Buch lesen: «Aramesh»
BARBARA NAZIRI
Aramesh
Sternenlicht und Katzengold
mit Illustrationen von
SCHIRIN KHORRAM
P&L EDITION
Impressum
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- und Bildteile.
Die Rechte aller in diesem Band abgedruckten Texte liegen bei der Autorin.
Copyright © 2020 bei P&L Edition, ein Imprint von Bookspot Verlag GmbH
1. Auflage
Satz/Layout: Martina Stolzmann
Covergestaltung: Martina Stolzmann
Titelmotiv und Grafiken: Schirin Khorram
E-Book: Mirjam Hecht
Druck: CPI – Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany
ISBN 978-3-95669-146-1
Inhalt
Impressum
Inhalt
Widmung
Gedichte
Liebe
Wurzeln
Begegnungen …
Natur
Politik …
Humor
Die Autorin
Die Illustratorin
Widmung
Ich widme dieses Buch all denjenigen, die mich zu meinen Gedichten inspiriert haben, nämlich den Liebenden, Warmherzigen, Friedfertigen, Unverzagten und Couragierten unserer Zeit, insbesondere Daryoush, der alles in sich vereint.
Gedichte
Liebe
Als ich über die Liebe schreiben wollte,
brach mein Stift und der Wind ergriff
das unbeschriebene Blatt …
Da hörte ich sein Wispern:
Über die Liebe schreibe nicht,
lebe sie!
Verzaubert
Du legst Wärme
in mein Lachen,
Leidenschaft
in meine Augen,
Verlangen um
meinen Mund und
in meinen Gang
die Freude auf Dich.
Berührst Du meine
Saiten, werde ich
zur Violine und
folge der Melodie
Deiner Stimme in die
Zärtlichkeit der Nacht,
gebettet im Zauber
aller Liebenden.
1994
Sei mein,
Geliebter!
Sei mir zugleich
Feuer und Wasser,
liegt doch im Feuer
die Kraft des Seins
und im Wasser
sein Schutz.
Wir
In welcher Sprache ich Dir schriebe,
ob Persisch, Deutsch, es ist doch gleich,
denn Liebe reimt sich nur auf Liebe,
sie füllt die Herzen, macht uns reich.
Sie ist der Inbegriff des Schönen!
Füll mir den Kelch mit rotem Wein,
lass heut ihr Lied für uns ertönen!
Komm, Liebster, schenk mir nochmal ein.
Du bist
der Baum, der meinen Schlaf beschattet,
ein Sturm, der Blut durch meine Adern hetzt,
ein Löwe, der niemals ermattet,
der Quell, der meine Rosenblätter netzt.
Ich bin
der See, in dem Du Dich bespiegelst,
ein Traum, der Deine Sehnsucht weckt,
Dein Brief, den Du mit Gold versiegelst,
Dein Honig, den die Zunge schmeckt.
Wärst Du ein Buch, läs’ ich Dich mit Vergnügen
und küsste blätternd in Dir Blatt um Blatt,
die Liebe spricht aus allen deinen Zügen,
werd’ nie an Dir ermüden, niemals satt.
Wir sind auf dieser Erde Schachfiguren,
die nur die Liebe auf dem Brett berührt,
sie schützt uns, pflanzt in unsere Herzen Spuren
und jeder Schritt zum Herz des anderen führt.
2000
Schattenspiele
Wer malt die Schatten auf den Sand,
die tanzend in der Sonne schweben?
Ach, könnte ich so unbeschwert
nur tanzen durch mein ganzes Leben.
An Deiner Seite
Die Zeit bahnt ihre Wege durch
Deine Haut, auf der ich
mit meiner Fingerkuppe
wandere, bis ich im Lächeln
Deiner Augenwinkel ankomme.
In Deinen Armen verschmelze
ich mit Dir, schlüpfe in Dein Herz,
vertraue dem Pfand Deiner
Worte und dem Schutz
Deines Atems.
Heiter baue ich Wolkenschlösser
im Bernstein Deiner Augen,
ungeduldig die Nacht
erwartend, die Kupplerin
der Entflammten.
Das innere Kind
Ich höre Geflüster, ein Wispern in mir,
ein Stimmchen, das mich leis ermahnt:
»Hast Du mich vergessen? Ich weile in Dir.
Sag, hast Du mich jemals erahnt?
Ich lebe in Dir mit den Wellen der Zeit,
bin im Strom Deines Lebens geschwommen,
Du nimmst mich nicht wahr, bist niemals bereit.
Gern wär’ ich bei Dir angekommen.«
Ich schau in den Spiegel vergangener Jahre.
Mein Kindlein – auf ewig verschwunden?
Wo bleibt sie, die Liebe, die ich nicht erfahre?
Ach, hätt’ ich mich nur überwunden!
Der Blick in die Augen verhindert das Wort,
weil ich nicht mehr auf mich zähle.
Wer bin ich? Wer war ich? Das Kind ging fort
und leer ist das Haus meiner Seele.
Bleibt mir nur die Trauer? Da tönt verhalten
in mir ein Klingen und Singen
mit leisen Worten: Du warst gespalten,
gemeinsam wird es gelingen.
Du hast Dich verleugnet. Was Du versteckst,
ist einfach ein klares Bekennen.
Ich werde Dich heilen, bis Du entdeckst,
wir beide sind nicht mehr zu trennen.
Für den Bildhauer Gerd Jörgens und seine Skulptur:
Das innere schlafende Kind, 2015
Aschengesang
Ich brannte,
um mich neu zu denken.
Beflügelt erhebe ich mich
aus den Flammen,
eingerieben mit der Asche
meiner Erinnerungen.
Meine Worte fließen in
der Vogelsprache, doch
werde ich kein Käfig sein.
Ich werde zum Nest.
Auf dem Flug zur Sonne
reinige ich mein Herz, wasche
es mit den Tränen der Liebe
und werde zum Kelch der
Glückseligkeit …
Leichtfüßig tanze ich im
Kreise der Liebenden,
empfange das Licht, löse
die Fesseln meines Herzens,
entferne die Schlösser
und werde zum Schlüssel.
Magie
Umarme mich an der Pforte meiner
Träume, banne die Schatten einsamer
Stunden und liebkose mich mit der
Heiterkeit eines Sommertages.
Berühre meine Haut, lass sie entflammen
und baue ein Nest zwischen meine Schenkel,
pflücke Küsse von meinen Lippen,
bring sie zum Blühen.
Umkreise heute Nacht mein Lager.
Wir brauchen keinen Wein, um trunken
zu werden, gib mir Deinen Honig,
damit ich mich in Dir erkenne.
Flüstere meinen Namen, wenn unsere
Leiber zum Gesang der Liebe werden
und im wilden Tanz versinken, bis
Morgentau auf unserer Haut glänzt.
Was ist das für eine Nacht, in welcher
der Mond sich an die Sterne erinnert
und der Tag uns zwei Sonnen beschert?
Es ist die Zeit der Liebenden.
2012
Deine Hand
Sanft
liebkost mich
Deine Hand,
schenkt mir Kraft und
Geborgenheit.
Ich möchte mich
winzig klein machen,
um mich in diese Hand
hinein zu kuscheln,
mit dem Wissen, sie
wird mich niemals
fallenlassen oder
so fest halten, dass
sie mir den Atem raubt …
1994
Scherben
Versunken
in den Scherben
meines Traumes,
den Blick verloren
im welken Laub der Zeit,
Erinnerungen,
gesponnen in
verwaiste Netze
auf der Suche
nach Deinen Händen.
Verheißung
Ich wünsche mir, in
den Kokon deiner
Einsamkeit zu schlüpfen,
damit Du den Schleier der
Fremdheit von meinem
Gesicht reißt.
Ich werde mich nicht
täuschen lassen von dem
Stacheldraht, der Dein Herz
umschließt und Dir ein
Gedicht hinein schreiben.
Öffne Deine Sinne
und siehe: Ich bin da,
damit die Flammen
Deines Blickes
meine Haut umfassen.
Schließe Deine Augen
und schmecke den Wein,
in den ich getaucht
Dein Prisma bin und
Dir mit den Farben der
Liebe begegne.
2012
Windworte
Wie ein Licht in dunkler Nacht
helltest Du mir manchen Traum,
hoffend bin ich aufgewacht,
doch uns trennten Zeit und Raum.
Die Gedanken sind geblieben,
doch die Wege gabeln sich,
Worte in den Sand geschrieben,
schon verweht der letzte Strich.
Mit dem Hauch des grauen Windes,
der den Frost des Abschieds trägt,
gleicht mein Lächeln dem des Kindes,
weil mein Herz doch für Dich schlägt.
Unsterblich
Meine Träume
sind Schmetterlinge der Zeit.
Wenn ich sie zu fangen
versuche, sterben sie.
Also forme ich
sie zu Gedichten und
verleihe ihnen Unsterblichkeit,
damit sie in Dir leben.
Die Botschaft
Asche bedeckt mein Herz,
in dem versteckt die Glut
der Liebe schlummert, unser
geheimes Nest der Geborgenheit,
Dich wärmend, wie
meine streichelnde Hand
nachts auf Deinen Schenkeln.
Wir sind frei wie der Wind, und
doch durch zärtliche Umarmungen
aneinander geschmiedet. Mit jedem
Pulsschlag singt mein Blut Deinen
Namen und im Gemach der Liebenden
sehe ich die Schönheit mit
geschlossenen Augen tanzen.
Weicht die Trauer grauen Schatten,
macht die Geliebte den Blinden sehend.
Berauscht vom Wein der Liebe
tanze ich hinter den Schleiern
zum Rhythmus meines Herzschlags.
Wie gern opfere ich meinen Verstand
dem Wandelstern der Liebenden.
2016
Die Stille
Von den Töchtern der Wehmut
liebe ich die Stille, welche
die Beredsamste ist.
Im Schweigen meiner Lippen
warten Küsse, wie reife
Trauben gepflückt zu werden.
Meine Gedanken trage ich zum Feuer
der Hingabe, lasse Flammenzungen
meine Schmerzen lecken.
Von den Töchtern der Wehmut
suche ich die Stille am Quell
versunkener Träume.
Tausend Jahre lang sprachen wir von
der Liebe, doch von der Liebe selbst
hörte ich nichts – außer Schweigen.
Lauschend im Takt meines Herzens,
spüre, fühle, bewahre ich …
Von allen Menschen waren die
Liebenden die Stillsten.
2014
Du
In die Pupille meines Auges
hat die Liebe mit zarter Hand
Dein Bild gezeichnet.
Deine Küsse wecken vergessene
Märchen in mir, lassen Rosen
auf meinen Lippen blühen.
Deine Hände weben mir ein Zelt
aus Geborgenheit, unter dem ich
behütet träume.
Mein Blut singt von Liebe. Hör doch!
Der Trommelschlag meines Herzens
hämmert Deinen Namen!
So wandern wir Hand in Hand durch
die geschenkten Jahre. Doch Du und ich,
wir füllen sie mit Leben – jeden Augenblick!
1990
Lausche
Lausche
den Menschenherzen,
wie sie im Takt
zum Leben schlagen.
Du spürst,
jedes Herz, das
sich in Liebe
öffnet, trägt Licht
in unsere Welt …
Erfroren
In der Winternacht
ist die Blume erfroren.
Sie hatte auf den Frühling gehofft,
auf seine Wärme und Sonne,
die sie zum Leben brauchte.
In der Einsamkeit
bin ich erfroren.
Ich hatte auf Dich gehofft,
auf Deine Liebe und Wärme,
die ich zum Leben brauchte.
2010
Erinnerung
Die Erinnerung an Dich füllte
mein Zimmer mit Licht
und dieses Licht war warm.
Doch vor dem Fenster
lauerte die Kälte.
Als ich das Fenster öffnete
entfloh die Erinnerung
wie ein Spatz in die Finsternis.
In der Stille schwebten Schneeflocken,
sich tanzend umarmend und
bedeckten meine Verlassenheit.
Die aufgehende Sonne leckte
mit ihrer Zunge den Schnee,
leckte gnadenlos, bis
meine Einsamkeit nackt
zum Vorschein kam.
2010
Ohne Gewähr
Meine Liebe war
ein wärmendes
Feuer – nur
für Dich bestimmt,
erloschen
am kalten Wind
Deines Gleichmuts.
Warten
Warten,
dort, wo Sonnen sich erheben,
wo Gedanken
entfliehen und im Morgenrot
verdunsten.
Warten
am Stundenglas bleierner Zeit,
Sterntaler zählend,
Erinnerungen belauschen im
Flüstern des Nachtwindes.
Warten
ist ein Becher herber Wein, den ich
leere, um berauscht
den Atem der Liebe zu trinken und
Dein Spiegel zu sein.
2010
Heilung
Die Heilung
meiner alten Narben
liegt verborgen in
den Winkeln Deines Mundes.
Ich will keinen Kuss.
Sprich …
sprich doch!
Federleicht
Federleicht
schwebt die Liebe
durch die Tiefen meiner
Haut bis in die Kammer
meines Herzens,
füllt sie mit Licht,
lässt mich von
innen leuchten.
Und Freiheit,
meine Nachtigall,
singt darin ihre Lieder,
während Schweigen
meine Lippen verstummen
lässt mit dem Wissen,
auch ungesagte Worte,
finden den Weg zu Dir.
2016
Königin der Nacht
Die Uhr tickt, es wird Mitternacht.
Bleib wach, mein Freund, es naht die Zeit,
entfalten wird in zarter Pracht
die Königin ihr Festtagskleid.
Sie wird den Panzer heute sprengen,
der sie mit Stacheln fest umgibt,
und aus der Dunkelheit, der engen,
für den erblühen, der sie liebt.
Die Worte fliehen, es herrscht Schweigen,
das Wissen um die Liebe ist;
in Anmut wird sie sich verneigen,
vor dem, der sie niemals vergisst.
Zartrosa umhüllt Blütenflaum
nur Liebende in dieser Nacht,
bald endet dieser kurze Traum,
sobald das Morgenrot erwacht.
Das Stundenglas lässt keine Wahl,
schon rieselt Sand, zählt die Sekunden,
welkt auch die Blüte und wird fahl,
nichts stirbt, was Liebe einst gebunden.
2018
Der Kuss
ist der Vulkan des Herzens.
Nicht die Vielzahl ist bedeutend,
sondern das Feuer, das er im
Geliebten erweckt.
Herbstzeit
Ein welkes Blatt sinkt leis herab,
die Felder nackt, die Bäume licht.
Was gestern blühte, sinkt ins Grab,
der Herbst zeigt stürmisch sein Gesicht.
Dem Pochen Deines Herzens lauschend,
wie singend Du von Liebe sprichst …
Komm, lass uns 1000 Küsse tauschen,
bevor Du Deine Schwüre brichst.
So tränk’ ich Zweifel mit den Küssen
Ob alle Liebenden so sind?
Bin wie ein Blatt, vom Baum gerissen,
die Ängste schreib ich in den Wind.
Mein Liebster, lass mich Dir bekennen,
blieb auch manch Träne ungeweint,
nie werde ich das Band zertrennen,
das uns von Anbeginn vereint.
Dem Herbststurm schließe ich die Pforten,
den kalten Frost lass ich nicht zu,
vertraue Dir und Deinen Worten,
Geborgenheit heißt: ich und Du.
2016
Glückliche Momente
Schlaftrunken
öffne ich meine Augen, träume
dem neuen Tag entgegen.
Spatzen tschilpen guten Morgen,
Bienen summen Honigmelodien.
Ein Sonnenstrahl schleicht sich
durch Gardinenmaschen
und kitzelt meine Nase.
Der laue Wind hat sich
hereingeschlichen, streicht zärtlich
über mein Gesicht, Vorhänge blähen
sich wie weiße Segel. Ich öffne alle
Türen – und mein Herz.
Ein bunter Falter
schwebt über dem Lächeln
der Narzissen. Flüsternd raschelt
junges Grün in Erwartung
ungeborener Knospen.
Eine Lerche jubiliert, die Wolken
schmiegen sich wattegleich
an den Himmel.
Da kommst Du. Deine Lippen
gleichen Schmetterlingsflügeln,
lassen die Blume meines
Herzens wachsen. »Willkommen
Frühling! – Immer wieder!«
2009
Geheime Wünsche (Habibi)
Habibi, heute Nacht
schmücke ich mein Lager mit
Blütenblättern, flechte Leidenschaft
ins Netz der Zärtlichkeit, lasse den
Garten meines Herzens erblühen.
Ich bin die Geliebte.
Schau, ich mache mich ganz klein,
kuschele mich in die Geborgenheit
Deiner Hände, um dort sinnestrunken
Deiner Stimme zu lauschen und mich an
Deinem Atem zu berauschen.
Habibi, in der Hitze
der Nacht besteige ich den Vulkan,
werde zur Fackel Deiner Liebe und
beiße flammende Tattoos in Deine Haut.
Während die Süße Deiner Küsse
auf meinen Lippen verglühen und
meine Zunge das Salz Deiner Haut
schmeckt, werde ich, gebettet in
Jasmin und dem weichen
Licht der Mondperle,
Deinen Honig empfangen.
2011
Granatapfel (Anar)
Dort, wo die Sonne
Wolkenschiffe zählt,
wächst Du zugleich
mit Blüte in der Krone.
Wo ich auch war, Du
hast mir stets gefehlt,
Du Liebling, schönster
aller Pomerone!
Du zeigst gespalten
mir Dein Purpurherz,
Rubine leuchten Dir
aus Deiner Brust.
Gespalten bin auch ich
vom Heimatschmerz,
doch gleichsam fühl ich
pure Lebenslust.
Ich bin wie Du, will
meine Sinne spüren,
wenn heiße Winde
meine Locken streichen,
will meinen Liebsten bis
zum Morgenrot verführen
und ihm mit Dir, oh Anar,
meine Botschaft reichen.
2014
Herbstzeitlose
Das Frühlingskleid ist längst verschwunden,
es welkt der bunte Sommerkranz,
den Deine Liebste einst gewunden
und trug bei ihrem letzten Tanz.
Der Herbst lässt alle Blüten sterben,
malt Busch und Bäumen farbig Laub,
hebt spielerisch die Blätterscherben,
die haltlos wirbeln, müd und taub.
An Zäunen wiegen Spinnenweben
sich leis im Takt zum Windgesang,
und flüstern von vergangenem Leben,
als fröhliches Gelächter klang.
Du gehst allein auf stillen Wegen,
die Sehnsucht quält Dich allzu sehr,
aus Deinen Augen tropft der Regen,
ach, Deine Liebste ist nicht mehr.
Es treibt Dich fort zum Totengarten,
bald wird die Sonne untergehen,
nur einmal noch willst Du der Liebsten
in veilchenblaue Augen sehen.
So tief das Schweigen über Steinen,
erwärmt nicht durch den Sonnenstrahl.
Wird Dich denn nichts mehr mit ihr einen?
Ach, niemand lindert Deine Qual.
Doch plötzlich, als ob’s Dich liebkose,
wächst aus dem Grab ein Blümchen Dir
mit lila Wangen, Herbstzeitlose,
ein stiller Gruß von ihr … von ihr.
2015
Der Wanderer
Er sagt, er betet mit den Füßen,
um sich sein Leben zu versüßen,
und wandert durch die halbe Welt,
nachts ruht er unterm Sternenzelt.
Er lebt, so sagt er, in den Schuhen,
die er nur auszieht, um zu ruhen,
und geht die Sonne glanzvoll auf,
beginnt er heiter seinen Lauf.
Sind auch die Wege voller Steine,
ihn treibt im Leben nur das Eine,
selbst mit den Blasen an den Füßen,
wird er die Freiheit stets begrüßen.
So manches Land hat er durchquert,
allein, nicht immer unbeschwert,
wusch sich im Fluss, aß trocken Brot,
ging falschen Pfad im Abendrot.
Als nun das Sonnengold versinkt
und leis noch mal zum Abschied winkt,
spürt er, als er die Nacht durchwacht,
dass seine Freiheit einsam macht.
Am nächsten Tag schnürt er sein Glück
und macht sich auf den Weg zurück.
Die Liebe wartet still im Warmen,
empfängt ihn sanft mit offenen Armen.
für D., 2014
Hinter Mauern
Wie lang schon ertrug ich die trotzigen Mauern,
in deren Schatten Dämonen lauern,
die sich durch jeden Mauerspalt zwängen
und das, was ich liebe, heftig bedrängen.
Sie raunen mir zu: Willst Du Dich entscheiden?
Egal, was Du anstrebst, Du wirst sicher leiden.
So kämpfe ich Tag und Nacht ohne Sinn,
weil ich doch mein größter Gegner bin.
Ermüdet von den alltäglichen Kriegen,
bleibt eines mir nur, mich selbst zu besiegen,
mein Herz zu öffnen, Vertrauen zu fassen
und all meine Ängste loszulassen.
Ein Kelch ist die Liebe, erlesen und rein,
macht Liebende trunken wie purpurner Wein.
Ein Lächeln verschönt Deinen warmen Mund,
besiegelt mit einem Kuss unseren Bund.
Ein Buch, unser Leben, in das wir schreiben,
in dem jede Seite ruft: Komm, Du musst bleiben!
Vertrau auf die Liebe, so süß und so leicht,
Gib Dich und Dein Herz!
Schau – die Mauer weicht …
2013