiditätsengpässen in Zukunft zumindest etwas geringer ist. Eine andere Finanzierungsregel besagt, dass betriebsnotwendiges Vermögen (Immobilien, Maschinen, Mindestbestände etc.) durch Eigenkapital und langfristig zur Verfügung stehendes Fremdkapital gedeckt sein sollte.

 

Täglicher Liquiditätsstatus

Neben dieser vergangenheitsorientierten Betrachtung existieren drei Formen der vorausschauenden Finanzplanung, die sich durch den Zeithorizont der Planung unterscheiden. Die kurzfristigste Form ist die Liquiditätsplanung. Sie ermittelt für jeden einzelnen geplanten Geschäftsvorfall die voraussichtlichen Ein- und Auszahlungen auf Tagesbasis. Ausgehend vom aktuellen Finanzmittelbestand (Bank und Kasse) werden die voraussichtlichen Bestände für die folgenden Tage durch die taggenaue Hinzurechnung von Einzahlungen und den Abzug von Auszahlungen ermittelt. Im Falle negativer Bestände können Kontokorrentlinien rechtzeitig ausgedehnt werden oder überschüssige Mittel gewinnbringend angelegt werden. Dieses Verfahren eignet sich für Planungen bis zu einem Monat, da sich Zahlungen bezüglicher ihrer genauen Höhe und des Zahlungszeitpunktes auf längere Sicht nicht mehr zuverlässig genug vorhersagen lassen.

Monatlicher Finanzplan

Aufgrund der abnehmenden Prognosegüte stellt der Finanzplan die Ein-/Auszahlungen eines Monats in einer Summe dar. Unterschieden wird nur mehr nach unterschiedlichen Arten von Zahlungen. So werden beispielsweise sämtliche Auszahlungen infolge des Einkaufs von Material im Finanzplan in einer Zahl ausgewiesen. Informationsbasis für die Planungen sind insbesondere Produktions- und Absatzpläne. Als erstes Ergebnis erhält man im Finanzplan den voraussichtlichen Kapitalüberschuss bzw. -fehlbetrag für jeden Monat des Planungszeitraumes, der zumeist zwölf Kalendermonate beträgt. Da insbesondere Fehlbeträge Anpassungsmaßnahmen nach sich ziehen müssen, werden in einem zweiten Schritt solche Maßnahmen mit eingeplant, die sich auf Posten des Umlaufvermögens (Kasse, Bank, Forderungen etc.) oder die kurzfristigen Verbindlichkeiten beziehen. Am Ende sollte ein für alle Planungsmonate ausgeglichener Finanzplan stehen (>> Abschnitt 4.1.2 in Band 3).

Kapitalbedarfsplanung

Die langfristigste Form der Finanzrechnung ist die Kapitalbedarfsplanung oder Finanzierungsplanung. Sie ist dementsprechend deutlich weniger detailliert als die beiden anderen Formen. Zum einen weist sie nur Jahreswerte aus, und zum anderen beschränkt sie sich bezüglich der Berechnung von Mittelverwendung und Mittelherkunft auf wenige Zahlungskategorien. Aus der Gegenüberstellung von Kapitalbedarf und Kapitalverwendung ergibt sich ein Kapitalüberschuss oder ein Kapitalfehlbetrag. In beiden Fällen gilt es Maßnahmen zur Beseitigung dieser Differenz zu ergreifen. Im Falle eines Fehlbetrages kann dies z. B. die Neuaufnahme von Krediten oder eine Privateinlage sein. Auch der Verzicht auf Privatentnahmen oder Investitionen kann die Finanzsituation eines Unternehmens verbessern. Eine weitere Möglichkeit, die langfristige Finanzierungsplanung durchzuführen, kann auch die Berechnung von Kennzahlen zur Liquidität und zur Finanzierung auf Basis von Planbilanzen sein. Der Planungshorizont der Finanzierungsplanung beträgt dabei mehrere Jahre.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?