Studienarbeit schreiben

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Studienarbeit schreiben
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Impressum

Copyright: © 2014 Alexander Florin, www.zanjero.de

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN: 978-3-7375-0705-9

Einleitung

In regelmäßigen Abständen wird verlangt, dass du dein Wissen in schriftlicher Form unter Beweis stellst. Hausarbeiten, Essays und andere schriftliche Ausarbeitungen gehören zum studentischen Alltag. Sie zeigen dir und den Dozenten nicht nur, dass du etwas gelernt hast. Sie sind auch eine wichtige Übung für die Abschlussarbeit am Studienende. Ob Bachelor-, Master-, Diplom-, Magister- oder Doktorarbeit – du musst deine Werkzeuge sicher beherrschen, damit du dich auf das Wesentliche konzentrieren kannst.

In diesem Ratgeber findest du Ratschläge, um dich und dein Vorgehen sinnvoll zu organisieren. So hast du eine gute Basis für den Start.

 Informationsmanagement: Wie organisiere ich das Wissen, dass ich mir erarbeite?

 Wie strukturiere ich meinen Text?

 Welche Werkzeuge helfen mir?

 Welcher Stil ist angebracht, worauf muss ich bei der Sprache achten?

Ja, ich habe zehn Jahre studiert und deutlich mehr Hausarbeiten geschrieben und abgegeben, als nötig gewesen wäre (einige sind als Beispiele verlinkt). Mit jeder Hausarbeit habe ich dazugelernt und später oft meinen Kommilitonen als Lektor geholfen und diese bei der Bewältigung von Problemen unterstützt. Als Student der Mediävistik („Alt-Germanistik“) und Anglistik/Amerikanistik habe ich natürlich einen anderen Zugang zum Verfassen von Texten als BWL- oder Medizin-Studenten. Die wissenschaftlichen Anforderungen und Herausforderungen sind jedoch gleich und die Praxis ähnlich.

Hinweis: Der beste Ratgeber ersetzt nicht das Gespräch mit deinen Dozenten. Jede Hochschule, jeder Fachbereich, jede Lehrpersönlichkeit hat eigene Vorstellungen von der perfekten Haus- oder Studienarbeit.

Als Student oder Studentin bist du natürlich bei Dogmen skeptisch und hinterfragst Regeln. Tu das auch in diesem Büchlein! Nutze es als Ausgangsmaterial, um schnell brauchbare Ergebnisse zu erzielen, und werde mit jedem Mal besser. Mit etwas Erfahrung erkennst du gut, wie du die Vorschläge weiterentwickeln, umformen oder welche du ignorieren kannst.

Wenn du eine Lesepause brauchst, schau dir dieses gute Video an. Steven Johnson erklärt in 18 Minuten (auf Englisch), woher die guten Ideen kommen. Von den Anfängen der Aufklärung in Londoner Coffee Houses, dem Ort „where ideas had sex“, über Brutkästen für Frühchen bis hin zu liquiden Netzwerken erhältst du zahlreiche Anregungen, wie auch du zu guten Ideen kommst.

0) Die Theorie des Texte-Schreibens

Jeder Text besteht aus verschiedenen Elementen, die sich harmonisch zu einem Ganzen fügen, am bekanntesten ist sicher das Begriffspaar „Inhalt und Form“. Inhalt ist das, WAS du sagst. Die Form ist das, WIE du es sagst. Die Form umfasst heute zwei Bereiche: Die formale Korrektheit des Textes sowie dessen gestaltetes Aussehen. Die folgende Tabelle stellt die verschiedenen Bereiche jedes Textes mit ihren inhaltlichen und formalen Ansprüchen vor:


Mikro zu Makro Inhalt Anspruch Form (Text) Form (Technik)
Wort geeignet Präzision Rechtschreibung Font + Abstände (horiz.)
Satz 1 bis 3 Information Korrektheit Grammatik Satzzeichen
Absatz 1 Gedanke Plausibilität Ausdruck Abstände (vert.)
(Unter-)Kapitel 1 Argument Logik Stil Seitenlayout
Kapitel / Teil 1 Teilfrage/-aspekt innere Dynamik Perspektive Formatvorlagen
Text 1 Frage/Aspekt Kohärenz Struktur / Aufbau Optische Harmonie
Textsammlung 1 Thema, Diskurs Umfassend Genre Style Guides
Bibliothek Kontext alles Korpus Technologie

Die formalen Ansprüche sind vorwiegend Handwerk, das sich erlernen und üben lässt – die korrekte Beherrschung wird vorausgesetzt, und Verstöße gegen die Standards geben Punkt- oder Notenabzug. Da Inhalt und Form eng miteinander verzahnt sind, profitiert auch dein Inhalt von der korrekten Form. Denn auch der Inhalt lässt sich strukturell erfassen und gliedern, beispielsweise umfasst ein Absatz einen kompletten Gedanken – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dieser Gedanke will im korrekten Ausdruck (das umfasst auch Stil, Perspektive, Wortwahl, Schreibhaltung) und plausibel präsentiert werden. Unter „Anspruch“ ist jeweils das wesentliche Kriterium aufgeführt, das für die bezeichnete Texteinheit erreicht werden soll.

Mit zunehmender Übung wirst du die inhaltliche Aufteilung etwas freier handhaben, für den Einstieg bietet dir diese jedoch eine sehr solide Basis. Beim Korrekturlesen prüfst du, ob ein Kapitel tatsächlich eine Teilfrage komplett abbildet, oder ob sich Gedanken oder Argumente zu dieser Teilfrage in andere Kapitel verirrt haben. Diese Vorgehensweise hilft dir auch, deinen Text klar und nachvollziehbar zu strukturieren. Ob du im Vorfeld die Teilfragen und -aspekte exakt planst und anschließend die Textteile dazu schreibst, oder ob du beim Schreiben die Textteile sortierst und die Teilfragen erst anhand des Geschriebenen definierst, bleibt dir überlassen. Es zählt das Ergebnis: Ein Kapitel umfasst einen kompletten Teilaspekt.

(Deshalb wird es beispielsweise in späteren Kapiteln keine theoretischen Exkurse mehr geben, sondern allenfalls Verweise auf dieses Kapitel.)

Die drei Dimensionen eines Textes

Ein Text ist zunächst eindimensional: eine Aneinanderreihung von Worten. Satzzeichen und andere Sonderzeichen (Absätze, Zwischentitel) markieren Sinneinheiten und vereinfachen so das Lesen. Denn Lesen ist letztlich nichts anderes als ein linearer Vorgang in der Zeit.

Die Präsentation des Textes auf Papier oder auf dem Bildschirm fügt eine zweite Dimension hinzu: den Textsatz, das Layout, das Aussehen. Die optische Gestaltung trägt zur Wirkung bei und unterstützt diese. Nicht nur horizontale Abstände zwischen den Wörtern markieren Sinneinheiten, sondern auch vertikale, beispielsweise die Abstände zwischen den Zeilen, Absätzen, Überschriften, Kopf- und Fußzeilen.

In jedem Text steckt jedoch mehr, als auf dem Papier sichtbar ist (die dritte Dimension): Kontext, Vor- und Allgemeinwissen, sichtbare und unsichtbare Strukturen. Die Auswahl der Informationen, welche der Text enthält und welche er ausspart, trägt zum Inhalt bei.


Inhalt und Form: Diese zwei Ebenen beschreiben das fertige zweidimensionale Ergebnis – deinen Text.

Sammlung und Struktur: Zum einen besteht jeder Text aus zahllosen Informationen, die zunächst gesammelt werden wollen. Aus diesem chaotischen Informationshaufen wird eine geeignete Struktur erarbeitet.

Mikro und Makro: Jeder Text steht und wirkt einerseits für sich allein. Andererseits steht und wirkt er auch im Kontext eines Diskurses, anderer Texte oder von Genre-Erwartungen. Diese zwei Ebenen bezeichne ich als Mikro (der Text an sich) und Makro (der Text in seinem Umfeld).

 

In diesem dreifachen Spannungsfeld entsteht der Text unter deinen Händen und wird er später gelesen. Dabei kannst du jeden der acht Teilwürfel gesondert betrachten und deinen Text dahingehend optimieren.

Übrigens gilt dieser Würfel in sehr ähnlicher Version für jeden Text, nur die Makro-Ebene ändert sich: An Nicht-Studientexte werden andere Erwartungen bezüglich Inhalt, Form, Struktur und Informationen gestellt. Aber die Ebene existiert, und je bewusster du sie nutzt, desto besser und schneller erhältst du erfolgreiche Ergebnisse.

Einstieg in die Praxis

In der praktischen Texterstellung benötigt es sowohl das Handwerk (= das Können) als auch die geeigneten Werkzeuge. Neben deiner Textverarbeitung (Kapitel 5) helfen dir Notiz-, Exzerpt- oder Bibliografie-Apps sowie ein stets bereitliegender Notizblock. Das Schwerste jedoch ist die innere Disziplin und Beharrlichkeit; dein innerer Schweinehund wird oft behaupten, dass bestimmte Dinge nicht notwendig oder zu aufwändig oder gerade nicht passend seien – den Preis zahlst du später mit höherem Aufwand.

Teilwürfel Makro–Sammlung–Inhalt: Recherche, Recherche, Recherche – Lies so viel wie möglich, in der Bibliothek, im Internet, in Zeitschriften. Mach dich mit dem Umfeld deines Textes vertraut, setze dich mit den „Riesen“ auseinander, „auf deren Schultern du stehst“. (Kapitel 1l)

Teilwürfel Makro–Struktur–Inhalt: Je nach Genre (Thema) werden andere inhaltliche Anforderungen an dich und deinen Text gestellt. (Kapitel 2)

Teilwürfel Makro–Form–Sammlung: Zu den für alle Texte geltenden Form-Anforderungen gehören Rechtschreibung und Grammatik, wie sie für alle Texte gelten. (Kapitel 4)

Teilwürfel Makro–Form–Struktur: Nutze den etablierten Fünfer-Aufbau! (Kapitel 3)

Teilwürfel Mikro–Sammlung–Inhalt: Deine Fakten, Informationen, Gedanken, die du gesammelt hast. Du und dein Text profitieren davon, wenn du deine Notizen bei der Recherche im Griff hast, eine geeignete App oder manuelle Arbeitsweise helfen dir dabei. (Kapitel 1)

Teilwürfel Mikro–Struktur–Inhalt: Wie gliederst du deinen Text in Kapitel, Unterkapitel, und wie ordnest du diese an? (Kapitel 3)

Teilwürfel Mikro–Form–Sammlung: Präsentiere deine Fakten, Informationen und Gedanken in geeigneter Weise, dazu gehören korrekte Zitationsweise und präzises Formulieren. (Kapitel 4)

Teilwürfel Mikro–Form–Struktur: Nutze Formatvorlagen und orientiere dich am Style Guide. (Kapitel 5)

Für das Gelingen einer guten Arbeit ist das Wissen um die abstrakte Würfeligkeit von Texten nicht notwendig. Dieses Schema zeigt seinen wahren Wert vor allem dann, wenn du gescheitert bist. In den meisten Fällen hast du etwa die Hälfte der Teilwürfel gut im Griff und musst nur in den anderen besser werden. Vielleicht hast du genügend gelesen, aber zitierst falsch, oder du hast formal ein bestimmtes Genre bedient, aber inhaltlich ein ganz anderes gefüllt. Beim Besserwerden helfen dir letztlich nur Üben, Schreiben, Lesen und Probieren.