Buch lesen: «Mord im Kurs und 9 andere Krimis»
Alfred Bekker
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Inhaltsverzeichnis
Mord im Kurs und 9 andere Krimis
Copyright
Mord im Kurs
Kubinke und der eiskalte Mord
Die Sache mit Caroline
Böse Kollegen
Die Sache mit Valentina
Der alte Mann
Der finale Absturz
Döner macht nicht schöner
Berliner Indianerküche
Der Kommissar und der Libanese
Die schlesische Zeitmaschine
Mord im Kurs und 9 andere Krimis
Alfred Bekker
Dieses Buch enthält folgende Krimis:
Alfred Bekker: Mord im Kurs
Alfred Bekker: Kubinke und der eiskalte Mord
Alfred Bekker: Die Sache mit Caroline
Alfred Bekker: Böse Kollegen
Alfred Bekker: Der alte Mann
Alfred Bekker: Der finale Absturz
Alfred Bekker: Döner macht nicht schöner
Alfred Bekker: Berliner Indianerküche
Alfred Bekker: Der Kommissar und der Libanese
Alfred Bekker: Die schlesische Zeitmaschine
Kommissar Harry Kubinke und sein Team ermitteln gegen mafiöse Machenschaften in der Landwirtschaft. Da ist ein wichtiger Informant plötzlich tot. Aber der Mörder hat einen Fehler gemacht...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Copyright
COVER STEVE MAYER
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Mord im Kurs
Alfred Bekker
Schreiben befreit, heißt es. Man ordnet dsdurch angeblich seine Gedanken.
Die vielen Stimmen im Kopf.
Eine Weile habe ich das gglaubt.
Aber es stimmt nicht.
Gleichgültig, mit welch salbungsvollen Worten unsere Kursleiterin dies auch zu beschwören versucht. Die Stimmerm sind immer noch da. Und manch anderes auch. Aber in so einem Volkshochschulkurs für Kreatives Schreiben lernt man nette Menschen kennen. Frauen überwiegend. Und das ist doch auch etwas.
Es ist eine traurige Sache.
Warum bleiben sie nicht?
Warum erschrecken sie, wenn sie das Haus betreten? Weshalb beklagen sie alle sich über einen bestimmten Geruch, von dem sie nicht sagen können, wodurch er verursacht wird?
Sie wollen nicht bleiben und mit mir reden.
Ich weiß nicht warum.
Ist es zuviel, was ich verlange?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Und doch, es ist immer dasselbe. Sie wollen nicht bleiben. Ich kann von Glück sagen, wenn sie sich wenigstens mit mir an den gedeckten Tisch setzen.
"Hat jemand etwas<von Franziska gehört?", fragt die Kursleiterin irgendwann einmal, nachdem Franziska schon das dritte mal nicht zum Kurs gekommen ist.
Zunächst herrscht Schweigen.
Schließlich sagt eine junge Frau mit mattglänzendem Haar und einem sehr ernstem Gesicht, bei dem man unweillkürlich auf die Idee kommt, dass eine schwere Jugend sehr schwermütige Gedanken zur Folge haben: "Ich habe bei ihr geklingelt, aber es war wohl niemand da."
"Also wenn ihr jemand zufällig begegnen sollte", so die Kursleiterin, "dann möge er ihr doch bitte schöne Grüße von mir ausrichten und sie fragen, ob sie nun an unserer Lesung teilnehmen will oder nicht. Irgendwann muss ich ja auch planen."
Sie wird micht teilnehmen, denke ich.
Weder an der Lesung, noch asn sinst iergend etwas.
Franziska wird bald gar nichts mehr tun.
Ich zünde die Kerzen an.
Der Schein des Lichts fällt auf ihre ebenmäßigen Züge und taucht sie in ein diffuses Licht.
Ich konnte sie nicht gehen lassen.
Ich konnte einfach nicht.
"Ich meine, es ist halt so, dass Kurse meistens im Laufe der Zeit kleiner werden", sagt die Leiterin irgendwann einmal. "Aber wenn man keine Luist mehr hat, könnte man sich eientlich wenigstens abmelden, finde ich."
Hast du eine Ahnung!, denke ich.
"Sie wollen wirklich schon gehen?"
Ihr Gesicht wirkt verlegen.
"Ja."
"Aber..."
"Ich muß mich auf den Weg machen. Verstehen Sie mich doch, es ist höchste Zeit..."
"Ich habe den Tisch gedeckt!"
"Hören Sie, ich will Sie nicht kränken, aber..."
"Aber?"
"Ich weiß nicht, ob es richtig war, Ihre Einladung anzunehmen... Was ich sagen will ist..."
"Sie können mir das nicht antun! Ich habe für Sie gekocht!"
"Das ist sehr nett, aber - "
"Alles ist vorbereitet... "
Sie runzelt genau in diesem Moment die Stirn.
"Vorbereitet?"
Viele von ihnen haben genau in diesem Moment die Stirn gerunzelt.
Ich kann es unmöglich erklären, aber es ist so.
Ich habe kein gutes Gefühl.
"Es gibt Lachs in Kräuterbutter. Dazu einen guten Wein. Es wird Ihnen schmecken..."
Ich habe etwas Scheußliches getan.
Naja, das haben die meisten vielleicht irgendwann schonmal in ihrem Leben. Aber das, was ich getan habe, ist von besonderer Scheußlichkeit. Ich weiß es, aber ich kann es nicht ändern.
Ich empfinde auch keine Schuld.
Es ist so gekommen.
Aus.
Fertig.
Reden wir über etwas anderes.
Ich sehe ihr in die Augen, diese leuchtend blauen Augen, die mich eigentlich ganz friedlich anblicken.
Sie sitzt mir gegenüber, mit diesen Augen, mit ihrem schmalen Mund, mit ihrem feingeschnittenen Gesicht. Ihr Mund lächelt nicht mehr. Er ist vielmehr unbeweglich, etwas starr, ich weiß auch nicht.
Ich hebe mein Glas und proste ihr zu.
Sie schweigt.
Ich rede mit ihr. Oder besser: Ich erzähle ihr alles mögliche. Über mich. Über meine Ansichten. Über Gott. Und die Welt.
Nein, vielleicht doch nicht über Gott. Was ich damit sagen will ist folgendes: Gott hat in dieser Geschichte eigentlich nicht allzuviel verloren.
Ich sollte ihn aus dem Spiel lassen.
Um seinetwillen.
Mein Mund produziert Worte. Eins nach dem anderen, ohne Unterlaß. Eigentlich bin ich ein schweigsamer Mensch, vielleicht sogar schüchtern. Ich lebe zurückgezogen mit meinen drei Katzen. Das Haus, in dem ich wohne, liegt etwas abseits, nicht weit von der Talsperre entfernt.
Ich habe es für mich allein und das ist gut so.
Ein Tag vergeht. Und ein weiterer.
Ich lasse sie am Tisch sitzen. Sie blickt mich starr an, wenn wir uns unterhalten.
Hätte ich sie doch gehen lassen sollen?
Vielleicht.
Ich konnte es nicht.
Es war einfach unmöglich.
Ich brauchte sie.
Und ich hoffe nur, daß ich ihr nicht allzu sehr wehgetan habe. Jedenfalls hat sie nicht geschrien. Sie war wohl sofort tot. Ganz bestimmt.
Ein Kursteilnehmer trägt eine Geschichte vore, die von einem Mord handelt. Er stottert beim Lesen. Der Text bricht plötzlich ab. "Mir fällt kein Ende ein", meint der Schreiber, der sich mit der flachen Hand bei jeder Gelegenheit über das schüttere Haar streicht. Dadurch wird es ganz elektrisch, steht in der Gegen herum. Wie jemandem, der auf dem elektrischen Stuhl sitzt.
"Ich habe jetzt eine richtige Schreibhemmung, weil ich einfach nicht weiuterkomme!", stöhnt er nochmal auf.
Er kann noch nicht richtig dichten, aber so gequält dreinschauen wie ein richtiger Dichter kann er schon.
Immerhin etwas.
Der Mensch wächst mit seinen Azfgaben, heißt es.
"Vielleicht kann ich mich einfsch nicht so richtig in einen Mörder hineinversetzen", meint der Wie-ein-geqquälter-Dichter-Dreinschauende dann.
Er wendet sich an mich.
Ausgerechnet.
"Wie schaffst du das enn?"
"Ich?"
"Du hast doch letzte Woche auch eine Mörder-Story geschrieben."
"Ja."
"Na?"
"Ich weiß nicht."
Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Ich höre die Stimmen. Ich versuche zu verstehen, was sie sagen...
"Ist Ihnen nicht gut?", dringt die Stimme der Kursleiterin plötzlich in mein Bewusstsein.
"Mir? Wieso?"
"Sie sehen so blass aus!"
Am vierten oder fünften Tag nahm ich sie über die Schulter und setzte sie in einen der großen Ohrensessel, die bei mir im Wohnzimmer stehen. Wir saßen beieinander. Es war schön.
Jedenfalls besser, als wenn man alleine dasitzt.
Von Tag zu Tag gab es mehr Fliegen im Haus und mir war klar, woher das kam.
Ich betrachtete wehmütig ihr Gesicht.
Schade, aber ich würde mich von ihr verabschieden müssen.
Ich schob es noch ein paar Tage vor mir her. Schließlich hatte ich mich an ihre Gesellschaft gewöhnt.
Dennoch, es war unvermeidlich.
Ich löste ein paar Fußbodenbretter, unter denen ich eine Art Grube angelegt hatte, und legte sie zu den anderen.
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Kubinke und der eiskalte Mord
Alfred Bekker
Ein Harry Kubinke Krimi
Der Umfang dieses Buchs entspricht 34 Taschenbuchseiten.
Kommissar Harry Kubinke und sein Team ermitteln gegen mafiöse Machenschaften in der Landwirtschaft. Da ist ein wichtiger Informant plötzlich tot. Aber der Mörder hat einen Fehler gemacht...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
Alle Rechte vorbehalten.
postmaster@alfredbekker.de
1
"Heute nichts zu tun?", fragte der Mann am Currywurst-Stand. "Die Kommissare haben nichts zu tun, das kann ja nur bedeuten, dass es in der Stadt sicher und ruhig ist!" Der Currywurst-Mann grinste. "Wisst ihr, wat icke mir allerdings frage?"
Kommissar Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier wechselten einen kurzen Blick.
"Ich glaube, wir müssen das Gelaber von dem ertragen, Harry", meinte Rudi.
"Zumindest, wenn wir eine Wurst essen wollen", bestätigte Kubinke.
"Nun seien Sie doch nicht so empfindlich, Herr Kubinke!", meinte der Currywurst-Mann.
"Ich bin nicht empfindlich."
"Ach, nee?
"Wir wollen eine Wurst", sagte Kubinke.
"Sie beide zusammen eine Wurst?" Der Curry-Wurst-Mann schüttelte den Kopf. "Also meine Würste sind die größten in ganz Berlin, dafür lege meine Hand ins Feuer, aber dass eine davon für Sie beide reicht, ditte glob’ ich nun nich!"
"Ich meinte natürlich jeder eine Wurst", sagte Kubinke.
Tief durchatmen!, dachte er. Dafür hat man ja schließlich während der Ausbildung und bei Fortbildungen Kurse in Deeskalationsstrategien und Psychologie belegt. Tief durchatmen und ruhig bleiben. Auch, wenn es schwer fällt! Aber, wenn es um die Wurst geht…
"Ich sach ja immer: Ditte is schwierig, wenn man sich nicht klar und deutlich ausdrückt."
"Jo", sagte Kubinke.
"Jo", sagte Rudi Meier.
"Jo", sagte der Curry-Wurst-Mann.
Und dann herrschte sogar ein paar Augenblicke lang Schweigen. Nur der Straßenlärm war zu hören. Reifen, die durch Pfützen fahren. In Berlin sowas wie ein natürliches Geräusch.
Der Currywurst-Mann sagte schließlich: "Wenn Sie beide nichts tun haben, dann frage ich mir, woran ditte nun liegen kann. Also entweder, die Stadt ist auf einmal friedlich geworden, wat icke kaum globen tue, oder…"
"Oder was?", fragte Kubinke.
Der Currywurst-Mann stellte den beiden Kommissaren ihre Portionen hin.
"Oder Sie haben einfach nur nicht mitgekriegt, was wirklich in der Stadt los ist und glauben deshalb nur, dass alles in Ordnung wäre. Ditte wäre doch auch nicht unmöglich, oder lieg ich falsch?"
"Sie liegen falsch", sagte Kubinke.
"Aber die Wurst schmeckt", meinte Rudi Meier. "Damit liegen Sie richtig."
"Na, ditte is ja auch schon was", meinte der Currywurst-Mann.
Rudis Handy klingelte.
Der Kriminalkommissar nahm das Gerät ans Ohr.
"Ja?", fragte er kauend.
Kubinke sah schon daran, dass sich die Körperhaltung seines Kollegen veränderte, dass es etwas Dienstliches sein musste. Rudi nahm gewissermaßen Haltung an. Kubinke beschloss, jetzt erstmal die Wurst zu genießen. Mittagspausen waren für Kriminalbeamte schließlich kurz genug.
Und dass sich diese nicht mehr allzu lang strecken lassen würde, hatte Kubinke auch im Gefühl.
"Das war Kriminaldirektor Bock", sagte Rudi.
"Das heißt, es gibt Arbeit", stellte Kubinke fest.
"Gibt es", bestätigte Rudi.
"Erst die Wurst", meinte Kubinke. "Danach stehe ich stehe ich dem Kampf gegen das Verbrechen wieder zur Verfügung. Vorher nicht."
"Na dann", sagte Rudi.
"Keen Wunder, dass man sich nicht mehr sicher fühlen kann, wenn ditte bei der Polizei die gängige Dienstauffassung ist", lautete der Kommentar des Currywurst-Mannes.
2
Tom Balthoff schlug die fellbesetzte Kapuze seines Parkas über den Kopf. Es war arschkalt geworden. Und zwar ganz plötzlich.
Scheiß Wetter!, dachte er.
Gestern noch Werte im zweistelligen Celsius-Bereich. Über null wohlgemerkt. Eine Art Vorfrühling. Und heute eine Art Spätwinter. Der April macht was er will, sagte man ja auch. Das Wetter fuhr Achterbahn. Ein Fest für die Meteorologen und all diejenigen, die viel Zeit hatten, um den Himmel anzusehen und jede Veränderung zu registrieren.
Balthoff gehörte nicht zu dieser Spezies.
Wetterschwankungen dieser Art lösten bei ihm Migräneanfälle aus.
Er hatte vorbeugend seine Tabletten dagegen genommen.
Denn im Moment konnte er sich alles mögliche leisten - nur keine Migräneanfall.
In kommenden Tagen hing vieles davon ab, dass er einen klaren Kopf behielt und eiskalt vorging.
Wirklich eiskalt.
Kopfschmerzen konnte er nicht gebrauchen.
Jetzt kam es wirklich drauf an.
Wenn sein Plan aufging, hatte er vielleicht ausgesorgt.
Rente mit 67 hatte die politische Klasse der Bundeshauptstadt Berlin für Menschen seines Jahrgangs beschlossen.
Aber Balthoff hatte die Absicht, das für ihn andere Regeln galten.
Er war 42 Jahre alt und Reporter. Meistens als freier Mitarbeiter oder als sogenannter fester Freier. Zwischendurch war auch mal ein reguläres Arbeitsverhältnis als angestellter Redakteur dringewesen. Aber sowas war nie von Dauer. Da wurde schnell mal innerhalb eines Zeitungsverlages etwas umgruppiert, verschiedene Redaktionen zusammengelegt, mehrere Blätter mit dem demselben Mantelteil ausgestattet und schwupp war man raus.
Der nächste Rauswurf war immer nur eine Frage der Zeit.
Es ging immer nur darum, wann es geschah, nie darum ob überhaupt.
Aber wenn Balthoffs Plan aufging, dann bekam er seine Rente mit 42.
Naja, vielleicht ganz.
Aber finanziell war er dann jedenfalls die meisten Sorgen erstmal los.
Gute Arbeit muss gut bezahlt werden, so hatte er noch die Worte des ersten Chefredakteurs im Ohr, unter dem er gearbeitet hatte. Das war drei Wochen vor dessen Rauswurf gewesen, der damit begründet worden war, dass die Absatzzahlen des Blattes in den Keller gegangen waren.
Balthoff hatte gute Arbeit geleistet.
Und ja, die würde jetzt belohnt werden.
Balthoff hatte lange gebraucht, dass man der Arsch war, wenn man sich an die Regeln hielt.
Aber damit war nun Schluss.
Zum ersten Mal hatte Balthoff entschieden, nach seinen eigenen Regeln zu spielen.
Und das würde ihm den verdienten Erfolg bringen.
Endlich.
Balthoff atmete tief durch.
Er stand jetzt unmittelbar vor dem Verlagsgebäude.
Selbst der Pförtner bekommt wahrscheinlich mehr Geld als ein fester Freier wie ich!, dachte Balthoff. Soll sich niemand wundern, wenn da einer auf dumme Gedanken kommt.
Es war kalt.
So eiskalt.
Er spürte ein Kratzen im Hals.
Und den beginnenden Migräne-Kopfschmerz.
Dann betrat er das Gebäude.
Auf dem Flur begegnete ihm sein Chef.
War offenbar in Eile.
"Ah, da sind Sie ja."
"Ja."
"Hatte Sie schon gesucht."
"Ich bin ein freier Mitarbeiter. Ohne Anwesenheitspflicht und feste Zeiten."
"Ja, ja…"
"Was ist?"
"Ich wollte fragen, wie weit Sie schon sind mit Ihrer Story."
"Die Sache ist komplizierter, als ich dachte."
"Sie sollen das ganze natürlich wasserdicht machen, aber wir denken natürlich auch an unsere Leser…"
Nein, dachte Balthoff.
Ihr denkt ans Geld.
Genau wie ich.
"Haben Sie Geduld", sagte Balthoff. "Tut mir Leid."
"Mir auch."
"Wieso?"
"Naja, ich hätte sonst vielleicht ein gutes Argument gehabt."
"Ein Argument? Wofür?"
"Für eine Festanstellung."
"Ach, ja?"
"Die Dingens - also den Doppelnamen von der, kann ich mir immer so schwer merken - ist dich jetzt schwanger und will nach dem Mutterschutz lieber vom Home Office aus was machen."
"Ah, ja, verstehe."
"Nee, ich weiß nicht, ob Sie wirklich verstehen, was ich meine. Jetzt ist die Sitzung mit dem Verlagsvorstand und ich hätte da vielleicht was für Sie tun können…" Er zuckte mit den Schultern. "Schade eben, nicht wahr?"
"Ja, schade", sagte Balthoff.
Vielleicht war es doch nicht ganz so schade, dachte Balthoff.
Das Angebot kam einfach etwas spät.
Und genau genommen war es ja auch noch nicht einmal ein Angebot, sondern nur etwas, das man vielleicht als eine vage Aussicht bezeichnen konnte.
Mehr nicht.
Früher hätte Balthoff darin einen Lichtblick gesehen.
Aber jetzt nicht mehr.
Jetzt war er längst auf einem ganz anderen Weg.
Ich werde die Geschichte zurückhalten, dachte er. Und ich werde nicht mehr in erster Linie etwas für euch tun, sondern nur noch für mich selbst.
Nur für mich selbst!
Drei Ausrufezeichen hätte man hinter diesen letzten Gedanken setzen können, der durch Balthoffs Kopf schwirrte und dafür sorgte, dass sich ein hartes Lächeln um seine Lippen bildete.
"Naja, wir sehen uns dann sicher nachher noch", meinte sein Chef. "Muss jetzt weg."
"Klar.
"Bin dann nachher wieder da."
"Sicher."