Leidenschaft

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»Ich brauche deinen Schwanz, Torvac. Kannst du dir vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe?«

»Vorstellen kann ich mir sehr viel, mein Mädchen.« Sein Besitzanspruch war unbestritten. »Doch möchte ich dich vielmehr hören. Und fühlen!«

»Dann fick mich! Schieb mir Deine Stange ganz tief rein!«

Er verharrte zwei Herzschläge lang, die ich tief in meinem Bauch fühlte, dann setzte er zum neuen Stoß an.

Sein Schnaufen übertönte mein zittriges Wimmern. Meine Finger bekamen nur Steine zu fassen. Das Beben meines Körpers nahm erschreckende Ausmaße an und ich schlug immer wieder mit der flachen Hand auf den Felsen.

»Oh, geil«, frohlockte ich, »… oh, ja!« Die Hand brannte, ebenso mein Unterleib. »… oh, ich halt es nicht mehr aus …«

Dann zog sich eine Welle prickelnder Energie von meinem Gesäß ausgehend über meinen durchgedrückten Rücken hinauf in meinen Kopf.

»Ja, oh ja! Ah … jetzt … oh, ich komm … ouww, oh … mach mich voll!«

Ich biss in den dicken Finger, den mir Torvac gab, und wurde von seinem kraftvollen Stoß bis ins Mark durchgerüttelt. Er hatte meinen Orgasmus abgewartet, um nun seine zum Bersten gefüllten Hoden in mich zu leeren. Seine befreite Lust verlängerte meine Wonnen und ich wurde in schneller Folge von kribbelnden Schauern erfasst.

Blut rauschte in meinen Ohren und ein roter Schleier hing vor meinen Augen. Blinzelnd bemerkte ich die Morgenröte am Himmel und sah in fünf fassungslose Gesichter. Ihre Anfeuerungen waren verstummt, und ein Blick auf die andere Schlafstätte zeigte, dass Chalice nur an einem Mann interessiert war, unter dem sie nun begraben lag.

»Denkt nicht mal dran, Jungs«, brummte Torvac und zog sich von einem schmatzenden Geräusch begleitet aus mir zurück. Die Felldecke verbarg nicht viel von meinen körperlichen Reizen, doch die fünf Männer waren ganz von dem hünenhaften Minotaurus mit seinem königlich wirkenden, doppelten Gehörn eingenommen, der sich nun zur vollen Größe von drei Schritt Höhe aufrichtete. Seine Männlichkeit war noch nicht völlig erschlafft und unterstützte so eindrucksvoll die ausgesprochene Warnung. Sie schluckten und mühten sich dann, das Lager schnell abzubauen.

Zur Mittagsstunde führte unser Trampelpfad auf einen Gebirgspass. Zahlreiche Orks mit ihren Waren tummelten sich hier und beschimpften einen Fuhrmann, dessen echsenartigen Zugtiere offenbar dem wärmenden Sonnenlicht mehr Aufmerksamkeit schenkten als seiner Peitsche. Jedenfalls blockierten sie selenruhig den Weg.

Da wir zu Fuß waren, konnten wir entlang eines Hanges den Stau aus Karren und schwer beladenen Lasttieren umgehen. Der Pass führte direkt auf die Siedlung zu. Wir saßen wieder auf und ritten erhobenen Hauptes zwischen den Hunderten von Händlern und Jägern hindurch bis zum Palisadentor. Die dortigen Wachen gaben sich mit einigen Goldmünzen zufrieden, um uns ohne Fragen einzulassen. Wir betraten aber nur die erste Anhöhe der stufenförmigen Stadt. Ich konnte noch drei, aus Felsen errichtete Schutzwälle erkennen.

»Jede Königsstadt«, sagte Grai und deutete auf ein kegelförmiges Gebäude ohne Spitze in der obersten Ebene, »verfügt über den Schlund des Gottes Buu-naa, in dem Gefangene und Abtrünnige geopfert werden. Man sagt, er führt direkt in den Blutsee. Wenn unser Gott zürnt, dann tropft Blut aus seiner leeren Augenhöhle, feurig heiß von seinem Zorn. Daher nennen wir den Berg, den Ihr aufsuchen wollt, auch das Feurige Auge. In ihrer Form ehren die Städte diesen Berg, der ihnen heilig ist.«

»Wir werden nicht ohne Erlaubnis den heiligen Berg betreten. Ich will keinen Streit mit den Anhängern des Buu-naa.« Ich sah die Hänge hinauf. Langsam dämmerte der klare Himmel. »Vermutlich liegen die königlichen Gebäude auf dem Gipfel.«

»Ja«, nickte der Zwilling, »um dem Gott nahe zu sein. Dort befinden sich auch die Tempel und ein Schrein, der den Augen des Buu-naa gewidmet ist, seinen treuesten Anhängern. Zu Ehren ihrer Gottheit haben sie sich in einem langen Ritual das rechte Auge entfernt und wurden dafür von Buu-naa belohnt.«

»Dann werden wir zunächst eine Unterkunft für die Nacht nehmen«, beschloss ich. »Ich will ausgeruht beim Hof erscheinen. Wo lohnt es sich, unterzukommen und die von der Reise strapazierten Muskeln zu entspannen?«

»Der Fleischerhaken ist ein gutes Gasthaus. Hier werden wir auch unsere Reittiere versorgen können, auch was Euren Egniaygir angeht, Prinzessin.«

»Na dann, reitet voraus.«

Grai führte uns auf die erste Ebene und durch ein Gewirr an Gassen und grunzenden Bewohnern hindurch. Teilnahmslos beobachtete ich den Streit eines Händlers mit seinem Kunden, der in einer Messerstecherei endete. Die Wachen lösten das Problem, indem sie den Händler abschlachteten und sich an der Ware bedienten.

»Hat wohl kein Schutzgeld bezahlt«, beugte sich Gobar zu mir.

»Wie dumm von ihm«, lachte ich und sah mich weiter um. Unsere gemischte Gruppe fiel nicht weiter auf, da auch Menschen und Halborks in der Stadt ihr Glück versuchten. Stummelbeinige Kobolde wuselten im Müll und der faule Gestank stach in meine Nase. Ein betrunkener Ork streckte seine dreckigen Finger nach meinen Beinen aus, schrie dann aber auf, als die Schneide der Minotaurenaxt seine Hand abtrennte.

»Danke«, zwinkerte ich meinem Beschützer zu und trieb Gargarhaykal voran. Wir prallten beinahe gegen die Rösser von Chalice und Sha’Red. Vor uns baumelte ein von Moos überzogenes Schild und ich roch billigen Fusel.

»Wir sind da«, grunzte Grai und stieß die Türe auf. Tief dröhnende Sauflieder und ein Schwall rauchgeschwängerter Luft zogen an uns vorbei. Torvac bahnte mir einen Weg hinein in die gut besuchte Stube. Ich warf meinen Umhang zurück und zog die Blicke der Gäste auf mich.

Zwei Menschenfrauen bedienten die grölenden Gäste und waren ihren Anzüglichkeiten ausgesetzt. Ein Ork ohne ersichtliches Kinn stand vor einigen Fässern und füllte beständig ein schäumendes Gebräu in große Steinkrüge. Sein hellbraunes Fell wies mehrere Scheuerstellen auf und wurde am kugelrunden Bauch von einer dunklen Lederschürze verdeckt. Aus seinem vorstehenden Unterkiefer ragten zwei gelbe Hauer hervor.

Geschmeidig glitt ich mit schwingenden Hüften zum Tresen. Die Zwillinge sorgten dafür, dass ich dort Platz hatte und pfiffen gemeinsam nach dem gewichtigen Schankmeister.

»Grmpf«, schnaufte er und sah mich mit matten Augen an.

»Füll acht von dieser Giftmischung ab«, forderte ich, »dann hol mir den Herbergswirt und einen Stallburschen heran.«

Erneut schnaufte der Fleischberg und widmete sich dem Abfüllen. Ohne ein Wort stellte er die Getränke vor mir ab und winkte dann mit grunzenden Lauten eine der Frauen herbei. Ihr Haar war verfilzt, der Rock mit Flicken übersät. Ein wildes Gemisch aus kaum zu deutenden Worten folgte. Offenbar hatte der Ork keine Zunge mehr. Die Bedienstete nickte und sah mich immer wieder mit großen Augen an, bevor sie sich abwandte und hinter einem löchrigen Vorhang verschwand.

Ich schickte Hacasin zu dem Pärchen, das bei unseren Reittieren geblieben war. Vorsichtig roch ich an dem Getränk und musste beinahe niesen. Der erste Schluck reizte meinen Hals und ich hatte Schaum an der Oberlippe. Sorgfältig leckte ich ihn ab. Dann kehrte bereits die Frau in Begleitung eines hoch gewachsenen Orks zurück. Seine Arme wirkten irgendwie zu lang, dafür hatte er eine flache Stirn. Stechend gelbe Augen zeugten von einem wachen Verstand. Eine saubere Weste und knielange Hosen deuteten auf eine Pflege, die ich diesem Haus bislang nicht zugemutet hätte.

»Guten Abend und lohnende Geschäfte«, grüßte der Wirt in der Sprache der Kaufleute, »Ihr habt nach mir rufen lassen, werte Dame? Mein Name ist Tanglar, Herbergsmeister des Fleischerhaken.«

»Glück und Wohlstand, Tanglar«, erwiderte ich kaufmännisch, »ich bin Crish und suche Unterkunft und Verpflegung für mich und meine sieben Begleiter samt unserer Reittiere.«

»Mein Stallmeister wird sich persönlich darum kümmern«, versprach der Wirt. »Wie lang werdet Ihr in meinem Hause verweilen?«

»Nur diese Nacht, dafür erwarte ich ein ausgiebiges Abendessen, vier saubere, nebeneinander liegende Unterkünfte, jeweils mit zwei stabilen Betten und einer Gelegenheit zum Waschen. Und wenn die Sonne aufgeht, ein reichhaltiges Frühstück. Ach, und besorgt meinem Egniaygir ein junges Fohlen.« Ich legte klimpernd einen Beutel mit Gold in seine Hände. »Und wenn es sich einrichten lässt, dann wascht doch bitte die beiden Bediensteten und holt noch zwei Frauen eures Volkes hinzu, die sich meiner Begleiter annehmen. Bis zum Morgen.« Ein weiterer Beutel folgte und ich hatte das Gefühl, seine gelben Augen verwandelten sich in funkelnde Goldmünzen.

»Alles wird wie gewünscht veranlasst«, eifrig sah er sich um, scheuchte dann einige Landsleute von einem länglichen Tisch fort, wartete, bis wir Platz gefunden hatten und eilte alsbald mit den beiden Bediensteten hinaus.

Kurz darauf traten Hacasin und das Paar herein. Zwei handliche Orkfrauen servierten uns mehrere Platten mit Wildbret, Brot und Käse, bedienten die Zwillinge persönlich und durften sie auch füttern. Sith’e’thak erzählte seinem Kameraden bereits von den beiden Frauen, die sich um sie sorgen sollten. Als eine gute Stunde und zahlreiche Getränke später die nächste Runde aufgetischt wurde, staunte ich nicht schlecht. Gekämmt, gewaschen und neu gekleidet lächelten zwei bäuerliche, junge Frauen in die Runde. Ihre Wangen schimmerten sanft rosa, die dunklen Haare trugen sie offen und ihre Kleider hatten tiefe Ausschnitte, unter denen sich straffe Brüste spannten. Den Männern fielen beinahe die Augen aus und sie wurden sehr ausgelassen, besonders, als sich die wohligen Rundungen auf ihren Schoss setzten.

Um das neu gefundene Pärchen musste ich mir keine Gedanken machen und gab der hellhäutigen Frau einen Schlüssel. Zwei weitere gingen an die Zwillinge und den beiden menschlichen Begleitern.

 

»Vergnügt euch«, grinste ich die Versammelten an, »und wir sehen uns alle hier zum Frühstück wieder. Ein Prost auf den kommenden Abend!« Wir stießen an und leerten schnell die Krüge.

Mit Torvac machte ich den Anfang und ging auf das Zimmer. Es war frisch gefegt, wenngleich sich in den Ecken der Staub gesammelt hatte. Die Einrichtung war schlicht, eine große Schüssel mit Wasser und nahezu saubere Tücher befanden sich auf einem wackeligen Tisch. Die beiden Betten überlebten meine stürmische Nacht mit Torvac nicht.

Während ich mich befriedigt und glücklich an sein nach Moschus duftendes Fell kuschelte frage ich mich, wie es meinen Begleitern ergangen war.

Doch ich war zu müde, um in der Nacht mit den Kräften meines dämonischen Blutes noch den Blick zu versetzen.

2. Kapitel

Am Morgen lagen noch einige Alkoholleichen im Schankraum. Die Zwillinge saßen bereits am Tisch und kauten auf geröstetem Speck. Der würzige Geruch vertrieb alle anderen Düfte und machte mich hungrig. Ich lehnte meine Reisetasche an ein Tischbein, drehte einen Stuhl und setzte mich – mit den Armen auf der Rückenlehne abgelegt – und lauschte den übermütigen Erzählungen der beiden Orks, während ich an einem frischen Brot knabberte.

Verschlafen wankte Chalice die Treppe hinab. Sie gähnte, stütze sich an einen Balken, bevor sie sich seufzend und sehr behutsam auf einen Stuhl niederließ. Ihr wollenes Hemd war nicht zugeknöpft, mein Blick fiel auf ihre flachen Brüste.

Polternd kamen die drei Männer herunter. Hacasin hielt seinen Kopf fest, als fürchtete er, ihn zu verlieren. Sha’Red sah grimmig zur stillen Frau herüber, dann nahm er einen Stuhl so weit wie möglich weg von ihr. Die Nacht verlief offensichtlich nicht für alle befriedigend.

Als sich Sith’e’thak grinsend genau der Albino gegenüber setzte, knöpfte sie demonstrativ ihr Hemd zu. Mir war egal, was meine Begleiter füreinander empfanden, so lange sie mir treu ergeben waren.

»In einer halben Stunde sind alle abmarschbereit«, verkündete ich, nachdem mein Magen genug verzehrt hatte, »wir treffen uns vor dem Gasthaus. Ich werde noch eine Runde drehen. Grai, nimm meine Reisetasche mit, wenn ihr hier fertig seid.« Mein auffordernder Blick gebot Torvac, mit mir auszutreten.

Auch am Morgen schwebte feiner Staub durch die Gassen und mischte sich mit dem Geruch von Fäkalien und allem, was in der Nacht sonst noch verdaut oder ausgebrochen wurde. Die Bergluft war kühl, die Sonne wanderte über die Gipfel und warf lange Schatten. Zwischen den Baracken und einfachen Gebäuden tummelten sich zahlreiche Bewohner. Händler bauten ihre Stände ab, Frauen tätigten ihre Einkäufe und Jäger reinigten ihre Waffen. Die nachtaktiven Orks nutzten das schwindende Dämmerlicht, bevor es ihnen in den Gassen zu hell wurde.

Schaulustig widmete ich mich einigen Händlern. Ihre Waren hatten für mich keinen Wert, die eifrig vorgebrachten Angebote ignorierte ich. Sie sahen an meinem Schmuck den gesellschaftlichen Status, den ich innehatte. Bald wetteiferten mehrere Geschäftsleute um meine Gunst. Als sie abrupt verstummten bemerkte ich, wie weit wir uns bereits vom Gasthaus entfernt hatten.

Vor uns versperrten mehrere mit Knüppeln und rostigen Kurzschwertern bewaffnete Orks die schattige Gasse. Torvac knurrte bedrohlich und schwang seine Axt. Allzu weit konnte er nicht ausholen, dafür standen die Gebäude zu dicht. Am nahenden Konflikt Unbeteiligte drängten an uns vorbei. Diese Gelegenheit nutzte ein Angreifer, unbemerkt in meinen Rücken zu gelangen. Die Bewegung nahm ich nicht mehr rechtzeitig war, dafür spürte ich schmerzhaft die spitze Klinge, die sich bis zum Heft in meinen Rücken bohrte.

In einer fließenden Bewegung drehte ich mich herum und trat einen Schritt zurück, um weiteren Stichen zu entgehen.

Hohnlachend hielt mir der Schurke die blutige Klinge vor die Nase. Sein linkes Ohr war abgerissen, zwei tiefe Narben zogen sich haarlos über den Schädel und ich roch fauligen Atem.

Als ich keine Anstalten machte, von seinem Treffer zu Boden zu gehen, starb sein Lächeln und er leckte prüfend seinen Dolch ab. Verdutzt sah er dann auf den Krummsäbeln in meiner eben noch mit den Fingern schnippenden rechten Hand.

Nun war ich es, die grinste und die Waffe ableckte.

Hinter mir brüllte Torvac und stürmte mit gesenktem Kopf auf das Schurkenpack zu. Grunzend sprangen weitere Orks von den niedrigen Dächern herab. Einer klatschte feucht auf den Boden auf, ein anderer wurde noch in der Luft von der wirbelnden Axt gespalten.

Nur reine Verzweiflung konnte das Lumpenpack dazu bewegt haben, uns anzugreifen. Die Hoffnung, mich als schnelle Beute wegzuschleifen, starb ebenso schnell wie das erste Dutzend des Diebesgesindels.

Als unsere Begleiter in die Gasse bogen, hatten sich die verbliebenen Angreifer angesichts abgetrennter Köpfe und blutiger Rinnsale schon davongemacht.

Torvac blutete aus vereinzelten Schnittwunden, die jedoch nicht bedrohlich waren. Bei mir blieben nur Löcher in der Lederweste zurück. Ohne magische Waffen konnte kaum ein Sterblicher meine außerweltlichen Selbstheilungskräfte überwinden.

Den beiden von mir Getöteten hackte ich die rechte Hand ab. Bei Torvac musste ich die Gliedmaßen nur einsammeln. In seiner Berserkerwut hatte er den Pöbel zerstückelt.

Von einem verlassenen Händlerstand nahm ich einen Sack und stopfte die Ausbeute hinein.

»Holen wir die Pferde«, sagte ich zu meinen Begleitern, »bevor wir noch die ganze Gosse vom Abschaum befreien müssen.«

Bis die Tiere gesattelt waren, hatte sich eine Patrouille am Gasthaus eingefunden. Sie trugen dreckige Lederrüstungen und hatten lange Speere in den schwieligen Händen. Fassungslos sah der vorderste Ork auf den blutverschmierten Sack.

»Wenn ihr den Rest sucht«, sprach ich die Soldaten an, »dann schaut in die Gasse dort drüben. Das Pack hat es gewagt, mich anzugreifen, und ich frage mich, warum erst jetzt Bewaffnete auftauchen. Wer führt die Patrouille an?«

Unter meinem strengen Blick rührte sich keiner der Orks, dann schubsten zwei ihren Anführer nach vorne.

»Ich führe den Trupp. Feldwebel Zoti«, krächzte der krummbeinige Ork, dessen Lippen so wulstig waren, dass seine Aussprache darunter litt. Auf seinem Kopf hatte er einen stählernen Topfhelm, dessen Nasenschutz auf der Knollennase aufsaß.

»Nun denn, Feldwebel, ich bin äußerst ungehalten über den Empfang, der mir bereitet wurde.« Ein leichtes Glimmen meiner violetten Augen verstärkte meine ärgerliche Stimme. »Im Gespräch mit dem König werde ich Vorschläge unterbreiten, wie er seine Wachen besser motivieren kann.«

Zoti schluckte schwer und fing an zu stammeln. »Niemand hat gesagt, nobler Besuch sei in der Stadt. Bin einfacher Patrouillenführer …«

»… der nicht gelernt hat, wie er sich gegenüber einer Prinzessin zu verhalten hat!«, schrie ich ihn an. Ein Schnippen meiner linken Hand beförderte die Blutdornenpeitsche aus dem Handschuh in die Faust. »Auf die Knie, Wurm!«

Unter dem Knall der Peitsche fiel der Feldwebel zu Boden. Seinen Speer hatte er vor Schreck losgelassen. Auch seine Soldaten zuckten zusammen.

»Vergebung«, wimmerte der zitternde Fellhaufen vor mir. Mindestens einer seiner Männer belustigte sich über das Schauspiel.

»Schweigt! Sorgt dafür, dass ich unbehelligt vom Pöbel zum Palast gelange, dann vergesse ich diesen Vorfall…«, ein dämonisches Lächeln huschte über meine Lippen, »… vielleicht.«

Als wäre meine Drohung nicht genug, sprang Gargarhaykal aus dem Ätherraum hinaus und landete sicher neben mir. Flammen zogen ihre Spur hinter ihm her. Mit gefletschten Reißzähnen besah er sich die versammelten Orks, als suche er sein erstes Opfer aus. Wahrscheinlich tat er das auch. Die gesamte Patrouille hatte sich einige Schritte zurückgezogen, nur der Feldwebel wagte es nicht, sich zu rühren.

Meine Peitsche verschwand mit einer geflüsterten Losung im Aufbewahrungshandschuh und ich bestieg das riesige Ross. Ein Schwung meines Kopfes wirbelte meine langen Haare nach hinten. Erhobenen Hauptes sah ich auf die Wachen hinab.

Neben mir schulterte Torvac seine Axt, Hufgetrappel verriet mir, dass meine Begleiter sich hinter mir einreihten. Nun war es am Feldwebel, seine Soldaten anzutreiben und mir eine Schneise durch die Bevölkerung zu bahnen.

Unsere Prozession erzeugte einiges an Aufsehen. Gerüchte über mich eilten uns voraus, denn immer mehr Schaulustige drängten sich um einen guten Platz.

Bis wir die oberste Ebene erreichten, hatten weitere Patrouillen die erste verstärkt. Die zusätzlichen Wachen waren auch notwendig, um die gaffende Bevölkerung von uns abzuhalten.

Das Palastgebäude ähnelte einem gigantischen Echsenschädel mit zwei hoch aufragenden Hörnern. Den Eingang bildeten die beiden Nasenlöcher.

Bedienstete kümmerten sich um die Reittiere, Hacasin und Sha’Red blieben bei ihnen. Torvac ging rechts neben mir, Sith’e’thak blieb auf meiner linken Seite etwas zurück. Mir folgten Chalice und dahinter die Zwillinge. Mit weiten Schritten meiner langen Beine trat ich in das Innere des Gebäudes. Mein Umhang bauschte sich hinter mir auf.

Runde Fenster reihten sich zu beiden Seiten entlang eines weitläufigen Saales. Sie warfen dämmriges Licht auf das Spalier der Palastwache, die ihre langen Speere nach innen geneigt hatten. Die Wächter waren sehr stämmig und blickten grimmig drein. Ihr König thronte auf den Schädeln getöteter Feinde, Speere dienten ihm als Rückenlehne. Auf mich wirkte diese Demonstration männlicher Kampfeskraft eher lächerlich. Viel imposanter fand ich die beiden neben dem Thron stehenden Orks. Auf ihrem Lederpanzer glomm ein flammendes Auge, das Zeichen der Glaubensfanatiker von Buu-naa. An Stelle ihrer rechten Augen klaffte ein Loch, dessen Ränder wie ausgebrannt wirkten. Zahlreiche, wulstige Narben überzogen ihren Schädel. Auf dem Rücken hatten sie eine ungewöhnliche Axt, die an beiden Enden über eine doppelseitige Klinge verfügte. In ihren knorrigen Händen hielten sie einen blutroten Speer. Ihre verbliebenen Augen musterten mich von Kopf bis Fuß. Ein Anhänger des Buu-naa kaute beständig auf einem Finger, dessen Kuppe aus seinem Mundwinkel ragte. An einem Lederband um den Hals hingen weitere Finger.

Ich stolzierte mit bezaubernd schwingenden Hüften auf den König zu und umgab seinen Geist mit freundschaftlichen Gefühlen.

Bevor ich auf zehn Schritte an den Thron heran war, trat der nicht kauende Fanatiker vor, schlug mit dem Speer auf den Boden und richtete seine bellenden Worte an mich. Dank meiner Sukkubusfähigkeit, alle Sprachen zu verstehen und zu sprechen, bildeten die harten Laute ehrvolle, ja geradezu höfische Sätze.

»Wer macht König Zuboko vom Stamm der Kultruk seine Aufwartung?«

»Sagt König Zuboko«, den ich intensiv ansah, »dass Prinzessin Crish vom Scharlachroten Tempel in wichtigen Staatsangelegenheiten zu ihm gekommen ist.«

Ein Raunen ging durch die Reihen. Offenbar hatte ich gerade die vorausgeeilten Gerüchte bestätigt. Der König beugte sich vor und wartete nicht die Worte seiner Leibgarde ab.

»Viel Aufsehen für eine Prinzessin, deren Eintreffen unerwartet, aber willkommen ist.« Die spitzen gelben Zähne, die sein Lächeln hervorrief, wirkten nicht so charmant wie seine Worte. »Ghorn, mach unserem Gast Platz, damit er näher treten kann.«

Kurz verharrte das ockerfarbene Auge auf mich, dann drehte sich der Gardist zur Seite. Ohne ihn anzusehen schlenderte ich näher an den Thron heran.

»Bringt der Prinzessin einen Stuhl«, grunzte der König lautstark, »und Wein, der so rot leuchtet wie ihre Lippen. Schnell!«

›Wenn alle meine Zauber so gut wirkten‹, gingen mir die Gedanken durch den Kopf, ›dann war der weitere Verlauf meiner Audienz ein Kinderspiel.‹ Schweigend wartete ich auf die Sitzgelegenheit und ermöglichte so dem Herrscher, meine verlockende Weiblichkeit zu bewundern.

Mehrere Diener mühten sich ab, dem Befehl des Königs nachzukommen. Galant nahm ich dann auf dem mit Kissen gepolsterten Sessel Platz. Auf einem niedrigen Tisch wurde das Tablett mit Weinkaraffe und einem Glas abgestellt. Mir wurde eingeschüttet, ich kostete den roten Saft und leckte sündig meine Lippen ab. Überraschend guter Wein rann erfrischend über meine Zunge.

»Wie kann ich dem Scharlachroten Tempel behilflich sein, Prinzessin?«, offerierte mein Gastgeber.

 

»Vrath’par gilt im Tempel als die stolzeste aller Städte im Orkgebirge«, lobpreiste ich. »Nirgendwo sonst finden sich glorreichere Krieger und mutigere Streiter. Und genau diese brauche ich für einen Besuch Eurer heiligsten Stätte, dem Feurigen Auge.«

»Jedes Eurer Worte ist wahr gesprochen. Niemand wagt es, einen Kultruk herauszufordern«, brüstete sich Zuboko. »Leider befinden sich viele meiner besten Krieger im Kampf gegen die Reiche des Westens. Mich wundert es, dass so wenige Männer Euren Weg begleiten.«

»Auch der Tempel litt unter dem Krieg, und hätte ich noch so viele Soldaten mitgebracht, kaum einer von ihnen kennt das Gebirge. Zudem hättet Ihr denken können, ich plante einen Angriff. Nichts liegt mir ferner, als die guten Verbindungen unserer Reiche zu gefährden. Doch ist meine Reise zum Feurigen Auge von großer Bedeutung. Und eine Eskorte aus Eurem Stamm wird zu meinem Erfolg beitragen.«

»Eine Eskorte, sagt Ihr?« Der König rieb grübelnd sein Kinn. »Bis zum Feurigen Auge sind es drei Nachtmärsche, dabei werden wir das Gebiet der Bergwölfe durchqueren. Wir dürfen auch nicht den Berg betreten, ohne den Herrscher des Gebirges um Erlaubnis zu bitten.«

»Davon bin ich ausgegangen«, lächelte ich, »Ihr eilt meinen Gedanken voraus. Vrath’par liegt wahrlich in den Händen eines würdigen Anführers.«

Unter meinem Lob streckte sich Zuboko. Es gefiel ihm, von einer schönen Frau umschmeichelt zu werden. »Scrag wird Euch begleiten, nur er darf den Herrscher wecken.«

Nur kurz nahm der angesprochene Ork den abgetrennten Finger aus seinem Mund und deutete eine Verneigung an. Dann kaute er weiter.

»Mein Neffe Guzud wird die Eskorte anführen. Auf seine scharfen Augen ist Verlass. Er kennt jeden Stein im Gebirge. Bis zum nächsten Abend wird er genug Männer mobilisiert haben. Nutzt den Tag zur Ruhe, Prinzessin, und seid heute Nacht mein Gast.« Den Überschwang in seiner Stimme hatte ich befürchtet. Eine Nebenwirkung meiner Kraft war, dass die Betroffenen glaubten, mein bester Freund zu sein. Da lag es nahe, auch das Bett mit mir zu teilen.

Diesem Wunsch wollte ich aber nicht entsprechen. Weder war ich auf die Stadt erpicht, noch wollte ich Torvac das Vergnügen gönnen, den breiten Schädel des Königs zu spalten.

»So sehr ich Eure Einladung schätze, ist mir viel daran gelegen, noch heute Abend aufzubrechen. Wenn meine Reise von Erfolg gekrönt ist wird es sicherlich Besuche zwischen unseren Häusern geben, die allein der vertrauensvollen Zusammenarbeit dienen.« Mein Augenaufschlag hätte selbst einen Frostriesen zum Schmelzen gebracht. »Ich bitte um Euer Verständnis in dieser Angelegenheit.«

Seufzend nickte der König. »Euren Wünschen kann ich einfach nicht widersprechen. Guzud wird so viele um sich scharen, wie er bis zum Abend auftreiben kann.«

Danach folgte noch höfisches Geplauder. Uns wurden einfache Quartiere zugewiesen, die wohl dem Besten entsprachen, was in dieser Stadt geboten werden konnte. Die Reittiere bekamen im Marstall reichlich zu fressen. Über Tag ruhte die Stadt, denn Orks scheuten das helle Sonnenlicht.

Bis zum Abend hatte sich die Eskorte eingefunden. Guzud stand neben einem großen Macan und verneigte sich vor mir. Der Anführer hatte ungewöhnlich große Hände und Füße und wirkte leicht untersetzt. In seinen grün gesprenkelten Augen funkelte mehr Verstand, als ich auf den ersten Blick vermutete. Sein Reittier, das einem übergroßen Wolf mit schwarzem Fell und listigen, dunkelroten Augen glich, knurrte. Die hochgezogenen Lefzen entblößten rasiermesserscharfe Fangzähne.

Freudig präsentierte mir Guzud siebzig Orks und dreizehn Halboger. Alle führten Speere und Kurzschwerter, Buckler dienten ihnen als Schilde. Auf den mit Ringen verstärkten Lederrüstungen prangte ein Reptilienschädel, das Zeichen des Stammes Kultruk. Stämmige Ponys standen gesattelt als Reittiere bereit.

Scrag, als Vertreter der Augen des Buu-naa, verzichtete auf ein Reittier. In Geschwindigkeit und Ausdauer hielt er – genauso wie Torvac – mit den Tieren zu Fuß mit. Die Macht seines Gottes war mit ihm.

Zwei Nächte lang zogen wir durch das Gebirge. Immer näher kamen wir dem Feuer speienden Vulkan, dessen Ausbrüche über die Berge donnerten.

Am Morgen des dritten Tages, als wir unter der aufgehenden Sonne in eine Senke ritten, um dort das Lager zu errichten, eilte die Vorhut auf uns zu. Direkt hinter ihnen erschienen Dutzende von großen Macanen, auf denen Orks mit dem Zeichen des gehörnten Wolfes auf ihrer Brust ritten.

Eiligst organisierte Guzud einen Gegenangriff, doch nicht alle hörten noch auf ihn. Torvac und das Auge des Buu-naa liefen brüllend auf die sich schnell nähernden Angreifer zu, die ich nun auf zehn bis zwölf Dutzend Reiter schätzte.

Von dem Kampfschrei des Minotauren schreckte sogar der heranstürmende Macanreiter zurück. Ängstlich kläffend drehte das Tier um und hastete so schnell es konnte davon.

Scrag rotierte brüllend mit seiner imposanten Axt. Durch die Klingen an beiden Enden formte er so einen vernichtenden Wirbel. Er ignorierte ihn treffende Speere, schlug reihenweise Hände, Arme, Beine und Köpfe ab.

Das Zwillingspaar hatte abgesessen und mit ihren Langbögen hinter Findlingen Stellung bezogen. Gezielt mähten sie die Anstürmenden mit einem Pfeilhagel nieder. Ihre Köcher lieferten unentwegt neue Pfeile, was nur durch starke Verzauberung erklärbar war.

Für ihre Feinde unsichtbar verschmolz die Albino förmlich mit den Felsen. Ihre Wurfdolche schleuderte sie mit tödlicher Präzision in die Rücken vorbei eilender Orks. Nach jedem Treffer wechselte sie unerkannt die Position und wartete auf eine neue Gelegenheit.

Die restlichen Reiter, darunter auch die drei Männer des Tempels, lieferten sich ein offenes Gefecht mit den Macanreitern. Im Galopp trafen die beiden Seiten aufeinander. Speerspitzen durchbohrten Rüstungen und Brustkörbe, zerbarsten unter der Wucht des Aufpralls, flogen mehr oder weniger zielgerichtet durch die Luft. So chaotisch wie das Schlachtfeld war auch der Kampfeslärm. Waffenklirren, Wutschnauben, Todesschreie, splitternde Knochen. Blut rauschte in meinen Ohren, dämonische Mordlust ergriff Besitz von mir.

Von meiner rückwärtigen Position aus sah ich vier Macanreiter auf einer Anhöhe stehen. Sie hatten ebenso wenig ins Kampfgeschehen eingegriffen wie Guzud und ich. Gargarhaykal bleckte bereits seine Zähne. Er reagierte sofort auf meinen Schenkeldruck, preschte schräg nach vorne in die Luft und wechselte mit mir in den Ätherraum. Im schnellen Galopp zogen die Schemen des Kampfes an uns vorbei, dann hatten wir die Anhöhe erreicht. In einer scharfen Kehre wendete ich mein Ross, wechselte auf die Materielle Ebene und begrüßte die gegnerischen Anführer mit einem psionischen Gedankensturm, der Orks und Macane ins Taumeln brachte.

Um den Hals des am nächsten befindlichen Orks baumelte das Glaubenszeichen des Buu-naa. Ich überließ den Kleriker meinem Egniaygir. Geschmeidig glitt ich von dem Rücken. Mein Ziel war ein groß gewachsener Ork, in dessen Adern sicherlich Ogerblut floss. Unter seinem Wams ragte das dichte Geflecht eines Kettenhemdes hervor. Im unkontrollierten Sturz von seinem verwirrten Reittier hatte er Helm und Speer verloren. Zwei Wurfäxte und ein Breitschwert baumelten an seinen Waffengurten.

Noch bevor sich der Anführer schwankend erhob, jagte mein erster thaumaturgischer Klauenzauber in seinen Leib. Die schattenhafte Kralle ignorierte die Rüstung und zerfetzte seine darunter liegende Haut. Blut sickerte in das Wams. Panisch versuchte der Halboger, sein Schwert zu ziehen. Ein Fingerzeit, ein abgründiger Gedanke, und meine nächste Klaue flog. Unausweichbar ritzte sie seine Schädeldecke auf. Ich schnippte und umfasste meinen erschienenen Krummsäbel mit beiden Händen. Tobend hieb ich auf den sich mühevoll wehrenden Krieger ein. Er schaffte es zwar, seine Waffe zu ziehen, doch zu mehr als einigen Paraden war er nicht fähig. Immer wieder glitt meine Waffe von dem Kettengeflecht ab, dann durchstieß ich Rüstung und Knochen. Ein mentaler Impuls löste den im Säbel gespeicherten Zauber aus. Lunge und Herz platzten, als sich die thaumaturgisch geschaffene Kralle von innen heraus nach außen arbeitete. Um meine Waffe wieder zu lösen, musste ich meinen Fuß gegen den Brustkorb drücken. Eine Blutlache breitete sich schnell auf dem Boden aus.

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