Trau Dich! Rekorde sind nicht alles.

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Anni Leineweber

Trau Dich! Rekorde sind nicht alles.

Von 0 auf 42,195 Kilometer und dann lächelnd durchs Ziel.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Von 0 auf 42,195 Kilometer und dann lächelnd durchs Ziel.

Auf geht’s!

Gemeinsam wird man stark.

Auf, auf, das nächste Ziel vor Augen!

Zuwachs beim Laufen.

Freude und Leid so nah beieinander.

Zurück am Start, oder doch nicht.

Aller guten Dinge sind drei.

Er ist da, der ganz große Tag.

Das Ziel vor Augen zum Endspurt.

Impressum neobooks

Von 0 auf 42,195 Kilometer und dann lächelnd durchs Ziel.
Von 0 auf 42,195 Kilometer und dann lächelnd durchs Ziel.

Vorwort

Sport ist in aller Munde. Ganz Deutschland bewegt sich, tönt es fast täglich aus allen Kanälen. Was also sollte einen davon abhalten, einfach mitzumachen?

Stimmt. Aber welche Art Bewegung sollte es denn sein, fragte ich mich eines Tages.

Ich bin immer ein Bewegungsmensch gewesen, aber ich könnte ja mal was anderes probieren als Gymnastik oder Schwimmen.

Überall begegnet man Mitmenschen, die joggen. Na, das wäre doch mal was. Und wenn schon Joggen, dann möchte ich auch ein Ziel anstreben.

Ich möchte einen Marathon laufen. Also nehme ich die große Herausforderung an, die ich mir selber stelle.

Den ein oder anderen Leser möchte ich ermutigen, sich ebenfalls zu trauen. Deshalb habe ich meinen ganz persönlichen Weg bis ins Ziel niedergeschrieben.

Anderen Mut machen, das Projekt anzugehen, ist mir wichtig, es einfach tun, ohne auf Rekordzeiten zu achten.

Mit dem Ziel vor Augen alles genießen, ankommen und am Ende „lächelnd durchs Ziel“ laufen, so wünsche ich es mir für meine Leserinnen und Leser.

„Dieser Weg wird kein leichter sein“, singt Xavier Naidoo. Aber der Weg ist zu schaffen und absolut erstrebenswert, weil der „Lohn“ so grandios ist und der Augenblick des Erlebens unbezahlbar auf ewig bleibt.

Ich verfasse keine Trainingsanleitung, sondern es ist einzig und alleine meine persönliche Geschichte, die vielleicht einige motivieren kann, mir nachzueifern. Es ist die Geschichte einer damals Mittfünfzigerin, die manchen Leser anspornen kann, sich den spannenden Weg zum Marathon zuzutrauen. Es ist ein starkes und faszinierendes Erlebnis, was trotz aller Höhen und Tiefen zu schaffen ist!

Meinen Leserinnen und Lesern rufe ich zu: „Trauen Sie sich!“ und wünsche ihnen ganz viel Spaß und Erfolg auf dem Weg zum großen Ziel.

Auf geht’s!
Auf geht’s!

Das Abenteuer Marathon beginnt, wie so oft mit der Materialbeschaffung.

Aber was brauche ich? Eigentlich nichts. Denn ich besitze Sportschuhe, Trainingskleidung, und Übungsgelände gibt es überall.

Aber so einfach war es doch nicht. Ein Blick ins Internet genügte, um mich total zu verunsichern, was Umfang und Art der Ausstattung anging. Was wird einem auf den einschlägigen Seiten nicht alles empfohlen!

Erst mal beim Arzt durchchecken lassen, wird einem ans Herz gelegt.

Also, ich will es ja nicht gleich übertreiben und Höchstleistung erbringen.

Ich bin kein Sesselpupser, sorry, ich will niemandem zu nahe treten, der weit von jeglicher Bewegung entfernt ist, und Sport ist für mich auch kein Fremdwort.

Nie hatte ich bisher gesundheitliche Probleme. Also vertage ich dieses Unternehmen.

Allerdings sollte das jeder für sich entscheiden, denn wenn man sich ungewohnter Anstrengung aussetzen will, gehört ein gesunder Körper dazu. Man will ja was für die Gesundheit tun und sich nicht selber schaden.

Als nächstes geht es um gute Laufschuhe, die die Gelenke schützen.

Okay, das verstehe ich. Aber was sind gute Laufschuhe?

Ein Blick in ein Fachgeschäft zeigt das Problem, denn man steht da wie ein Kleinkind vor dem Adventskalender.

Viel Dämpfung, wenig Dämpfung, Barfußschuh, mit Stütze an der Seite, Mittelfußbrücke usw. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Eigentlich habe ich es immer so gehalten, dass ich einen Schuh anziehe und wenn ich mich wohlfühle, ist es der Richtige. Im Grunde stimmt das auch beim Laufschuh. Allerdings darf man nicht vergessen, dass man einen Laufschuh längere Zeit unter Belastung am Fuß hat und der Fuß sich dabei verändert.

Welcher Schuh für einen der Richtige ist, findet man sicher heraus, wenn man sich genügend Zeit lässt und auch eine gute Beratung hat. Was aber, bei welchem Laufschuh auch immer, wichtig ist: Der Schuh muss groß genug sein. Vergessen Sie Ihre normale Schuhgröße! Am wichtigsten ist, dass vor der großen Zehe mindestens einen Daumen breit Platz ist.

Dann sollte man Funktionskleidung tragen. Also atmungsaktive Kleidung.

Sicher praktisch, denke ich mir, und kaufe eine knielange Laufhose und ein Shirt, ach ja, und im Vorbeigehen dürfen es noch ein Paar Laufsocken sein.

Wofür man sich entscheidet, hängt auch davon ab, ob man im Winter oder im Sommer anfängt zu laufen.

Aber erst mal klein anfangen, sehen, wie weit ich komme und gegebenenfalls später aufrüsten.

Also könnte ich jetzt loslegen. Klar, motiviert bis in die Haarspitzen, ziehe ich meine Errungenschaften an. Begutachte alles mit einem Blick in den Spiegel und finde mich super sportlich. Dann wollen wir mal sehen, ob der Blick nicht trügt.

Also raus ins Freie. Zum Glück wohne ich in der Nähe von Feldern und Wald und kann sozusagen gleich loslaufen. Aber um mich gedanklich ein bisschen einzustimmen, gehe ich die ersten Meter mal gemütlich. Und dann lege ich los.

10 Meter, 50 Meter, 80 Meter und so weiter: Ächz, mir geht die Puste aus, und mein Herz schlägt wie wild. Mahlzeit, das war wohl nix. Ich gehe wieder ein paar Minuten und versuche es erneut.

Gleiches Ergebnis. Nach nicht einmal hundert Metern bleibe ich fast kraftlos stehen und sehe mich um, ob es jemanden gibt, der meine untauglichen Versuche beobachtet. Zum Glück ist keiner weit und breit zu sehen.

Mensch, denke ich mir, so schwer kann das doch nicht sein. So viele Menschen rennen dauernd durch die Gegend, und ich soll nicht in der Lage sein, das auch zu schaffen? Also ein neuer Versuch. Vielleicht eine Minute bringe ich noch zustande und gebe auf. Für heute werfe ich das Handtuch und gehe ziemlich mies gelaunt nach Hause. Kaum zu glauben, aber ich spüre sogar meine Beine, als hätte ich den Mount Everest bezwungen. Unglaublich!

Wieder einmal ziehe ich das Internet zu Rate. Aha, Anfängerfehler, lese ich zu meinem Erstaunen. Zu schnell angelaufen ist des Rätsels Lösung. Zu schnell, na ja. Eine Schnecke, wenn ich denn eine gesehen hätte, hätte ich sicher so gerade noch hinter mir zurückgelassen. Aber gut, kein Problem, das lässt sich regeln. Langsamer geht immer. Zumal es mir eh nicht um Geschwindigkeit geht. Der Weg ist das Ziel und, nicht vergessen, „lächelnd“ durchs Ziel soll es irgendwann einmal gehen.

Ich brauche noch einige Versuche, die mich nicht gerade als Laufgenie ausweisen, aber es wird jedes Mal ein ganz, ganz, ganz klein bisschen besser. Es gibt Tage, da denke ich, alles kein Problem, es läuft im wahrsten Sinne des Wortes, und an anderen Tagen fühle ich mich so was von untalentiert, dass ich denke, ich sollte mich besser nach einer anderen Sportart umsehen.

Aber nein, ich habe mir etwas vorgenommen, und ich WILL es schaffen. Egal, wie lange es dauert. Alles ist möglich, nur eines gibt es nicht: AUFGEBEN!

Ich fasse den Entschluss, mir eine Pulsuhr mit GPS zu kaufen. Sie soll mir helfen, in einem gleichmäßigeren Rhythmus zu laufen, und zeigt mir ebenfalls, wie lange und wie weit ich gelaufen bin. Das macht Laune, weil ich auf diese Weise selbst die kleinsten Fortschritte sehe.

Und das klappt. Ich sehe, wie hoch mein Puls ist, und finde mit der Zeit heraus, bei welchem Pulsschlag ich mich wohlfühle und länger laufen kann, ohne mich total platt zu fühlen. Es gefällt mir, wie ich von Woche zu Woche ein bisschen besser werde.

Nun laufe ich seit etwa drei Monaten, manchmal zweimal die Woche, manchmal dreimal oder auch nur einmal die Woche. Je nachdem, wie es hinkommt, mal morgens, mal abends. Ich schaffe schon Läufe von 30 bis 45 Minuten Dauer. Manchmal gönne ich mir eine kleine Gehpause, um dann wieder locker weiterzulaufen. Na ja, nur die Länge der Strecke ist noch stark ausbaufähig. Wie heißt es so schön: „Was lange währt, wird endlich gut“. Und ganz wichtig, ich habe zwar ein Ziel, aber absolut keinen Zeitdruck.

Gemeinsam wird man stark.
Gemeinsam wird man stark.

Nachdem ich nun schon geraume Zeit meine Runden alleine drehe und überwiegend Läuferinnen oder Läufer sehe, die alleine laufen, wünsche ich mir eigentlich jemanden, mit dem ich zusammen laufen könnte. Klar ist es eine Umstellung. Wenn man alleine läuft, kann man loslaufen, wann immer man gerade Lust und Zeit hat. Wenn man mit jemandem zusammen läuft, muss man sich absprechen und Kompromisse machen. Egal, ich verspreche mir viel davon, wenn ich nicht immer alleine laufe.

 

In meinem direkten Umfeld wüsste ich niemanden, der auch läuft oder wie ich Anfänger ist und den ich fragen könnte.

Schnell finden sich aber, wieder einmal im Internet, Hinweise auf sogenannte Lauftreffs. Dort finden sich Menschen zusammen und teilen ihre Freude am Laufen. Rund um meinen Wohnort gibt es vier Gruppen, die zu den unterschiedlichsten Zeiten trainieren. Das möchte ich ausprobieren. Sicher sind dort auch erfahrene Läuferinnen und Läufer, die mir bestimmt auch den einen oder anderen Tipp geben können.

Also starte ich den Versuch und fahre zum Treffpunkt.

Natürlich bin ich angespannt. Erstens weiß ich nicht, was mich für Menschen erwarten, und zweitens ist offen, ob meine Laufleistung schon für eine solche Gruppe reicht.

Zuerst fällt mir die große Anzahl an Teilnehmer auf. Ein bunt gemischtes Menschenknäuel. Große und kleine, dünne und dicke, junge und ältere. Ebenfalls nehme ich die fröhliche, lockere Stimmung zur Kenntnis. Ich bewege mich auf die Menge zu und bringe ein zaghaftes „Guten Abend“ über die Lippen. Die Resonanz ist minimal. Klar, alle sind irgendwie im Gespräch und achten nicht auf einen Neuling wie mich. Ich fasse meinen Mut zusammen und spreche zwei junge Frauen an, die zusammenstehen, und frage, ob es so etwas wie einen Leiter gibt. „Ja, gibt es, der Herr in dem blauen Trainingsanzug, den kannst du ansprechen.“

Aha, man duzt sich, schließe ich aus der Antwort. Ich steuere auf den Herrn zu und warte brav neben ihm stehend, bis er mich bemerkt und sein Gespräch mit einem anderen Herrn unterbricht. „Guten Abend, mein Name ist Anni, ich bin neu hier und wollte fragen, ob ich hier mitlaufen kann und was die Voraussetzungen sind.“ Er streckt mir mit den Worten „Ich bin der Heinz“ die Hand entgegen, lächelt mich an und heißt mich herzlich willkommen. Seine erste Frage: „Bist du schon mal gelaufen?“ Kurz fasse ich meine bisherigen Aktivitäten zusammen. „Na, das ist doch schon mal was, dann schlage ich vor, du läufst bei der Gabi in der Gruppe mit.“ „Gabiiiii, kommst du mal“, ruft er mit der Hand winkend in Richtung einer etwa Mittdreißigerin.

Gabi kommt umgehend und erfährt, dass ich neu bin und bei ihr mitlaufen soll. „Hallo, ich bin die Gabi.“ „Wie lange läufst du schon, und bist du schon mal eine Stunde am Stück gelaufen?“ Oha, erwischt. Eine Stunde bin ich noch nie am Stück gelaufen. Ehrlich antworte ich, worauf umgehend die Frage nach der längsten Strecke kommt. „So ungefähr fünf Kilometer waren das Längste.“ „Tja, dann müssen wir mal sehen“, erklärt Gabi mir. „Alle Gruppen laufen immer eine Stunde, jede Gruppe in einer anderen Geschwindigkeit, und daraus ergibt sich die Streckenlänge.“ „Meine Gruppe ist die langsamste mit der kürzesten Strecke, wir laufen normalerweise sechseinhalb Kilometer, traust du dir das zu?“ Noch ehe ich antworten kann, ermutigt mich Gabi, es einfach zu probieren. „Aber was ist, wenn ich nicht mitkomme“, frage ich zögerlich. „Ach, wir versuchen es, wenn du willst, und wenn es nicht läuft, sagst du mir Bescheid, und dann sehen wir mal.“ „Okay“, reagiere ich kurz und knapp.

Aus der Ferne kommt der Aufruf zum Sammeln. Alle gehen näher zusammen, und Heinz begrüßt alle zum Trainingsabend. Es folgen ein paar Informationen zu Terminen und die Einteilung in die Gruppen. Dann ergreift eine andere Sportlerin das Wort und fordert die Teilnehmer auf, sich etwas zu verteilen, damit vor Beginn der Läufe ein paar Dehnübungen gemacht werden können. Insgesamt gefällt mir das alles schon sehr gut, aber ich bin gespannt, wie ich gleich durch die Stunde komme.

Gabi gibt das Zeichen zum Start.12 Läuferinnen und Läufer zählen zu „meiner“ Gruppe. Ich bin also die dreizehnte, sicher ein gutes Zeichen. Aber was mir gleich auffällt, ich bin mit Abstand die Älteste in dieser Gruppe. Ob mir das zum Verhängnis wird? Langsam setzen sich nach und nach die einzelnen Gruppen in Bewegung. Die Schnelleren sausen an uns vorbei. Wir „traben“ ganz gemütlich an. Es bilden sich kleine Grüppchen, und es wird gequatscht, nur ich bin mit mir beschäftigt und ganz still. Die Gruppe zieht sich in die Länge, ich befinde mich eher in der Mitte.

Gabi hat die Gruppe im Auge und läuft hinten. Plötzlich ist sie neben mir und erkundigt sich nach meinem Befinden. „Erstaunlich gut“, antworte ich wahrheitsgemäß. „Lauf immer ganz ruhig und gleichmäßig weiter, dann klappt es schon“, gibt sie mir mit auf den weiteren Weg. Dann sagt sie zu zwei Läuferinnen, die in etwa auf meiner Höhe laufen: „Nehmt doch bitte Anni mal in eure Mitte, sie läuft noch nicht so lange und kann ein bisschen Unterhaltung gebrauchen.“ „Klar, warum nicht?“ kommt prompt die Antwort und schon bin ich „eingekreist“. „Hallo, ich bin die Bea und ich die Margret“, stellen sie sich kurz vor. „Klappt doch ganz gut“, bauen sie mich gleich noch auf. „Danke, ich gebe mein Bestes“, antworte ich erstaunlich locker.

Es beginnt eine lose Unterhaltung, und wir tauschen uns über Lauferfahrung, Ziele, Erfolge und Niederlagen aus.

Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, dass wir schon etwas über drei Kilometer und knapp eine halbe Stunde unterwegs sind. Ich erwarte so langsam die ersten Anzeichen von „Ich kann nicht mehr“, aber sie bleiben aus. Die Unterhaltung lenkt mich so sehr ab, dass ich gar nicht merke, dass ich laufe und laufe und laufe, wie ein VW. Jedenfalls stelle ich für mich fest, dass mit anderen zu laufen entspannender ist. Wenn ich alleine laufe, denke ich fast über jeden Schritt nach und spüre die Anstrengung. Jetzt ist von all den Gedanken keiner da. Es macht richtig Laune.

Plötzlich, was ist das, wir sind auf der „Zielgeraden“. Der Startpunkt ist zu sehen und kommt Schritt für Schritt näher. Ich fasse es kaum und sehe auf meine Uhr. Tatsächlich, die Stunde ist schon um, und das bedeutet auch, dass ich tatsächlich 6,5 Kilometer gelaufen bin. Juhu, so kann es weitergehen.

Im Ziel danke ich Bea und Margret, dass sie mich so nett abgelenkt haben, und füge noch hinzu, dass ich mich freuen würde, wenn wir nächste Woche wieder zusammen laufen könnten. Die beiden sagen nur „Klar, wir sind hier“ und verabschieden sich, wie die meisten. Andere machen Dehnübungen oder stehen noch zusammen. Ich gehe zu Gabi und möchte mich für die Unterstützung bedanken.

Doch ehe ich was sagen kann, spricht sie mich schon an. „Na zufrieden, kommst du wieder?“ „Ja, ich komme wieder, ich möchte mich ganz herzlich für die freundliche Aufnahme und Unterstützung bedanken.“ „Dafür machen wir das“, antwortet Gabi mir, „und wir freuen uns über jeden, der das Angebot annimmt.“ „Danke, Gabi, schön, dass es so etwas gibt, vielen Dank und schönen Abend noch. Bis nächste Woche dann.“ „Ja, tschüss, ebenfalls.“

Ich spüre meine Beine, aber ich bin nicht so kaputt, wie ich befürchtet hätte. Fröhlich fahre ich nach Hause und freue mich schon auf nächste Woche. „Na, wie war‘s, lass dich ankucken“, empfängt mich mein Mann Theo erwartungsfroh. „Klasse“, sage ich, „das hat richtig Spaß gemacht, und ich bin tatsächlich sechseinhalb Kilometer gelaufen“, berichte ich euphorisch. „Na, das hört sich doch gut an, dann weiter so“, sagt Theo. „Darauf kannst du dich verlassen, aber ich gehe erst mal eben duschen.“ Der Abend verläuft gemütlich und zufrieden.

Da mir einmal die Woche laufen zu wenig ist, mache ich zwei Tage Pause und schnüre dann wieder meine Laufschuhe.

Dieses mal wieder alleine, aber dafür mit meinem MP3-Player, der mir mit Musik etwas auf die Sprünge hilft und mir das Laufen ebenfalls entspannter, wie bei einer Unterhaltung, vorkommen lässt.

Es geht von Mal zu Mal besser. Ich mache von Woche zu Woche Fortschritte, und die Lauflust hat mich richtig gepackt.

So nach und nach verändere ich mein Training. Wenn ich in der Gruppe laufe, geht es um Gesellschaft und Ausdauer. Wenn ich alleine laufe, versuche ich immer mal wieder einen Spurt einzulegen, und laufe mal ca. 100 Meter, so schnell ich kann. Ein anderes Mal nehme ich mir Strecken vor, die auch ein paar Steigungen haben, und versuche, die zu meistern. Der Erfolg ist recht unterschiedlich. Mal bin ich zufrieden, mal eben nicht. Das gehört einfach dazu. Im Großen und Ganzen sehe und spüre ich aber stetige Verbesserungen.

Nun laufe ich schon ein halbes Jahr, und es ist Sommer geworden. Bei herrlichem Wetter macht das Laufen noch mal so viel Spaß, aber auch durstiger. Meine Streckenlängen und Zeiten schaffe ich noch gut, ohne zu trinken. Aber hinterher schmeckt meine Apfelschorle noch mal so gut.

Wenn man länger unterwegs ist, sollte man sich doch etwas zu trinken mitnehmen.

Trinken ist wichtig, wenn man sich anstrengt und schwitzt. Darauf ist unbedingt zu achten, wird auch in der Laufgruppe immer wieder betont.

Es ist mal wieder Dienstag, und ich fahre zum Lauftreff. In den letzten vier, fünf Wochen konnte ich fast immer an der Spitze der Gruppe laufen, so leicht fiel es mir.

Ich stelle mich wie immer zu den Leuten, mit denen ich in der Gruppe bin, und wir erzählen, als Gabi sich dazu gesellt. „Hört mal, Leute, wir haben fünf neue Teilnehmer für diese Gruppe, sie wird mir langsam zu groß, kann nicht der ein oder andere in die nächsthöhere Gruppe wechseln?“, fragt sie in die Gruppe. Zwei Läufer erklären sich sofort bereit, und eine Läuferin, Bea, will es dann auch mal probieren. Darauf wendet sich Gabi an mich und meint: „Mensch, Anni, du bist doch schon so gut geworden, ich denke, du solltest es auch versuchen.“ „Ich weiß nicht, wie weit laufen die denn?“, frage ich zweifelnd. „10 km, die schaffst du, da bin ich sicher“, fügt sie bestärkend hinzu. Es lockte mich schon, denn ich hatte ab und an mal, an guten Tagen, das Gefühl, dass ich noch etwas weiter hätte laufen können. „Na gut, ich versuche es.“

Hier leitet Peter die Gruppe. Ein kurzes „Hallo, ich bin die Neue“ wird von Peter mit den Worten „Na, so neu bist du ja auch wieder nicht“ abgetan. So ist das, man sieht sich, man grüßt sich und schon gehört man dazu. Kein Fremdeln, keine Ablehnung, hier sind alle gut drauf, mit Spaß dabei und jeder wird herzlich aufgenommen.

Wieder Sammeln, wieder Termine und Infos, wieder Dehnen, und los geht’s. Langsam wird angelaufen, und so ganz peu à peu wird das Tempo angezogen. Oh, oh, ob das gutgeht? Ich falle zurück und bin die Letzte im Tross. Dann auch noch eine winzige Steigung, und mir geht die Puste aus. Peter läuft weiter vorne und unterhält sich mit den anderen. Ich bleibe zurück und fange an zu gehen.

Die Gruppe entfernt sich mehr und mehr von mir. Keiner vermisst mich, denke ich. Aber siehe da, Bea und ein Läufer, Udo, die mit mir in diese Gruppe gewechselt sind, kommen zurück und nehmen mich in die Mitte. „Ist alles in Ordnung?“ fragt mich Bea. „Na ja, in Ordnung wäre anders, mir fehlt die Puste, vielleicht doch etwas zu hoch gepokert“, antworte ich. „Das hat man schon mal, heute ist es auch ziemlich warm“, sagt Udo zu mir. „Komm, versuch es noch mal, wir schaffen das, wir sind auch froh, wenn wir etwas langsamer laufen können, ist doch egal, wann wir ankommen.“

Gemeinsam sind wir stark, stelle ich fest. Es geht in Gesellschaft gleich wieder besser. Trotzdem, noch einmal verlässt mich auf der Strecke die Kraft, noch einmal bitte ich darum, ein paar Meter gehen zu dürfen. Wir gehen alle ein Stück, und wir kommen gemeinsam ans Ziel. Zwar haben wir gut eine Viertelstunde länger gebraucht, aber es ist vollbracht. Kein Grund, Frust zu haben, so ist das beim Laufen. Die Tagesform entscheidet, das werde ich noch öfter erleben. Unterm Strich bleibt der Stolz, die 10-Kilometer-Marke geknackt zu haben.

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