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Corona Magazine #353: April 2020

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Aus der Reihe: Corona Magazine #353
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Star Wars – Das Rollenspiel

: Abenteuer in einer weit, weit entfernten Galaxis



von Peter R. Krüger





Wer wollte nicht schon immer mal als Jedi-Ritter-Planeten bereisen, als Schurke Waren am Imperium vorbeischmuggeln und das Herz einer herumirrenden Prinzessin erobern? Vielleicht als Wookie unverständliches Brüllen von sich geben und beim Holo-Schach jemanden den Arm auskugeln? Oder einfach nur mit einem X-Wing drauflos fliegen, TIE Fighter wegpusten und sich anschließend als Held feiern lassen?



Mit dem Star-Wars-Rollenspielsystem aus dem Hause Fantasy Flight Games, das hierzulande von Ulisses Games herausgebracht wird, ist all das möglich … und noch viel mehr.



Dabei gliedert sich das Grundregelwerk auf. Es gibt nämlich nicht nur ein Grundregelwerk, sondern gleich drei. Das klingt ungewöhnlich? Ist es auch. Aber aus gutem Grund.



Normalerweise gibt es für ein Rollenspielsystem ein Grundregelwerk und eventuell noch weitere Bücher, die das jeweilige System mit Hintergründen, neuen Gegnern, Spielleiterinfos, Abenteuern etc. pp. ergänzen. Ergänzungsbücher gibt es auch bei

Star Wars,

 aber eben auf diese drei Grundregelwerke aufgeteilt.



Kommen wir also zum Punkt. Warum drei Grundregelwerke?



Ähnlich wie die Geschichte von Luke Skywalker in den drei Originalepisoden strukturiert ist – also vom einfachen Farmerjungen am Rande des Imperiums zum X-Wing-Piloten und Rebellen im Zeitalter der Rebellion bis hin zum Jedi-Ritter, der über Macht und Schicksal entscheidet – sind auch diese drei Grundregelwerke aufgegliedert. Und die Titel der einzelnen Werke habe ich eben schon verraten. Am Rande des Imperiums, Zeitalter der Rebellion und Macht und Schicksal. Jedes Buch behandelt eine bestimmte Epoche in der

Star-Wars

-Geschichte und lässt sich grob der Originaltrilogie zuordnen.



Aber werfen wir doch einmal einen Blick in die Bücher, um festzustellen, was für einen Umfang sie bieten.



Jedes einzelne Regelwerk umfasst über 450 Seiten Inhalt. Immer sind dreizehn Kapitel enthalten, die mit den Grundregeln anfangen, dann zur Charaktererschaffung überleiten und viel Interessantes und Wissenswertes über die Spielwelt darlegen. Die ersten acht Kapitel sind für alle Spieler wichtig; ab Kapitel neun sollte nur noch der Spielleiter weiterlesen. Denn die Informationen sind von da an wichtig, um Abenteuer vorzubereiten und die

Star Wars

-Welt lebendig zu gestalten. Wer dennoch zum Beispiel wissen möchte, welche Informationen zu Planeten wie Tatooine, Alderaan oder Dagobah in diesen Büchern zu finden sind, sollte seinen Spielleiter entscheiden lassen, wann es Zeit ist, darüber Bescheid zu wissen. Es könnte sonst passieren, dass Sie vielleicht doch noch eine wichtige Information lesen, die Ihnen als Spieler noch gar nicht bekannt sein dürfte. Aber wenn Ihnen das Spiel Spaß macht, dann werden Sie bestimmt noch früh genug auch Planeten wie Hoth, Ord Mantell oder Nal Hutta besuchen. In allen drei Regelwerken zusammen befinden sich vierundzwanzig Planeten, die von rund zwanzig einzigartigen spielbaren Völkern (Mensch, Twi’lek, Ithorianer, Zabrak u.v.m.) besucht werden können. Doch das ist längst noch nicht alles. Wie es sich für ein Rollenspiel gehört, sucht man sich ja nicht nur aus, welches Volk man darstellt, sondern auch, welcher Klasse oder Profession man angehören möchte. Hier heißen diese Berufe und Spezialisierungen. Und über alle drei Regelwerke haben die Spieler dann die Auswahl aus achtzehn Berufen, die sich auf vierundfünfzig (54!) Spezialisierungen aufgliedern.



Das ist wirklich viel.



Hierbei kann ein Spieler zum Beispiel entscheiden, ob sein Schmugglercharakter nun ein Dieb, ein Pilot oder ein Schurke sein möchte. Alle Varianten aufzuzählen, wäre etwas viel, aber eines kann festgehalten werden. Hier lässt sich der gewünschte Charakter ganz

Star Wars

-passend individuell gestalten.



Muss man alle drei Grundregelwerke kaufen, um das Spiel spielen zu können?



Nein, muss man nicht. Denn jedes Regelwerk orientiert sich, wie bereits erwähnt, auf eine bestimmte Zeit im

Star Wars

-Universum. Der Vergleich mit Luke Skywalkers Entwicklung ist hier entsprechend zum Inhalt der Bücher. Wobei festgehalten werden muss, dass auch die Entwicklung von Jedi-Charakteren etwa den jeweiligen Stand von Luke aufweisen. Richtige, echte Jedis gibt es nur im schwarzen Buch Macht & Schicksal. Andere Charaktere spielen aber in jedem Regelwerk eine Rolle.


















Wie wird gespielt?





Wie bei Rollenspielen üblich, suchen sich die Mitspieler einen Charakter aus bzw. stellen ihn zusammen, um dann Abenteuer zu erleben. Die wichtigen Daten, was der Charakter wie gut kann, sind auf dem sogenannten Charakterbogen festgehalten, und das Ganze läuft meist als Erzählspiel ab. In Situationen, in denen es dann aber darauf ankommt, dass etwas schief gehen oder auch etwas ganz besonders gut gelingen kann, sind die Würfel gefragt. Schafft es mein Hacker, sich in das imperiale Computersystem einzuloggen? Kann mein Dieb sich an den Wachen des Unterweltbosses vorbeischleichen? Gelingt es meinem Jedi, wenn er mit Zeige- und Mittelfinger vor den Augen des Bothaners herumwedelt, ihn davon zu überzeugen, dass er den Speeder für die Hälfte des Preises verkauft?



Irgendwann kommen zwangsläufig Momente, in denen man feststellen muss, ob eine Aktion gelingt. Aber auch hier hat das

Star Wars

-Rollenspiel eine Überraschung parat. Die Würfel weisen nämlich keine Augen oder Zahlen, sondern

Star Wars

-typische Symbole auf. Anhand derer ermittelt man dann, ob eine Aktion geglückt ist oder verpatzt wurde. Im Grundsatz stehen bei einem Wurf dann Begabungs- gegen Schwierigkeitswürfel, die beide aber durch verschiedene Umstände auf Trainings- bzw. Herausforderungswürfel erhöht werden können. In besonders schwierigen Momenten kommen dann noch Komplikationswürfel dazu, denen wiederum Verstärkungswürfel gegenüber stehen, falls besonders positive Umstände zum Tragen kommen.



Das wirkt vielleicht kompliziert, doch sobald die Würfel gefallen sind und man die erste Auswertung macht, merkt man, wie der Hase läuft, oder sagen wir lieber, wie das Lichtschwert geschwungen wird.












Der große Vorteil dieses Würfelsystems ist es nämlich, dass nicht einfach stur Zahlen heruntergerechnet werden (getroffen, Rüstung überwunden, man verliert zehn Trefferpunkte … gähn), sondern dass alle Spieler am Tisch aufgefordert sind, das Würfelergebnis in ihre Erzählungen, in ihr Spiel, mit einzubeziehen Die Würfelergebnisse werden hier als Erfolg, Vorteil und Triumph sowie Fehlschlag, Bedrohung und Verzweiflung gewertet. So kann es auch schonmal zu einem Ergebnis kommen, bei dem eine geplante Aktion zwar in einem Fehlschlag endet, dennoch ein Triumph errungen werden konnte. (Ich habe zwar meinen Schuss auf einen Imperialen verrissen, stattdessen wurde aber die Steuerungseinheit der Tür getroffen, die sich sofort geschlossen hat. Die Sturmtruppler werden wohl einen Moment brauchen, um da durchzukommen).



Das System geht nach ein, zwei Würfen schnell von der Hand und hat den großen Vorteil, dass es sehr atmosphärisch ist. Hier kommt schnell

Star Wars

-Feeling auf.



Im Prinzip ist das auch in allen drei Grundregelwerken gleich, sodass sich alle Bücher problemlos miteinander kombinieren lassen.



Warum also drei Regelwerke? Hätte eins nicht ausgereicht?



Vermutlich hätte man die Inhalte auch in ein Buch quetschen können. Doch abgesehen von den gleichen Spielregeln beinhaltet jedes Buch andere Spezies, andere Berufe und Spezialisierungen, andere Planeten und andere Hintergrundthemen. Würde man versuchen, all das in einem Buch unterzubringen, wäre dieser Band dann weit über tausend Seiten dick. Denn es überschneiden sich nur etwa achtzig Seiten in den drei Werken.







Am Rande des Imperiums





Dieser Band richtet sich zuallererst an diejenigen, die Han Solo, Chewie und Lando als ideale Charaktere im

Star Wars

-Universum sehen und sich gerne mit zwielichtigen Gestalten wie den Hutts oder der Schwarzen Sonne abgeben. Jedi-Jünglingen steht hier noch recht wenig Macht zur Verfügung.



Der besondere Aspekt dieses Regelwerks liegt zudem auf der Verpflichtung der Charaktere, die bei jedem Spieltag zum Tragen kommen kann (aber nicht muss).














Zeitalter der Rebellion





Im Weltraum auf TIE Fighter ballern, auf Tatooine Womb-Ratten jagen oder Torpedos in kleine Löcher schießen? Das ist die Rebellion. Aber auch auf ungastlichen Planeten gegen Sturmtruppler kämpfen, AT-ATs mit Seilen zuschnüren oder auch auf diplomatischen Wegen mit Gouverneuren zu verhandeln gehört dazu. Wem das alles nichts ist, der kann sich auch als Spion unter die Imperialen mischen und Geheimpläne stehlen oder heimlich böse Imperiale abmurksen. Viva la revolución!

 



Jedis wachen hier langsam auf und werden sich ihrer Fähigkeiten allmählich bewusst.



In Zeitalter der Rebellion steht die Pflicht im Fokus, die jeder Charakter zu erfüllen hat.














Macht und Schicksal





Endlich Laserschwerter schwingen und Sith mit der Macht ausschalten. Würgen ist leider nicht so gern gesehen, aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten, wie man als Jedi die bösen Widersacher ausschalten kann.



Moral spielt hier eine ganz wichtige Rolle, denn die dunkle Seite der Macht ist verführerisch. Zudem gibt es hier auch noch ausführliche Informationen zu den Jedi und den Sith, der alten Republik, dem Imperium und der neuen Republik.












Alles in allem ist das

Star Wars

-Rollenspielsystem von Fantasy Flight Games ein sehr gelungenes und atmosphärisches Rollenspiel. Anfangs noch vom Heidelberger Spieleverlag in Deutschland vertrieben, steht nunmehr der Ulisses Verlag für gute Qualität ein.












Wer sich zwar für die Systeme interessiert, sich aber nicht sicher ist, ob er mit den speziellen Würfeln und Regeln klar kommt, dem sei eines der wirklich anfängerfreundlichen Einsteigersets empfohlen, die aber auch für Rollenspielprofis viel brauchbares Material liefern, um spannende Abenteuer in diesem beliebten Universum erleben zu können, allen voran das jeweils enthaltene Würfelset.



Möge die Macht mit uns allen sein.






Die Geschichte des Starkillers: Star Wars Comic-Kollektion 73:

The Force Unleashed



von Ansgar Imme





The Force Unleashed

 war ein multimediales Cross-over-Event, welches auf dem gleichnamigen Konsolenspiel basierte, das in 2008 erschienen ist. Eigentlich war das Erscheinen zum 30-jährigen Jubiläum in 2007 vorgesehen, aber man konnte den Termin nicht einhalten. Neben dem Spiel erschienen der hier beschriebene Comic wie auch ein Roman, Hasbro-Actionfiguren, LEGO-Spielzeuge, Merchandising und anderes.





Chronologisch spielt die Handlung zwei Jahre vor der Schlacht um Yavin, also zwischen den Teilen 3 und 4 –

Die Rache der Sith

 und

Eine neue Hoffnung

. Anakin Skywalker a.k.a. Darth Vader ist im neuen Imperium als Vollstrecker des Imperators aktiv und verfolgt überlebende Jedi der Order 66. Im Geheimen hat er bei der Ausschaltung zweier Jedi ihr machtbegabtes Kind entdeckt und es als Schüler angenommen, ihm den Namen Starkiller gegeben und es ausgebildet.












Das Geschehen beginnt mit der Suche von Senator Bail Organa und der imperialen Offizierin Juno Eclipse nach dem Droiden Proxy, welcher einst Starkiller gehörte. Sie wollen von ihm erfahren, was Starkiller plante und was er auf dem Planeten machte, als Vader ihn angriff. Proxy erzählt in einem Rückblick, wie Starkillers Ausbildung endete und er als erste Prüfung von Vader die Suche nach einem überlebenden Jedi-Meister aufgetragen bekam. Es folgten weitere Prüfungen, bei denen er auch in Vaders Machenschaften verwickelt wurde, die anscheinend auch mit Intrigen Vaders gegen den Imperator zu tun hatten. Starkiller musste sich fragen, ob er seinem Meister Darth Vader wirklich vertrauen konnte. Gleichzeitig fühlte er auch eine Verbindung zur entstehenden Rebellenallianz – für welche Seite sollte sich Starkiller entscheiden?



Die Handlung bildet im weitesten Sinne den Verlauf des Konsolenspiels ab, was aber gar nicht nachteilig ist. Die Autoren haben mit ein paar Anpassungen eine runde und spannende Geschichte aus der Vorlage gebildet, der man ihre Herkunft nicht anmerkt und die sich flüssig lesen lässt. Eine Mischung aus ruhigen Szenen und Action bietet eine gute Abwechslung. Die Idee des Rückblicks durch den Erzähler Proxy ermöglicht zudem einen Blick von außen auf die Figur Starkillers, womit eine geraffte Hintergrundbeschreibung erfolgen kann, ohne zu weit auszuholen. Aber auch die weiteren Ereignisse und Pläne Starkillers ermöglichen eine andere Perspektive und damit Beurteilung und Erklärung für den Leser. Für Spieler des Konsolenspiels ist natürlich nichts wirklich Neues dabei, sodass diese keine Überraschungen erleben werden.



Bei den Figuren liegt erwartungsgemäß der Schwerpunkt deutlich auf Starkiller, während die anderen eher Stichwortgeber sind oder ihre Bedeutung nur gestreift wird. Gerade Proxy oder Juno wirken dabei durchaus interessant und hätten mehr Handlung verdient gehabt. Dafür tauchen – wenn auch nur in kurzen Episoden – einige bekannte Nebenfiguren wie Bail und (eine junge) Leia Organa, Mon Mothma, Shaak-Ti sowie natürlich Darth Vader und der Imperator auf. Letztere haben immerhin einen stärkeren Handlungsbezug. Die Hauptfigur Starkiller wirkt oft zu mächtig und kaum mit Schwächen versehen, die zudem fast dem Imperator an Macht gleicht. Natürlich hatten die Autoren hier nicht viel Spielraum, da das Spiel dies vorgab, aber ein paar Schwächen mehr hätten der Geschichte durchaus gut getan und andere Personen stärker einbinden können.



Zeichnerisch gibt es nicht viel zu meckern. Die Gesichter sind gut erkennbar und unterscheidbar, die dynamischen Actionszenen packen den Leser, Details sorgen für Stimmung. Auch die Farben, die Hell-Dunkel-Kontraste oder Anordnung der einzelnen Bilder sind gut und ansprechend gelungen. Es gibt sicherlich einzelne Bände mit besserer künstlerischer Gestaltung, da an manchen Stellen noch kleine Verbesserungen möglich wären (etwa beim Detailgrad der Gesichter). Insgesamt kann man hier aber zufrieden sein.







Fazit





Spieler des alten Konsolenspiels werden nicht viel Neues im Comic entdecken. Wenn das letzte Spiel aber lange genug her ist oder man die Handlung eben gar nicht kennt, bekommt man eine spannende, flotte Geschichte, die einen Übergang zwischen Episode 3 und 4 darstellt und gut unterhält.







Star Wars Comic-Kollektion 73: The Force Unleashed





Comic



Haden Blackman, Bong Dazo, Brian Ching u.a.



Panini Comics 2019



ISBN: 978-3741610547



128 S., Softcover, deutsch



Preis: EUR 13,99









Unendliche Weiten – Die Star-Trek-Ecke














Ressortleiter Thorsten Walch






Kolumne:

Star Trek

 und die Religion



von Thorsten Walch





Sie ist zweifellos eines der wahrhaft universellsten und damit unausweichlichsten Themen der heutigen Zeit: die Religion. Selbst wenn man sich vor langer Zeit von ihr abgewendet hat, dürfte es quasi unmöglich sein, ihr aus dem Weg zu gehen: Das Thema ist omnipräsent in Presse, Fernsehen und auch allen anderen Medien der heutigen Zeit. Und es findet natürlich auch reichlichen Zugang in jene Welten, in die wir Nerds und Geeks uns so gerne zurückziehen. Grund genug, in dieser Kolumne einmal einen Blick auf den Einfluss zu werfen, den die Religion auf unser aller Lieblings-Universum, die Welt von

Star Trek,

 ausübt. Schließlich wurde auch dem

Star Trek

-Franchise selbst ja bereits wiederholt vorgeworfen, zumindest pseudoreligiöse Züge zu beinhalten.







Atheismus in spiritueller Zeit





Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry war bereits seit seiner Jugendzeit ein überzeugter Atheist. Was diesen Umstand bedingt hat, ist unbekannt. Doch hielt Roddenberry Religionen beziehungsweise die Anhänglichkeit an sie für den Grund vieler Missstände auf der Welt. Unrecht hatte er zweifellos nicht mit seiner Sichtweise, da mehr oder weniger aus Glaubensgründen ausgefochtene Konflikte und gar Kriege in den 60er-Jahren ebenso das Bild des Zeitgeschehens bestimmten, wie es heute der Fall ist. Aus diesem Grund war es ein wichtiger Punkt für ihn, dass die Religion in seiner Utopie mit dem Titel

Star Trek

 keine Rolle mehr spielen sollte. Das Raumschiff Enterprise sollte etwa ebensowenig einen Bord-Geistlichen haben, wie man Kruzifixe in der Offiziersmesse zu sehen bekommen würde. Das Thema sollte einfach keinen besonderen Stellenwert in Roddenberrys Vorstellung vom 23. Jahrhundert haben. Vermutlich zeigte sich damals bereits im Vorfeld, dass sich dies nicht umsetzen ließ: Die Religion nämlich, vermischt mit der ihr ähnlichen, aber dennoch abweichenden Spiritualität gehörte zu den dominantesten Themenbereichen der 60er-Jahre. Ausgelöst durch die Flower-Power-Bewegung, umgangssprachlich auch häufig als »Hippie-Kult« bezeichnet, hatten viele insbesondere junge Menschen damit begonnen, sich mit fernöstlichen Religionen wie dem Buddhismus, dem Hinduismus oder auch der Hare-Krishna-Bewegung unter deren Anführer Bhagwan Shree Rajneesh zu beschäftigen. Prominente Bands wie die Beatles oder The Doors trugen diesem neuen Trend in ihrer Musik Rechnung. Wenn Roddenberry also in seiner Zukunftsvision die damalige Gegenwart in vielerlei Hinsicht reflektieren wollte, kam

Star Trek

 um das Thema ergo nicht herum.







Star Trek: The Original Series

 — »… von Magie nicht zu unterscheiden«





Von dem berühmten Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke (1917-2008,

Die letzte Generation)

 stammt der Ausspruch »Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht mehr zu unterscheiden« aus dem Jahr 1962. Es hat den Anschein, als habe sich Gene Roddenberry für seine Behandlung religiöser Themen an dieser Aussage Clarks orientiert, zumindest teilweise. Meist handelte es sich bei »göttlichen Wesen«, denen Captain Kirk und die Crew der Enterprise auf ihren Reisen begegneten, um hochentwickelte Aliens oder aber um missverstandene beziehungsweise missbrauchte Technologien. In

Der Tempel des Apoll

 etwa erwies sich der titelgebende griechische Gott als eines von mehreren arroganten außerirdischen Wesen, welche die Erde in antiker Zeit besucht und sich dort zum Götterpantheon des alten Griechenland aufgeschwungen hatten. In

Die Stunde der Erkenntnis

 hingegen verehrte ein primitives Planetenvolk den zurückgelassenen Computer einer hochentwickelten Zivilisation, die deren Welt schon lange verlassen hatte, als Gott. In

Landru und die Ewigkeit

 hingegen konnte der Herrscher einer hochentwickelten Planetenbevölkerung seine Persönlichkeit in einen Computer einspeisen, der in seinem Namen Jahrtausende lang als unsterbliche Wesenheit eine strenge Diktatur führte. In

Star Trek V – Am Rande des Universums

 tritt sogar Gott selbst in Erscheinung, was Captain Kirk zu der ikonisch gewordenen Frage geführt hat, wozu Gott denn ein Raumschiff braucht. Natürlich erwies sich der vermeintliche Gott erneut als hochentwickeltes, in diesem Fall bösartiges Alien, aber dennoch erfuhr die Trekkie-Gemeinde, dass auch die Vulkanier, die Romulaner und die Klingonen durchaus Paradies-Mythen kennen. Auch sonst scheint die Religion aus dem Alltagsleben des 23. Jahrhunderts nicht völlig verschwunden zu sein: In der Episode

Spock unter Verdacht

 werden zwei junge Crewmitglieder von Captain Kirk in einer Art Andachtsraum getraut, in dem sich ein Altar befindet. Allerdings sucht man typisch christliche Attribute wie Kreuz oder Bibel hier vergeblich. Dennoch scheint die christliche Bibel auch Vulkaniern bekannt zu sein: In

Kennen Sie Tribbles?

 zitiert Mister Spock höchstpersönlich Matthäus 6.28 beziehungsweise Lukas 12.27, als er die Tribbles mit den »Lilien auf dem Felde« vergleicht und anmerkt: »Sie säen nicht, sie ernten nicht, und Er ernährt sie doch.« Es wäre jedoch vorstellbar, dass man Roddenberry dergleichen seitens des Senders vorgab.







Star Trek – The Next Generation:

 Q & Picard = Gott?



 



Diesem Stil blieb man auch bei

Star Trek – The Next Generation

 treu. Auch im fast 100 Jahre nach Kirk & Co. angesiedelten 24. Jahrhundert gab es keine Stellungnahme bezüglich Religion, die stattdessen anders thematisiert wurde. Beispielsweise bereits in der 2-teiligen Pilotfolge

Der Mächtige / Mission Farpoint,

 in der der omnipotente Q erstmals in Erscheinung trat (und die Crew der Enterprise-D von da an bis zur Abschlussfolge immer wieder einmal heimsuchte): Religiöse Vorstellungen hatten sich in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten gewandelt. Sie waren in einer gewissen Weise bodenständiger geworden, wozu nicht zuletzt einige bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse beigetragen hatten, und dem trug man auch bei

Star Trek

 mit seiner stets allegorischen Erzählweise Rechnung. Gott, so schien es, war greifbarer, fasslicher geworden, und was bot sich für eine Darstellung dieser Sichtweise besser an als ein allmächtig scheinendes Lebewesen, das die Menschen und auch alle anderen humanoiden Völker vor Gericht stellte? Wie bereits erwähnt, blieb Q ein wiederkehrender Faktor in der Serie. Er war es, der die Föderation erstmals mit den halb-kybernetischen Borg konfrontierte und damit (zumindest vermeintlich) einen der schlimmsten Feinde auf sie losließ

(Zeitsprung mit Q),

 dann wieder zeigte er sich wie ein hilfloses, seiner Kräfte beraubtes Kind

(Noch einmal Q),

 um sich schließlich endgültig als Gott auszugeben

(Willkommen im Leben nach dem Tode).

 Doch auch außerhalb der Episoden um Q war die Religion immer wieder einmal das Thema bei

TNG:

 So etwa in Das Gesetz der Edo, bei der sich der zürnende Gott einer sinnlich orientierten Zivilisation als Repräsentant einer nichtmenschlichen Spezies erweist, die ihre eigenen komplizierten Wertevorstellungen auf unterlegene Humanoide übertragen will, ein Vorgehen, das durch die teilweise alles andere als zimperlichen Missionierungsbemühungen mancher Religionen im Lauf der Jahrhunderte bestens auch bei uns auf der Erde der Gegenwart bekannt ist. In

Der Gott der Mintakaner

 hingegen wird Captain Jean-Luc Picard für eine Bevölkerung rückständiger Vulkanier-Abkömmlinge selbst zum Gott, was sehr deutlich auf den bereits angesprochenen Clarke’schen Ausspruch zurückgeht. Picards daraus resultierende Aufgabe ist ebenso schwierig wie delikat: Er muss den Mintakanern ausreden, dass er der große Gott Picard ist und ihnen die erhoffte Erlösung nicht bringen kann. Die in ihn gesetzten Erwartungen vermag er nicht zu erfüllen. Auf jeden Fall eine in ihrer Aussage recht kontroverse Aussage zu religiösen Themen.







Star Trek: Deep Space Nine

 – Glauben um jeden Preis





DS9,

 wie die dritte Star-Trek-Serie gern abgekürzt wird, setzt sich mit Abstand am meisten mit religiösen Themen auseinander – und in mancherlei Hinsicht auch am kontroversesten. Das Hauptvolk in der Serie sind die hochspirituellen Bajoraner, deren religiöse Vorstellungen wie eine Mischung aus dem Buddhismus und dem orthodoxen jüdischen Glauben anmuten. Nach einer verheerenden Krise (in diesem Fall die Besetzung durch die totalitären Cardassianer) zeigen sich erstmals die uralten Götter der Bajoraner erneut: Die mysteriösen Propheten, die ihren himmlischen Tempel nahe des Planeten Bajor bewohnen. Recht schnell müssen Sternenflottenkommandant Sisko und seine Leute, die den Bajoranern beim Wiederaufbau helfen, erkennen, dass es sich auch bei den Propheten um mächtige Aliens und nicht etwa mystische Wesenheiten handelt

(Der Abgesandte).

 Ihr himmlischer Tempel ist nichts anderes als das nahe der Raumstation Deep Space Nine alias Terok Nor gelegene Wurmloch, das als Einstein–Rosen–Brücke in den entlegenen Gamma-Quadranten der Galaxis führt. Und was tun die Bajoraner? Verfallen sie in Verzweiflung, jetzt, da ihre Götter vollends entspiritualisiert sind? Keineswegs: Die Propheten, die ihnen seit ewigen Zeiten wohlgesonnen sind und in der einen und anderen Weise halfen, bleiben ihnen auch weiterhin verehrungswürdig, obwohl ihre Natur eine andere ist als ursprünglich angenommen. Schließlich hat alles einen Ursprung, und möglicherweise lässt sich Clarkes Ausspruch gar entsprechend anpassen: Etwa zu »Jede hinreichend fortschrittliche Technologie wird für diejenigen, die sie nicht vollumfassend verstehen, ganz zwangsläufig zu wahrer Magie.« So nimmt es auch nicht wunder, wenn die Bajoraner schließlich zusammen mit der staunenden Sternenflotte erkennen müssen, dass auch die finsteren Abbilder ihrer Propheten, die Pah-Geister, genauso wenig ein Mythos sind wie erstere

(Die Erpressung, Tränen der Propheten).

 Nur wohin der Schatten fällt, ist das Licht zu erkennen. Für die Bajoraner ist die Erkenntnis nicht sonderlich überraschend, hielten sie doch selbst zu Zeiten der cardassianischen Besatzung an ihrer Spiritualität fest. Eine weitaus martialischere Sichtweise der Religion hingegen bietet das Verhältnis der kriegerischen Jem’Hadar (erster Auftritt in

Der Plan des Dominion)

 und der gestaltwandelnden »Gründer«: Erstere sehen letztere als Götter an, die sie mit der für sie lebensnotwendigen Droge Ketracel-White versorgen. Mehr erhalten sie von ihren Göttern nicht: keine Verheißungen ewiger Freuden im Leben nach dem Tod, keine Erlösung. Doch wie es so oft auch hier auf Erden der Fall ist: Dennoch halten die Jem’Hadar den Gründern die ewige Treue.







Star Trek: Voyager:

 Fürsorger, Omega-Molekül & Co.





Deutlich weniger religiös-spirituell ging es in der nachfolgenden vierten Star-Trek-Serie Voyager zu. Im Großen und Ganzen kehrte man hier wieder zur gleichen Sichtweise auf religiöses Erleben zurück, die man bereits in der Originalserie sowie in

The Next Generation

 transportiert hatte: Vermeintlich »göttliche« Erscheinungen gingen fast immer auf das Wirken überlegender Außerirdischer zurück, so schon in der Pilotfolge

Der Fürsorger:

 Ein göttergleich mächtiges und von den kurzlebigen Ocampa verehrtes, aber auch unbedachtes Lebewesen vom Volk der Nacene war es, welches das titelgebende Raumschiff Voyager überhaupt erst in den entlegenen Delta-Quadranten transferierte. Allerdings verstarb der Fürsorger, ehe er diesen Vorgang wieder rückgängig machen konnte. Auch Suspiria, die Gefährtin des Fürsorgers, vermochte dergleichen nicht

(Suspiria).

 Ferner erfuhren wir Trekkies, dass selbst die halb-kybernetischen Borg in gewisser Weise einer Art von Religion anhängen: Sie verehren das faktisch unbegrenzte Mengen an Energie erzeugende Omega-Molekül, das aufgrund dieser unschätzbar wertvollen Eigenschaft entsprechend selten in der bekannten Galaxis vorkommt. Natürlich setzen die Borg alles daran, so viel wie möglich von diesem wertvollen Stoff in die Hände zu bekommen beziehungsweise zu erzeugen, wozu ihnen jedes Mittel recht ist

(Die Omega-Direktive).

 Auch das ansonsten eher unscheinbare Crewmitglied Kes entwickelte sozusagen gewisse göttliche Eigenschaften und verließ die Voyager, um in einer anderen Dimension ihre Daseinsform zu wechseln

(Die Gabe).

 Voller Wut, so auch der Titel einer späteren Episode, kehrte sie schließlich auf die Voyager zurück und ließ die Crew ihre neugewonnene Überlegenheit in einer Weise spüren, die Apoll aus der klassischen Originalserie zur Ehre gereicht hätte. Und für die Bewohner eines Planeten, auf dem die Zeit vielfach schneller als im restlichen Universum verging, wurde das Raumschiff Voyager aufgrund seiner Entdeckung selbst eine Art von Gottheit

(Es geschah in einem Augenblick).

 Auch der (zunehmend nur vermeintlich) omnipotente Q macht der Voyager-Crew gleich mehrmals seine unerwünschte Aufwartung: Zum einen möchte er den Selbstmord eines Artgenossen verhindern, zum anderen wird die Voyager-Crew in einen Bürgerkrieg im Q-Kontinuum hineingezogen, und Janeway wird zu guter Letzt unfreiwillig zur Patin des göttlichen Nachwuchses von Q

(Todessehnsucht, Die Q-Krise, Q2).







Star Trek: Enterprise

 – Religion und Logik





Star Trek: Enterprise

 machte chronologisch gesehen bekanntlich einen Schritt zurück in der Geschichte des Roddenberry’schen Zukunftsuniversums. Hier wurde ein vager Blick darauf geworfen, wie sich das religiöse Leben zumindest auf der Erde des 22. Jahrhunderts nach dem Ende eines verheerenden Atomkrieges gestaltet hatte. In der Episode

Cold Front

 etwa spricht der denobulanische Bordarzt der neuen alten Enterprise, Dr. Phlox, über das Thema. Während seiner Zeit auf der Erde, erklärte der Doktor, hatte er sich eingehend mit den Religionen des Planeten beschäftigt und im Zuge dessen unter anderem eine Messe im Petersdom in Rom besucht. Dies lässt darauf schließen, dass zumindest in der Anfangszeit der Sternenflotte die Religion noch eine Rolle auf der sich gerade wieder erholenden Erde spielte. Nicht vergessen werden darf hierbei jedoch auch, dass

Star Trek: Enterprise

 bereits die dritte Seri