Umfang 291 seite
Lichtschacht
Über das Buch
Trau, schau, wem? Lena ist neu in der Stadt, schlägt sich mit Jobs durch, hofft Freunde zu finden. Eines Abends sieht sie, wie eine fremde Frau vom Dach gestoßen wird. Oder hat sie sich das bloß im Rausch eingebildet? Die Geschichte von Lena, die in Wien ihr Glück sucht, entfaltet sich auf der Schnittstelle zwischen einem Thriller – im tradierten Meister-Hitchcock-Sinne: man sieht den Schatten näher rücken, während die verstrickte Sympathieträgerin anderweitig beschäftigt ist – und einem modernen Märchen, so archaisch und schrecklich wie zu Grimms Zeiten: Die junge Einsame auf der Suche nach Heim, Liebe und Sinn, und der Schurke, der sich nach Macht und Besitz verzehrt, begegnen sich im Zauberwald des 21. Jahrhunderts, der Großstadt. Anne Goldmann erzählt ihren bitterbösen Roman mit tiefer Menschenkenntnis und der ihr eigenen unaufgeregten Lebendigkeit. Ihre schöne, einfühlsame Schreibweise verdichtet das Geschehen zu einem unaufhaltsamen Sog. Wie viele gute Schriftsteller erschafft sie Szenarien, die überall stattfinden könnten, wiewohl sie deutlich in einem bestimmten soziokulturellen Kosmos verankert sind. Das drückt sich auch in der Sprache aus: In Syntax und Wortwahl schwingt die Melodie Wiens mit, durchzieht Alltag und Wahrnehmung der Figuren. Dies lektorisch einzuebnen und in die Uniform des allgemeinen Hochdeutsch zu zwingen, hieße Anne Goldmanns Erzählkunst Gewalt antun. Viele »Austriazismen« erschließen sich auf Anhieb, selbst wenn sie einen leicht exotischen Beiklang haben, z.?B. Pfefferoni, Spital für ein Krankenhaus oder Melange für einen Milchkaffee Wiener Art. Doch auch manches, was sich für Hamburger spontan wie eine Stilblüte liest, gehört ganz akkurat zum Repertoire der österreichischen Erzählsprache. Am Ende des Buches findet sich daher eine kleine Liste der im Norden ungewohntesten Begriffe. Anne Goldmanns Romane laden dazu ein, sich auf ein paar Nuancen dieser Mundart einzulassen, ihrem charakteristischen Groove zu folgen, ihre Rhythmen und Eigenheiten zu verinnerlichen. Genießen Sie das wie einen Ausflug an die Donau. Die Spannung der Geschichte wird Sie ohnehin ereilen.
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