Bionik

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beträgt. Die Adern sind weit verzweigt und

bilden große Längsadern für die Sicherung der

Längssteifigkeit und kleine Queradern für die der

Quersteifigkeit. Als Muster erkennt man unregel-

mäßige Vielecke und regelmäßige Vierecke.

Die Flügel sind in Längsrichtung gefaltet, wodurch

nicht nur die Stabilität erhöht, sondern auch die Flugeigen-

schaften verbessert werden. In den Faltentälern bilden sich in-

folge der Luftströmung sogenannte Wirbelwalzen, die den ebenen flachen Flügel

sozusagen zum „Vollprofil“ auffüllen. Damit wird er einem profilierten Vogelflügel

ähnlich, der eine Auftriebskraft entgegen der Schwerkraft erfährt. Wir sehen, wie

Flügelquerschnitt und -profil eines

L

ibellenflügels

S

chnitt

A

A

Zick-Zack-Profil

Vorderkante

Hinterkante

„Wirbelwalzen“ in

Faltentälern führen

zum Vollprofil

A

A

12

mit geringstem Aufwand an Material und durch entsprechende Gestaltung des

Flügels im Zick-Zack-Profil die Luft regelrecht aufgefangen und so ein vortrefflich

günstiges Strömungsprofil erzeugt wird.

An den Flügelenden befinden sich verdickte Einlagerungen, die stabilisierende

Wirkung haben.

Dort, wo die Flügel mit dem Körper verbunden sind, treten infolge der Flügel-

schlagbewegungen große Kräfte bzw. Belastungen auf. Aus diesem Grund ist die

„Einspannstelle“ wie ein versteifter Winkelträger gestaltet. Das erhöht die Stabilität.

Übrigens hat der Hubschrauber-Konstrukteur Igor Sikorski (1887–1972) seine Idee

zur Entwicklung des Hubschraubers aus den Beobach-

tungen des Libellenfluges gewonnen.

Die Bienenwabe ist ebenfalls ein Beispiel für

günstige Materialausnutzung bei minimalem

Materialaufwand. So kann eine extrem leichte

Wabe der Größe 400 x 200 Millimeter etwa

2 Kilogramm Honig speichern, ohne un

-

ter dieser Last zusammenzubrechen. Mit

nur 40 Gramm Wachs sind die Wände

der Wabenkammern nicht einmal einen

Zehntelmillimeter dick. Die Seitenwände

der Zellen bilden Sechsecke, die mit ihren

Böden so verzahnt sind, dass diese enorme

Tragfähigkeit und Stabilität erreicht werden

kann.

Das Sechseck hat gegenüber dem Dreieck und

dem Viereck, bei gleicher Fläche, den kleinsten Um

-

fang und benötigt am wenigsten Baumaterial. Daraus folgt: Durch das sechs

-

eckige Prisma wird das größtmögliche Volumen bei geringstem Wachsver

-

brauch erzeugt.

Auch die Empfindlichkeit mancher Tiere versetzt uns in Staunen. Die Nase

eines Aals ist so empfindlich, dass sie die geringste Menge eines Duftstoffes,

etwa von der Größe eines Streichholzkopfes, auch noch registrieren würde,

wenn diese im Wasser des Bodensees aufgelöst würde. Ein weiteres Beispiel:

Der in der Nordsee beheimatete Katzenhai nimmt noch elektrische Felder

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wahr, die so gering sind, als ob sie von

einer Taschenlampenbatterie erzeugt

würden, deren Plus- und Minuspol

15.000 Kilometer voneinander ent

-

fernt liegen.

S

ende- und

E

mpfangsorgan der Heuschrecke (männlich)

2

1

1

Querschnitt

E

mpfangsorgan

(linkes und rechtes

T

rommelfell in der Mitte)

2

S

endeorgan (

S

chrillader)

Mein „Beinohr“

nimmt durch die beiden Trommelfelle die

Schallwellen auf. So kann ich auch die Richtung der

Schallquelle bestimmen!

14

Interessant ist auch die Tatsache, dass Heuschrecken mit den Beinen „spre

-

chen und hören“ können. So erzeugen die Männchen Schrilltöne, indem die

Schrillader am Oberschenkel der Hinterbeine über die Kanten ihrer Flügel

hinweg streicht. Die Ohren befinden sich in der Schiene des ersten Beinpaares.

Sie funktionieren ähnlich unseren Ohren, sehen dagegen aber völlig anders

aus.

In jüngster Zeit fanden Wissenschaftler heraus, dass die Orientalische Wespe

in der Lage ist, elektrische Energie aus Sonnenlicht zu erzeugen und zu speichern.

Organische Halbleiterkristalle, die wie Solarzellen funktionieren, dienen so für

die Bereitstellung der notwendigen Stoffwechselenergie. Diese Erkenntnisse

könnten die Photovoltaik revolutionieren.

Wenden wir uns dem Phänomen der Geschwindigkeit zu. Das schnellste

Landtier ist der Gepard. In einer Sekunde kann er 25 Körperlängen zurücklegen,

was einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h entspricht.

Eine derartige Spitzenleistung kann aber nur kurze Zeit durchgehalten

werden. Sie kommt durch die Biegsamkeit der Wirbelsäule zustande, die an

der „Antriebsleistung“ beteiligt ist und große Sprünge erlaubt.

Während die Wirbelsäule seiner Beutetiere, beispielsweise die der Antilope,

fast gerade bleibt, krümmt der Gepard seine Wirbelsäule mit Hilfe der Muskel-

bänder wie einen Bogen. Die so gespeicherte Energie kann beim Zurückschnellen

in vortrefflicher Weise ausgenutzt werden.

Die Beine des Geparden werden im Augenblick des Freisetzens der „Spann-

Energie“ nach vorn und hinten katapultiert. Ähnliches ist auch bei Stabhoch

-

Die Photovoltaik beschäftigt sich mit

der

U

mwandlung von

S

onnenlicht

in elektrische

E

nergie mit Hilfe von

Halbleitermaterialien. Die

S

olarzelle

ist ein solcher

E

nergiewandler.

i

Photovoltaik

L

icht

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springern zu beobachten, wenn der Körper durch die freigegebene Energie des

Stabes nach oben bewegt wird.

Bei den Vögeln erreicht der Wanderfalke enorme Fluggeschwindigkei

-

ten. Wenn er in einem Winkel von 30 Grad auf seine Beute hinabschießt,

erreicht er etwa 250 bis 280 km/h. Im Sturzflug schafft er sogar 330 km/h.

Ausschlaggebend ist auch hier, dass der Körper mit angelegten Flügeln zum

Strömungsprofil geformt ist und die Schwerkraft in der relativ dünnen Luft

geschickt ausnutzt.

G

epard

Biologisches

S

ystem

G

emeinsame Funktionen

T

echnisches

S

ystem

Jetzt spanne ich

mit meinen Muskelbändern die Wirbelsäule

und speichere dadurch in ihr Energie!

Jetzt gebe ich die Energie frei.

Dadurch werden meine Vorder- und Hinterbeine

nach vorn und hinten geschleudert. Da kann ich große Sprünge

machen und erreiche dadurch kurzzeitig eine Geschwindig-

keit von 120 km/h!

1

S

pannen

(

S

peichern

von

E

nergie)

2

E

 

ntpannen

(Freigeben

von

E

nergie)

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Beschäftigen wir uns mit erstaunlichen Leistungen der Zugvögel, so wissen

wir, dass Weißstörche zwar in Europa brüten, aber 13.000 Kilometer weit

nach Südafrika fliegen, um dort zu überwintern. Auch der Goldregenpfeifer

legt Entfernungen von der arktischen Tundra bis in die Pampas Argentiniens

zurück.

Bei den Schmetterlingen ist es der Monarchfalter, der riesige Entfernungen

zurücklegen kann. Im Herbst verlassen die Monarchfalter Kanada und über

-

wintern größtenteils in Mexiko oder Kalifornien. Einige dieser Schmetterlinge

fliegen dabei über 3.000 Kilometer weit. Dabei kann ein Monarch an einem Tag

bis zu 130 Kilometer zurücklegen.

Wunderwerke der Natur sind auch auf den ersten Blick unscheinbare Gras- und

Getreidehalme, die bei Sturm schaukeln und nicht brechen. Sie zeigen elastisches

Verhalten. Das bedeutet, dass nach der Beanspruchung der Halm wieder in

seine Ausgangslage zurückkehrt. Schaut man einen solchen Halm genauer an,

so besteht er aus kegelstumpfförmigen Stabelementen. Der Halmdurchmesser

nimmt daher mit zunehmender Höhe ab. Außerdem wird die Stabilität des Hal-

mes gegenüber Windbelastungen durch die unregelmäßige Verringerung der

Abstände zwischen den Stängelknoten von unten nach oben erreicht. So wird

die Elastizität des Halmes mit steigender Höhe bei gleichzeitiger Verringerung

des Halmdurchmessers immer größer.

Körpergestalt zur Verringerung des

S

trömungswiderstandes.

S

trömungsgünstige

Profile sind solche in

T

ropfen- oder

S

pindelgestalt.

A

uch Meeressäuger, Pinguine und

Fische haben solche Körpergestalt,

um sich mit geringem

E

nergieaufwand

fortzubewegen.

i

S

trömungsprofil

17

Übrigens findet man hier Ähnlichkeiten im Pyramidenbau der Pharaonen.

Die Pyramiden in Ägypten können auch deshalb nicht umfallen, weil sie nach

unten immer breiter werden.

Werfen wir noch andere interessante Fragen aus dem „Patent-Arsenal Natur“

auf. Wenn Enten im Winter auf Eis stehen, fragt man sich, warum sie nicht bei

kalten Füßen ins Zittern kommen, wie es bei uns Menschen der Fall wäre. Und

warum entstehen infolge der Körpertemperatur keine Löcher im Eis unter ihren

Füßen? Auch bei Pinguinen wundert man sich über diese Erscheinung. Enten

und Pinguine haben kalte Füße, um Energie zu sparen. Sie haben sozusagen

Wärmeaustauscher in den Füßen.

Kegelförmige

S

tabelemente eines

G

rashalmes

Holmquerschnitt

Ähre

S

tängel-

knoten

G

egenstrom-Wärmetauscher-

Prinzip beim Pinguin

Warm

Kalt

E

is

Mein Gegen-

stromaustauscher mit Schleife

verhindert zu große Wärmeverluste übe

meine Füße – das spart Energie!

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Der Trick bei diesem natürlichen Wärmeaustauscher ist, dass die Körper

-

temperatur zum Fußende immer mehr absinkt – von 38 Grad Celsius im Körper

auf Null Grad Celsius in der Lauffläche

der Füße.

Das fußabwärts laufende Blut gibt

seine Wärme an das körperaufwärts

laufende, gekühlte Blut ab. Da

-

durch gelangt in die Füße kühles

und in den Körper vorgewärmtes

Blut. Dieses Austauschverfahren wird

Gegenstromprinzip genannt.

Wundern können wir uns auch da

-

rüber, wie eine Schlange ein Ei ver

-

schlingt, das ein Mehrfaches ihres

Kopfdurchmessers beträgt.

Die Afrikanische Eierschlange hängt

beim Fressen eines Hühnereies einfach

Biologisches Organ oder technische

Vorrichtung zur

Ü

bertragung von

Wärme von einem Körper höherer

T

emperatur zu einem mit niedrigerer

T

emperatur. Beispiel: Wärmetauscher

im Brauchwasserheizer zur

Nutzung der

S

onnenenergie mittels

S

onnenkollektoren. Der Wärmetauscher

wird innen von der erhitzten Flüssigkeit

des Kollektors durchflossen und gibt

die darin enthaltenen Wärme an die

Oberfläche des

T

auschers ab und das

Wasser wird erhitzt.

i

Wärmeaustauscher

zum Kollektor

zum Ver-

braucher

Kaltwasser-

zulauf

Wärmetauscher

(

R

ohrspirale)

U

mwälz-

pumpe

r

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