Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band

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Der Boden erzitterte.

Ein Schrei gellte durch den Gefechtslärm.

Es war Russo.

„Es hat mich erwischt!“, rief er über die Interlink-Verbindung. „Am Bein… Verdammt…“

Ridge und Haller wechselten aus ihren Deckungen heraus einen kurzen Blick.

Ina Van Karres ergriff als Ärztin die Initiative.

„Was hat dich getroffen, Alberto?“

„Ein Splitter nehme ich an!“, gab Russo Auskunft. „Verdammt, hier ist alles voller Blut.“

Das war der schlimmste Alptraum, den man sich unter diesen Umständen nur vorstellen konnte. Eine Verletzung im Einsatz - und dann noch bei aufkommendem Sturm in der Antarktis.

Schneefall setzte ein und wurde rasch heftiger.

Der Wind wurde schneidend.

Offenbar gab es auch auf Seite der Söldner Tote und Verletzte.

Der Überraschungsangriff durch die Angehörigen der Omega Force One hat dafür gesorgt, dass der Gegner jetzt erheblich geschwächt war.

Abgesehen von Alberto Russos Verletzung machte sich Mark Haller noch über etwas anderes Sorgen.

„Wie viel Munition habt ihr noch?“, fragte er, als plötzlich das Feuergefecht abbrach.

Das hatte in erster Linie damit zu tun, dass die Sicht erheblich schlechter geworden war. Starkes Schneetreiben hatte eingesetzt und sorgte dafür, dass die dicken Flocken den Söldnern ins Gesicht geweht wurden.

„Wir sollten nicht allzu verschwenderisch mit den Patronen umgehen“, war Ridges Meinung.

Haller schob inzwischen ein neues Magazin in seine MP7.

Er fragte sich, wie lange die Kampfpause wohl dauern würde.

„Ich gehe zu Russo!“, meinte Dr. Van Karres.

„Sei keine Närrin!“, sagte Haller.

Aber Van Karres war fest entschlossen. Sie befreite sich von ihrer Schneetarnung, schnellte hoch und richtete sich halb auf, um sich orientieren zu können. Dann robbte sie über den Boden.

Ihre komplette Ausrüstung ließ sie zurück. Alles, was irgendwie hinderlich sein konnte und dazu zählte auch die MP7. Lediglich die Ausrüstung für medizinische Notfälle baumelte ihr vom Gürtel.

Bewaffnet war sie jetzt nur noch mit der automatischen Pistole vom Typ Sig Sauer P226, die sie wie alle anderen an diesem Einsatz beteiligten Soldaten auch in einem an das rechte Bein geschnallten Spezialholster trug.

Einige Schüsse peitschten noch.

Aber durch das Schneetreiben wurde die Sicht immer schlechter und so waren es nur Schüsse, die aufs Geratewohl hin abgefeuert wurden und allenfalls die Chance eines Zufallstreffers hatten.

Die andere Seite kann sich das leisten!, durchzuckte es Mark Haller grimmig.

Schließlich verfügten die Söldner über ausreichend Munition.

Der Geschosshagel wurde wieder heftiger.

Salven von Granaten wurden abgefeuert und schlugen scheinbar wahllos in dem Gebiet ein, in dem sich Ridge und seine Leute verschanzt hatten.

Ein Treffer riss genau dort ein Loch von anderthalb Meter Tiefe neben Ina. Sie rollte sich um ihre eigene Achse und barg das Gesicht im Schnee.

Ein wahres Trommelfeuer prasselte nun in Richtung der OFO-Kämpfer.

Ina Van Karres rappelte sich auf, schnellte in geduckter Haltung voran und warf sich dann mit einem Hechtsprung wieder zu Boden. Sie landete in der Vertiefung, die Russo angelegt hatte, um darin Deckung zu finden.

Der Schnee war rot.

Russo stöhnte auf.

Er hatte eine stark blutende Wunde am Bein. Dr. Van Karres machte sich sofort daran, das Bein zu untersuchen und die Blutung zu stillen.

Die junge Niederländerin ging dabei mit fieberhafter Eile vor. Sie streifte sich die dicken, wasser- und winddichten Überhandschuhe ab.

Mit den fingerlosen Handwärmern aus Fleece konnte sie eine Weile arbeiten, aber mit jeder Minute, die verrann, wurden ihre Finger steifer und unbeweglicher. Die Kälte war mörderisch und der Windchill Faktor verstärkte ihre Wirkung noch. Selbst wenn die Temperaturen von den im antarktischen Winter gemessenen Kälterekorden nahe - 89° Celsius noch sehr weit entfernt waren, konnte man sich bei dieser stürmischen Witterungslage sehr leicht irreparable Erfrierungen an ungeschützten Hautpartien holen. Erfrierungen, die dann unweigerlich zu Amputationen führten.

Russo stöhnte noch einmal vor Schmerzen auf, als Dr. Van Karres eine bestimmte Stelle an seinem Bein berührte. Für das Anlegen von Hygienehandschuhen aus Latex, wie es eigentlich der Vorschrift entsprochen hätte, war keine Zeit.

Schussgeräusche und die Detonationen von einschlagenden Granaten machten für fast eine halbe Minute jegliche Verständigung unmöglich.

Der Lärm war ohrenbetäubend. Rechts und links schlugen die Geschosse ein.

Die Söldnertruppe schien mehr oder minder blind drauflos zu ballern.

Von einem wirklich gezielten Beschuss konnte bei diesen Sichtverhältnissen wohl keine Rede sein.

„Du hast Glück, Alberto!“, brüllte Dr. Van Karres, nachdem der Geschosshagel abgeebbt war.

„Scusi, aber unseren ersten Körperkotakt hatte ich mir deutlich romantischer vorgestellt!“, erwiderte Russo. Er war offensichtlich darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.

„Spar dir deine Energie, du wirst sie noch brauchen!“, prophezeite ihm die Niederländerin.

„Das verdammte Bein fühlt sich an, als wäre es gar nicht mehr da!“

„Glaub mir, das würde sich anders anfühlen!“

„Woher weißt du das denn?“

„Du kannst es nicht lassen, dummes Zeug zu quatschen, was? Sei froh, dass es wahrscheinlich nur eine Fleischwunde ist!“

Sie legte den Verband an.

„Eine etwas liebevollere Pflege, wenn ich bitten darf!“, meinte Russo.

Van Karres achtete nicht weiter auf seine Worte. Sie ging an Russos Rucksack und begann, darin herumzukramen. Van Karres zog die Außenhaut des Biwaks hervor und griff zu ihrem Kampfmesser.

Mit schnellen Schnitten trennte sie mehrere Streifen heraus. Einen davon riss ihr der immer heftiger werdende Wind aus der Hand.

Die anderen begann sie um Russos Bein zu wickeln. Das Geschoss, das Russo verletzt hatte, hatte auch seine Thermohosen und die verschiedenen Schichten an Spezialunterwäsche durchschlagen. Die in das Gewebe eingearbeitete Kevlarschicht war ebenfalls durchdrungen wurden. Eine aus größerer Distanz abgefeuerte Gewehrkugel wäre wohl aufgehalten worden, aber kein Granatsplitter. Um sich davor am gesamten Körper zu schützen, hätten die Omega Force One Soldaten so unförmige Anzüge tragen müssen, die es ihnen kaum ermöglicht hätten, einen fast hundert Kilometer weiten Weg durch die Eiswüste des sechsten Kontinents zurückzulegen. Schließlich wurden sie nicht wie ein Sondereinsatzkommando der Polizei an den Einsatzort gebracht, sondern mussten erst einmal herausfinden, wo sich das Ziel dieser Operation eigentlich befand.

„Fertig“, sagte Van Karres, nachdem sie Russos Bein eingewickelt hatte. Sie steckte das Messer weg und stopfte die Reste der Wasser und Wind abweisenden Biwak-Haut in den Rucksack zurück.

„Fragt sich nur, wo wir unterkriechen, wenn der Sturm heftiger wird!“, meinte Russo. „In diesem Biwak ja wohl nicht mehr.“

„Wäre es dir lieber, wenn dein Bein abfrieren würde?“, erwiderte Van Karres, die sich schnell die Handschuhe wieder überstreifte.

Die andere Seite hatte jetzt das Feuer komplett eingestellt.

Van Karres gab über Interlink einen knappen Bericht über Russos Zustand.

„Wir müssen hier weg“, sagte Colonel Ridge daraufhin an alle. „Im Augenblick schützt uns der Schneesturm und die schlechte Sicht.“

„Ich glaube nicht, dass wir mit einem Verletzten bei diesen Witterungsverhältnissen weit kommen werden“, erwiderte Mark Haller.

„Ich weiß, dass es hart werden wird“, gestand der Colonel seinem Stellvertreter im Team ohne weiteres zu. „Aber die Alternative wäre, einfach hier auszuharren. Da könnten wir uns allerdings gleich selbst eine Kugel in den Kopf jagen. Der Gegner hat uns eingekreist und braucht nur auf besseres Wetter zu warten.“

„Und darauf, dass wir die Nerven verlieren oder uns die Munition ausgeht!“, sagte Haller.

„Exakt.“

„Warum nicht das Unerwartete tun?“, fragte Haller.

Ridge schwieg einige Augenblicke. Aber Mark wusste, dass der Colonel genau begriffen hatte, worauf sein Stellvertreter hinaus wollte.

„Einen Gegenangriff…“, murmelte er. „Das ist so wahnwitzig, dass die Idee schon wieder gut ist.“

„Einen der Helikopter müssen wir in die Hände bekommen. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn Miro das Ding nicht fliegen könnte! Und zwei Mann haben vielleicht eine Chance durchzukommen!“

„Sie sprechen nicht zufällig von sich selbst und Chrobak!“

„Ich bin dabei!“, meldete sich der Russe über Interlink.

„Falls wir scheitern, besteht immer noch die Chance, dass der Rest der Truppe die Mission allein zu Ende bringt!“, ergänzte Mark.

Einen Augenblick lang zögerte Ridge noch.

„Das ist gegen jede Vernunft“, sagte er.

„Darum wird es niemand erwarten!“, erklärte Haller.

Ridge war Profi genug, um zu erkennen, dass in Hallers Vorschlag wahrscheinlich trotz aller damit verbundenen Risiken die größte Überlebenschance für das Team lag. So wie Haller ihn kannte, ging es dem Colonel insgeheim natürlich gegen den Strich, auf den Vorschlag seines Stellvertreters eingehen zu müssen. Aber so etwas ließ Ridge sich nicht anmerken. Es ging um den Erfolg der Mission. Und sonst gab nichts. Jede persönliche Empfindlichkeit musste hinter diesem Ziel zurückstehen. Wer das nicht schaffte, war für den Einsatz in einer Eliteeinheit wie der Omega Force One schlicht und ergreifend nicht geeignet, geschweige denn hätte sie kommandieren können.

 

„Okay“, entschied der Colonel schließlich. „Wir machen es, wie Sie es vorgeschlagen haben, Lieutenant.“

„Danke, Sir.“

„Ich hoffe, dass Sie mich nicht in Kürze verfluchen werden, Haller!“

Zweiter Teil

Immer dichter wurde das Schneetreiben. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Dazu hatte der schneidende Wind längst Orkanstärke erreicht. Haller und Chrobak marschierten in geduckter Haltung vorwärts. Sie machten einen Bogen und mussten teilweise gegen die Windrichtung vorankommen.

Es herrschte Dämmerlicht. Eine graue Wolkenwand verdeckte die sehr tief stehende Sonne.

Die gegenwärtige Position der Helikopter konnte nur vermutet werden.

Schweigend kämpften sich die beiden OFO-Soldaten voran.

Ihr Marschgepäck hatten die beiden Angehörigen der Omega Force One bei den anderen zurückgelassen. Mit Hilfe ihrer Navigationssysteme konnten sie auch unter schwierigsten Sichtverhältnissen dorthin zurückfinden.

Die Zeit verging.

Plötzlich hielt Chrobak inne.

Er machte ein Handzeichen in Hallers Richtung.

Der ehemalige KSK-Soldat der Bundeswehr lauschte. Schließlich hörte er es auch.

Ein Motorengeräusch mischte sich in das Tosen des Windes.

Chrobak drehte sich zu Haller um. Mark konnte vom Gesicht des Russen nur die Augen sehen. Der Rest wurde durch die Kältemaske bedeckt. Aber dieser Blick reichte zur Verständigung.

Das Geräusch musste durch den zweiten Schützenpanzer verursacht worden sein. Durch den grauweißen Schleier aus Schnee sahen sie schließlich nach kurzer Zeit das Panzerfahrzeug. Es war so gut getarnt, dass man es kaum erkennen konnte. Eigentlich war es nur durch seine Bewegung auszumachen.

Haller und Chrobak duckten sich.

Sie konnten beobachten, wie eine Gruppe von Söldnern in weißer Tarnkleidung auf das Gefährt zumarschierte. Die Außenklappe des Schützenpanzers öffnete sich. Die Söldner stiegen ein.

Anschließend drehte der Panzer und kämpfte sich weiter durch den Neuschnee.

„Was glaubst du, passiert da gerade?“, fragte Haller.

„Sieht so aus, als würden sie trotz der Witterung weiter nach uns suchen!“

„Sieht für mich eher so aus, als würden sie ihre vorgezogenen Posten nach und nach einsammeln.“

„Bevor sie erfroren sind, meinst du!“

„Genau!“

Eine Viertelstunde später war der Schützenpanzer nicht mehr zu sehen. Irgendwo im Schneetreiben war er verschwunden. Haller und Chrobak setzten ihren Weg unbeirrt fort.

Schließlich ragte ein grauweißes Gebilde in der Ferne auf. Es musste sich um einen der Transport-Helikopter handeln, der inzwischen ziemlich eingeschneit war.

Einige wenige Posten patrouillierten in der Eiseskälte herum.

Es war schwer abzuschätzen, wie viele Personen sich im Inneren des Transporthubschraubers befanden.

„Ist russisches Fabrikat“, sagte Chrobak.

„Um so besser. Dann wirst du mit dem Ding doch auf jeden Fall klar kommen!“

„Ich kann mit allem umgehen, was sich bewegt und einen Motor hat“, erwiderte der Russe.

In geduckter Haltung nährten sie sich, robbten schließlich über den Boden ihrem Ziel entgegen.

Bei dem russischen Transporthubschrauber öffnete sich ein Seitenschott.

Eine Gruppe von Söldnern trat ins Freie.

Von ihrer Unterhaltung konnten Chrobak und Haller nichts verstehen.

„Jetzt!“, befahl Haller.

Zur Ablenkung warf Chrobak eine Handgranate. Allerdings weit genug neben den Helikopter, um ihn nicht zu beschädigen. Ein Ablenkungsmanöver.

Die Söldner hatten offenbar mit allem gerechnet - nur nicht mit einem Angriff.

Jetzt griffen sie zu den Waffen und feuerten wild um sich.

Chrobak stürmte mit der MP7 im Anschlag voran. Er ließ die Maschinenpistole losknattern. Mehrere Feuersalven verschoss er in Richtung der Söldner.

Haller folgte und ließ seine MP7 los krachen. Der Lieutenant hetzte hinter Chrobak her.

Zwei Söldner sanken getroffen zu Boden. Die anderen feuerten mit unverminderter Heftigkeit auf Chrobak und Haller. Einer von ihnen schleuderte eine Handgranate. Chrobak und Haller warfen sich zu Boden. Eine gewaltige Fontäne aus Schnee und Eisbrocken wurde im nächsten Moment in die Luft geschleudert. Für Sekunden war kaum etwas zu sehen.

Ein Geräusch mischte sich in den Explosionslärm.

Der Transporthelikopter wurde jetzt offenbar gestartet.

Haller wechselte das Magazin seiner MP 7 und rappelte sich wieder auf. Er lief in geduckter Haltung voran. Schemenhaft bemerkte er einen der Söldner. Ein Mündungsfeuer blitzte im Schneetreiben auf und ein Feuerstoß von mindestens dreißig Schuss entlud sich in Hallers Richtung. Der Lieutenant feuerte ebenfalls.

Der Söldner sank mit einem Schrei zu Boden. Haller spürte im selben Moment, wie mehrere Projektile seinen Oberkörper trafen. Die Kevlarschicht seines Thermoanzugs fing sie auf. Es waren kleinkalibrige Kugeln, die den besonders gesicherten Rumpfbereich des OFO-Kämpfers nicht erreichen konnten. Aber die kinetische Energie beim Aufprall blieb enorm. Mit über 100O km/h trafen die Bleigeschosse auf den menschlichen Körper. Die Geschosse wurden durch eine Schichtung von sehr fest verwebten Stoffen zwar daran gehindert, in den Körper einzudringen, aber ihre Aufprallenergie glich der von sehr heftigen Fußtritten und Faustschlägen.

Haller taumelte zu Boden. Weitere Kugeln flogen ihm buchstäblich um die Ohren.

Chrobak kniete nieder und feuerte ebenfalls.

Die Söldner zogen sich zurück, liefen um sich feuernd auf den Helikopter zu, der offenbar warmlief und jeden Augenblick zu starten drohte.

„Alles in Ordnung?“, brüllte Chrobak in das Interlink-Mikro hinein.

„Wie man's nimmt!“, knurrte Haller. „Aber es ist noch alles dran.“

Mark rappelte sich wieder auf.

Wieder wurde hin und her geschossen. Ein weiterer Söldner sank getroffen in den Schnee, ein anderer befand sich am seitlichen Außenschott des Helikopters und feuerte von dort aus.

Chrobak setzte ihn mit einem gezielten Schuss außer Gefecht.

Er erreichte auch als erster den Heli. Er sprang durch die offene Seitentür hinein.

Der Helikopter machte bereits einen Ruck, so als würde er vom Boden abheben. Ein weiterer Söldner feuerte inzwischen auf Haller.

Haller warf sich zu Boden und sank dabei in den Neuschnee ein.

Eine MPi-Salve knatterte über ihn hinweg.

Haller wartete ab.

Der Geschosshagel verebbte.

Sein Gegner musste offenbar das Magazin wechseln.

Mark nutzte die Gelegenheit. Er erhob sich, rannte in Richtung des Helikopters und deckte seinen Gegner dabei mit einer Salve aus seiner MP7 ein, traf aber nicht.

Nur Augenblicke später war der Söldner wieder zum Gegenschlag fähig und ließ seine MPi los krachen.

Das Mündungsfeuer blitzte auf.

Mark feuerte diesmal gezielt zurück.

Der Kerl stieß einen Schrei aus und sank zu Boden.

Der Heli hob inzwischen vom Boden ab. Haller schob die MP7, die an einem Lederriemen hing, auf den Rücken und klammerte sich an die Schneekufen des Helikopters.

Mit einem Klimmzug zog er sich hoch.

Die Seitentür war noch immer offen. Mark schaffte es, sich hoch zu hieven und gelangte ins Innere.

Über die Interlink-Verbindung mit Chrobak hörte er ein schmerzvolles Stöhnen, dicht an seinem Ohr.

„Miro!“, rief er.

Kein Zweifel, da wurde gekämpft.

Ein Schussgeräusch war aus Richtung des Cockpits zu hören. Mark stand auf. Ein Ruck ging durch den Helikopter und ließ ihn taumelnd auf das Cockpit zusteuern.

Der Helikopter landete unsanft im Schnee. Der Motor stotterte und verreckte.

Haller erreichte das Cockpit.

Chrobak saß am Steuerknüppel.

Den Helikopterpiloten hatte der Russe ausgeschaltet und zur Seite geschoben. Die Hand des Söldners krampfte sich noch um den Griff einer Automatik. Seine Augen waren starr und tot.

Chrobak wirkte benommen. Er zog sich die Gesichtsmaske vom Kopf. Miro blutete aus einer klaffenden Wunde an der Stirn.

Chrobak fluchte auf Russisch, wovon Mark natürlich kein Wort verstand.

Als er den Lieutenant bemerkte, drehte sich Chrobak zu ihm um.

„Sieht schlimmer aus, als es ist“, meinte er. „Ich wurde bei dieser unsanften Landung nach vorn geschleudert und jetzt brummt mir der Schädel.“ Er zuckte die breiten Schultern. „Tut mir leid, dass ich keine weichere Landung hingekriegt habe…“

„Einen Absturz aus zwei bis drei Metern geht bei dir noch als Landung durch, Miro?“

Chrobak fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er blickte auf die Anzeigen und Armaturen.

„Probleme“, murmelte er schließlich.

„Was ist los?“, hakte Mark nach. „Ich dachte, du kannst alles fliegen, was einen Motor hat!“

„Die haben das Innenleben dieser Maschine mit viel Elektronik aufgemotzt“, stellte der Russe fest. Er betätigte eine Reihe von Schaltern und Reglern. Die deaktivierten Displays leuchteten auf.

Chrobaks Bewegungen wurden hektischer. Immer weitere Schaltungen nahm er vor.

„Kein Systemzugang“, kommentierte er auf seine gewohnt lakonische Weise.

„Was soll das heißen?“

„Ich brauche eine Autorisation, um das System neu starten zu können.“

Ein Ruck ging durch Chrobak. Er griff zum Kampfmesser und hebelte ein Stück aus der Armaturenverkleidung heraus. Die kleinen Schräubchen sprangen in die Luft. „Ich werde diesen Computerschnickschack einfach überbrücken. Die Original-Version der russischen Armee fliegt auch ohne dieses ganze elektronische Zeug und gilt als sehr robust.“

Top wühlte in dem Gewirr von Drähten herum.

„Was immer du vorhast, Miro - sieh zu, dass du schnell fertig wirst!

Der Gefechtslärm hier war selbst bei dieser Witterung meilenweit zu hören und ich schätze, wir werden ziemlich bald unangenehmen Besuch bekommen!“

“Eile mit Weile“, erwiderte Chrobak.

*

Mark Haller fand einen Erste-Hilfe-Kasten, mit dessen Inhalt sich Chrobaks Kopfwunde provisorisch verbinden ließ. Er sträubte sich zwar erst, aber die Blutung musste einfach gestillt werden.

Minuten verrannen.

Haller ging zu der noch immer offen stehenden Seitentür des Helikopters und blickte hinaus in die grauweiße Kältehölle.

Er erwartete, dass irgendwann in nächster Zeit der Schützenpanzer auftauchen würde, den sie in der Nähe gesehen hatten.

Eine Viertelstunde - mehr blieb ihnen nicht.

Und das war noch optimistisch geschätzt.

Die Zeit kroch dahin.

Endlich sprang der Motor des Helikopters wieder an. Die Rotorenblätter begannen sich zu drehen.

Mark schloss die Seitentür. Das zum Heck hin ausgerichtete Hauptschott mit der ausklappbaren Auffahrtrampe für Fahrzeuge aller Art war ohnehin geschlossen.

„Alles klar!“, rief Chrobak vom Cockpit aus.

Mark spürte, wie ein vibrierendes Rumoren durch den Boden des Helikopters ging und die Maschine schließlich abhob.

Endlich!, dachte Mark.

Er ging zurück ins Cockpit und nahm auf dem Platz des Co-Piloten Platz.

„Du bist genial, Miro!“

„Grundkenntnisse genügen!“

„Na, wenn du das sagst…“

„Wir brauchen jetzt allerdings unsere eigenen Navigationssysteme, um unsere Leute zu finden.“

*

Der russische Transport-Helikopter war ein Spielball des Sturms.

Chrobak hatte alle Mühe, die Maschine stabil zu halten.

Etwa eine halbe Stunde dauerte es, bis der Rest des Trupps gefunden war.

Mark Haller bekam Funkkontakt mit Laroche.

Wenig später landete der Helikopter. Haller ging nach hinten in den Laderaum und öffnete die Seitentür.

Ridge und Van Karres hievten den verletzten Russo ins Innere des Helikopters. Danach folgten die anderen.

Die Außentür war noch nicht einmal wieder geschlossen, da ließ Chrobak die Maschine bereits wieder in die Höhe gehen.

Haller machte eine ausholende Bewegung mit der Hand. „Machen Sie es sich gemütlich hier, Ladies and Gentlemen… Es gibt hier zwar keine gepolsterten Sitzmöbel wie in einem PanAm-Linienflug der ersten Klasse, aber dafür ist es hier auch nicht so verdammt wenig Platz, dass die Gefahr eines Kreislaufkollapses besteht!“

Der Colonel nahm sich die Gesichtsmaske ab.

 

Ein paar Grad wärmer als draußen im Eissturm war es hier tatsächlich.

Ridge wandte sich an Haller.

„Sie sind ein Teufelskerl, Lieutenant!“ Ridge schüttelte den Kopf.

„Sich diesen Vogel hier unter den Nagel zu reißen… Alle Achtung!“

„Chrobak hat den wichtigeren Teil des Jobs gemacht!“, erwiderte Mark.

Er ging zurück ins Cockpit.

Dr. Van Karres begann sofort damit, sich um Russos Verwundung zu kümmern. Die Wunde musste richtig versorgt und die Kleidung wieder soweit geflickt werden, dass auf längere Sicht nicht die Gefahr von Erfrierungen bestand.

Zumindest war es unmöglich, Russo bis auf weiteres aus dem Einsatzgebiet auszufliegen und auf die U.S.S. INDEPENDENCE zu bringen.

Laroche erschien inzwischen ebenfalls im Cockpit.

Haller überließ ihm den Sitz des Co-Piloten. Der Franzose begann sofort damit, sein Speziallaptop auszupacken.

Er aktivierte es. Wenig später erschien auf dem Schirm ein Kartenausschnitt, der mit den Infrarotbildern überblendet wurde.

„Wir müssen so nahe wie möglich an die Hauptstation heran“, sagte Laroche. „Und ich vermute, dass sie sich in dem markierten Gebiet befindet.“

„Und was ist mit X-Point?“, fragte Mark.

Laroche zuckte die Achseln. „Ich denke, dass X-Point nur die berühmte Spitze des Eisbergs ist.“

Ridge erschien jetzt ebenfalls im Cockpit.

„Gomez hat im Laderaum einen Geigerzähler gefunden“, berichtete der Colonel.

„Das hat sicher seinen Grund“, meinte Haller.

Ridge nickte.

„Die Strahlung innerhalb des Laderaums ist leicht erhöht. Zwar nicht gesundheitsgefährdend, wenn man nicht gerade vorhat, hier für ein paar Jahre einzuziehen, aber eben doch um einige Prozent über dem Niveau der in dieser Gegend üblichen natürlichen Radioaktivität.“

„Wahrscheinlich wurden mit diese Helikopter radioaktive Substanzen transportiert“, stellte Laroche fest. „Wir sollten genauer feststellen, um für eine Art von Strahlung es sich handelt, um…

„Dazu haben wir wohl kaum Zeit, Laroche“, schnitt Ridge ihm das Wort ab.

Langsam ergaben die Einzelteile des Puzzles ein Bild.

Laroche versuchte, sich über Satellit ein zu wählen, um Kontakt mit der U.S.S. INDEPENDENCE aufzunehmen. Aber es gelang ihm nicht.

Offenbar war die schlechte Witterung dafür verantwortlich.

Laroche versuchte es noch eine Weile, ehe er schließlich ziemlich entnervt aufgab.

„Merde““, stieß er dabei hervor und ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. „Versprechen Sie mir bitte, Colonel, dass uns unser nächster Einsatz in ein kommunikationstechnisch besser erschlossenes Gebiet führt!“

„Nichts lieber als das!“, lachte Ridge. „Nur beklagen Sie sich nicht, wenn ich dann schließlich doch wortbrüchig werden muss…“

*

U.S.S. Independence, Südatlantik, genaue Position unterliegt der Geheimhaltung, 1204 OZ

Admiral Thompson betrat als letzter den Briefing-Raum.

Er hatte kaum geschlafen. Nahezu rund um die Uhr war er auf den Beinen gewesen, um über jede Neuigkeit sofort informiert zu sein. Die Operation in der zentralen Antarktis trat jetzt in ihre entscheidende Phase. Die Mitglieder des Alpha-Teams der Omega Force One waren jetzt vollkommen auf sich allein gestellt.

Weitgehende Funkstille war Teil der operativen Planung, aber dennoch lag die letzte Nachricht des Ridge-Teams für Thompsons Geschmack schon viel zu lange zurück.

Immerhin gab es neue Erkenntnisse, was die Absturzursache des amerikanischen Jägers anging.

Mehrere Spezialisten des FBI und des Geheimdienstes der Navy waren auf die U.S.S.INDEPENDENCE eingeflogen worden um die sichergestellten Beweisstücke aus der abgestürzten Maschine und Camp Boulanger labortechnisch zu untersuchen.

Kopf der Gruppe war Dr. Jason Martinez, der bei der Scientific Research Division of Northern California angefangen hatte, dem zentralen Erkennungsdienst des San Francisco Police Department.

Später war er zum FBI gewechselt und lehrte an der FBI-Akademie in Quantico.

Ein Handvoll Offiziere befand sich im Raum, außerdem Dr. Martinez'

Kollegen, von denen jeder ein Spezialist auf seinem Fachgebiet war.

General Outani war über eine Konferenzschaltung aus Fort Hennessy zugeschaltet.

„Wir haben den Flugschreiber der abgestürzten Maschine untersucht und außerdem alles an Informationen herangezogen, was uns durch das Landeteam übermittelt werden konnte“, begann Martinez seine Ausführungen. Er hatte ein kantiges, wie in Stein gehauenes Gesicht, das von grauem, aber sehr dichtem Haar umrahmt wurde. Thompson schätzte Martinez auf Mitte fünfzig. „Sämtliche elektronisch gesteuerten Funktionen fielen auf einen Schlag aus. Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verlieren, aber unsere Untersuchungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass der Absturz unseres Jägers eine Folge elektromagnetischer Emissionen ist.“

Thompson runzelte die Stirn.

„Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass der Pilot sein Handy während des Flugs benutzte oder dergleichen.“ Die Enttäuschung war unüberhörbar. Der Colonel hatte sich deutlich mehr von der Hinzuziehung dieses Teams von ausgewiesenen Spezialisten versprochen.

Martinez' Gesicht blieb unbewegt und wirkte maskenhaft.

„Nein, Sir“, sagte er kühl. „Wir gehen davon aus, dass ein sehr viel stärkerer elektromagnetischer Impuls abgegeben wurde, der die Computersysteme des Jägers außer Gefecht setzte. Dieser Ausfall betraf alle Systeme zum selben Zeitpunkt. Wie Sie alle wissen arbeitet die Elektronik eines Flugzeugs nach dem Prinzip der Redundanz, das heißt mehrere parallel geschaltete Systeme können sich gegenseitig ersetzen, falls in einem von ihnen eine Fehlfunktion auftritt. Aber das hat in diesem Fall nicht gegriffen…“

„Wie erklären Sie sich das?“, hakte Thompson nach.

„Durch die Stärke des elektromagnetischen Impulses.“

„Das hört sich fast so an, als wäre dieser Impuls zielgerichtet abgegeben worden.“

„Das ist korrekt, Colonel“, nickte Martinez. „Wenn Sie mich fragen, dann wurde hier eine Waffe eingesetzt, die in der Lage ist, die Elektronik von Flugzeugen oder was immer Sie sonst wollen, mittels starker Störimpulse lahm zu legen. Es gibt seit langem Experimente auf diesem Gebiet. Zeitweilig hatte der sowjetische Geheimdienst KGB

sogar die Hoffnung gehabt, auf der Basis von elektromagnetischer Strahlung eine Waffe gegen Personen zu entwickeln, aber nachdem man seinerzeit Dutzende von Regime-Gegnern ohne ihr Wissen in ihren Wohnungen einer intensiven Mikrowellenbestrahlung aussetzte, ohne dass sich ein durchschlagender Erfolg zeigte, gab man diese Pläne wieder auf. In wie fern elektromagnetische Emissionen auf den menschlichen Körper einwirken ist bis heute umstritten, aber auf elektronische Systeme haben sie ohne Zweifel Einfluss und ich bin überzeugt, dass seit langem überall auf der Welt an der Entwicklung von Waffen auf dieser Basis gearbeitet wird. Das größte Problem ist dabei, nur die Systeme des Gegners zu schädigen - und nicht auch die eigenen!“

„Offenbar ist unserem Gegner dies gelungen“, stellte Thompson düster fest.

Die Konsequenz aus MartinezÁusführungen gefiel ihm ganz und gar nicht. Unter Umständen lief es nämlich darauf hinaus, dass die andere Seite ein wirksames Verteidigungsmittel gegen jeden Angriff aus der Luft besaß.

„Es gibt einen Spezialisten auf dem Gebiet der elektromagnetischen Emissionen“, erklärte Martinez weiter. „Sein Name ist Dr. Peter Svenström. Er lehrt an der Colombia University. Ich bin dafür, ihn hinzu zu ziehen und unsere Ergebnisse durch ihn überprüfen zu lassen.“

„Dafür muss ich erst ein Okay des Generalsekretariats der Vereinten Nationen einholen“, meldete sich General Outani aus dem tausende von Kilometern entfernten Fort Hennessy, North Carolina zu Wort.

„Schließlich unterliegt diese Operation und alles, was damit zusammenhängt in einem Maß der Geheimhaltung, das alles in Schatten stellt, was ansonsten in dieser Hinsicht üblich ist.“

Thompson nickte leicht.

„Was ist mit den Spuren aus Camp Boulanger?“, fragte er schließlich.

„Lassen sich Rückschlüsse auf das Schicksal der Besatzung dieser Forschungsstation ziehen?“

„Nein, Sir.“

„Und was die Identität unserer Gegner betrifft?“

„Wir haben mehrere Projektile, die derzeit mit sämtlichen Polizeidaten verglichen werden, die uns zugänglich sind. Vielleicht wurden die Waffen ja schon einmal benutzt. Aber ich würde an Ihrer Stelle nicht allzu viele Hoffnungen darauf setzen, Colonel.“

*

Antarktis, in der Nähe der Station X-Point Der Sturm war noch heftiger geworden. Chrobak vermochte den Helikopter nur mit Mühe auf einem stabilen Kurs zu halten. Pierre Laroche hatte inzwischen eine genaue Positionsbestimmung durchgeführt und die vorhandenen und auf seinem Rechner gespeicherten Satellitenbilder noch einmal einer genauen Betrachtung unterzogen. Insbesondere die Infrarotaufnahmen waren von Interesse.

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