Handbuch des Aktienrechts

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3.2.4 Erleichterter Bezugsrechtsausschluss

254

Die Regelungen zum erleichterten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG[574] gelten auch bei der Schaffung genehmigten Kapitals. Wie beim normalen Bezugsrechtsausschluss für genehmigtes Kapital kann die HV den erleichterten Bezugsrechtsausschluss direkt im Hauptversammlungsbeschluss beschließen oder – trotz des fehlenden Verweises von § 203 Abs. 2 S. 2 AktG auf § 186 Abs. 3 S. 4 AktG – die Entscheidung in der Ermächtigung auf den Vorstand delegieren.[575]

255

Umstritten ist die Anwendung der 10-%-Regelung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG. So könnte die HV zunächst genehmigtes Kapital in Höhe von 50 % des bisherigen Grundkapitals schaffen und dann den Vorstand ermächtigen, Bezugsaktien unter Anwendung der Regelungen zum erleichterten Bezugsrechtsausschluss in jeweils 10 % Tranchen auszugeben. Eine solche Vorgehensweise ist von der Rechtsprechung zu Recht als unzulässig bewertet worden.[576] Denn die Ermächtigung des Vorstands darf nicht weiter gehen als die Kompetenz der HV selbst. Auch die HV kann bei einem direkten, erleichterten Bezugsrechtsausschluss in dem Ermächtigungsbeschluss diesen nur beschließen, wenn die Kapitalerhöhung 10 % des Grundkapitals nicht übersteigt. Soweit also genehmigtes Kapital geschaffen wird, welches mehr als 10 % des bisher vorhandenen Grundkapitals umfasst, ist ein erleichterter Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG weder im Ermächtigungsbeschluss noch später durch den Vorstand möglich.

3.3 Umsetzung der Ermächtigung
3.3.1 Beschluss des Vorstands

256

Mit der Ermächtigung des Vorstands durch die HV zur Ausgabe von neuen Aktien aus genehmigtem Kapital kann die HV den Vorstand nicht zur Durchführung der Kapitalerhöhung verpflichten. Vielmehr entscheidet der Vorstand im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis nach § 77 AktG über die Durchführung der Kapitalerhöhung nach pflichtgemäßem Ermessen.

257

Soweit der Ermächtigungsbeschluss keine besonderen Angaben enthält, entscheidet der Vorstand bis zur zulässigen Höchstgrenze über den Umfang der Kapitalerhöhung, seine Vollziehung in verschiedenen Tranchen,[577] den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe, insbesondere den Ausgabebetrag. Wenn der Ermächtigungsbeschluss diese Kompetenz dem Vorstand überträgt, entscheidet er auch über den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre.

3.3.2 Ausgabe der neuen Aktien

258

Wie bei der regulären Kapitalerhöhung[578] sollen gem. § 203 Abs. 3 S. 1 AktG die neuen Aktien nicht ausgegeben werden, solange ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital noch erlangt werden können. Für Versicherungsgesellschaften kann die Satzung etwas anderes bestimmen (§ 203 Abs. 3 S. 2 AktG). Die Ausgabe neuer Aktien wird auch nicht durch das Ausstehen von Einlagen in verhältnismäßig unerheblichem Umfang gehindert (§ 203 Abs. 3 S. 3 AktG). Weitere Ausnahmen gelten gem. § 203 Abs. 4 AktG bei Arbeitnehmeraktien sowie bei Verschmelzungen, Auf- und Abspaltungen (§§ 69 Abs. 1 S. 2 und 3, 125 S. 1 UmwG).

3.3.3 Bedingungen der Aktienausgabe

259

Die Bedingungen der Aktienausgabe sind im Einzelnen in § 204 AktG geregelt. Nach § 204 Abs. 1 AktG entscheidet der Vorstand der AG über den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe, soweit die Ermächtigung durch die HV keine Bestimmungen enthält. Der Vorstand ist damit bei der Festlegung der Bedingungen der Aktienausgabe zunächst an die Vorgaben der HV gebunden und hat diese zwingend zu befolgen.[579] Weitgehende Vorgaben durch die HV sind jedoch in der Praxis selten, da dies dem Zweck der Schaffung des genehmigten Kapitals, dem Vorstand ein flexibles Handlungsinstrument zu verschaffen, widerspräche. Wenn überhaupt, so legt die HV üblicherweise die Stückelung, die Gattung oder die Art der neuen Aktien[580], Mindest- oder Höchstbeträge für den Ausgabekurs[581] oder einen Zweck für die Ausnutzung des genehmigten Kapitals (z.B. Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen[582]) fest.

260

Soweit von der HV keine Bedingungen für die Aktienausgabe und keine Inhalte der Aktienrechte festgesetzt werden, ist der Vorstand im Rahmen seines auszuübenden pflichtgemäßen Ermessens frei bei deren Bestimmung. Der Vorstand kann insbesondere die Aktienart, d.h. Inhaber- oder Namensaktien, den Ausgabekurs, die Fälligkeit der Einlageleistung und die Aktiengattung festlegen, hierbei insbesondere die Entscheidung über die Ausgabe von Stammaktien mit Stimmrecht oder stimmrechtslosen Vorzugsaktien treffen.[583] Weiterhin kann er bei wirksamem Ausschluss des Bezugsrechts über die Auswahl der Zeichner entscheiden, da diese im Gegensatz zur ordentlichen Kapitalerhöhung beim genehmigten Kapital im Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses regelmäßig noch nicht feststehen.[584]

261

Außerdem fällt in die Kompetenz des Vorstands – soweit die HV keine Regelung getroffen hat – die Festlegung über den Zeitpunkt der Gewinnberechtigung der neuen Aktien.[585] Zulässig, wenngleich nicht unumstritten, ist dabei die Bestimmung durch den Vorstand, dass die Aktien rückwirkend dividendenberechtigt für das abgelaufene Geschäftsjahr sind, jedenfalls solange das Bezugsrecht der Altaktionäre nicht ausgeschlossen ist.[586]

3.3.4 Besonderheiten bei Sacheinlagen

262

Nach § 205 AktG kann beim genehmigten Kapital die Ausgabe von Aktien auch gegen Sacheinlagen erfolgen. Dies ist nur zulässig, wenn bereits der Ermächtigungsbeschluss der HV diese Möglichkeit vorsieht bzw. wenn die Entscheidung über die Ausgabe gegen Sacheinlagen auf den Vorstand delegiert wurde. Die Ermächtigung durch die HV kann dabei allgemein gehalten sein. Nicht erforderlich ist die Konkretisierung im Hinblick auf eine bestimmte Zweckbindung oder den potentiellen Einleger.[587] Hingegen kann der Ermächtigungsbeschluss durchaus Beschränkungen für den Vorstand enthalten, etwa die Festlegung eines Höchstbetrages an Aktien, welcher nur gegen Sacheinlagen ausgegeben werden darf.[588] Soweit im Rahmen der Vorschriften über das genehmigte Kapital keine besonderen Regelungen enthalten sind, gelten im Übrigen die allgemeinen Grundsätze zur Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Sacheinlagegegenstands, der Einbringungsverträge und der Werthaftung des Sacheinlegers.[589]

263

Soweit die HV der Gesellschaft insoweit keine Festsetzungen getroffen hat, sind der Gegenstand der Sacheinlage, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand der Sacheinlage erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der für die Sacheinlage zu gewährenden Aktien, vom Vorstand festzusetzen und in den Zeichnungsschein aufzunehmen (§ 205 Abs. 2 S. 1 AktG). Der Vorstand soll die Entscheidung nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats treffen (§ 205 Abs. 2 S. 2 AktG).

264

Werden durch den Vorstand Aktien gegen Sacheinlagen ohne die erforderliche Ermächtigung durch die HV ausgegeben, so sind die hierüber getroffenen Vereinbarungen zwar wirksam.[590] Dies gilt speziell gegenüber Dritten. Der Registerrichter muss jedoch die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister ablehnen.[591] Trägt er diese dennoch ein, sind die ausgegebenen Aktien wirksam, die Zeichner aber zur Leistung einer Bareinlage verpflichtet.[592] Wird dennoch eine Sacheinlage geleistet, gilt § 27 Abs. 3 AktG entsprechend.[593] Ein Fehlen oder Unrichtigkeiten der Festsetzungen nach § 205 Abs. 2 S. 1 AktG führen dazu, dass die Abrede zur Erbringung einer Sacheinlage unwirksam ist.[594] Wird die Durchführung der Kapitalerhöhung trotzdem durch das Registergericht eingetragen, ist die Kapitalerhöhung wirksam.[595] Die Zeichner der neuen Aktien sind allerdings zur Erbringung einer Bareinlage verpflichtet.[596] Leisten sie aber eine Sacheinlage, findet wiederum die Anrechnungslösung des § 27 Abs. 3 AktG entsprechende Anwendung.[597]

265

Nach § 205 Abs. 3 AktG gelten für die Fälle der verdeckten Sacheinlage und des Hin- und Herzahlens § 27 Abs. 3 und 4 AktG entsprechend. Für die verdeckte Sacheinlage[598] bedeutet dies nach erfolgter Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung die Anrechnung des Werts der Sacheinlage auf die fortbestehende Einlageschuld, während bei einem Hin- und Herzahlen[599] die Einlageschuld nur erlischt, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann.

266

Für die Sachkapitalerhöhung durch die Einbringung von Arbeitnehmerforderungen aus Gewinnbeteiligungen sieht § 205 Abs. 5 AktG Erleichterungen vor. Insbesondere kommen die strengen Erfordernisse über die Festsetzung der Einzelheiten über Sacheinlagen nicht zur Anwendung. Auch in diesem Fall muss jedoch eine Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlagen vorliegen.[600]

267

Die restlichen Absätze des § 205 AktG enthalten Regelungen zur Werthaltigkeitsprüfung des Gegenstands der Sacheinlage. § 205 Abs. 5 AktG erklärt die Vorschriften aus dem Gründungsrecht bezüglich Sacheinlagen für anwendbar und erfasst auch die Regelung zur vereinfachten Sachkapitalerhöhung nach § 183a AktG. Das Verfahren zur Anmeldung der Durchführung der vereinfachten Sachkapitalerhöhung wird noch durch die Bestimmungen des § 205 Abs. 6 AktG ergänzt, der auf § 184 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 AktG verweist. Gem. § 205 Abs. 7 AktG hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen, wenn der Wert der Sacheinlage nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt. Bei einer vereinfachten Sachkapitalerhöhung richtet sich die gerichtliche Prüfung dagegen nach § 38 Abs. 3 AktG.

 

3.3.5 Zustimmung des Aufsichtsrats

268

§ 202 Abs. 3 S. 2 AktG bestimmt, dass neue Aktien nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats ausgegeben werden sollen. Darüber hinaus bedarf auch die Entscheidung des Vorstands über den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe gem. § 204 Abs. 1 S. 2 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrats. Beide Zustimmungen sind gedanklich zu unterscheiden.[601] In der Praxis werden sie gleichwohl meistens zusammen in einem einheitlichen Aufsichtsratsbeschluss erteilt, der sich jedoch jeweils auf einen konkreten Kapitalerhöhungsbeschluss des Vorstands beziehen muss. „Vorratsbeschlüsse“ des Aufsichtsrats, mit denen die Zustimmung zu mehreren zukünftigen Kapitalerhöhungsbeschlüssen des Vorstands erteilt wird, sind nicht zulässig.[602] Die Erteilung der Zustimmung kann bereits vor dem Vorstandsbeschluss (vorherige Einwilligung) oder danach (nachträgliche Genehmigung) erfolgen.[603] Der Aufsichtsrat kann die Entscheidungen auch einem Ausschuss übertragen.[604] Der Aufsichtsratsbeschluss ist Wirksamkeitserfordernis, soweit die Zustimmung zum Aktieninhalt und den Bedingungen der Aktienausgabe betroffen ist,[605] nicht jedoch im Hinblick auf die Ausgabe der Aktien, da § 202 Abs. 3 S. 2 AktG nur als Sollvorschrift formuliert ist.[606]

269

Wird nach § 203 Abs. 2 AktG durch den Vorstand aufgrund der Ermächtigung durch die HV das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen, so ist auch hierzu die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich (§ 204 Abs. 1 S. 2 AktG). Auch insoweit ist die Zustimmung des Aufsichtsrats Wirksamkeitserfordernis.[607]

270

Liegt keine Zustimmung des Aufsichtsrates vor und führt der Vorstand die Kapitalerhöhung trotzdem durch, so sind die durchgeführten Maßnahmen im Außenverhältnis wirksam.[608] Dies gilt vor allem für die mit den Aktionären abgeschlossenen Zeichnungsverträge. Bei der fehlenden Zustimmung des Aufsichtsrats handelt es sich um eine fehlerhafte Geschäftsführung durch den Vorstand, die das Außenverhältnis nicht berührt[609] und ihn dem Risiko einer Schadensersatzpflicht aussetzt.

3.3.6 Durchführung der Kapitalerhöhung

271

Für die Zeichnung der neuen Aktien bestimmt § 203 Abs. 1 AktG die Anwendung der Regelungen für die ordentliche Kapitalerhöhung.[610] Im Zeichnungsschein ist als Datum der Kapitalerhöhung i.S.v. § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AktG der Tag anzugeben, an dem die Ermächtigung des Vorstands im Handelsregister eingetragen wurde (§ 203 Abs. 1 S. 2 AktG). Wann die Zeichnung unverbindlich i.S.v. § 185 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AktG ist, kann die HV in ihrem Ermächtigungsbeschluss festlegen. Ist eine solche Festlegung nicht getroffen worden, kann dies der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats tun.[611]

272

Ebenso wie im Rahmen der ordentlichen Kapitalerhöhung sind nach der Zeichnung der Aktien die Mindesteinlagen einzufordern und zu leisten (§§ 203 Abs. 1, 188 Abs. 2, 36, 36a AktG). An dieser Stelle unterscheidet sich das genehmigte Kapital vom bedingten Kapital, bei dem der Zeichner zur Vorleistung verpflichtet wird[612] und die Erbringung einer Mindesteinlage nicht ausreichend ist.[613]

3.4 Anmeldung und Eintragung ins Handelsregister

273

Die Schaffung des genehmigten Kapitals ist grds. unverzüglich nach der Beschlussfassung durch die HV zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.[614] Da sich die Kapitalerhöhung durch die Ausnutzung der Ermächtigung durch den Vorstand erst sukzessive zu einem späteren Zeitpunkt oder auch unter Umständen gar nicht vollzieht, können die Durchführung der Kapitalerhöhung und der Kapitalerhöhungsbeschluss nicht zusammen eingetragen werden.[615] Anzumelden nach § 181 AktG ist daher zunächst nur der Ermächtigungsbeschluss, der zugleich Satzungsänderung ist.

274

Die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung selbst erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Dazu ist zunächst erforderlich, dass alle ausgenutzten Aktien aus dem genehmigten Kapital (bzw. der jeweiligen Tranche) gezeichnet und die Leistung der Mindesteinlagen erfolgt ist (§§ 203 Abs. 1, 188 AktG). Erst dann können Vorstand und Aufsichtsrat die Durchführung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister anmelden. Gem. §§ 203 Abs. 1, 189 AktG wird die Kapitalerhöhung erst mit der Eintragung ihrer Durchführung in das Handelsregister wirksam. Der Beschluss des Vorstands zur Durchführung der Kapitalerhöhung kann bis zum Zeitpunkt der Eintragung zurückgenommen werden.[616] Nach erfolgreicher Eintragung kann der Vorstand dann die neuen Aktien ausgeben (§§ 203 Abs. 1 S. 1, 191 AktG).

3.5 Fehler bei der Kapitalerhöhung

275

Bei der Schaffung genehmigten Kapitals können bei jedem Schritt der Kapitalerhöhung Fehler auftreten. Jeder dieser Fehler bei der Kapitalerhöhung stellt grds. ein Eintragungshindernis für das Registergericht dar.[617]

276

Fehler hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ermächtigung des Vorstands führen zur Nichtigkeit der abgeschlossenen Zeichnungsverträge. Dies gilt, wenn gar keine Ermächtigung des Vorstands erfolgt, diese nichtig oder angefochten oder durch Zeitablauf erloschen war oder wenn der Vorstand über den von der HV genehmigten Kapitalerhöhungsbetrag hinausgegangen ist.[618]

277

Das Registergericht muss in diesen Fällen die Eintragung in das Handelsregister ablehnen.[619] Erfolgt dennoch eine Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister, ist nach neuerer, zutreffender Ansicht die Kapitalerhöhung nach der Eintragung nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft als wirksam anzusehen und entsprechend abzuwickeln.[620]

278

Bei Verstößen des Vorstands gegen die Inhalte der Ermächtigung ist die Eintragung durch den Registerrichter wegen der Fehlerhaftigkeit der Kapitalerhöhung ebenfalls abzulehnen.[621] Da es sich jedoch insoweit im Ergebnis nur um für das Innenverhältnis maßgebliche Verstöße gegen die Geschäftsführungskompetenz des Vorstands handelt, wird die Kapitalerhöhung mit der Eintragung in Fällen dieser Art vollständig wirksam.[622]

3.6 Berichtigung der Satzung

279

Nach Wirksamwerden der Kapitalerhöhung wird die bisherige Satzung unrichtig. In der Praxis wird der Aufsichtsrat gem. § 179 Abs. 1 S. 2 AktG regelmäßig zur Neufassung der Satzung ermächtigt.

5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › II. Erhöhung des Grundkapitals › 4. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln

4. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln

4.1 Grundfragen/Übersicht

280

Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist keine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, da der AG dabei kein neues, von außen zugeführtes Kapital zufließt. Sie ist jedoch eine echte[623] Kapitalerhöhung, da sich durch sie das Grundkapital der AG erhöht. In materieller Hinsicht wird ausschüttungsfähiges Kapital der Gesellschaft in gebundenes Grundkapital umgewandelt.[624] Es entstehen neue Mitgliedschaftsrechte der bisherigen Aktionäre der Gesellschaft.[625]

281

Der mit der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verfolgte wirtschaftliche Hintergrund kann vielfältiger Natur sein. Mit ihr kann eine wirtschaftliche Stärkung der Gesellschaft mit Außenwirkung gegenüber Banken und Lieferanten beabsichtigt sein, da durch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Grundkapital stärker gebunden wird als in Kapital- oder Gewinnrücklagen.[626] Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann als Mittel der Dividendenpolitik eingesetzt werden, da durch die Erhöhung des dividendenberechtigten Aktienkapitals die Dividende pro Aktie sinkt.[627] Ebenso können mit der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln psychologische Auswirkungen auf den Kapitalmarkt beabsichtigt sein. Durch die Ausgabe weiterer Aktien sinkt der Börsenkurs der AG, was zu einer verbesserten Handelbarkeit der Aktie der Gesellschaft führt.[628] Durch die Erhöhung der Aktienkapitalziffer und die wirtschaftliche Stärkung der Gesellschaft verbessert sich der Gläubigerschutz, was wiederum zu einer verbesserten Kreditwürdigkeit der Gesellschaft führt.[629]

282

Eine Verbindung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit anderen Kapitalmaßnahmen kann nach h.M. nicht in einem einheitlichen Beschluss dergestalt verbunden werden, dass der Kapitalerhöhungsbetrag zum Teil aus Einlagen von neuen Aktionären und zum Teil aus Kapital- oder Gewinnrücklagen erbracht wird.[630] Dies folgt aus der Tatsache, dass es sich bei der regulären Kapitalerhöhung und der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um rechtlich völlig verschiedene Vorgänge handelt.[631] Eine solche kombinierte Kapitalerhöhung kann nicht durchgeführt werden, ohne dass durch die Durchführung der einen Art zwingende Vorschriften der anderen Art verletzt werden.[632] Sie ist deshalb unzulässig. Etwas anderes gilt für getrennte Beschlussfassungen in derselben HV, soweit die jeweiligen Voraussetzungen für die Durchführung jeder einzelnen Kapitalerhöhung eingehalten werden.[633]

283

Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann in relativ kurzer Zeit vollzogen werden.[634] Im Überblick stellen sich die Schritte der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wie folgt dar:


Beschluss der HV unter Zugrundelegung einer testierten Bilanz;
Anmeldung des Hauptversammlungsbeschlusses zum Handelsregister unter Beifügung der Bilanz, welche nicht älter als 8 Monate sein darf;
Wirksamwerden der Kapitalerhöhung durch Eintragung in das Handelsregister;
Entstehung der neuen Mitgliedschaftsrechte;
Ausgabe der neuen Aktien, bei teileingezahlten Aktien Änderung der Nennbeträge auf den Aktienurkunden.