Buch lesen: «Between the fronts»
Alexandra Eck
Between the fronts
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Between the fronts
Between the fronts
Fantasyroman
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
43 Kapitel
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
EPILOG
Danksagung
Autorin
Impressum neobooks
Between the fronts
Alexandra Eck
Between the fronts
Neobooks
Impressum
Texte: © 2020 Copyright by Eck Alexandra
Umschlag: © 2020 Copyright by Klara Gebhardt
Verantwortlich
für den Inhalt: Alexandra Eck
Kontakt: sabineeck@outlook.de
Druck: neobooks – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Between the fronts
Fantasyroman
Für alle, die ihre Träume leben
La vie est belle
Per aspera ad astra
Kapitel 1
Ich wachte schweißgebadet auf. Schon wieder hatte ich von dieser dunklen Macht mit den roten Augen geträumt. Sie verfolgten mich jetzt schon vier Monate lang, um genau zu sein, vier Monate seit mein Vater verstorben war. Er war bei einem Jagdunfall getötet worden. Ich blickte auf den Wecker. Er zeigte 4.30 Uhr an. Mein Unterricht startete aber erst um 8 Uhr. Das bedeutete, ich hatte noch 2 ½ Stunden. Denn obwohl ich hier in Virginia eigentlich sehr zentral lebte, benötigte ich dennoch eine Stunde um zu meiner Schule zu fahren. Der Blackwood High. Normalerweise brauchte ich genau eine Stunde, um mich fertig zu machen, zu duschen und zu essen. Ich hätte mich eigentlich wieder ins Bett legen können und weiter schlafen aber ich war noch zu aufgewühlt von meinem lebhaften Traum, sodass ich beschloss laufen zu gehen. Ich zwängte mich in eine schwarze Nike Hose, stülpte mein neonblaues Top über und zog die Schuhe an. Ich schnappte mir mein Handy und schrieb meiner Mutter einen Zettel, damit sie sich keine Sorgen machen würde, wenn sie aufwachte und ich immer noch nicht da wäre. Seit dem Tod meines Vaters wollte sie über alles informiert werden, was ich tat. Sie wurde allmählich zur Klammermutter. Ich öffnete unsere Haustür und lief los. Draußen war es noch angenehm kühl für diese Jahreszeit. Während durch meine Kopfhörer Katy Perry´s Song Firework dröhnte, lief ich die Straße entlang. Als ich am Ende der Straße angelangte, bog ich nach rechts ab und lief in Richtung des kleinen Waldes, der in der Nähe unseres Hauses lag. Während ich durch das leicht mit Ahorn bewachsenen Wäldchen joggte, fiel mir plötzlich etwas vor die Füße. Vor Schreck stolperte ich nach vorne und landete ungeschickt auf dem moosigen Boden. Langsam rappelte ich mich auf und sah, was mich erschreckt hatte. Ein Vogel. Beim näheren Betrachten dieses Tieres fiel mir auf, dass sein linker Flügel (trotz meiner mangelnden Fachkenntnisse) auf komische Weise vom Körper ab stand. Das sah nicht gesund aus. Mein Vater war immer strikt dagegen gewesen, dass ich mit Tieren zu tun hatte. Ich durfte nie in den Wald, Zoo oder gar ein eigenes Haustier haben. Aber, obwohl ich nicht viel über Tiere wusste und keine Bekanntschaft mit ihnen gemacht hatte, konnte ich dieses arme Ding da nicht liegen lassen. Also versuchte ich den Vogel vorsichtig mit den Händen aufzuheben. Zuerst wich er zurück aber irgendwie schien er zu verstehen, was ich sagte. »Ganz ruhig! Ich will dir bloß helfen«, sagte ich mit einfühlsamer Stimme. Daraufhin ließ er sich von mir hochheben. »Scheiße!!«, stieß ich hervor und schaute auf meine blutende Hand. Das Drecksvieh hatte mich gekratzt! Ich hatte nicht gewusst, dass Vögel so scharfe Krallen haben. Der Eichelhäher schaute mich wehleidig an, als wäre er ein Unschuldslamm. Aber er tat mir leid, hier würde er nicht lange überleben können. Wahrscheinlich würde schon in ein paar Minuten ein Habicht oder ein größeres Raubtier kommen und ihn verspeisen. Warum in alles in der Welt tat er mir leid?! Vielleicht wegen seiner großen Glupschaugen. Mir war klar, dass ich ihn nicht hochheben konnte ohne, dass er mir, vielleicht sogar unabsichtlich, wehtat. Deshalb suchte ich nach etwas in das ich ihn einwickeln konnte, fand aber nichts Passendes. Ich schaute an mir herab und tat das Dümmste, was ich je gemacht hatte. Ich zog das Top aus, wickelte es um den Vogel und hob ihn hoch. Wer sollte mich um diese Uhrzeit schon sehen? Während ich das Tier unter meinem Arm unterbrachte und wieder Richtung Straße ging, bemerkte ich nicht, wie sich mir zwei Personen näherten. Als ich aufblickte stand ich Matz und seinem Freund gegenüber. Matz war ein hochgewachsener, blonder Quaterback mit blauen Augen. Er war eigentlich recht schön, man könnte ihn sogar fast perfekt nennen, wäre da nicht sein Charakter. Er war 17, also genauso alt wie ich. Sein Freund war braun gebrannt und hatte lange schwarze Haare. Er sah aus wie ich mir einen Native Amerikan vorstellte. Matz war in meiner Klasse und entsprach dem Klischee eines Quaterbacks, gut aussehend und total von sich überzeugt. Außerdem hatte er jede Woche eine Neue. Er hatte auch versucht sich an mich ranzuschmeißen, aber ich habe ihn abblitzen lassen. Das hatte ihm gar nicht gefallen und nun suchte er jede erdenkliche Möglichkeit, um mich bloßzustellen. »Hi, Baby! Heißes Outfit«, sagte er. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass ich ja nur einen Sport -BH trug. Wie peinlich! Ich versuchte ganz lässig zu wirken aber die Röte, die mir ins Gesicht schoss, verriet mich. »Was willst du?«, motzte ich ihn an. »Warum trägst du einen Vogel mit deinem Oberteil?«, fragte sein Freund und starrte mich an, als hätte ich ein geistiges Problem. »Erstens: Tu nicht so, als würde ich nackt vor dir stehen. Und zweitens: Siehst du nicht, dass der Vogel verletzt ist«, stellte ich klar. »Oh Ed, ich glaube mir tut mein Arm schrecklich weh«, rief Matz Ed zu und griff sich melodramatisch an den Arm »Denkst du, Jess könnte mir auch helfen?« Jetzt wandte er sich mir zu »Mh? Würdest du bitte so aufopfernd sein und mir dein verbliebenes Oberteil (Dieses Wort betonte er) ausleihen?« »Wahrscheinlich könnte ihn dein Anblick nach der Hilfeleistung allein schon heilen oder du könntest ihn auch mit anderen Mitteln wieder heilen«, erklärte mir sein Freund. »Wobei ich mich auch nicht so gut fühle«, fügte er mit einem anzüglichen Grinsen, mir zugewandt, hinzu. IIIihhhhhhh!!! »Ihr seid solche perversen Arschlöcher! Euch würde ich nur über meine Leiche helfen oder mit einem Arschtritt!«, rief ich ihnen empört zu und wollte schon davon stapfen, als Matz mit seinem Handy ein Foto von mir machte. Ich warf beiden einen vernichtenden Blick zu und trug den Eichelhäher zu mir nach Hause. Ich hasste die zwei, sie waren so eingebildet!
*
Erst als ich vor der Haustür stand wurde mir bewusst was gerade passiert war. Die Hirnverbrannten hatten ein Foto. Von mir. Im BH! Das konnte nicht gut ausgehen. Ich zückte meinen Haustürschlüssel und öffnete die Tür. Mum war immer noch nicht wach. Ich beschloss den Vogel zuerst in mein Zimmer zu bringen und dann ins Bad zu gehen, um mich zu duschen und die Kratzer an meinen Händen zu versorgen. Ich schlich die Treppenstufen hinauf und setzte den Vogel auf meinem Queensize Bett ab. Zu meinem Glück hatte ich ein eigenes Badezimmer genau gegenüber von meinem Zimmer. Es war geräumig. Ich hatte eine Dusche, schwarz -graue Fließen und sogar meine eigene Badewanne mit goldenen Füßen. Außerdem hatte ich eine kleine Palme neben der Wanne. Gerade als ich aus der Dusche stieg, piepte mein Handy. Ich zog den vanillefarbenen Bademantel an und öffnete die Nachricht. Sie war von Matz. Dieser Arsch hatte das Bild von mir und dem Vogel auf Instagram gepostet. Das bedeutete, jeder auf der Schule würde das Bild sehen. Doch bevor ich richtig in Panik verfallen konnte, rief ich mich zur Ordnung. In meinem Zimmer lag ein verletztes Tier. Ich musste ihm helfen, sonst hätte ich ihn ja auch einfach im Wald liegen lassen können. Aus dem Spiegelschrank im Bad holte ich Desinfektionsmittel und Verbände. Ich hatte keine Erfahrung in Sachen erste Hilfe, aber glücklicherweise gab es YouTube. Ich suchte mir ein Video raus, in dem beschrieben wurde, was man bei einem gebrochenen Arm tat. Man sollte zuerst versuchen ihn zurechtzubiegen und ihn schienen. Das Problem war, dass ich dazu eine Schiene brauchte. Woher bekam ich die so schnell? Zu meinem Glück hatte mich mein Vater oft vor den Fernseher gesetzt, weshalb ich aus diversen Filmen wusste, dass man einen Eisstab verwenden konnte. Leise lief ich die Treppen wieder hinunter ins Wohnzimmer und nahm die rechte Tür, die in die Garage führte. Dort stand ein Gefrierschrank. Ich wühlte mich bis zur dritten Schublade durch, erst dann fand ich, was ich gesucht hatte: zwei Packungen Magnum Eis. Ich öffnete eins davon und ließ es in der Mikrowelle auftauen, um an den Stab zu gelangen. Das zweite schob ich mir in den Mund. Schnell rannte ich die zwölf Stufen von der Küche aus in mein Zimmer hoch. Dort lag der Eichelhäher immer noch wie ich ihn zurückgelassen hatte. »Na, Kumpel. Jetzt wird´s ernst«, sagte ich um meine Unsicherheit zu überspielen. Zögerlich griff ich nach dem gebrochenen Flügel. Ich war sehr erstaunt als der Vogel ruhig blieb. Zuerst schaute ich, ob er äußerliche Verletzungen am Flügel aufwies. Obwohl das nicht der Fall war, sprühte ich vorsichtshalber fast die halbe Flasche Desinfektionsmittel drauf. Nur zur Sicherheit, man wusste ja nie. Dann streckte ich seine Schwinge aus, legte auf Ober- und Unterseite ein Eisstäbchen und band diese, wie im Video beschrieben, fest. Ich war stolz auf mich, denn für den ersten Versuch war es mir richtig gut gelungen. Mein Sozialkundelehrer wäre beeindruckt. Schon allein an Schule zu denken beförderte mich zurück in die Realität. Ich hatte nur noch eine halbe Stunde, dann musste ich fahren. Am liebsten wäre ich zu Hause geblieben, aber meine Mutter würde das nie erlauben. Ich schaute den Vogel an, ihm schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen. (Wenigstens einen von uns beiden.) Gleich nach der Schule würde ich mit ihm zu einem Tierarzt fahren. Ich öffnete meinen großen hellbraunen Kleiderschrank. Ich suchte mir eine Hotpants und dazu ein lässiges grünes Militär T-Shirt heraus, das perfekt zu meinen brünett -goldenen Haaren passte. Den Bademantel ließ ich von meinen Schultern gleiten und kleidete mich in Unterhose und schwarzen BH ein, dass der Eichelhäher zuschaute, ignorierte ich geflissentlich. Es war ja nur ein Vogel. Ich ging in die Küche, um zu frühstücken. Das Tier ließ ich oben, damit meine Mum ihn nicht entdeckte, auch sie war nicht sehr tierlieb. Wir hatten keine große Küche. In einer der Ecken stand eine cremefarbene Küchenzeile. In der anderen eine vanille-rot gestreifte Eckbank. Alles war farblich aufeinander abgestimmt, sogar die Regale an der Wand. Ich holte mir eine Schüssel Cornflakes und Milch und machte mir ein Müsli. Als meine Mama die Treppen herab stieg und um die Ecke bog, warf sie mir einen tadelnden Blick zu und ging zur Kaffeemaschine: »Jessy Schätzchen, du weißt wie ungesund dieses Zeug ist.« Sie warf der Flakes Verpackung einen missbilligenden Blick zu. (Blicke hatte sie echt drauf.) Sie verabscheute Cornflakes, allerdings konnte ich nicht nachvollziehen, was an Kaffee besser war. Natürlich trank ich ihn ab und zu aber meine Mutter war geradezu abhängig von dem Zeug. »Ja, das weiß ich«, lenkte ich ein, um keine erneute Diskussion über Gesundheit vom Zaun zu brechen. Da ich keine Lust auf eine Unterhaltung mit ihr hatte, schlang ich das Müsli herunter und verschwand mit der Ausrede zur Schule zu müssen. Ich packte meinen Galaxy Rucksack, sowie mein Handy und gab meiner Mum einen Kuss auf die Wange, damit sie nicht meckern konnte ich sei zu beschäftigt für sie.
Seit mein Vater verstorben war redeten wir zwei nicht mehr so viel miteinander und wenn doch, so lief es meist auf einen Streit hinaus, bei dem sie zu weinen anfing. Ihre Standard-Sprüche waren: »Jess, ich will das doch gar nicht. Bitte streite nicht mit mir. Lass mich nicht allein. Wir müssen doch zusammen halten, jetzt wo Geronimo nicht mehr bei uns ist.« All das sagte sie in weinerlichem Ton. Wie ich diese Sprüche hasste! Aber wer konnte seine weinende Mutter so zurücklassen? So hatte sie mich die ganze Zeit davon abgehalten, auf Partys zu gehen oder etwas mit Freunden zu unternehmen. Freunde, war eh ein schweres Thema für mich. Mein Vater hatte immer versucht, mich zur Außenseiterin zu erziehen, nach dem Motto: »Du brauchst keine Freunde, sie machen dich schwach. Du wirst nicht abhängig von ihnen sein!«
Das bedeutete ich durfte nie zu Geburtstagen oder ähnlichem. Trotzdem hatte ich eine beste Freundin. Liss. Wir waren unzertrennlich, bis sie letztes Jahr aus Hampton Virginia wegzog und nach New York ging. Wir hatten zwar immer noch Kontakt aber das war nicht dasselbe. Auch in der Schule war ich jetzt auf mich allein gestellt. Dazu kam, dass die meisten mir jetzt auch noch mitleidige Blicke zuwarfen. Sie verstanden es doch sowieso nicht. Sonst interessierten sie sich auch nicht für mich. Außerdem war ich auf gewisse Weise froh, dass er tot war. Ich stieg in meinen roten Honda, den ich letztes Jahr zum Geburtstag bekommen hatte, und fuhr aus der Einfahrt heraus. Ich bog nach links ab, um auf die Hauptstraße zu kommen. Dann schaltete ich das Radio ein. Gerade sagte der Wetterbericht für den Nachmittag 34°C an. Ich fuhr an den typischen kleinen amerikanischen Häusern vorbei. Am Highway angekommen, sah man nur noch Fastfoodshops, wie KFC oder Holly´s.
Als ich nach meiner Fahrt auf dem Schulparkplatz einfuhr und aus meinem Auto ausstieg, schauten mich alle an. Na Klasse! Ohne auf die Blicke oder Kommentare der Anderen einzugehen, schritt ich durch den großen Bogen, der den Eingang des Pausenhofs markierte. Zuerst kam man durch den Pausenhof und dann zum Hauptgebäude. Dieses bestand eigentlich aus nur einem breiten langen Gang, an den sich blaue Spinde und Türen, die in verschiedene Klassenzimmer führten, entlang reihten. In der ersten Stunde hatten wir Biologie, was bedeutete, dass ich erst noch die Bücher holen musste. Vor meinem Spind stand die Kapitänin unseres Cheerleader-Teams mit ihrer Gefolgschaft. Schon von weitem strahlte sie mich mit ihrem gehässigen Lächeln an. »Schaut mal, wer da kommt. Hast du echt versucht dich an meinen Freund ranzuschmeißen? In dem Aufzug..«, sie hielt mir das Foto vor die Nase. »So verzweifelt kannst ja nicht mal du sein!«, meinte sie gehässig. Mir war klar, was sie vorhatte. Alle hörten jetzt zu und dann wurde die Wahrheit so verdreht, dass ich schlecht dastand. Folglich würde keiner wissen, dass ich nur um einem Vogel zu helfen, im BH war. Die Schüler würden denken, ich hätte das alles nur getan, um Matz zu gefallen. Jetzt glaubten wahrscheinlich alle, ich würde wirklich so verzweifelt sein und mit jedem rummachen. Klasse! Am liebsten hätte ich Vanessa den Hals umgedreht, aber dann würde ich von der Schule verwiesen werden. Also versuchte ich ruhig zu bleiben: »Weißt du was, Loch Ness? Glaub doch was du willst. Aber warum eigentlich dein Freund? Ich habe gehört, er hat letzte Woche bei der Football-Party Regina flachgelegt.« Ich lächelte sie zuckersüß an, schlug die Spindtür zu und ging Richtung B3. Hinter mir hörte ich das aufgebrachte Streiten von Nessi, die sich mit ihrer „Teamkollegin“ stritt. Regina tat mir fast Leid, sie würde schon bald keine Cheerleaderin mehr sein. Außerdem hatte sie jetzt das Lochness Monster zur Feindin.
Kapitel 2
Außer dem Vorfall am Morgen ließen mich die Anderen in Ruhe. Als es zum Ende der letzten Stunde klingelte, packte ich meine sieben Sachen zusammen und fuhr wieder nach Hause. Ich schloss die Tür auf und fand in der Küche einen Zettel von Mum:
Liebling, ich komme heute etwas später nach Hause.
Das machte mir gar nichts aus. Ich ging auf mein Zimmer. Es hatte ein großes Fenster, mit einer wundervollen Sicht auf unseren Vorgarten. Meinen Rucksack warf ich auf das Queensize Bett, auf dem eine pastellfarbene Tagesdecke lag. Der Eichelhäher saß auf meinem Schreibtisch. »Na, mein Kleiner. Jetzt fahren wir zum Tierarzt«, erklärte ich ihm. Schon im Geografie-Unterricht hatte ich eine Praxis in der Nähe gegoogelt. Die nächste Klinik war in Virginia Beach. Ich lief noch kurz in die Küche, schnappte mir eine Schüssel und eine Flasche Wasser, rannte wieder hoch und legte den Vogel samt T-Shirt in die Schüssel. Dann setzte ich mich gleich wieder in den Honda. Schon fünf Kilometer vor den Tunneln, die durch das Meer führten, war Stau. Das bedeutete es würde noch etwas dauern und ich spürte schon wie die Hitze sich im Auto breit machte. Deshalb hatte ich das Wasser für mich und den Vogel dabei. Ich öffnete die Flasche und tröpfelte etwas davon in meine Hand und führte sie zum Schnabel des Tieres heran. Dieser trank etwas davon. Auch ich selbst nahm einen großen Schluck.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, die mindestens zwei Stunden dauerte, und nachdem 20-mal derselbe Song im Radio gelaufen war, kam ich an der Tierarztpraxis an. Es war ein großes Backsteingebäude, auf dem die Aufschrift Danny´s Klinik prangte. Ich parkte auf einem kleinen Parkplatz, der sich vor der Praxis befand. Dann stieg ich aus und lief über den kleinen Grünstreifen, der mit Stachelpalmen bepflanzt war. Ich schnappte mir den Vogel und den Geldbeutel. Im Inneren des Hauses erwartete mich eine Rezeption. »Hallo. Wie kann ich ihnen helfen?«, fragte mich die Dame hinter dem Tresen. Sie war um die fünfzig Jahre alt, hatte goldenes hochgestecktes Haar und trug eine Brille auf ihrer spitzen Nase. »Ähhm … Ich habe diesen Vogel hier gefunden und wollte ihn mal durchchecken lassen«, erklärte ich ihr. Sie blickte mich misstrauisch mit ihren braunen Augen an und beugte sich leicht über die Theke, um den Eichelhäher besser betrachten zu können. »Name?«, fragte sie. »Jessica Flynn«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. »Wohnort?«, kam sogleich die nächste Frage. »Hampton Virginia. Santa Clara Drive 118.« Sie schrieb alles auf und bedeutete mir im Wartezimmer Platz zu nehmen. Es war nicht sehr geräumig aber hatte einen gewissen Charme. Ich setzte mich auf einen der fünf schwarzen Lederstühle und wartete. In der Mitte des Raums war ein Tischchen, auf dem Zeitungen lagen. Kaum saß ich drei Minuten, wurden wir auch schon wieder aufgerufen. Die Empfangsdame zeigte auf eine Tür, die gegenüber des Pults lag und in die ich eintrat. Drinnen stand eine Doktorin, die mich anlächelte. Sie war mittelgroß und hatte einen roten Lockenkopf. »Mein Name ist Dr. Müller«, sie machte einen freundlichen Eindruck. »Ich bin Jess. Diesen Vogel hab ich beim Joggen gefunden und bin so schnell wie möglich hierhergekommen.« Die Frau begutachtete den Flügel und schmunzelte. »Wie ich sehe haben Sie Erste Hilfe geleistet. Haben sie das schon öfter gemacht?« Ich verneinte. Sie nahm die Verbände ab, röntge den Flügel und diagnostizierte einen Bruch. Wie ich vermutet hatte. »Ich gebe Ihnen ein Medikament mit, das er morgens und abends einnehmen muss«, erklärte sie mir. Da ich nicht wusste, was Vögel fressen, nutzte ich die Gelegenheit. »Entschuldigung, jetzt da ich mich um das Tier kümmern muss, wäre es gut zu wissen, was er frisst«, sagte ich unsicher. Dr. Müller antwortet: »Der Eichelhäher frisst Körner aber er braucht auch unbedingt Würmer, damit er Proteine bekommt. Außerdem benötigen seine Knochen Mineralien, um zusammenzuwachsen.« Sie begleitete mich noch bis zur Rezeption. Die Sprechstundenhilfe wartete bereits mit einer Packung auf mich. »Sie wissen, wie man es einnehmen muss?«, fragte sie mich mit strenger Stimme. »Ja«, bejahte ich. »Gut. Das macht dann 65 Dollar Arztkosten und 50 Dollar für die Medikamente«, sagte sie. Mir blieb der Atem weg. 115 Dollar insgesamt! »Entschuldigung, haben Sie gerade 115$ gesagt?«, fragte ich vorsichtshalber noch mal nach. »Ja«, erklärte sie mir nun mit einfühlsamerer Stimme. Also zahlte ich 115 Dollar für ein beknacktes Vieh, das mir nicht einmal gehörte.