Todeswunsch (Blutsbündnis-Serie Buch 12)

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Kapitel 2

„Er hat dich geschickt, um Dinge zu stehlen?“ Gypsys Stimme wurde lauter, weil sie es nicht fassen konnte. „Ich kann nicht glauben, dass Opa dich dazu animieren würde, etwas so Gefährliches zu tun.“

„Wie, glaubst du, ist er überhaupt erst in dieses Geschäft eingestiegen?“, fragte Lacey mit einem scheuen Lächeln.

„Ich habe nur Gerüchte gehört“, flüsterte Gypsy mehr als nur ein wenig überrascht über dieses Geständnis. Einige der wichtigsten Leute bei den Versteigerungen im Untergrund hatten ihr in den letzten Jahren einzelne Hinweise gegeben. Sie hatte immer nur höflich genickt und gelächelt und die Gerüchte dann schnell vergessen, weil sie nicht darüber nachdenken wollte.

Sie seufzte, als sie zugab: „Ich habe sie nie ernst genommen, dachte immer, dass sie mich nur ärgern wollten, weil ich oft Dinge bekam, die sie selbst haben wollten.“

„Sie hatten jedes Recht, eifersüchtig zu sein. Opa war in seiner Jugend einer der besten Diebe und er hat es in jener Zeit geschafft, eine Menge sehr wertvoller Dinge zu bekommen“, erklärte Lacey stolz.

„Seine Spezialität waren übernatürliche Gegenstände… alte Zauberbücher, Zeitschriften, Gemälde und verschiedenste Zauberutensilien. Die Gerüchte im Untergrund behaupten, dass er tatsächlich den Heiligen Gral gefunden hat, aber dann vor dem Mann versteckt hat, der ihn dafür angeheuert hatte. Ich bezweifle, dass er ihn wirklich hat, aber das Gerücht hält sich hartnäckig und lässt den Mythos um Opa nur noch wachsen.“

Gypsy runzelte die Stirn. „Wie hat er es geschafft, so lange am Leben zu bleiben, wenn er so gefährliche Dinge gestohlen hat?“

Lacey zuckte die Schulter. „Wer weiß? Opa hat sich eine Menge Feinde gemacht, ehe er sich aus seinem Lieblingshobby zurückgezogen hat. Niemand konnte je beweisen, dass er es war, weil er die Diebeskunst wie kein anderer beherrschte. Eine der ersten Sachen, die er gestohlen hat, war ein Tarnschild, der ihn völlig unauffindbar machte. Der beste Schutz gegen die meisten der Feinde, die ihn verdächtigten, war die Tatsache, dass eine Menge der Dinge, von denen sie dachten, dass er sie gestohlen hatte, mächtig genug waren, um sie gegen sie zu verwenden, sollten sie ihn angreifen.“

„Ein Tarnschild“, wiederholte Gypsy mit großen Augen. „Wie der Umhang, der Harry Potter unsichtbar macht?“

„Ich weiß es nicht… ich habe ihn nie gesehen, weil er verschwunden ist, bevor wir beide geboren wurden“, antwortete Lacey. „Ich schätze, jemand anders war ein noch besserer Dieb als Opa.“

„Kein Wunder, dass alles, was von der Familie noch übrig ist, aus der Stadt weggezogen ist, und uns davor gewarnt hat, in Opas Nähe zu bleiben. Ich dachte, das war nur, weil sie meinten, dass er verrückt war, weil er an übernatürliche Dinge glaubte, und einen Laden wie diesen hatte.“ Gypsy schüttelte ihren Kopf, als sie an all die Male dachte, wo sie ihn verteidigt hatte. Doch sie würde das nicht bereuen. Sie hatte ihn geliebt, und das war alles, was für sie zählte.

„Oh nein“, widersprach Lacey. „Die Familie hatte keine Ahnung. Er wollte es so. Er hat sich in ihrer Gegenwart absichtlich immer merkwürdig benommen… damit sie dachten, dass er verrückt war, und sich von ihm fernhalten würden. Er wollte niemanden von ihnen in Gefahr bringen, falls jemand es auf ihn abgesehen hatte.“

Laceys Gesicht wurde traurig, als sie daran dachte, wie sie damals bei Opa eingezogen war… genau hier in diesem Laden. Als sie neun Jahre alt gewesen war, waren ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen und ihr Großvater war wenige Stunden später gekommen, um das Sorgerecht für sie zu beanspruchen. Er wusste nicht, ob der Unfall wirklich ein Unfall gewesen war oder nicht und teilte diese geheime Sorge später mit ihr, als sie die Wahrheit über ihn erfuhr.

Es war die Theorie, dass ihre Eltern im Streit um irgendein paranormales Spielzeug ermordet worden waren, die schließlich dazu geführt hatte, dass sie Rache an allen, die irgendwelche paranormalen Gegenstände besaßen, üben wollte, in der Hoffnung, dass sie denjenigen treffen würde, der sie umgebracht hatte. Doch sie hatte nie irgendwelche Hinweise darauf erhalten, sondern war stattdessen süchtig geworden nach dem Adrenalin, das mit ihrer Arbeit kam. Das… und die Bezahlung war auch nicht schlecht.

„Es war meine Idee gewesen, seine Arbeit zu übernehmen, und er war von Anfang an dagegen gewesen“, erinnerte sie sich. „Aber nach einer Weile gab er nach, weil ich begann, alleine auf Diebeszüge zu gehen, und dabei darauf achtete, dass er mich erwischte, sodass er keine Wahl hatte, als mich zu lehren, wie man unbemerkt aus- und einbrechen konnte. Es war nie seine Idee gewesen, ich habe ihn indirekt dazu gezwungen. Es war die einzige Möglichkeit, zu verhindern, dass ich alleine und unerfahren loszog und dabei letztendlich sterben würde.“

„Ich verstehe.“ Gypsy schüttelte ihren Kopf über ihre teuflische Cousine und hatte fast Mitleid mit ihrem Großvater. „Armer Opa, er hatte keine Wahl.“

„Nun ja… mein letzter Auftrag ist mir ein wenig über den Kopf gewachsen“, gab Lacey zu. „Es war meine Schuld, Opa hätte sich keine Vorwürfe machen sollen. Er wusste, dass ich dickköpfig war, und er hatte getan, was er konnte.“

„Oh nein“, flüsterte Gypsy und verzog das Gesicht. „Du warst über ein Jahr lang verschwunden. Was ist dir wirklich passiert?“ Sie hob ihre Hand und berührte mit ihrem Daumen Laceys Wange, wischte ein wenig Schmutz dort weg. „Bist du deshalb wie ein Straßenjunge verkleidet und schleichst dich hier ein? Läufst du vor etwas weg… oder vor jemandem?“

„Beides irgendwie, fürchte ich. Ich sollte eigentlich überhaupt nicht hier sein, und je weniger du darüber weißt, was vor sich geht, umso besser.“ Sie schielte hinüber zur Tür, wusste, dass sie dem Vorbild ihres Großvaters folgen und ihre Familie beschützen sollte, indem sie Abstand hielt. „Ich wollte eigentlich hier wieder verschwinden, bevor jemand bemerkt, dass ich überhaupt hier war, aber dein Wachhund musste natürlich all meine Pläne durchkreuzen.“

Gypsy bemerkte, wie Lacey zu zappeln begann und sehnsüchtig Richtung Tür schielte, als wollte sie weggehen. Nachdem sie wollte, dass sie blieb, sagte Gypsy schnell: „Es gibt da eine Klausel in Opas Testament… er hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass du nach Hause kommst.“

Lacey lächelte liebevoll. „Er hat sich immer um uns gekümmert.“

Gypsy nickte ernst. „Ja, das hat er, deshalb hat er dir den halben Laden vermacht. Das Hexenbräu gehört halb dir und halb mir. Obwohl du nicht hier warst, habe ich dafür gesorgt, dass sie die Papiere genauso ausstellen, wie Opa es wollte. Wir sind jetzt Geschäftspartnerinnen und wir können den Laden gemeinsam führen, wenn du bleibst.“

„Ich weiß es nicht“, flüsterte Lacey. Ihre Tage waren gezählt. Selbst wenn sie das Zauberspruchbuch bekommen hätte und die Dämonenmarkierung unwirksam machen könnte… würden sie sie irgendwann doch finden und das wäre ihr Ende. Sie wollte ihre Hand aus der von Gypsy lösen, aber ihre Cousine hielt sie fest. „Du weißt nicht, was du von mir verlangst. Wenn ich hierbleibe… würde ich uns beide in Gefahr bringen… nicht nur mich.“

„Ich habe jetzt sehr mächtige Freunde und sie können dir helfen… können dich vor was auch immer es ist, vor dem du wegläufst, beschützen“, sagte Gypsy und hob ihr Kinn an. „Nach allem, was hier vorgefallen ist… bin ich ein wenig stärker als früher und ich kann damit umgehen.“

Lacey schloss ihre Augen und holte tief Luft. Der Laden, den sie immer geliebt hatte, gehörte halb ihr… gesegnet sei Opas Seele. Er hatte immer gesagt, dass sie ihn an sein jüngeres Selbst erinnerte, und letztendlich hatte er einen Stolz für sie entwickelt, anstatt das als negativ zu sehen. Natürlich konnte sie sich auch an seine langen Vorträge erinnern, in denen er sie davor warnte, sich nicht umbringen zu lassen. Ja… wenn er sie jetzt sehen könnte, wären seine ersten Worte: siehst du, habe ich es doch gesagt,

Gypsy erkannte, dass sie gewann und fügte hinzu: „Du kannst mir sogar sagen, was du aus dem Safe haben wolltest, und ich bitte Ren darum, es zu holen, wenn du dich dann sicherer fühlst.“ Sie war so einsam gewesen, seit Lacey verschwunden und Opa gestorben war. Sie war überzeugt gewesen, dass Lacey tot war und hatte sogar um sie getrauert. Wenn sie sie jetzt hier sah… war das Allerletzte, was sie wollte, sie wieder zu verlieren.

Laceys Gedanken überschlugen sich. Sie wollte so gerne bleiben, aber sie durfte den Dämon, der sie jagte, nicht unterschätzen und musste wachsam bleiben. Und zudem kam noch die Tatsache, dass einer von Gypsys Freunden ein Dämon war… oder ein Übermensch, oder etwas, und dieses Wissen erzeugte ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen. Da fiel ihr wieder etwas ein, was Gypsy gesagt hatte, und ein teuflisches Lächeln erschien auf ihren Lippen.

„Gypsy“, begann sie nachdenklich“, du sagtest, der Zauber, den sie an dem Laden angewendet haben… dass nur der Besitzer Leute einladen kann… richtig? Ich bin Teilinhaberin des Ladens, also wenn ich jemanden auslade… muss er gehen?“

„Stimmt, du kannst sagen, wer hereinkommen darf und wer nicht, wenn sie nicht völlig menschlich sind“, bestätigte Gypsy mit einem schnellen Nicken, dann atmete sie scharf ein, als Lacey sich plötzlich nach vor beugte, um sie fest in die Arme zu schließen.

„Das bedeutet, ich kann jedem, der mich nervt, sagen, dass er gehen soll, auch deinem übereifrigen Leibwächter“, sagte Lacey kichernd, fühlte sich nervös, jetzt, wo sie entschieden hatte, dass das Klügste, was sie tun konnte, genau hier zu bleiben, wo sie einen Dämonenschutzschild um sich hatte. Vielleicht würde sie einfach eine Einsiedlerin werden, oder zumindest würde sie es immer im Vorhinein wissen, wenn es an der Zeit war, sich den Dämonen zu stellen.

„Oh bitte wirf die Jungs nicht hinaus“, sagte Gypsy und zog sich aus der Umarmung zurück, wobei sie fast lachte über das enttäuschte Schmollen auf Laceys Gesicht. „Ohne Ren und Nick wäre ich entweder tot oder die Sklavin eines Dämons und du hättest keinen Laden, in dem du bleiben kannst. Ich verdanke ihnen beiden mein Leben. Und was Ren betrifft, du kannst den Zauber, bei dem er geholfen hat, ihn zu erzeugen, nicht gegen ihn verwenden.“ Sie verbarg ein peinliches Lächeln, wusste, dass sie das schon gemacht hatte, als sie den Zauber getestet hatte.

 

Lacey verdrehte ihre Augen, aber nickte, um ihrer Cousine zu sagen, dass sie sich benehmen würde… so gut sie konnte zumindest. „Kannst du wenigstens mein Geheimnis für dich behalten? Je weniger Leute davon wissen, was ich gemacht habe, umso besser. Um ehrlich zu sein, hätte ich es nicht einmal dir erzählen sollen. Außerdem würde ich lieber mit deinem Harem befreundet sein, als gegen sie zu kämpfen.“

Gypsy wollte gerade antworten, als sie hörten, wie das große Rad an der Tür sich drehte, sodass beide Frauen erschrocken zusammenzuckten. Sie seufzte schwer, wusste, dass die Jungs entweder beschlossen hatten, dass sie lange genug gewartet hatten, oder dass sie alles gehört hatten… sie hoffte ersteres.

Die Frauen schauten misstrauisch zur schweren Stahltür, als diese sich öffnete und Ren eintrat, gefolgt von Nick. Ren sah sehr unglücklich aus, während Nick einen verständnisvollen Ausdruck auf seinem Gesicht trug.

„Ich fürchte, es ist ein wenig zu spät für Geheimnisse“, erklärte Ren zufrieden. „Wir haben schon alles gehört.“

Lacey starrte ihn einfach nur an, wusste, dass sie nur gehört hatten, was sie Gypsy gerade erzählt hatte, und… das war nur die Spitze des Eisbergs. Wenn sie wirklich alles wüssten, dann hätten sie sie schon bei der Tür hinausgeworfen und hinter ihr abgeschlossen.

Nick bemerkte den Blick, mit dem Ren Lacey aufspießte, und er fragte sich, ob der Idiot tatsächlich die Frau dafür verurteilen wollte, dass sie eine Diebin war. Insgeheim hoffte er, dass Ren etwas Dummes machte, damit die Ladenbesitzerinnen ihn hinauswerfen würden.

Nachdem er beschlossen hatte, dass er einfach zusehen und warten wollte, was passierte, ging Nick zu dem Sofa, wo Gypsy saß, um neben ihr zu stehen während er die Vorstellung ansah.

In dem Wissen, dass sie aufgeflogen waren, nahm Gypsy schnell ihre Hand von dem Kristall weg und zog den Kopf ein, als Ren mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck darauf starrte. Sie verstand nicht wieso, aber von Ren ertappt zu werden, gab ihr das Gefühl, als wäre sie ein kleines Kind, und sie runzelte die Stirn, während sie über das Sofa rutschte, um näher bei Nick zu sein.

„Unter normalen Umständen hätte ein solcher Kristall bei deinem Großvater und deinen Verwandten schon funktioniert… aber ich bin kein Mensch“, erklärte Ren an alle gerichtet, aber seine Worte galten Lacey. „Und nach dem, was ich gerade gehört habe, meine ich, dass Geheimnisse keine besonders gute Idee sind… genau genommen ist es eine sehr dumme Idee, das geheim zu halten, und du“, fügte er hinzu, während er Lacey fest anstarrte, „hast nicht einmal die Hälfte der Geschichte erzählt.“

Lacey presste ihre Lippen aufeinander und schenkte ihm ihren wütendsten Blick. „Niemand hat dich gebeten, uns zu belauschen, du kleine Petze.“

Ren stand plötzlich direkt vor Lacey und starrte mit diesen umwerfenden, silbernen Augen auf sie hinab, seine Sonnenbrille fest in seiner Hand. Wie konnte sie es wagen, ihn klein zu nennen, er war fast doppelt so groß wie sie.

Gypsy sprang auf und versteckte sich schnell hinter Nick, als Ren seine beiden Hände auf die Sofalehne stützte, sodass Lacey dazwischen eingeschlossen war.

„Sprich“, befahl Ren mit barscher Stimme und hoffte, dass Einschüchterung der Weg zu den Informationen war, die er haben wollte.

Jetzt, wo Gypsy hinter ihm war und sein Gesicht nicht sehen konnte, hoben sich Nicks Lippen zu einem breiten Grinsen. Er machte einen Schritt zurück, sodass sein Körper noch näher bei ihr war, womit er ihr still zeigte, dass er sie vor dem großen, bösen Ren beschützen würde, wenn er außer Kontrolle geriet. Es war nicht seine Schuld, dass Ren es so aussehen ließ, als wäre er der Gute.

Lacey schaute bitterböse zu Ren hoch und zog etwas aus ihrer Hosentasche, ohne dass jemand es bemerkte, und hielt es fest in ihrer Hand. Als sie das dünne, warme Metall auf ihrer Haut fühlte, überraschte sie alle, indem sie ihre Handfläche fest in Rens Brust drückte und ihn mühelos von sich schob.

„Bleib zurück“, sagte sie ruhig, aber bestimmt.

Ren fühlte, wie etwas durch sein Hemd seine Haut verbrannte, und machte tatsächlich einen zögerlichen Schritt zurück. Seine Lippen wurden schmal, als ihm klar wurde, dass sie irgendein verzaubertes Medaillon in ihrer Hand hatte, und mit einer schnellen Bewegung entwendete er es ihr. Als es sofort seine Hand verbrannte, schleuderte er es quer durch den Raum.

„Genug von diesen kindischen Spielsachen“, knurrte er, während er sich innerlich wünschte, dass seine Hand aufhören würde zu brennen. Was auch immer es war… es hatte ihn nicht sehr gerne gemocht, und das beruhte auf Gegenseitigkeit.

„Ich muss dir überhaupt nichts sagen“, sagte Lacey mit ruhiger, fester Stimme, während sie aufstand.

Die Tatsache, dass das Medaillon bei ihm so gut funktioniert hatte, zeigte ihr, dass er mächtig war. Es reagierte nur auf Macht und funktionierte oft nicht einmal gegen niedrige Dämonen, weil sie nicht genug Macht hatten. Um ehrlich zu sein, hatte sie nicht erwartet, dass es bei ihm funktionierte… es war nur die einzige Waffe in ihrer Reichweite gewesen.

„Ich bin zwar vielleicht nur ein Mensch, aber unterschätze mich nicht.“ Lacey atmete schnaubend aus, als Ren einen drohenden Schritt auf sie zukam. „Ich kenne dich nicht einmal“, erklärte sie mit erhobener Augenbraue.

Ren fuhr sich verärgert mit der Hand durchs Haar und zählte lautlos bis zehn… nicht dass es half.

Ren ignorierend richtete Lacey ihren Blick auf Gypsy. „Ich werde diese Kleider ausziehen und mich duschen. Hat Opa irgendetwas von den Kleidern, die ich hiergelassen habe, aufbewahrt?“

Gypsy nickte und beschloss, dass Lacey noch viel mutiger war, als sie sie in Erinnerung hatte, obwohl ihre Cousine noch nie ein Feigling gewesen war. „Sie sind in dem Karton im Schrank.“

Lacey lächelte dankbar. „Gut, ich bin in ein paar Minuten zurück. Und du“, fuhr sie fort und schenkte Ren noch einen bösen Blick, als kleine Vergeltung für die Art, wie er sie vorhin behandelt hatte, „denk nicht einmal daran, zu spähen.“

„Als wollte ich das“, sagte Ren beleidigend und verschränkte seine Arme vor der Brust, als er sie einmal von oben bis unten musterte. „Du siehst aus wie eine dreckige Straßenratte.“

Lacey ließ ein Grinsen in ihrem Gesicht aufscheinen und beschloss, dass, wenn sie ihn schon nicht mit Beleidigungen schlagen konnte, sie sich zumindest ein wenig über ihn lustig machen wollte. „Du weißt, dass du es willst.“

„Ich glaube, du verwechselst da etwas.“ Ren schaute wütend auf sie herunter. „Du bist diejenige, die Schlösser knackt und einbricht, wo sie nicht eingeladen ist.“

Lacey gab auf und warf den Kristall in ihrer Hand auf ihn, ehe sie ins Badezimmer ging und die Tür hinter sich zuwarf.

Ren grinste, als er den Kristall im Flug auffing und das Spielzeug schnell einsteckte… sie würden dieses kleine Zauberkunststück nicht mehr anwenden.

„Sie hat ihre Kleider vergessen“, bemerkte Nick und nickte mit dem Kopf Richtung des Schranks, den Gypsy vorhin angezeigt hatte.

Innerhalb weniger Sekunden flog die Tür wieder auf und Lacey stürmte heraus, während sie leise etwas davon murmelte, dass sie eine Testosteron-freie Zone brauchte. Sie ging direkt zum Schrank und zog die Schachtel hervor. Gypsy hob eine Augenbraue und unterdrückte das Grinsen, das sich auf ihrem Gesicht breitmachen wollte, als Lacey die große Kartonschachtel einfach nahm und vor sich her ins Badezimmer schob, ehe sie die Tür wieder zuschlug, ohne auch nur einen Blick auf die Männer zu werfen.

In dem Moment, als sie das Wasser der Dusche hören konnten, erfüllte Gypsys klingendes Gelächter den Raum. Es würde so lustig sein, wieder mit ihrer Cousine zusammenzuwohnen. In jedem Fall war die Frau immer eine gute Unterhaltung und solange sie sich erinnern konnte, war sie immer ihre beste Freundin gewesen.

„Ich kann nicht verstehen, was du so lustig findest.“, brummte Ren, stürmte aus der Wohnung und stampfte die Treppe hinauf. Er hatte keine Ahnung, wie es sein konnte, dass er gleichzeitig so genervt und sexuell erregt war.

Nick schnaubte und schielte hinüber zu Gypsy. „Ich glaube wirklich, dass sie einfach nur miteinander geflirtet haben.“

Gypsy nickte, ihr gefiel diese Idee. Vielleicht war das noch ein weiterer Grund für Lacey, zu bleiben. „Nun, wenn sie in Schwierigkeiten ist… und ich schätze, das ist sie, wer könnte sie besser beschützen als Ren?“, meinte sie lächelnd.

Nick wusste nicht, ob er eifersüchtig sein sollte, weil sie dachte, dass Ren ein besserer Beschützer war als er, oder froh, dass Gypsy kein Problem mit Rens und Laceys merkwürdiger Beziehung zu haben schien. Er dachte darüber kurz nach und gab dann nach… musste im Stillen zugeben, dass Ren größer, stärker und mächtiger war. Zu dumm, dass der Nachteil des Typen war, dass ihm ein paar Gehirnzellen fehlten.

Ren hatte Nicks Bemerkung gehört, aber ignorierte sie. Flirten… auf gar keinem Fall würde er auch nur daran denken, sich zu dieser Göre hingezogen zu fühlen. Sie war sarkastisch, gemein und eine Diebin… alles Nachteile, wenn es nach ihm ging. Er kam oben an der Treppe an und begann in dem großen Lagerraum hin und her zu gehen.

„Sie hat mir… MIR tatsächlich befohlen, nicht zu spähen“, jammerte er in einem barschen Flüstern, während er auf und ab schritt.

Kapitel 3

Lacey seufzte, als das heiße Wasser über ihren Körper floss und genoss das Gefühl, endlich die Bandagen los zu sein, die sie um ihre Brüste gewickelt hatte, um auszusehen wie ein Junge. Sie hatte große Lust, die gestohlenen Kleider zu verbrennen, die sie getragen hatte.

Sie nahm einen Schwamm und drehte das Wasser noch ein bisschen heißer. Entspannung war für sie ein Luxus, den sie sich nicht mehr leisten hatte können, seit sie vor Vincent und der Dämonenhorde, die hinter ihr her war, weggelaufen war.

Vincent… schon der Name rief Schuldgefühle hervor und ihr Gesichtsausdruck wurde traurig. Sie hatte ihn ein paar Tage nachdem sie den Plan von einem riesigen Museum bekommen hatte, zu dem Opa sie geschickt hatte, getroffen. Es stellte sich heraus, dass sie beide von zwei verschiedenen Leuten geschickt worden waren, um dasselbe Stück zu stehlen.

Ihre Lippen zuckten bei der lustigen Erinnerung… der Ausdruck auf Vincents hübschem Gesicht, als er sie dabei erwischt hatte, wie sie in dasselbe Geheimversteck eingebrochen war, in das er einbrechen wollte. Wenn sie sich darum gestritten hätten, wer von ihnen beiden zuerst dagewesen war, und wer sich geschlagen geben musste, hätten sie die schwer bewaffneten Wachleute alarmiert, die am anderen Ende des Ganges warteten, und wären aufgeflogen, oder im schlimmsten Fall… erschossen worden.

Nachdem sie sich ein langes Blickduell geliefert hatten, kamen sie zu dem Entschluss, dass sie zusammenarbeiten wollten, um das Stück zu bekommen. Obwohl, wenn sie jetzt darüber nachdachte, wurde ihr klar, dass Vincent so oder so gewonnen hätte… er hatte nur mit ihr zusammengearbeitet, weil er es wollte.

Nachdem sie das Museum unentdeckt wieder verlassen hatten, waren sie plötzlich von fünf schwarzäugigen Schattendämonen umrundet gewesen, die einige der lokalen Polizisten besessen hatten.

Als sie dort gestanden hatte, die Blaulichter der Polizeiautos blinkend, ihre Hände erhoben und fünf Maschinengewehre auf sie gerichtet, war sie sicher gewesen, dass sie nicht lebend dort herauskommen würde. Zumindest bis Vincent einem von ihnen das gestohlene Artefakt gab und dafür eine große Aktentasche voller Geld bekam.

Daraufhin hatte Vincent ihr angeboten, das Geld mit ihr zu teilen und Geschäftspartner zu werden. Ohne die Konsequenzen zu bedenken, hatte sie zugestimmt, weil sie dachte, dass sie noch mehr Stücke für ihren Großvater erbeuten können würde, wenn sie Vincents Verbindungen mit diesen gewalttätigen Sammlern nutzen konnte.

Es war für sie sehr aufregend gewesen, endlich einen Partner zu haben und sie hatte gesehen, dass er ein ebenso guter Einbrecher war wie sie. Dazu kam noch, dass er höllisch sexy war und einen britischen Akzent hatte, der es erscheinen ließ, als würde er ständig flirten.

Lacey schüttelte ihren Kopf über ihre naiven Gedanken, während sie Shampoo in ihre Haare knetete. Sie hatte dem Geschäft aus Gier zugestimmt, und weil er so verdammt sexy war… ihre einzigen zwei Schwächen.

 

Nach einer Nacht und dem Großteil des nächsten Tages mit höllisch heißem Sex ohne Treueschwur oder sonst etwas, hatte Vincent ihr ein wenig mehr von dem Diebesring erzählt, zu dem er gehörte. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie verstanden hatte, dass sie über ihn nun auch Geschäftspartnerin von einem ganzen Netzwerk von mächtigen Dämonen war.

Dank Opa hatte sie einiges über Dämonen gewusst, aber das bedeutete nicht, dass sie schon einmal mit einem Geschäfte gemacht hatte. Obwohl das Wissen über ihre neuen Bekanntschaften sie nervös machte, hatte sie ihren sechsten Sinn ignoriert und hatte sich über die Aufregung gefreut, die Vincent ihr bot.

An jenem Abend hatte er sie mitgenommen, um den Meisterdämon des Diebesrings kennenzulernen… einen alten Mann, der aussah, als wäre er hundertzehn Jahre alt und Master hieß, was sie damals lustig gefunden hatte.

Als der alte Dämon ihre Einladung in den Diebesring einfach kalt abgelehnt und versucht hatte, sie direkt dort umzubringen, war der Spaß vorbei gewesen. Wenn Vincent nicht vor sie getreten wäre, um die Kugel abzufangen, die für ihren Kopf bestimmt gewesen war, dann wäre sie jetzt tot. Sie hatte gedacht, dass Vincent tot war, als er zuckte und stöhnte, als die Kugel ihn traf, und dicke Blutspritzer ihr Gesicht befleckten.

Das war der erste Hinweis für sie gewesen, dass Vincent nicht umgebracht werden konnte… egal, was ihm angetan wurde. Er hatte die Kugel aus seiner Schulter gefischt, während er mit dem schwarzäugigen Dämon diskutiert hatte, um ihn umzustimmen, wobei er betonte, dass er schon seit Jahren einen Partner haben wollte und nun sie gewählt hatte.

Nachdem Vincent sein Lieblingsdieb war, hatte Master schließlich zugestimmt, aber nur, wenn er sie als eine seiner Untertanen markieren durfte, womit er das Recht erwarb, sie zu töten, sollte sie je etwas Falsches tun oder versuchen, die Gruppe zu verlassen.

Vincent hatte ruhig über seine blutende Schulter geschaut und gesagt: „Du kannst entweder hierzu zustimmen, oder du wirst diesen Raum nie lebendig verlassen. Stimmst du dem Pakt zu?“

Sie hatte von ihrem Großvater gelernt, dass man nie einen Pakt mit einem Dämon eingehen durfte, aber sie war nicht dumm genug, dem, der vor ihr stand, zu widersprechen. Als sie in seine kalten, schwarzen Augen sah, wusste sie, dass er sie tatsächlich einfach umbringen und im selben Atemzug vergessen würde.

Als sie Masters riesiges Anwesen verlassen hatten, hatte sie sich zu Vincent umgedreht und ihn mit wütenden Blick aufgespießt, weil sie dachte, dass er ein Dämon war… oder zumindest ein Halbdämon oder ähnliches und sie nicht gewarnt hatte. Schnell erklärte sie dem gutaussehenden Trottel, dass sie dankbar dafür war, dass er ihr Leben gerettet hatte, aber dass sie ihre eigenen Regeln hatte, wovon eine war, dass sie nicht mit Dämonen ins Bett ging.

Vincent hatte nur ruhig ihre Schulter gepackt und ihr aufgetragen, das Blut auf seinem Hemd anzusehen… es war rot. Wenn er ein Dämon gewesen wäre, wäre es schwarz gewesen. Als sie sich dann beruhigt hatte, hatte er ihr seine… unüblichen Umstände erklärt. Er hatte ihr erzählt, dass er in jedem Sinne des Wortes völlig menschlich war, aber irgendwann in seinem Leben war er von den Engeln verflucht worden.

Sie war nicht sicher, was er mit Engeln gemeint hatte, weil er es nicht weiter ausführte, aber jedenfalls konnte Vincent nicht sterben. Korrektur… er konnte sterben, aber er blieb nie lange tot. Er hatte sogar sein Hemd aufgeknöpft, um ihr zu zeigen, dass die Schusswunde schon verheilte.

Lacey hatte Mitleid mit ihm entwickelt, als sie ihn besser kennengelernt hatte, verstand, dass er so lange gelebt hatte, dass er nun gelangweilt, furchtlos, einsam… und sehr wütend war, dass er immer noch am Leben war, während alle, die ihm je etwas bedeutet hatten, tot waren.

Sie und Vincent hatten mehrere Übereinkommen getroffen, was ihre Partnerschaft und ihre Freundschaft betraf. Das erste war, dass sie nicht versuchen würde, wegzulaufen, denn obwohl er nicht sterben konnte, war Vincent ziemlich sicher, dass sie es konnte und würde, wenn Master sie erwischte. Die andere Übereinkunft war gewesen, dass sie ihre völlig offene Beziehung ohne jegliche Verpflichtungen weiterführen wollten, und das hatte sie sehr gefreut.

Es war nicht so, dass sie ihn nicht liebte… das tat sie. Aber er war für sie viel mehr wie ein bester Freund, was nur gut war, denn er behauptete, dass er schon vor Jahrhunderten seine Fähigkeit verloren hatte, jemandem sein Herz zu schenken. Wenn er sich in jemanden verliebte, dann würde das unweigerlich zu großem Liebeskummer führen, wenn er zusehen musste, wie die Frau alt wurde und starb… und ihn zurückließ. Sie verstand das völlig.

Während sie mit Vincent zusammenarbeitete, lernte sie einige Wahrheiten über den besten Dieb ihrer Zeit… ihren Großvater. Er war bekannt unter dem Namen Chamäleon und hatte nie einen anderen Namen genannt. Er war außerdem so gut mit Täuschungen gewesen, dass er bei keinem einzigen Auftrag, für den er angeheuert worden war, versagt hatte… und bestimmt auch nicht in solchen, die er für sich selbst gemacht hatte.

Man hatte ihn als Meister der Tarnung beschrieben, und aufgrund der Tatsache, dass man ihn Chamäleon nannte, hatte sie sofort gewusst, dass es ihr Opa war, obwohl sie das nie jemandem verraten hatte, nicht einmal Vincent. Die Theorie, die die meisten Anhänger hatte, war, dass er ein Formwandler war, was ihrer Meinung nach der Wahrheit am nächsten kam, denn sie wussten natürlich nicht, dass Opa einen Tarnschild hatte.

Die Dämonenwelt versuchte immer noch, ihn zu finden, aber viele glaubten, dass er tot war. Nach seinem letzten Auftrag, bei dem er eine Seelenkugel von einem uralten Dämon stehlen hatte sollen, war er plötzlich verschwunden, und hatte die Kristallkugel mitgenommen. Niemand hatte ihn seither finden können… sie hatten gesucht, daran zweifelte Lacey nicht. Sie hatten keine Ahnung, dass die Seelenkugel in einem Tresor mitten in LA war, umgeben von einem Dämonenabwehrschild.

Deswegen hatte Lacey gewusst, dass es gefährlich gewesen wäre, mit irgendeinem ihrer Familienmitglieder Kontakt zu haben, weil sie Angst hatte, dass die Dämonen ihren Großvater finden könnten. Sie hatte ihn natürlich nicht angerufen. Er hätte nicht verstanden und wäre wahrscheinlich gekommen, um sie herauszuholen, wobei er zweifellos umgekommen wäre.

Über ein Jahr lang hatte sie geschwiegen, ihrer Familie keine Hinweise auf ihren Aufenthaltsort gegeben und war in der Zeit immer tiefer in den Diebesring gesogen worden. Sobald sie erkannte, dass sie nicht mehr ständig beobachtet wurde, hatte sie ihre Flucht geplant. Sie hatte Vincent sogar vorgewarnt, dass sie es tun würde, sobald sie eine Möglichkeit sah.

Er hatte sie an die Markierung erinnert, die Master auf ihrer Schulter angebracht hatte, aber sie hatte sich schon überlegt, was sie diesbezüglich unternehmen wollte. Sie hatte ihm versichert, dass sie gleich als erstes in einen bestimmten Tresor einbrechen würde, in dem ein Zauberspruchbuch lag, das ihr gegen die Dämonenmarkierung helfen würde… sie hatte ihm nur nicht erzählt, dass es der Tresor ihres Großvaters war. Vincent wusste nicht einmal, dass sie einen Großvater hatte.

Die beiden letzten Missionen, auf die sie geschickt worden waren, waren so gefährlich gewesen, dass sie beide Male beinahe gestorben wäre, und sie wäre nicht mehr am Leben, wenn Vincent nicht dagewesen wäre, um die Verletzungen abzufangen, die für sie bestimmt gewesen waren. Er hatte sich selbst geopfert, damit sie fliehen konnte. Beide Male war er brutal ermordet und seine Leiche entsorgt worden, doch als er wieder erwacht und sein Körper geheilt war, war er immer wieder zurückgekommen.