Urlaub - jetzt komm ich!

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Urlaub - jetzt komm ich!
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Anne Wunderlich

Urlaub - jetzt komm ich!

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Urlaub

Einleitung

Kollegium

1. Tag

1. Tag - Flughafen

1. Tag – Flugzeug

1. Tag – Endlich da!

1. Tag - Ankommen

1. Tag - Abendprogramm

2. Tag

2. Tag - Mittag

2. Tag - Informationsveranstaltung

2. Tag - Abend

3. Tag

3. Tag - Plateau

3. Tag - Ausruhen

3. Tag - Kaufverhalten

4. Tag

4. Tag – Massage

4. Tag – Strand

4. Tag - Kamelritt

4. Tag - Strand

4. Tag – nach dem Abendessen

5. Tag

5. Tag - Plateau

5. Tag - Strandspaziergang

5. Tag - Abend

6. Tag

6. Tag - Quadtour

6. Tag - Bazar

6. Tag - Abendessen

7. Tag

7. Tag - Strand

7. Tag - Mittag

7. Tag - Abend

8. Tag

8. Tag - Landung

Resümee

Nachwort

Impressum neobooks

Urlaub

Urlaub

Ich packe meinen Koffer ein,

denn schon bald werde ich im Urlaub sein.

In den Süden fliege ich,

ganz alleine, ohne dich.

Die Auszeit von dem Alltag gilt nur mir,

natürlich bleibe ich in Gedanken bei dir,

doch nun gilt es erholen, ausruhen und genießen,

die schönen Eindrücke für immer in meinen Herzen einzuschließen.

So stehe ich vor dem Flughafengebäude,

überall um mich herum ganz viele Leute.

Schnell den richtigen Check-in-Schalter gesucht,

hin- und hergerannt, dabei ganz viel geflucht.

Zahlreiche Blicke geerntet, die Papiere vorgezeigt, den Koffer abgeben,

die restlichen Sachen auf das Gebäckband legen,

die Personenkontrolle überstehen

und dann kann es auch schon losgehen.

Ich bin schon ganz gespannt auf meine große Reise,

werde sie voll und ganz auskosten, auf meine Weise.

Das Flugzeug startet und bringt mich an mein Ziel,

ich hoffe auf Sonne, Meer und Palmen – von allem ganz viel.

Voller Euphorie stehe ich nun da,

der Traum, hier zu sein, ist nun wahr.

Nun kann ich alles auskosten und nutzen,

brauche die nächsten Tage nicht kochen oder putzen.

Einfach faul sein, relaxen und die Seele baumeln lassen,

kulinarisch genießen und den warmen Sand anfassen.

Fühlen, hören, schmecken, tasten - alle Sinne kommen zum Einsatz

und schließe die Wahrnehmungen ein wie ein Schatz.

Nun liege ich am Strand,

unter mir der warme, weiße Sand,

vor mir das türkisblaue Meer mit seinem Wellenrauschen -

am liebsten würde ich gar nicht mehr aufhören, zu lauschen.

Umgeben von Palmen und in der Hand eine Kokosnuss,

gibt mir das mediterrane Flair einen Kuss.

Ich bleibe für immer hier,

denn hier gefällt es mir.

Leider endet der schönste Urlaub irgendwann,

doch die Erinnerungen bleiben, ich glaube fest daran.

Ich tröste mich, denn schon bald heißt es wieder:

Urlaubszeit, Koffer packen und einsteigen in den Flieger.

Einleitung

Ich, Lena Müller, fünfundzwanzig Jahre alt, ledig, liiert, keine Kinder, stand beruflich noch am Anfang meiner Karriere und war dennoch mittendrin. Die Ausbildung zur Industriekauffrau absolvierte ich erfolgreich und mein Ausbildungsbetrieb bot mir die Chance zur Übernahme nach bestandener Prüfung. Zuerst für zwei Jahre. Danach erhielt ich aufgrund einer Projektbetreuung einen Vierjahresvertrag, in dem ich mich gerade befand. Die jeweiligen Befristungen störten mich persönlich nicht und nahmen keinerlei Einfluss auf meine Arbeitsweise oder Arbeitseinstellung. Ich ging dem nach, was mir Spaß machte und war dabei sehr zielstrebig und voller Enthusiasmus. In der Firma war ich etabliert und angekommen. Ich galt als eine geschätzte, erfahrene und fleißige Angestellte und erfreute mich bei meinen Kollegen großer Beliebtheit. Das Projekt forderte mich sehr, in welchem ich gleichzeitig aufging. Zu jeder Zeit konnte ich mich beweisen und zeigen, welche Fähigkeiten in mir steckten. Gerne nahm ich Überstunden in Kauf, welche Gang und Gebe waren. Selbst die Wochenenden verbrachte ich am Laptop. Mein Büro mutierte immer mehr zu meinen Zweitwohnsitz. Der Job rückte in den Vordergrund, gefolgt von meinem Freund. Erst dann kam meine Familie und Hobbys. Eine Selbstverständlichkeit für mich. Freizeit zählte in meinem Wortschatz unter die Rubrik Fremdwörter. Außenstehende bezeichneten mich nicht als krank, zumindest noch nicht, und dennoch war ich kurz davor, das Verhalten eines Süchtigen aufzuweisen. Behielten sie Recht, würde mir die Inanspruchnahme einer psychologischen Behandlung bevorstehen, für die ich allerdings keinerlei Zeit hatte. Immerhin war ich mit Arbeiten beschäftigt. Ein Teufelskreis! Auf eine halbe Stunde Therapie mal zwischendurch in der Mittagspause oder beim Durchforsten der Aktenberge, darauf konnte ich gut und gerne verzichten.

Trotz der wenigen Zweisamkeit stand mein Freund

Michael voll und ganz hinter mir. Ironisch gemeint, stichelte er immer wieder: „Du verwandelst dich zu einer Workaholicerin, aber ich liebe dich trotzdem.“

Michael arbeitete im 3-Schicht-System und empfand die Situation, dass wir uns oftmals tagelang überhaupt nicht sahen, als vorteilhaft. Somit konnte er ungestört nach der Spätschicht ausschlafen beziehungsweise sich vor der Nachtschicht in Ruhe ein paar Stunden Schlaf gönnen. Daher machte es für unsere Beziehung keinen Unterschied, ob ich bis spät abends im Büro saß oder eben nicht. Wären wir bereits damals ehrlich zueinander gewesen, hätten wir uns selbst einstehen müssen, dass wir zu diesem Zeitpunkt schon nebeneinanderher gelebt haben und dies auf Dauer nicht funktioniert.

Manchmal kommt die Einsicht aber erst Jahre später.

Michael und ich führten eine langanhaltende Beziehung. Wir kannten uns bereits von klein auf, besuchten gemeinsam die Grund- und später die Realschule. Zwischen uns gab es nie Streit oder Hänseleien.

Gerade im Schulalter sind Neckereien ein ganz großes Thema. Nicht nur zwischen Jungs und Mädchen, auch unter den Geschlechtern. Jeder will sich behaupten und vor seinen Mitschülern zeigen, was derjenige kann. Wenn nicht mit schulischen Leistungen, dann mit den neuesten Markenturnschuhen oder dem teuersten Handy. Gesponsert von den Eltern, versteht sich. Prestige ist manchmal alles. „Hast du nichts und kannst du nichts, dann bist du nichts!“ Zu oft habe ich diesen Satz in meiner gesamten Schulzeit von Kindern zu anderen Kindern sagen hören, was ich als schlimm und für Nonsens empfand. Erst recht im Pubertätsalter. Wenn nicht nur die ersten Haare an Körperstellen sprießen, wo man es nie vermutet hätte, sondern auch die ersten Mitesser die Gesichter zieren oder das Silber der Zahnspangen bei jedem Lächeln hervorblinkt, dann fangen die Hänseleien so richtig an. So gerne ich in die Schule ging, umso beruhigter war ich täglich nach Unterrichtsschluss, wenn mich meine Mitschüler von ihren Belustigungen

 

glücklicher Weise verschont hatten. Falls doch jemand das Wort gegen mich erhob, war Michael an meiner Seite und verteidigte mich vehement, fast schon mehr wie ein großer

Bruder, statt als Freund. Dies änderte sich schlagartig in der zehnten Klasse, denn da funkte es zwischen uns. Auf einmal spürten wir, dass wir uns gegenseitig nicht mehr als gute Kumpels sahen. Plötzlich waren Gefühle im Spiel. Dies passierte an einem späten Nachmittag, als ich mich für die Schülerzeitung kreativ austobte. Im Klassenzimmer, an meiner Bank sitzend, den Laptop aufgeklappt vor mir und Michael dicht neben mir sitzend, führte ich mit ihm ein Interview bezüglich des Fußballteams der Schule durch. Meine Aufgabe bestand darin, einen Artikel zu schreiben, in welchem ich die einzelnen Spieler vorstellte, der einen Rückblick auf die Spielsaison sowie Informationen der zukünftigen Ziele gab. Als Kapitän des Fußballteams kannte er sich hervorragend aus und versorgte mich mit Insiderwissen. Dies half mir ungemein. Er berichtete, ich schrieb. Mit viel Spaß und großem Eifer kamen wir der Aufgabe nach. Wie so oft, wenn wir zusammen waren. Die Chemie zwischen uns passte einfach.

Vertieft in das Zusammentragen der Fakten und in das Beenden des letzten Satzes des Artikels überkam mich Stolz. Das Werk war vollbracht und ich sehr zufrieden. Vor Freude fiel ich Michael um den Hals. „Wir haben es geschafft!“, jubelte ich und ergänzte weiter „Dank deiner Hilfe!“. Wir hielten einen kurzen Moment inne und als wir uns aus der Umarmung lösten, geschah es. Wir blickten in die leuchtenden und strahlenden Augen des jeweils anderen. Wir verharrten vor Nervosität. Alles und Nichts ging mir gleichzeitig im Kopf umher. Mein Herz raste. Mein Fuß wippte auf und ab. Die Welt um mich herum stand still. Ich traute mich kaum zu atmen, um die Stille und somit den Augenblick nicht zu zerstören. Obwohl ich ihn in- und auswendig kannte und ihn mit verbunden Augen detailliert beschreiben hätte können, musterte ich jede Gesichtspartie und hoffte insgeheim, dass er dies nicht bemerkte. Sein Gesicht war in meinem Gedächtnis eingebrannt und dennoch sah ich ihn gerade so an, als würde ich ihm das erste Mal gegenübertreten. Bewusster. Jede einzelne Wimper, das Farbmuster seiner Augen, die Kontur seiner Lippen, die Form seines Kinns, einfach alles inspizierte ich. Diese bislang flüchtige Wahrnehmung und Einprägung wandelte sich in diesem Augenblick zu einer ausführlichen Untersuchung. Mein Herz schlug noch schneller, als Minuten zuvor. Tief blickten wir uns in die Augen. Was war nur los mit mir? Was geschah in diesem Moment? Michael streifte eine Haarsträhne aus meinem Gesicht hinter das Ohr und verweilte mit seiner Hand in dieser Position. Sanft zog er meinen Kopf zu sich, so dass wir uns immer näher kamen und mein Herzschlag förmlich explodierte. Meine Hände wurden eiskalt und feucht zugleich. So nahe, wie zu diesem Zeitpunkt, sind wir uns vorher noch nie kommen. Bevor ich auch nur ansatzweise in irgendeiner Form hätte reagieren können, presste er auf einmal seine Lippen auf meine. Er küsste mich. Ja, er küsste mich tatsächlich! Sehr überrascht und überrumpelt, ließ ich es dennoch zu. Ich schloss meine Augen und genoss. Mein erster Kuss mit Michael. So schön und gefühlt eine halbe Ewigkeit lang. Mir wurde ganz warm. In meinem Bauch kribbelte es. Seine Lippen waren so weich und er schmeckte so gut. Selbst wenn das Klassenzimmer mit unseren Schulkameraden gefüllt gewesen wäre, hätte ich sie in diesen Sekunden völlig ausgeblendet. Das Ringsherum vergaß ich, bis er sich von mir löste und mich fast schon durchbohrend anschaute. Irgendetwas war anders. Tief in meinem Inneren waren mehr Gefühle vorhanden, als ich bislang angenommen hatte. Eindeutig, meine Hormone mussten verrücktspielen! Eine andere Erklärung gab es bei diesem eher skurrilen Bruder-Schwester-Verhältnis-Kuss nicht. Doch, eine schon: Liebe! Es war um uns geschehen. Wir verbrachten von Beginn bis zur Fertigstellung des neunseitigen Artikels viel Zeit, um genau zu sein drei Wochen, in denen wir uns einfach ineinander verliebten, ohne es zu bemerken.

Aus langjährigen Freunden wurde eine gefestigte Beziehung, die nach wie vor anhielt, denn auch nach der Schulzeit trennten sich unsere Wege nicht. Wir fanden beide eine Ausbildung in unserem Heimatort und nach Abschluss unserer jeweiligen Ausbildungen und Übernahme in den Firmen beschlossen wir, zusammenzuziehen. Unsere erste gemeinsame Wohnung. Ich weiß noch, wie aufgeregt wir beide waren, als wir unseren Eltern von unserer Entscheidung erzählten. „Unser kleines Mädchen wird erwachsen“, meinte mein Papa zu meiner Mama. „Habt ihr euch das gut überlegt?“, fragte er immer wieder nach. Ja, das hatten wir! Wir waren zwar jung, aber Michael trat schließlich nicht erst gestern in mein Leben. Unsere Eltern kannten sich ebenfalls schon seit eh und je und von daher bestand keine Frage oder Zweifel in unserer Entscheidung. Wir liebten uns und wir wollten eine gemeinsame Zukunft bestreiten. Etwas wehmütig stimmten beide Elternpaare unserem Plan zu und versprachen, uns in jeglicher Hinsicht zu unterstützen.

Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als Michael den Schlüssel unserer ersten Wohnung im Schloss umdrehte und wir den Schritt in unsere gemeinsame Zukunft gingen. Eine drei Raum Maisonette-Wohnung konnten wir als unsere Eigene bezeichnen. Mit einem großen Balkon mit Blick über die Häuserdächer Richtung Fernsehturm und einer großen Einbauküche mit einer Kochinsel. Die Möbel für unsere Wohnung ergatterten wir im Vorfeld nach stundenlangem Suchen in verschiedenen Möbelhäusern. Pastelltöne zierten die Wände und diverse Grünpflanzen und Dekorationsartikel fanden ihren Platz. Wir hauchten der Wohnung unser Leben und unseren Stil ein. Wir fühlten uns sehr wohl, harmonierten und unser Zusammenleben funktionierte.

Glücklich waren wir, bis zu jenem Tag, an dem mich mein Vorgesetzter in sein Büro rief. Aufgeregt und angespannt betrat ich dieses. Einen Fehler gemacht zu haben - dessen war ich mir nicht bewusst. Was wollte er daher mit mir besprechen? Herr Hoyer erwartete mich bereits und bot mir den Platz ihm gegenüber an, den ich mit einer ganz unschuldigen Miene einnahm. Er setzte seine Brille ab und warf noch einmal einen prüfenden Blick auf die Unterlagen, welche sich vor ihm auf dem Schreibtisch befanden. Im Anschluss blickte er wieder zu mir auf. Ich hingegen spielte nervös an meinem Kugelschreiber, den ich in den Händen hielt. Dessen Mine klickte ich rein und raus und wieder rein und raus. Dies war bestimmt nervig für mein Gegenüber, aber es lenkte mich von meiner Aufregung ab und das war das Einzige, was in diesem Moment für mich zählte.

„Frau Müller, schön, dass Sie so schnell meiner Einladung gefolgt sind“, eröffnete er das Gespräch.

„Natürlich“ erwiderte ich ihm und dachte insgeheim: „Ich habe ja auch keine andere Wahl.“

„Wie Sie wissen, war ich in der Vergangenheit mit Ihrer Arbeit immer sehr zufrieden ...“

Da musste ich ihm nickend zustimmen. Das war er und das sagte er mir auch immer wieder. Herr Hoyer zählte zu den Chefs, die mit Lobhymnen um sich warfen, wenn dies aufgrund der Leistung seiner Angestellten berechtigt war. Wertschätzung - eine ausgesprochene tolle Sache!

Umso verunsicherter war ich jetzt, was mich erwarten würde. Eins stand fest, wenn Herr Hoyer das Gespräch so begann, verhieß das nichts Gutes. Dafür war ich bereits lange genug hier tätig, um sein Verhalten und diese Situation einschätzen zu können, was mich gerade sehr unruhig stimmte.

„... Sie haben wirklich hervorragende Arbeit geleistet und das Projekt hat viel Zuspruch bekommen, nur leider ...“ Er machte erneut eine kurze Pause, holte tief Luft und fuhr mit einem bedauernden Klang in seiner Stimme fort.

„... wurden die Fördermittel für das Projekt unerwartet gestrichen.“

Ich wollte schlucken, aber mir blieb sprichwörtlich ein Kloss im Hals stecken. „Und das bedeutet?“, fragte ich misstrauisch nach.

„Frau Müller, ich muss aufgrund der Tatsache und der generellen Sachlage Ihren Arbeitsvertrag auslaufen lassen und kann diesen somit nicht verlängern. Ich sehe derzeit leider keine anderen Möglichkeiten einer Einstellung, da alle Planstellen besetzt sind. Es tut mir wirklich leid. Ich verliere Sie nur ungern als Mitarbeiterin, aber ich sehe selbst nach Rücksprache mit dem Personalrat keinerlei andere Optionen.“ Wieder machte er eine kurze Pause und zog ein Blatt Papier aus seinen Aktenberg hervor. „Sie haben noch einige Tage Urlaubsanspruch sowie zahlreiche Überstunden. Ich bitte Sie, diese alle ab sofort zu nehmen.“ Er drehte das weiße Blatt Papier mit vielen schwarzen Zahlen zu mir um, so dass ich einen Blick darauf riskieren konnte. „Wenn Sie ihren Anspruch wahrnehmen, kommen Sie genau bis zum Vertragsende hin und somit erübrigt sich eine vorzeitige außerordentliche Kündigung. Bedenken Sie, das macht sich in Ihrem Lebenslauf besser und außerdem wird Ihr Lohn fortgezahlt.“ Er stand auf und reichte mir das Blatt Papier. „Hier haben Sie noch einmal die Aufstellung. Ich bitte Sie, heute noch Ihren Schreibtisch zu beräumen und morgen erwarte ich Ihren Büroschlüssel sowie alle betriebseigenen Dokumente und Materialen zurück.“ Dann zeigte er mir mit seiner rechten Hand zur Tür. Mir fehlten die Worte. Ich war sprachlos. Herr Hoyer führte erfolgreich sein Entlassungsgespräch, bei welchem er keine Luft ranließ und selbst wenn ich mich hätte äußern wollen, mir die Chance für einen Einwand oder Nachfragen somit verweigerte. Er ließ keinen Raum dafür.

Ich saß da. Ich saß einfach nur da. Wie benommen war ich. Fassungslos. Das war ein schlechter Scherz, oder? Irrte ich mich im Monat und heute war der erste April?

Skeptisch und verwirrt suchten meine Augen einen Punkt im Büro, der mir Aufschluss geben konnte. Nur fand ich diesen nicht. So bliebt nur das verdutzte Starren auf das Blatt Papier. „Das war´s? Einfach so?“, dachte ich. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Das konnte doch gar nicht wahr sein! Von jetzt auf gleich sollte ich meinen Job verlieren? Ich habe erst gestern noch bis zwanzig Uhr in der Firma gesessen und an dem Projekt gearbeitet. Jetzt sollte alles vorbei sein? Herr Hoyer wusste wohl gestern noch nicht, dass die Fördermittel gestrichen werden! Und warum überhaupt? Fast vier Jahre habe ich erfolgreich daran gearbeitet, warum werden nun, kurz vor Beendigung die Mittel gestrichen? Hatte ich etwas übersehen? Wurden die Auflagen nicht ordnungsgemäß erfüllt? Wenn dies der Fall wäre, warum hatte mein Vorgesetzter nicht eher mit mir das Gespräch gesucht? Und was wird mit meinen anderen Kollegen? Werden sie auch alle entlassen?

Ich wurde wütend und zornig zugleich. „Bestimmt habe ich das geträumt. Ja, das wird es sein“, dachte ich. Garantiert lag ich noch in meinem warmen Federbett zu Hause und schlummerte vor mich hin. Einen ziemlich schlechten und fiesen Traum. So kam es mir zumindest vor. Ein Alptraum. Nur leider war es keiner. Ich vernahm anfangs eine leise Stimme, die immer lauter wurde und mich aus meinen Gedanken riss.

„Frau Müller? Frau Müller? Frau Müller?“ Ich blickte auf. Herr Hoyer stand vor mir und zeigte immer noch gen Tür. Die Realität holte mich ein. Er hatte dies alles tatsächlich gerade gesagt und das Schlimme war, auch so gemeint.

Ich erhob mich mit zittrigen Knien, nahm das Blatt Papier und den Kugelschreiber. Langsam trottete ich zur Tür, sah beim Vorbeigehen noch einmal in das ernste und gleichzeitig mitleidige Gesicht meines Chefs und schloss im Anschluss hinter mir die Tür. Im wahrsten Sinne. Diese Tür schloss sich, jedoch öffnete sich keine Neue. Ich stand wie benebelt da. Immer noch fassungslos. Ungläubig. Mein zu Boden starrender Blick war leer. Meine Arme hingen fast schon leblos an meinem Körper hinunter. Das Papier glitt mir aus der Hand und segelte zu Boden, genauso wie mein Gemüt, nur das dieses in ein tiefes dunkles Loch segelte. In Gleiches fiel ich soeben. Ohne Halt. Vor wenigen Stunden arbeitete ich noch voller Tatendrang an dem Projekt, hatte gute Innovationen und nun hatte ich - Nichts. Ab jetzt war ich ohne Beschäftigung und hatte keine Zeit, mich vorher seelisch und moralisch darauf vorzubereiten. Ich verlor meinen ach so geliebten Job. Es zog mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg. Ich konnte es nicht verstehen. „Warum nur?“, fragte ich mich immer wieder selbst. Mit einer Festeinstellung oder Vertragsverlängerung spekulierte ich bislang, mit dem kompletten Gegenteil hatte ich nicht gerechnet. Angst überkam mich. Zukunftsängste, aber auch Scham. Von der angesehenen Kollegin zur Gekündigten oder Entlassenen oder zu der, bei welcher der Vertrag ausläuft. Egal, wie ich es bezeichnen wollte, es kam auf ein und dasselbe hinaus – mein Job lag nicht mehr auf der Waagschale, er war weg und ich arbeitslos. Dazu kam eine plötzliche innere Leere. Was sollte mein Kollegium von mir denken? Was sollte ich Michael erzählen? Ich war ratlos, ideenlos und völlig durcheinander.