Trotze Nicht Dem Herzen

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Toya schlug mit einer langen Reihe von Flüchen am Boden auf. Kyoko stampfte zur Tür hinaus, an Shinbe vorbei und machte sich auf den Weg zum Jungfernschrein, mit dem Ziel, nach Hause zu gehen.

Shinbe stand mit dem Rücken zur Hütte, ein leises Grinsen auf seinem Gesicht. Er hatte gehört, was Kyoko gesagt hatte, und sein Grinsen war noch breiter geworden, als er hörte, wie Toya zu Boden ging. Kyoko hatte ihn gar nicht gesehen, als sie herausgekommen war, also folgte er ihr, als sie durch den Wald marschierte.

Kapitel 4 "Geh nicht"

Als sie in den Garten des Herzens der Zeit kam, setzte sich Kyoko langsam ins Gras vor der Jungfernstatue und sah hoch in das Gesicht der Jungfer. Sie konzentrierte sich auf das Gesicht, von dem sie wusste, dass es ihr Spiegelbild war. Das Bild gehörte zu ihrer Vorgängerin zu deren Ehren die Statue angefertigt worden war. Hätten sie gleichzeitig gelebt, sie hätten Zwillinge sein können.

Kyoko verdrängte den Gedanken aus ihrem Kopf und erinnerte sich daran, weshalb sie nun überhaupt hier im Gras saß. Ihre Gedanken begannen, miteinander zu streiten als wäre sie nicht einmal da um zuzuhören.

'Toya ist so ein Idiot!' Sie war eben erst zurückgekommen, und 'alles, was er machte, war, sie anzuschreien'. Manchmal… 'hasse ich ihn richtig… gut, das war vielleicht gelogen.' Kyoko seufzte: 'Ich kann mich nicht selbst anlügen. Ich liebe Toya und wenn niemand in der Nähe ist, um es zu sehen… beweist er oft, dass er auch mich liebt.' Kyoko zog ihre Augenbrauen gedankenverloren zusammen. „Aber dann zerstört er alles wieder.“

Sie würde nach Hause gehen und vielleicht nie mehr zurückkommen. Sie sprang auf, mit dem festen Vorhaben, ihre Hände in die Hände der Jungfer zu legen, wissend, dass sie sie nach Hause bringen würde.

'Aber dann würdest du Shinbe nie mehr sehen.' Ihre Augen wurden groß und ihre Gedanken schrien: 'Du hast doch Gefühle für ihn!'… 'Das ist bescheuert', entgegnete sie sich selbst, 'ich habe nur die Gefühle, die aus dem Traum mit ihm übrig geblieben sind, das bedeutet doch nichts.' Sie entfernte sich wieder von der Statue, senkte ihre Hand zögerlich und setzte sich wieder hin, den Rücken an den kalten Stein gelehnt.

'Aber was ist, wenn er auch Gefühle für dich hat? Wäre der Kuss weiter gegangen, hätte er dich zurück geküsst?' 'Wer hatte noch einmal wen geküsst?' 'Aber er ist ein Schürzenjäger… er würde jede Frau küssen.' 'Und er hat dich gegen Toya verteidigt.' 'Nur weil er sich bedroht fühlte, außerdem ist Shinbe einfach so.' Eine tiefe Stimme ließ sie aus ihrem Gedanken-Chaos hochschrecken.

„Kyoko“, rief Shinbes heisere Stimme sie. Kyokos Kopf hob sich ruckartig und sie errötete als hätte er ihre Gedanken gelesen.

„Äh, hallo“, sagte sie und schaute weg in der Hoffnung, dass er die Schamesröte nicht sehen würde.

„Gehst du nach Hause?“ Er machte ein paar langsame Schritte während er sprach. „Ich kann es dir nicht wirklich übel nehmen nach dem, wie Toya dich behandelt hat.“ Shinbe kniete sich vor sie hin und streckte seine Hand aus um ihr hoch zu helfen. Sie ergriff die angebotene Hand und stand auf, klopfte sich den Staub von ihrem Rock.


„Manchmal halte ich es einfach nicht in seiner Gegenwart aus, Shinbe… ich… es tut mir wirklich leid, all die Probleme, die ich dir bereitet habe.“ Sie machte einen Schritt auf den Schrein zu.

Shinbe wollte nicht, dass Kyoko ging, aber er wusste, dass er sie nicht aufhalten können würde, wenn sie sich entschieden hatte. Er wusste sehr gut, wie sehr sie es hasste, wenn Toya von ihr verlangte, dass sie bleiben sollte und er wollte nicht, dass sie ihm aus dem gleichen Grund grollte. Aber in Wahrheit fühlte er wie Toya… er wollte nicht, dass sie ging.

Seine wahren Gefühle verbergend versuchte er, sie aufzumuntern. „Es ist in Ordnung, Kyoko. Du kannst mir jederzeit Probleme besorgen“, grinste er und tat so, als würde er langsam die Hand nach ihr ausstrecken.

Kyoko übersah die Hand nicht, die sich langsam auf sie zu bewegte. Sie kicherte und warf ihm ein Lächeln zu. Dann war sie weg.

Shinbe stand da und starrte auf die Statue als sein Lächeln verblasste. Er wollte ihr sagen, dass sie nicht gehen sollte. Er hatte nicht vorgehabt, sie zu begrapschen… naja, vielleicht ein wenig. Er hatte es getan, damit sie beruhigt gehen konnte, wissend, dass sich zwischen ihnen nichts verändert hatte. Er hatte fühlen können, dass sie böse war, und er wollte sie lächeln sehen, oder zumindest andere Gefühle zeigen als Wut und Trauer. Sein Plan hatte besser funktioniert als erwartet, als sie ihn angelacht hatte.

Shinbes unruhiger violetter Blick riss sich von dem Jungfernschrein los. Er hasste die Fähigkeit des Zeitportals, sie von ihm weg zu nehmen und wünschte sich, dass er ihr in ihre Welt folgen könnte… nur einmal. Seine Augen wurden attraktiv dunkler, dann verengten sie sich bei dem eifersüchtigen Gedanken, dass Toya ihr durch das Herz der Zeit folgen konnte. Wieso hatte das Zeitportal den silbernen Beschützer gewählt, und nur ihn? Es war einfach nicht fair. Toya war nicht ihr einziger Beschützer.

*****

Als Kyoko wieder auf der anderen Seite des Jungfernschreins angekommen war, legte sie sich im Schutz des Schreinhauses hin und bettete ihren Kopf auf ihren Rucksack, schloss ihre Augen. Sie wollte gerade einfach niemanden sehen.

Gedanken von Shinbe, der mit ihr schlief, schlichen sich wieder in ihren Kopf. Wieso musste sie so von ihm träumen? Dadurch wünschte sie nur… 'Was denke ich da?', fragte sie sich selbst. Sie musste aufhören, daran zu denken.

Shinbe und Suki mochten einander eindeutig, auch wenn sie es nicht zugeben würden. Außerdem machte er mit allen Frauen rum. Shinbe war einfach so.

Kyoko stand langsam auf und verließ das Schreinhäuschen, das die Jungfernstatue schützte. 'Ich werde einfach in mein Zimmer gehen und lernen. Ja, dann werde ich morgen auf die Uni gehen und alles wird gut sein. Vielleicht werde ich sogar meine Freunde anrufen und kurz mit ihnen ausgehen.' Kyoko blieb ruckartig stehen und verdrehte die Augen als sie laut dachte: „Neue Regel: keine Früchte essen bei meinen Freunden.“

*****

Toya kämpfte noch immer gegen seine Eifersucht an, als er langsam zu dem Schrein ging. Er hatte fest vor, Kyoko zu folgen und die Sache auszubügeln. Er konnte den Gedanken nicht aushalten, dass sie sauer auf ihn war.

Seine Sinne klingelten und er wusste, dass er nicht alleine war. Er sah hoch und erkannte Shinbe, der an eines der Felstrümmer gelehnt saß, die von dem vergessenen Schloss, das hier gestanden hatte, übrig waren. Seine Hände waren ordentlich in seinem Mantel versteckt und sein Stab lag über seinem Schoß. Er hatte seinen Kopf zurückgelehnt und seine Augen waren geschlossen als würde er schlafen.

„Wach auf, du dummer Lustmolch!“, schrie Toya ihn an, jetzt noch wütender als davor.

Shinbe öffnete ein verschlafenes Auge und schloss es dann wieder. „Was willst du, Toya?“

Toya kochte: „Was will ich? Ich will wissen, wozu zum Teufel, du hier sitzt?“

Shinbe öffnete seine Augen und hob fragend eine Augenbraue in Richtung seines Bruders: „Darf ich mich nicht ausruhen?“

Toya starrte ihn böse an: „Seit wann kommst du zum Herzen der Zeit um zu ruhen?“

Shinbe stand langsam auf und machte sich bereit, nur für den Fall. Er wusste, dass Toya ein ganzes Stück stärker war. Aber er wusste auch, dass er nicht so schwach war, wie Toya meinte. Ihre Kräfte waren einfach unterschiedlich.

„Ich kam um mich von Kyoko zu verabschieden. So wie du sie behandelt hast, können wir froh sein, wenn sie je wieder zurückkommt. Was geht in deinem Erbsenhirn eigentlich vor sich?“ Shinbes ruhige Stimme konnte die Erregung, die er versteckt hielt, nicht ganz verbergen.

Toya knurrte leise, wissend dass Shinbe recht hatte. Vielleicht, nur vielleicht, hatte er überreagiert, aber dennoch, er hatte gesehen, wie sie sich geküsst hatten. Kyoko hatte den wollüstigen Beschützer geküsst. Die Szene spielte sich noch einmal vor Toyas innerem Auge ab und seine Seele schrie: 'Nein, es war Shinbe, der Kyoko geküsst hatte, nicht umgekehrt.'

Er drehte Shinbe den Rücken zu: „Ich weiß nicht, was du vorhast, Beschützer, aber wenn du Kyoko je wieder auch nur anfasst… werde ich dich umbringen.“ Damit flog Toya durch die Luft davon und ließ nur eine einzelne silberne Feder zurück, die im Wind flatterte.

Shinbe seufzte und setzte sich wieder, lehnte sich an den Stein, als er Kamuis spielerisches Lachen aus der Ferne hörte. Wenig später kamen Sennin, Kamui und Suki auf die Lichtung, in den Händen Körbe mit Kräutern und Gemüse, die der alte Mann gesammelt hatte.

'Sie müssen ihn auf dem Weg zurück zur Hütte getroffen haben', überlegte Shinbe.

Sennin war der alte Mann, dem die Hütte gehörte, in der sie lebten, wenn sie in der Nähe des Schreins waren. Sennin hatte Suki und ihren Bruder ganz alleine aufgezogen, nachdem seine Frau, deren Mutter von den Dämonen getötet worden war, als diese das Dorf angriffen. Suki war zu klein gewesen um sich an ihre Mutter zu erinnern, aber sie war zum besten menschlichen Dämonenjäger im ganzen Reich geworden.

Für das Dorf war Sennin ein Medizinmann, aber die Beschützer kannten die Wahrheit. Er war ein Meister der Zaubersprüche und wusste viel mehr als die meisten Menschen in ihrer Welt. Shinbe lächelte traurig als er zusah, wie der alte Mann auf ihn zu ging.

 

„Wieso siehst so bedrückt aus, Shinbe?“, fragte Sennin, als er nahe genug war. Er zog die Augen zusammen um ihn mit seinen alternden Augen besser sehen zu können. Der violette Beschützer hatte sich in letzter Zeit ein wenig merkwürdig benommen… und das wollte etwas heißen denn seiner Meinung nach waren alle Beschützer von Natur aus merkwürdig.

Shinbe stand auf, als die Gruppe sich näherte, als hätte er auf sie gewartet und nicht gerade beinahe mit Toya gekämpft.

Suki sah hinter ihn auf den Jungfernschrein: „Ist Kyoko schon wieder nach Hause gegangen?“

Shinbe starrte sie ausdruckslos an, ehe er antwortete: „Ja, ja, ist sie.“

Kamui hörte auf, den Korb nach etwas zu Essen zu durchsuchen und sah Shinbe aufmerksam an wobei sein Lächeln verschwand und sich in Sorge verwandelte. „Wieso ist sie gegangen?“ Dann, als wäre ihm plötzlich ein Gedanke gekommen, fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen: „Was hat Toya dieses Mal getan?“

Shinbe streckte seine Hand aus und legte sie beruhigend auf Kamuis Schulter. Er wusste, Kamui hasste es genauso wie er, wenn Kyoko zurück in ihre Zeit ging. „Es ist in Ordnung, Kamui. Sie wird bald zurückkommen.“ Oder zumindest hoffte er das. Innerlich stöhnte er.

Suki sah beunruhigt aus. Kyoko war irgendwann in der Nacht zurückgekommen. Sie hatte noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt, mit ihr zu sprechen, abgesehen von ein paar Minuten am Morgen. „Also musste sie ihn wieder zähmen?“

Shinbe warf der Frau einen kurzen Blick zu und grinste: „Ich fürchte ja. Toya ist nicht in sehr guter Laune.“

„Das kann ich mir vorstellen. Weißt worüber sie dieses Mal gestritten haben?“ Sennin sah ihn angestrengt an als er seinen Korb in die andere Hand wechselte und sich auf den Weg zur Hütte machte. Suki folgte mit Kamui, der wieder in den Korb griff um sich einen Happen zu stibitzen. Shinbe folgte den anderen und überlegte, wie er auf die Frage antworten sollte.

„Meint Toya, dass er einen Grund braucht, um sie anzuschreien?“ Shinbe zuckte seine Schultern, als wüsste er von nichts, während er hoffte, dass niemand seine Schuld fühlen konnte.

Toya saß in einem Baum neben Sennins Hütte und lauschte ihren Gesprächen, als die Gruppe sich näherte. Er hörte Shinbes Kommentar und wollte ihn zu Brei schlagen. Aber als er darüber nachdachte, entschied er, dass es wohl das Beste war, wenn er ihnen nicht erzählte, was er gesehen hatte. Seine Augen glühten mit silbernen Funken als er an den Kuss dachte. Mit dem Entschluss, es im Moment zurück zu halten, lehnte sich Toya im Baum zurück und schloss seine Augen, täuschte vor, zu schlafen.

„Bist wach Toya?“, rief Sennin zu ihm hoch.

Toya ignorierte den alten Mann weiterhin. Es war nicht so als schuldete er ihm etwas.

Sennin wartete kurz, aber wollte seine Bemerkung dann trotzdem an den Mann bringen. „Hast es dieses Mal echt gut hinbekommen. Konntest nicht warten bis sie ein wenig länger zurück war?“

Toya lehnte sich nach vorne und starrte Sennin böse an. „Halt's Maul, du alter Mann. Du weißt nicht einmal, worüber du sprichst.“ Er sprang hinunter und ging weg in den Wald.

Shinbe seufzte erleichtert. Er hatte Angst gehabt, dass Toya ihnen von dem unschuldigen Kuss erzählen würde, und er es erklären müsste. 'Dachte ich gerade unschuldig?', fragte er sich selbst und fühlte, wie etwas Schweres sich in seinem Magen ausbreitete. Wenn er so unschuldig war, wieso konnte er dann nicht aufhören, daran zu denken, wie weich ihre Lippen sich angefühlt hatten, als sie seine berührten? Mit diesem Gedanken stöhnte er und ging in die Hütte.

Kaen, ein Verbündeter der Beschützer, besser bekannt auch als Feuerkobold, erschien mit einem Grinsen vor Kamui. Er half oft, Kamui zu trainieren und hielt im Kampf immer ein Auge auf ihm. Es half, dass Kaen seine menschliche Form in einen Drachen verwandeln konnte… das machte das Training viel intensiver. Sie absolvierten einen Trainingskampf vor der Hütte während Sennin und Suki sich Blicke zuwarfen.

Suki zuckte die Schultern als sie in die Hütte kamen. Shinbe lag auf einer Matte, auf seine Ellbogen aufgestützt, seinen Rücken ihnen zugewandt. Sie beobachteten ihn, niemand sagte ein Wort über seine deprimierte Laune. Suki entfachte ein Feuer zum Kochen, während Sennin das Essen für das Abendmahl vorbereitete. Beide sahen zu Shinbe hinüber als er seufzte.

*****

Toya blieb den ganzen Tag weg von der Hütte bis die Sonne sich tief über den Horizont senkte. Er näherte sich leise, als er hörte wie Sennin und Suki sich leise unterhielten. Sein ausgezeichnetes Beschützergehör erlaubte ihm, jedes Flüstern von ihren Lippen zu hören.

„Meinst du, er ist krank, Sennin?“, fragte Suki besorgt als sie auf Shinbe starrte, der immer noch auf seiner Decke lag, tief im Schlaf.

„Ui, er hat keinen Bissen gegessen“, antwortete der alte Mann während er die Essensschüsseln wusch.

„Ich hoffe wirklich, dass er sich nichts eingefangen hat. Ohne Kyokos Hilfe werden wir ihn morgen wirklich brauchen, wenn wir nach dem fehlenden Talisman suchen wollen.“ Suki sah unglücklich aus, als sie ihre Schlafmatte ausrollte.

„Ui, ich werde ihm einen Kräutertee machen, wenn er aufwacht.“ Sennin dachte nicht, dass der Beschützer krank war, da sie so eine starke Immunität gegen menschliche Krankheiten hatten. Die Wahrheit war… er hatte nie davon gehört, dass einer von ihnen krank gewesen wäre. Es musste etwas viel Tiefgründigeres sein.

Seine alten, braunen Augen wurden schärfer als er an den fehlenden Talisman dachte. Seit der Schützende Herzkristall zersplittert war, waren die kleinen Bruchstück-Talismane überall aufgetaucht, und meist in den falschen Händen. Jeder schwache Dämon, der einen Talisman hatte, wurde stark und sehr gefährlich. Hyakuheis böse Armee schien jeden Tag zu wachsen. In letzter Zeit hatte er gefühlt, wie das Böse sich näherte.

Toya stand draußen vor der Hütte und fragte sich, ob er hineingehen sollte oder nicht, als er seinen Namen hörte.

„Ich frage mich, worüber sich Toya so aufgeregt hat, dass Kyoko nach Hause gehen wollte“, sagte Suki und unterdrückte ein Gähnen.

Sennin nickte: „Men sollte meinen, dass er mittlerweile seine Lektion gelernt hat. Wir brauchen sie ebenso sehr wie die Beschützer.“

Suki setzte sich auf ihre Matte und wischte etwas eingebildeten Schmutz weg. „Nun, er brauchte nicht lange, um sie zornig zu machen. Ich wette, er hat etwas darüber gesagt, dass sie nach Alkohol roch.“ Sie drehte sich um, um Kamui böse anzustarren, als sie unterdrücktes Lachen von ihm kommen hörte.

Sie hob einen Kamm auf, den Kyoko ihr geschenkt hatte und warf ihn in seine Richtung. Er traf ihn am Kopf. „Ich dachte, du schläfst!“

Sennin lachte über die beiden, als er zur Tür ging. „Gute Nacht Suki… Kamui.“

Toya stand vor der Hütte. Er hatte vergessen, dass Kyoko nach Alkohol gerochen hatte. Also brauchte er ihnen nicht zu sagen, was wirklich passiert war, obwohl es schön wäre, Shinbe Probleme mit Suki zu bereiten. Er grinste. Sie wäre so wütend auf ihn, dass sie ihn ins nächste Jahrhundert schlagen würde.

Als er in den Baum hoch sprang, lachte Toya über den Gedanken, wie Suki Shinbe schlagen würde, wissend, dass sein Bruder keinen Finger heben würde, um sie aufzuhalten.

Kapitel 5 "Gefährliche Eifersucht"

Kyoko fühlte sich miserabel. Alles, woran sie denken konnte, waren Shinbe und Toya und dieser dumme Kuss. Sie lag unter der weichen Decke, hellwach, und fragte sich, wie es kam, dass sie überhaupt von einem der beiden geküsst werden wollte. Einer war Shinbe, der lüsterne Beschützer, der mit jeder Frau flirtete, die ihm über den Weg lief. Er hatte wohl schon mehr Frauen gehabt, als sie an beiden Händen abzählen könnte, und doch machte sie schon allein der Gedanke an den Kuss schwindlig.

Der andere war Toya, der sie für jede Kleinigkeit anschrie und immer versuchte, jede einzelne ihrer Bewegungen zu beherrschen. Doch manchmal konnte er so süß sein. Beide konnten sie das. Sie ließ ihren Kopf auf ihr Kissen fallen und seufzte. Es war merkwürdig, dass sie normal immer nur an Toya gedacht hatte, bevor sie einschlief, aber schon seit einiger Zeit jetzt, hatten sich die Gedanken immer mehr auf Shinbe konzentriert. Shinbe… Sie versank im Schlaf und träumte wieder von ihm.

*****

Shinbe erwachte mitten in der Nacht, in Schweiß gebadet. Ein weiterer Traum. Er winselte als er aufstand. Wieso musste er immer noch an sie denken? Sie brachte ihn um den Verstand. Er sah sich um, um sicher zu gehen, dass Suki und Kamui noch schliefen. Er schlich durch die Hütte wie ein Geist und ging noch draußen, atmete tief ein und sah hoch in den Himmel. Da bemerkte er Toya, der von den unteren Ästen des Baumes genau vor der Hütte auf ihn herunter starrte.

„Was?“ Shinbe wollte sich nicht schon wieder mit ihm anlegen, aber die Art wie Toya ihn anstarrte brachte ihn einfach aus der Ruhe.

Toya roch die Luft und knurrte, als er Shinbes Erregung fühlte. „Was machst du, Beschützer?“

Shinbe ließ seinen Kopf sinken und legte seine Finger an seine Schläfen als hätte er Kopfschmerzen, obwohl das für einen Unsterblichen unmöglich war. „Ich mache einen Mitternachtsspaziergang, nicht dass es dich was angeht.“

Toya knurrte wieder und sprang herunter von seiner Warte über Sennins Hütte. Er umkreiste Shinbe als würde er seine Beute begutachten. „Natürlich tust du das.“ Toya umkreiste ihn weiter.

Shinbe beobachtete ihn aus dem Augenwinkel mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck aber innerlich gewappnet für einen Angriff von Toya. „Ich weiß nicht, was du sagen willst, Toya. Aber wenn es dir nichts ausmacht, ich brauche dich wirklich nicht, um meine Hand zu halten.“

Toya blieb stehen und stellte sich genau vor Shinbe, so schnell, dass er den Luftzug spürte. „Halte dich von Kyoko fern, hörst du? Wenn ich auch nur eine Sekunde lang meine, dass du sie berührt hast…“ Mit einer schnellen Bewegung schüttelte er einen seiner Zwillingsdolche aus seinem Ärmel in seine Hand, während er den anderen Beschützer drohend anstarrte. „Werde ich es mir nicht zweimal überlegen, ehe ich dich töte, Bruder oder nicht.“

Shinbe konnte Toyas Plumpheit nicht ausstehen. „Ja, ich verstehe. Also, wenn ich jetzt darf.“

Toya machte einen Schritt zur Seite und ließ Shinbe vorbei. 'Ich traue diesem Beschützer nicht', dachte Toya innerlich.

Shinbe ging in den Wald. Es war ihm egal, wo er hinging. Er wollte einfach nur so weit wie möglich von Toyas wissenden Augen weg sein. Ja, er wusste, dass Toya ihn umbringen würde, wenn er herausfand, was er getan hatte, aber zumindest würde er als glücklicher Mann sterben. Er seufzte und sah hinauf zum Sternenhimmel. „Ach, Kyoko. Wieso musstest du gehen? Verdammter Toya.“ Er schwang seinen Stab vor sich und knurrte. „Verdammt seist du.“

Shinbe ging weiter, ohne eigentlich zum Schrein gehen zu wollen, aber das war es, wo er letztendlich dennoch ankam. Er stand am Rand der Lichtung, wissend, dass er nicht dort sein sollte. Toya folgte ihm wahrscheinlich. Er sah sich nervös um und suchte nach einem Anzeichen von seinem temperamentvollen Bruder. Als er ihn nirgendwo fühlen konnte, bewegte er sich langsam auf die Jungfernstatue zu.

Er stand vor der Statue und sah auf das Bildnis von Kyoko in der Vergangenheit, träumte vor sich hin und hörte nicht die Schritte, die sich von hinten näherten.

„Was zum Teufel meinst du, was du hier tust, Beschützer?“, rief Toya leise von hinten. Er erschreckte Shinbe so sehr, dass dieser sein Gleichgewicht verlor und beinahe in die Arme der Jungfer gefallen wäre, hätte Toya ihn nicht am Arm ergriffen.

„Toya, du musst wirklich aufhören, dich so an Leute heranzuschleichen“, sagte Shinbe mit einem Knurren, als er Toyas Hand abschüttelte.

„Ich habe dir gesagt, du sollst dich von Kyoko fern halten. Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vor sich geht, aber wenn ich dir den Verstand hinein prügeln muss, dann werde ich das.“ Toyas Augen funkelten zornig als er nur daran dachte, dass sein Bruder Gefühle für Kyoko haben könnte. Nicht in diesem Leben, nicht, wenn er etwas dagegen tun konnte.

Shinbe hatte genug von Toyas Drohungen. Er entgegnete bissig: „Was zur Hölle!“ Er schwang seinen Stab in Toyas Richtung, der sich mit einem Sprung in Sicherheit brachte. „Du hattest eine Million Chancen mit Kyoko aber du willst sie nie sehen. Nun willst du ihr sagen, mit wem sie sein darf? Wen sie küssen darf?“ Er lachte, aber es klang wütend. „Das wird nicht passieren, Toya. Du verlierst.“ Shinbe schüttelte seinen Kopf und hielt seinen Stab ruhig, bereit für den bevorstehenden Wutanfall. Er wusste, wozu Toya fähig war, aber er hatte es satt, immer nachzugeben.

 

Toya starrte Shinbe erschrocken an. Er konnte sich nicht bewegen. Er wusste, er konnte seine Zwillingsdolche nicht verwenden… wenn er das täte, würde er seinen Bruder umbringen. Seine Augen bluteten in geschmolzenem Silber, als er seinen Blick auf seinen Bruder richtete. „Was hast du gerade gesagt? Willst du mir sagen, dass 'du' Kyoko willst?“ Toya knurrte, als er hinzufügte: „Du bist nichts als ein lüsterner Beschützer. Kyoko würde dich nie wollen!“ Er machte einen Schritt auf Shinbe zu.

Shinbe duckte sich unter Toyas Arm aber blieb stehen. „Meinst du, sie wird dich immer noch wollen, wenn alles, was du tust, ist, sie zu kontrollieren und so zu tun, als wären dir ihre Gefühle völlig egal?“ Er duckte sich unter einem weiteren von Toyas Angriffen durch und lachte. „Du wirst langsam…“ Seine Stimme wurde düsterer: „Oder habe ich einen Nerv getroffen?“

Toya stand da und starrte Shinbe an. Wieso er die Zwillingsdolche nicht rief, das wusste er nicht. Aber er wollte unbedingt Shinbes Blut fließen sehen. Er brauchte die Messer dafür nicht. „Du hast kein Recht, darüber zu reden, was ich tue.“ Toyas Stimme war tödlich als er seinen Kopf senkte, seine Strähnen verdeckten den roten Ton, der sich zu dem Silber mischte, das sich in seinen Augen breit gemacht hatte.

Shinbe hob eine Augenbraue. „Ha, also habe ich einen Nerv getroffen. Wie interessant. Der silberne Beschützer hat Gefühle… für seine Priesterin. Aber du hast kein Recht, Kyoko zu sagen, wen sie küssen darf. Immerhin, wie sie sagte, hat sie keinen Freund. Also so wie ich das sehe, darf jeder sein Glück bei ihr versuchen.“ Shinbe zuckte die Schultern und drehte sich um, um zum Schrein zu sehen.

Toya wartete einen Moment, ehe er Shinbe ansprang. „Verdammt, dreh mir nicht den Rücken zu!“ Er traf Shinbe hart, sodass er stolperte und sein Stab über die Lichtung flog.

Shinbe rollte sich schnell weg und stand dann sofort wieder auf, um Toya wieder zu begegnen. Sein langes, dunkelblaues Haar bewegte sich im Wind und seine violetten Augen glühten gefährlich. Beide Beschützer waren einen Moment lang still, als sie einander wütend gegenüber standen. Das Gras um sie und um die Jungfernstatue glitzerte mit einer unbemerkten Aura, die der Feind hinterlassen hatte.

Unbewaffnet und im Nachteil hob Shinbe seine Hände vor sich, die Flächen nach oben, und rief seine Beschützerkräfte. Die Felsbrocken um sie herum begannen, sich vom Boden zu heben, in dem sie so lange gefangen gewesen waren. Er wusste, dass er nicht die Zeit haben würde, den Zauber zu Ende zu bringen, als Toya ihn wieder angriff. Er versuchte, auszuweichen, aber fühlte, wie seine Beine nachgaben, als er auf der Jungfernstatue auftraf.

Die schweren Steine fielen wieder zurück zu Boden, als Toya in ihn stürzte und ihn an der Kehle ergriff. Shinbe ergriff Toyas Hemd als sie beide in einen See aus warmem, blauem Nebel stolperten.

Anstatt mit einem Krachen aufzukommen, wie Shinbe erwartet hatte, fühlte er sich in ein weiches, blaues Licht eingewickelt. Sein erster Gedanke war, dass er gestorben sein musste, denn Toya hatte ihn gewürgt, gerade als sie fielen. Als sie aus der Zeitlupe ausbrachen, verschwand der geheimnisvolle Nebel und sie landeten… hart. Toyas Hände waren immer noch an seiner Kehle.

Als seine Sinne wieder zurückkamen, griff Shinbe hoch zwischen Toyas Arme und konnte die Hände des Beschützers von seiner Kehle drücken.

Toya landete auf seinem Rücken, als Shinbe ihn wegstieß. Dabei erkannte er, wo sie waren. „Was zum…?“ Toya starrte hoch in die Dunkelheit und sah das Dach über seinem Kopf. Sie waren in Kyokos Zeit gesprungen? Shinbe war in Kyokos verdammter Zeit? „Nein!“ Toya knurrte laut als er sich von dem Holzboden hoch drückte und Shinbe sehr böse anstarrte. Keiner der Beschützer war jemals durch das Herz der Zeit gekommen, außer ihm. Er war der einzige Beschützer, der hier sein durfte. Eifersucht brachte Toyas Blut zum Kochen.

„Jetzt werde ich dich wirklich umbringen!“ Toya ging wieder auf Shinbe los und verpasste ihm einen harten Schlag gegen die Schläfe.

Aber Shinbe war nicht so schwach, wie er aussah. Er schüttelte seinen Kopf und streckte ein Bein aus, ließ sich schnell fallen und trat Toya in die Seite und brachte ihn zum Stolpern.

Toya knurrte als er seitlich gegen die Schreinwand krachte.

Shinbe lehnte sich gegen die Holzwand und rang nach Luft. Sein Mantel war an manchen Stellen zerrissen und sein Kopf dröhnte von Toyas Schlag. Er sah zu Toya hinüber, dem kein Schaden anzumerken war… sein einziger Ausdruck war stinkwütend.

Toya ging in die Hocke und schrie: „Du darfst hier nicht sein!“ Er schoss auf Shinbe zu, aber krachte mit einem harten Schlag gegen die Wand, als Shinbe in letzter Sekunde in Deckung ging.

Toya war wohl stärker, aber Shinbe war schneller. Als er sich duckte, drehte sich Shinbe um und schoss einen Lebensenergiestrahl ab, der einen Gott verletzt hätte.

Toya wurde zurückgeworfen, aber durch seinen Zorn konnte er sonst nichts fühlen. Er wischte das Blut von seiner Lippe als er Shinbe mit Quecksilberaugen anstarrte. Er musste sich beruhigen, aber noch als der Gedanke in seinem Kopf auftauchte, wurde er von der Raserei verdrängt. Er wollte Shinbe verletzen, schwer. Er sah wie Shinbe sich nach vorne beugte, seine Hände auf seinen Beinen abstützte und schwer nach Luft rang. Er ergriff diese Chance um Shinbe am Mantel zu nehmen und aus der Tür des Schreinhauses zu werfen.

Beschützer konnte man nicht umbringen… wenigstens in der Theorie… es war eine Lüge. Hyakuhei hatte ihren Vater umgebracht und niemand war unsterblich. Shinbe schlitterte über den Kies, ehe er zum Halten kam und dann aufstand während er Blut und Dreck aus seinen Augen wischte.

*****

Kyoko lag im Bett und fragte sich, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Sie konnte Schläge und erstickte Schreie hören, also nahm sie an, dass Opa noch so spät auf war und fern sah. Sie fuhr beinahe aus der Haut vor Schreck, als Tama in ihr Zimmer stürmte.

„Kyoko!“, Tama zeigte auf das Fenster. „Jem… jemand kämpft in… im… im Garten“, er brachte die Worte kaum heraus, als Kyoko zum Fenster rannte und hinaussah. Sie konnte nicht wirklich etwas sehen, denn offenbar war der Lichtmast, der am Rand des Gartens gestanden hatte, weg.

Tama stand neben ihr und starrte hinaus in den Garten, gerade als ein Blitz aus Rot und Schwarz näher am Haus auftauchte, wo er durch das Licht der Haustür beleuchtet wurde.

Er zeigte hinunter: „Es, es ist…“

„Toya!“, schrie Kyoko als sie fühlte, wie Panik sie ergriff. Mit wem kämpfte er… einem Dämon… in ihrer Welt? Sie sah zu als er plötzlich in die Luft gehoben wurde und rückwärts in den großen Baum geschleudert wurde, auf den sie als Kind immer geklettert war. Das Problem war… sie sah nichts, das ihn geworfen hatte, es sei denn er kämpfte mit einem Geist.

„Tama, geh und wecke Opa auf. Ich muss Toya helfen.“ Sie griff schnell nach ihrem Bogen und rannte zur Tür hinaus während Tama im Schock zurückblieb.

Sie rannte barfuß in den Garten, einen Gedankenpfeil schon im Bogen angelegt. Als sie versuchte, ihr Ziel auszumachen erschrak sie, als sie erkannte, dass da nicht ein Beschützer war, sondern zwei. Das ließ sie mitten im Schritt ruckartig anhalten.