Tore zur Freiheit

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Tore zur Freiheit
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Andrea Dinkel-Tischendorf
Tore zur Freiheit

Copyright

Wichtiger Hinweis: Alle Namen im Buch wurden zur Wahrung der Identität verändert. Die Geschichten selbst jedoch entsprechen der Wahrheit, weil nur so die Authentizität der Ereignisse gewahrt bleiben konnte.

Die im Buch veröffentlichten Empfehlungen wurden von der Verfasserin und vom Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung der Verfasserin bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Bei möglichen unterschiedlichen Schreibweisen wurde die von der Duden-Redaktion empfohlene Schreibvariante verwendet.

Erstauflage: © EchnAton-Verlag

Diana Schulz e.K.

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk darf – auch teilweise– nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

1. Auflage (Printversion) Oktober 2018

Gesamtherstellung: Diana Schulz

Covergestaltung: Leo Tischendorf

Coverbild: ©Andrea Dinkel-Tischendorf

Foto Rückseite: ©Christoph Daab

ISBN-Printversion: 978-3-96442-000-8

ISBN-eBook: 978-3-96442-007-7

www.echnaton-verlag.de

Für Maya, in Liebe und tiefer Dankbarkeit

Der Weg der Liebe ist kein

raffiniertes Argument.

Das Tor dorthin ist Verzweiflung.

Die Vögel ziehen am Himmel

große Kreise voller Freiheit.

Wie lernen sie zu fliegen?

Sie fallen und im Fallen

wachsen ihnen Flügel.

Kabir

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Frühe Kindheit

Gottes liebende Licht

Wieder verlassen

Ein neuer Weg

Heute begegnest du deinem Schicksal

Meine Suche findet ein Ende

Heilung durch Vergebung

Kapitel 1 ‒ Das Jenseits

Angst vor Verstorbenen?

Meine erste Sitzung

Hilf ihr!

Du hast dich genug im Loslassen geübt

Der Zuhälter aus dem Jenseits

Angelika und ein Tötungsdelikt

Hörst du meine Musik?

Abschiednehmen leichter gemacht

Praktische Übung

Kapitel 2 ‒ Das Wirken der Engel

Wie begegnen uns Engel?

Erinnerungen aus der Tiefe der Seele

Die Seeleneigenschaften

Engel in Menschengestalt

Veränderung durch Berührung

Eine engelsgleiche Seele spendet Licht

Engel schenken Heilung

Eine besondere Heilung meines Körpers

Menschen helfen, Toleranz zu entwickeln

Tina und ihre Engel-Schwester

Spiele die Oboe

Ein musikalischer Schutzengel

Hannas himmlische Hotline

Der Schutzengel und ein Meisterbrief

Engel warnen vor Gefahren

Engel schenken Frieden

Geh doch nackt!

Meine Hündin Gina als Engel an meiner Seite

Negative Denk- und Verhaltensmuster verstehen und wandeln

Praktische Übung

Kapitel 3 ‒ Die Geistführer

Und du hast doch Talent!

Geistführer brauchen auch etwas zu tun!

Wounded Knee schenkt mir Vertrauen

Zur rechten Zeit am richtigen Ort

Schwere wird in Leichtigkeit gewandelt

Praktische Übung

Kapitel 4 ‒ Frühere Leben

Heilung durch das Sehen früherer Leben

Unsicherheit

Markus und das Kinderheim

Sandro, der Geigenspieler

Manuela und die Nazis

Die Radiomoderatorin, die ihren Seelenauftrag lebt

Pfarrer Paul

Ute und der fehlende Arm

Birgit und das Feuer

Martina und der Hungertod

Praktische Übung

Kapitel 5 ‒ Wenn die Seele sich erinnert

Beate und der Friseur

Meine Angst vor Übergewicht

Ein gewaltsamer Tod

Ein merkwürdiger Schmerz

Praktische Übung

Gebete für Mutter Erde

Nachwort

Anmerkungen

Ich möchte Danke sagen

Über die Autorin

Vorwort

Dieses Buch ist in der Hoffnung geschrieben, es möge jedem Leser und jeder Leserin Erkenntnis schenken über die Liebe und Weisheit, die aus Gott geboren in unserer Seele wohnt, und über die Kraft, die aus seinem Licht ein Feuer in unserem Herzen entfesselt, das jegliches Leid zu transformieren vermag.

Es ist ein Buch voller Geschichten … wahrer Geschichten ‒ von Menschen, die durch ihre Offenheit, ihren Mut und ihr Vertrauen in der Lage waren, die nicht immer einfachen Herausforderungen ihres Lebens anzunehmen und ihnen mit Liebe, Verständnis und Vergebung zu begegnen.

Jede einzelne Geschichte hat mich selbst tief berührt und den Wunsch freigesetzt, sie zu teilen, um den Sinn des eigenen Lebens zu erkennen und das Geschenk Gottes, welches uns vom ersten Atemzug in die Hand gelegt wird, mit kindlicher Neugier, Begeisterung und Leichtigkeit anzunehmen.

 

Was wäre die Menschheit ohne guten Willen, ohne Glaube, Hoffnung, Kraft und Hingabe und vor allem – was wären wir ohne Liebe?

Ich hoffe, dass du durch dieses Buch Mut findest, dein eigenes Leben kraftvoll in die Hand zu nehmen; dass du Trost findest und die Erfahrung machst, dass alles im Leben einen tieferen Sinn hat und nichts umsonst war; dass du lernen darfst, wie Vergebung die Tore zur Freiheit und zu wahrem Frieden öffnen kann, und dass deine Seele ihre Flügel weit öffnet, um endlich zu fliegen.

Einleitung

Wir schreiben den 13.12.2015. Bald ist Weihnachten. Ein kalter Wind fegt über Freilassing, meine Wahlheimat seit nunmehr drei Jahren. Die goldenen Strahlen der Sonne breiten sich wärmend und, der Kälte zum Trotz, über das Lattengebirge aus. Mein Blick schweift zum Himmel.

Eindrucksvoll und majestätisch zeichnet sich die schlafende Hexe, der Ostausläufer des Lattengebirges, vom zarten Blau des Horizonts ab. Die Wolken fügen sich reizvoll in das zarte BlauGrau ihrer Umgebung. Das gleißende Licht der Sonne, die hoch am Horizont steht, wandelt das strahlende Weiß ihres Seins in eine augenscheinliche Öffnung des Himmels.

Je näher ich die riesige Wolke vor mir betrachte, die sich wie ein weites Band in den Himmel erstreckt, desto mehr dehnt sich mein Bewusstsein aus. Mein Körper beginnt zart zu schwingen, und ein Teil von mir ist sich darüber bewusst, wie nah doch tatsächlich das Tor zur anderen Seite ist und wie wenig es bedarf, dies zu spüren. Nur ein bisschen Ruhe und Stille.

Meinen Blick verklärt auf die Wolke gerichtet, beginnt sie sich in einigen schillernden Farben des Regenbogens zu präsentieren: Ein zartes Rosa durchwebt sie, Gold kommt hinzu, Grün und Blau, und der Himmel dazwischen färbt sich in Indigo. Als würde sich auch die Sonne über ihr Erkennen freuen, breitet sie nun ihr Licht über die zuvor grau gefärbte Umgebung.

Ich erinnere mich an die Worte meiner geliebten Freundin Maya: »Die Sonne ist eine Manifestation von Christus, von Ananda, dem Glückseligen«, und kehre zurück in das Jahr 2003, als ich mit geschlossenen Lidern zwischen einer Gruppe von Menschen stehe. Plötzlich erscheint vor meinem inneren Auge die Sonne in ihrem goldgelben, mächtigen Licht ‒ gerade so, als würde sie allmählich vor mir aufgehen. Als sie in vollem Glanz vor mir steht, ist es, als würde sie mein Wesen in sich selbst aufnehmen. Ich lasse mich glückselig in ihr Licht fallen. Es gibt nichts anderes zu tun!

Und da falle ich … ungebremst und mit dem Gesicht nach vorne … platsch … auf den Boden! Während ich glückselig mit der Nase nach unten auf dem Boden liege und darüber nachdenke, was mein Körper vom Sturz abbekommen haben könnte, richte ich mich langsam wieder auf und stelle fest: Mein Körper ist wohlauf, kein blauer Fleck, keine Beule, einfach nichts! Ich weiß noch, dass ich dachte: »Ja, was soll auch passieren ... ich bin doch nur in die wunderschöne Sonne gefallen! ›Die Sonne ist eine Manifestation von Christus.‹ … Ja, natürlich!«, und mein Erleben bestätigt die Essenz dieser Wahrheit. Was wären wir ohne ihr Licht? Es gäbe kein Leben auf unserem wunderschönen blauen Planeten.

Als ich von Maya erfuhr, dass die Erde ein ebenso lebendiger Körper wie die Sonne ist und zugleich die Dualseele von Christus, machte all dies Sinn für mich. Was wären wir ohne Mutter Erde, die uns nährt?

All das kommt mir wieder ins Gedächtnis, während ich die schlafende Hexe und den gegenüberliegenden, sagenumwobenen Untersberg betrachte. Ist es nicht merkwürdig, dass es mich ausgerechnet hierher verschlagen hat? Dass wir ein Haus finden, das uns vom Garten aus den Blick freigibt auf diesen mystischen Berg, dessen Existenz Anlass für Zukunftsweissagungen einiger Propheten des letzten Jahrhunderts gab?

Die schlafende Hexe wird im Übrigen in der Frühzeit als Verehrung und Verkörperung der Bergmutter angesehen und beschrieben. Für mich sieht sie eher aus wie ein junges, weibliches Äffchen, und da mein Hang zu Tieren immer ein besonderer war, bin ich mit diesem Bild sehr zufrieden.

»Ich bin angekommen, endlich ›zu Hause‹ … nach all den aufreibenden Jahren endlich daheim!« Dankbarkeit kommt auf. Gott hat meinen Weg geebnet und mich hierher gebracht, an einen Ort der Stille und des Einklangs mit Mutter Natur. Mit einem Mann an meiner Seite, der die Natur genauso, wenn nicht noch mehr, schätzt und mich immer wieder daran erinnert, dass es nicht nur Arbeit gibt und es genauso verantwortungsvoll ist, die Schönheit, die Gott uns geschenkt hat, wertzuschätzen und uns bewusst mit ihr zu verbinden.

Eine Vision dieser wunderschönen Voralpengegend und auch des Mannes, mit dem ich hier leben würde, zieht in meinem Geiste vorbei: 2008 war ein schwieriges Jahr für mich. Die Trennung meiner langjährigen Partnerschaft brachte viel emotionalen Schmerz mit sich, und doch war es ein transformierendes Jahr, das, wie es nach einem Abschied nun einmal oft ist, auch eine Neugeburt bedeutete.

Zunächst beschloss ich voller Überzeugung, keinen Partner mehr zu haben. Ich hatte die Nase voll von all den komplizierten Beziehungen der Vergangenheit und zog mein Resümee in der innerlichen Auflehnung meiner Seele: »Entweder meinen Seelenpartner, oder niemanden mehr!«

Da stehe ich nun in der Küche meiner alten Wohnung und denke über die kommende Zeit nach. Ich bitte Gott um einen kleinen Einblick in meine Zukunft: Eine bergige Landschaft zieht an meinem geistigen Auge vorbei, ich sehe blauen Himmel, viel Grün. Einige Wochen vor dieser Vision hatte ich in England einen Mann kennengelernt, in den ich mich Hals über Kopf verliebte. Als wir uns während einer medialen Ausbildung begegneten, hatte er bereits seinen Job als Polizist in London aufgegeben und war nach dem tragischen Tod seiner Frau mit seiner damals 13jährigen Tochter nach Kanada ausgewandert, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Die inneren Bilder versetzen mich in ein aufgeregtes Staunen, obgleich ich immer wusste, dass ich einmal einen Ausländer heiraten würde. Vielleicht kennst du das auch: Es gibt Dinge im Leben, die weiß man einfach. Es ist ein tiefes Wissen, das aus der Seele herausströmt und nicht gleichzusetzen ist mit logischem, rationalem Denken.

»Wow!«, denke ich: »Das muss Kanada sein! Das ist ja wunderbar!« Jonathan war also wieder in greifbare Nähe gerückt, obwohl unser Abschied keineswegs einer Trennung zweier Liebender glich, die wissen, ein Wiedersehen steht außer Frage. Vielleicht hätte ich mir die Berge doch etwas genauer betrachten sollen!

Nach der anfänglichen Begeisterung ereilte mich der Schock. Nein, ich hörte keine englische Sprache, wie ich es mir vorstellte. Ich hörte unmissverständlich einen österreichischen Akzent meines zukünftigen Liebsten! Du kannst dir sicher vorstellen, wie erstaunt ich war. Ausländer hin oder her, einen Deutschsprachigen hätte ich mir jedenfalls nicht vorgestellt!

Nun bin ich mit meinem österreichischen Mann Volker verheiratet und zähle mich zu einem sehr glücklichen und zufriedenen Menschen auf dieser wunderbaren Erde, der gerade die schneeweiße Wolke vor sich betrachtet. Die Kulisse am Himmel wirkt wie ein Gemälde, das sich unter den Wetterbedingungen und Lichteinstrahlungen immer wieder in neuen Farben und Formen präsentiert. »Wie mein Leben«, denke ich. Stetige Bewegung, Höhen und Tiefen, und kaum tritt etwas in Erscheinung, ist es auch schon wieder weg ‒ wie die Wolke am Himmel.

Von meiner Arbeit als Medium weiß ich, dass die meisten Menschen durch Gewohnheit ihre Lebendigkeit verlieren. Es gibt für mich nichts Schöneres, als sie mit Hilfe der geistigen Welt daraus zu befreien, um ihr tatsächliches Potential zu leben. Betrachten wir doch nur einmal die Natur: Nichts ist von Bestand, stetige Veränderung und Bewegung sind ihre Begleiter. So sind wir Menschen auch. Die Natur erscheint in wunderschönen Farben. Ich mag den Vergleich mit einem Teich: Ist genug Sauerstoff vorhanden, blüht das Leben in und um den Teich herum. Man sieht Libellen, Insekten, Frösche, lebendiges Grün. Ist zu wenig Sauerstoff im Wasser, kippt der Teich, und allmählich schwindet das Leben. Bewegung ist der Lauf des Lebens.

Bewegung ist auch unser Atem: Er kommt und geht, kein Atemzug gleicht dem anderen. Ist einer gegangen, ist er unwiderruflich Vergangenheit. Nicht wiederholbar! So erleben wir ständiges Ableben und augenblickliche Neugeburt. Im Ein- und Ausatmen wird gezeigt: Jeder neue Atemzug ist die Möglichkeit, lebendig zu sein.

Leider denken wir im Westen zu wenig darüber nach und sind schockiert, wenn unser letzter Atemzug naht oder ein geliebter Mensch seinen letzten Odem aushaucht. Dann fangen wir an, über das Leben nachzudenken, und fragen uns, was unserem Leben mehr Inhalt gegeben hätte. Tun wir dies besser heute, jeden Tag von neuem! Wie oft höre ich von lieben Verstorbenen: »Ich habe versäumt, dieses oder jenes zu tun, zu sagen und so weiter …« Ehrlich gesagt, sind diese Gespräche auch für mich immer sehr lehrreich, kann ich doch dann versuchen, noch etwas besser und intensiver zu leben.

Zufrieden blicke ich auf mein Leben. Vor ein paar Jahren fand ich beim Ausmisten staubiger Kisten einen Zettel wieder, den ich als 25-Jährige geschrieben hatte. Auf dem Zettel standen meine Wünsche für dieses Leben: Einen lieben Mann, drei Kinder, einen Hund, ein Haus mit Garten, drei Sprachen sprechen, ins Ausland gehen, Ski fahren lernen, Fallschirm springen, Malen …

Der gewünschte Mann ist nun da: Volker ist der Mensch, den ich mir immer erträumt habe. Er nimmt mich, wie ich bin, und gibt mir trotz meiner Schwächen stets das Gefühl, geliebt zu sein. Was kann sich ein Mensch mehr wünschen? Die drei Kinder hat er mitgebracht, die waren also schon fertig. Das Haus mit Garten haben wir angemietet, und das Hündchen ist nun auch da. Skifahren habe ich durch meinen Mann ein bisschen gelernt. Und das mit dem Fallschirmspringen ist mir nicht mehr wichtig; es darf also gerne ohne Wehmut von der Liste gestrichen werden!

Die drei Sprachen: Englisch durfte ich mir während meiner Zeit in Florida aneignen, und naja, mein Französisch ist gegangen, wie es gekommen ist. Aber auch das ist nicht tragisch, und schließlich bin ich noch nicht zu alt, um eine neue Sprache zu lernen. Okay, auf meinem Zettel stand: bis 30 …, aber: welche Bedeutung hat das schon … man muss ja nicht immer im ICE fahren!

Endlich finde ich Zeit zum Malen. Kreativ und somit schöpferisch tätig sein zu können und zu dürfen, liegt in der Natur des Menschen; es sind Gottesgeschenke an uns. Dieser Gabe Raum zu geben und meiner Seele trotz der vielen Arbeit Zeit zu schenken, ist eine bedeutungsvolle Aufgabe, derer ich mir bewusst bin.

An Heiligabend werde ich 46 Jahre alt und während ich mein Leben Revue passiere, denke ich an Mayas Worte im Jahr 2008, als ich Volker kennenlernte, zurück. Mit dem Hinweis auf diese Beziehung gab sie mir zu bedenken: »Wenn du es jetzt nicht schaffst, schaffst du es nie!« Merkwürdig, dass ich gerade jetzt daran denke.

Es wird mir klar, dass sie die Liebe und das Leben meinte. Ich bin mir sicher, dass sie mit ihrem durchdringenden Blick und ihren ungewohnt strengen Worten eine Anspielung auf die damals nicht vorhandene Wertschätzung von Liebe und Leben machte. Meine kluge Freundin, die mit ihrer Ehrlichkeit und Klarheit und vor allem ihrer Liebe mein Leben so reich beschenkt hat. Jetzt fühle ich sie, die Dankbarkeit und Wertschätzung, ohne die sich ein Mensch nicht als glücklicher Mensch bezeichnen kann.

Bevor ich meine alte Heimat verlassen habe, um mit meinem Mann an der Grenze von Österreich und Deutschland zu leben, gab es noch einen Wehmutstropfen: Ich musste Abschied nehmen von Gina, meinem kleinen Dackelmischlingsmädchen, meiner geliebten und treuesten Weggefährtin, und auch diese Erinnerung kehrt zurück:

Ich sitze am Schreibtisch in meiner alten Wohnung und schaue mir Häuser unserer jetzigen Heimat an. Fünf Jahre suchen wir nun schon nach einem gemeinsamen Domizil. Als ich das Haus im Internet finde, das wir heute bewohnen, kehrt die Vorahnung zurück, die ich einige Monate zuvor spürte. Damals wusste ich: »Wenn ich Richtung Österreich ziehe, wird es Gina nicht mehr geben!« Ein Stich fährt mir ins Herz, und mit Schrecken und Tränen in den Augen betrachte ich meine innig geliebte Hündin, die unter meinem Schreibtisch sitzt. »Ach, Gina!«, seufze ich und blicke in ihre warmen, braunen Augen, die mich ebenso traurig ansehen. Da sie kein gewöhnlicher Hund ist, weiß sie natürlich wie ich Bescheid.

 

Es kam wie vorhergesehen: Im Sommer 2012 zogen wir ein, im Februar zuvor verstarb meine engste Begleiterin seit sieben Jahren. Ohne ihre Freundschaft, Loyalität und ihre großzügige Liebe hätte ich es nicht bis hierher geschafft. Jetzt ist sie im Himmel, wo wir uns eines Tages wiedersehen, und zwischenzeitlich steht sie mir immer noch treu zur Seite ‒ als Engel im wahrsten Sinne des Wortes. Ab und an sehe oder spüre ich sie, und hin und wieder macht sie sich über unsere neue Hündin Amira bemerkbar. Auch bei Botschaftsabenden, wenn verstorbene Tiere Kontakt aufnehmen, ist sie meist diejenige, die mich zu ihren trauernden Besitzern führt.

Gina kündigte mir Amira an, die gemäß meinem Wunsch, ein wirklicher Hund zu sein, auf wundersamen Weg zu uns kam. Kurz nachdem Gina verstarb und ich hierher zog, hörte ich bei einem Spaziergang plötzlich ihre Stimme in mir: »Eine neue Hündin wird kommen! Sie wird, wie ich, eine Dackelmischlingshündin sein und durch eine österreichische Freundin zu euch geführt. Ihr Name ist Mia!«

Ich war mir nicht sicher, ob ich richtig hörte … Mia oder Mira? »Na, egal, wenn es so ist, werde ich sie Amira nennen.« Das bedeutet auf Arabisch ›Prinzessin‹ und ist die weibliche Form von Amir, einem indischen Yogi, der im Himalaya lebt und dessen Stimme ich erstmals 2008 wahrnahm.

»Sie kommt früher als du denkst ... noch vor eurem Indienurlaub!«

»Oh weh!«, dachte ich, »Wie soll das funktionieren?« Es kam 1:1 genauso, wie es mir Gina angekündigt hatte. Selbst der Name des Tieres war der gleiche.

Nun, im 47. Lebensjahr angekommen, beginne ich meine persönliche Aufgabe anzugehen: Neben meiner Arbeit, die ich liebe, auch zu leben und mich selbst genauso wichtig zu nehmen wie jeden anderen. Kaum zu glauben, dass ich hierfür 46 Jahre gebraucht habe, um das zu tun, was ich mir persönlich vorgenommen habe, oder besser gesagt: meine Seele!