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Otto der Schütz

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IV.
Wie König Pipin sieben Jahre lang gegen die Ungläubigen kämpfte, und wie er nach Ablauf dieser Zeit den Haushofmeister bestrafte, und seine wahre Gemahlin heirathete

Als Pipin den Pfeil erhielt, hätte er wohl gern sogleich seine Frau und seinen Sohn aufgesucht, aber er hatte so eben Briefe aus Frankreich erhalten, welche ihm meldeten, daß ein König, Namens Marsilias, ein sehr zahlreiches Heer zusammen zöge, und damit gegen die Christen marschierte. Da dieser ein mächtiger König war, und vier Königreiche besaß, so berief Pipin, der vom Papste Stephan II. zum König über alle Könige ernannt war, sämmtliche christliche Könige und Fürsten, die ihm untergeben waren, und marschierte mit ihnen gegen die Ungläubigen und schlug sie. Nachdem er dieselben geschlagen, fiel er mit seinem mächtigen Heer in Spanien ein, und als er dort sein Lager aufgeschlagen, verbrannte er Alles, was zu verbrennen war, und belagerte die festen Schlösser, wovon einige sich aus Hungersnoth ergaben, andere mit Sturm genommen wurden. Er ließ alle Besatzungen über die Klinge springen, mit Ausnahme derer, welche einwilligten, Christen zu werden. Aber wie schnell und glücklich er auch operirte, so brauchte er doch drei Jahre, bevor er ganz Spanien erobert hatte. Als nun Marsilias sah, daß seine vier Königreiche im Besitz der Christen waren, sendete er eine zahlreiche Gesandtschaft an den König Pipin, und bat ihn, wieder heimzukehren, indem er sich verpflichtete, die Kriegskosten zu bezahlen, und in seinem Leben nie wieder gegen die Christen zu Felde zu ziehen, welches er mit seinem Siegel bekräftigen wollte. Pipin nahm diese schönen Vorschläge um so freudiger an, da ein Courier ihn benachrichtiget hatte, daß die Sachsen und Ungarn sich gegen ihn verbündet hätten, mit den Völkern jenseits des Meeres, und in Deutschland eingefallen wären. Der Friede zwischen ihm und dem König Marsilias wurde demnach abgeschlossen und beschworen, und er kehrte nach Schloß Weibenstepban zurück.

Aber dort erfuhr er so schreckliche Nachrichten über die Heiden, daß ihm wieder keine Zeit blieb, seine Gemahlin und seinen Sohn zu besuchen, und daß er sich beeilte, von Neuem alle christlichen Fürsten, welche der Papst Stephan II. unter seinen Befehl gestellt hatte, zu versammeln, indem er ihnen dringend empfahl, binnen zwölf Tagen sich, ganz bewaffnet und ganz gerüstet, mit ihm zu vereinigen.

Während er selbst sich damit beschäftigte, seine Armee zu organisieren, wünschte er neue Kunde von seiner Frau und seinem Sohne zu haben; dem zu Folge befahl er seinem Astrologen und seinem Diener, sich nach Reismühl zu begeben, und sich in der Mühle zu erkundigen, wie beide sich befänden.

Der Astrolog und der Diener machten sich auf den Weg und kamen am nächsten Tage Morgens bei der Mühle an. Der Müller erkannte sie schon von Weitem, eilte zu Bertha und sagte ihr, daß er die beiden Männer kommen sähe, welche den König Pipin an jenem Abend begleitet hätten, wo derselbe in der Mühle geschlafen. Bertha fragte hierauf, ob ihr Herr bei ihnen sei, und da sie gehört, daß dies nicht der Fall war, so verriegelte sie ihre Thür. Nachdem aber die Gesandten sich als Freunde kund gegeben, führte der Müller sie zu dem Fenster, und Bertha bewillkommnete sie durch das Gitter desselben, denn sie hatte geschworen, daß kein anderer Mann als ihr Gemahl in ihr Zimmer eintreten solle. Vor dem Fenstergitter also bestellten sie die Grüße des Königs, und erzählten ihr, wie er die Ungläubigen besiegt habe, und im Begriff sei, neue Völkerschaften zu besiegen, was die Ursache sei, daß er nicht selbst käme. Bertha erwiderte, daß der König der Herr und sie die Magd sei, daß derselbe demnach in Bezug auf sie handeln könne, wie es ihm gut dünke, und daß sie schon glücklich und zufrieden sei, wenn ihr Meister und Herr sie nicht vergäße. Hierauf sagten die Boten, daß sie Befehl hätten, auch den kleinen Karl zu sehen, und man ließ ihn von einer Wiese, auf der er mit seinen kleinen Gefährten spielte, herbeiholen. Er kam sehr übel gelaunt darüber an, daß man ihn bei seinem Spielen gestört hatte, und der Astrolog, nachdem er die Linien seiner Stirn und seiner Hand geprüft hatte, prophezeite, daß er ein großer Kaiser werden würde.

Nach dieser Wahrsagung kehrte der kleine Karl zu seinem Spiel auf der Wiese zurück, und die Gesandten schlugen den Weg nach Weihenstephan wieder ein, wo sie den König Pipin roch immer sehr beschäftigt mit den Vorbereitungen zum Kriege fanden, und sie berichteten ihm wörtlich Berthas Antwort, welche so lautete: Daß sie in der Mühle zu bleiben wünsche, so lange dies ihrem Gemahl angenehm wäre, und daß sie, während er Krieg führe, inbrünstig zum Allerhöchsten beten werde, damit er ihm den Sieg verleihe, und die Heiden ihm unterwürfig mache.

Der König ward durch diese guten Nachrichten von seiner geliebten Bertha so erfreut, daß seine Höflinge sich über seine gute Laune sehr wunderten, und da sie die ihrige gern der seinigen unterordneten, so hörte man drei Tage lang nur heiteres Lachen auf dem Schlosse zu Weihenstephan. In der Zwischenzeit erfuhr man, daß die Ungläubigen mit einer großen Armee heranrückten. König Pipin sammelte daher alle seine Truppen, und rückte ihnen entgegen; aber vierzehn Tage lang wichen die Heiden einer Schlacht aus, denn sie waren noch nicht alle beisammen. Seinerseits war der König nicht böse über diese Verzögerung, denn er erwartete noch etliche christliche Fürsten, welche in starken Tagemärschen heranrückten. Als diese Fürsten angekommen waren, und die Ungläubigen sahen, welche schöne Armee König Pipin hatte, hätten sie nicht nur gern den Tag der Schlacht noch weiter hinausgeschoben, sondern sie wünschten, dieselbe wo möglich ganz zu vermeiden, da ihre Zahl zu den der Christen sich nur wie drei zu eins verhielt, welches sie sehr beunruhigte. Aber König Pipin ließ ihnen nicht Zeit, an den Rückzug zu denken, und griff sie so lebhaft an, daß nach kaum einstündigem Kampfe sie in die Flucht geschlagen waren, dann verfolgte er sie mit verhängtem Zügel, metzelte eine große Menge der Flüchtlinge nieder, und machte die Hauptsächlichsten Anführer zu Gefangenen. Hierauf, um nicht die Frucht eines so schönen Sieges zu verlieren, setzte er sich mit großen Streitkräften im Lande der Sachsen und im Königreich Böhmen fest, und verlebte all da zwei Jahre unter beständigem und stets siegreichem Kampfe, so daß diese zuletzt große Anstrengungen machten, und eine beträchtlichere Armee, als sie je gehabt, auf die Beine brachten, womit sie auf Pipin anrückten.

Als Pipin diese Kunde zu Ohren kam, und er die große Zahl des Heeres erfuhr, wurde er dadurch sehr beunruhigt, denn er war der einzige Schutzwall der Christenheit, und wurde er überwältigt, so war die Religion unseres Herrn Jesu Christi in noch größerer Gefahr, als welcher sie zur Zeit seines Vaters Karl Martel, ruhmreichen Andenkens, ausgesetzt gewesen war.

Er war daher in seinem Zelte sehr traurig, und so sehr mit seinen trüben Gedanken beschäftigt, daß die Lampe welche dasselbe erleuchtete, verloschen war, ohne daß er es bemerkt hatte, doch plötzlich erhellte sich die Finsterniß durch ein seltsames Licht; er erhob die Augen, und sah einen Engel vor sich stehen. Der Engel hielt eine goldene Kette in der Hand, an deren Ende ein großer ausgehöhlter Smaragd hing, und mitten in diesem Smaragd bei fand sich ein Stückchen von dem echten Kreuze. Dann streckte der Engel die Hand aus und sagte zu ihm: Pipin, nimm dieses Stück des echten Kreuzes, vertraue Gott, marschiere gegen den Feind, Du wirst Sieger sein. Und Pipin warf sich auf die Knie, um das Geschenk in Empfang zu nehmen; der Engel hing ihm die Kette um den Hals, und stieg wieder zum Himmel empor.

So der Hilfe des Himmels gewiß, fürchtete Pipin Nichts mehr, er marschierte gegen den Feind, und lieferte ihm eine blutige Schlacht, in welcher derselbe so total geschlagen wurde, daß es ihm von diesem Augenblicke an unmöglich war, sich wieder zu sammeln; aber da während der Schlacht König Pipin stets dort war, wo der Kampf am hitzigsten geführt wurde, so erhielt er von einem Ungläubigen einen Säbelhieb, welcher seine Kette durchschnitt, so daß der Smaragd, welcher das Stück vom wahren Kreuze enthielt, zur Erde fiel, und verloren ging.

Vier Jahre später pflügte ein Landmann auf dem früheren Schlachtfelde. Seine Ochsen aber blieben plötzlich stehen und knieeten nieder, auch waren sie, aller Schläge ohngeachtet, die er ihnen beibrachte, nicht zu bewegen, wieder aufzustehen; da dachte der Bauer, daß dort irgend ein Wunder stattfinden müsse, ließ seine Ochsen und seinen Pflug wo sie waren, und benachrichtigte König Stephan von Ungarn, der ein sehr gottesfürchtiger Mann war, von dem Vorgefallenen. König Stephan berief hier auf seine Clerisey und zog mit großer Feierlichkeit in die Ebene, wo er den Pflug unbeweglich und die Ochsen noch auf den Knieen fand. Der Erzbischof grub dann mit den Händen in die Erde, und fand darin die himmlische Reliquie, welche der Engel an Pipin überbracht hatte. Alsbald wurde auf der nämlichen Stelle eine prächtige Kapelle erbauet, die wegen der wunderthätigen Dinge, welche dort sich ereigneten, bald eine große Menge Wallfahrer anzog.

Während dieser Zeit wuchs der kleine Karl heran, und war mit neun Jahren ein so großer Knabe geworden, daß man ihn für zwölfjährig hielt. Wie wir schon er, wähnten, pflegte er auf der Wiese hinter der Mühle, mit andern Kindern seines Alters, welche die Pferde, die Kühe und Ziegen im Waide hüteten, zu spielen, denn es war ihm gänzlich unbekannt, wer sein Vater sei. Eines Tags beim Spielen ereignete sich's, daß einer der Knaben einem Spielgefährten einen Zügel stahl, und ihn in seinem Aermel verbarg. Als derjenige, dem der Zügel gestohlen war, den Diebstahl bemerkte, beklagte er sich darüber sehr, denn er fürchtete, von seinem Herrn Schläge zu bekommen. Karl versammelte hierauf alle Kinder und fragte sie mit Nachdruck:

–– Wer von Euch hat den Zügel? Er gebe ihn auf der Stelle zurück, oder er wird als Dieb behandelt werden.

 

Der Knabe, welcher den Zügel hatte, antwortete:

–– Wenn Jemand gestohlen hat, so bist Du es wohl eher, als irgend ein Anderer.

Der kleine Karl wurde ganz roth vor Zorn und sagte:

–– Du Sagst mich an, den Zügel genommen zu haben, aber ich werde bald wissen, wer ihn hat, und derjenige bei dem er sich findet, wird sehr bestraft werden. Wir wollen daher einander durchsuchen, bis er sich findet. Alle stimmten bei, so daß der Dieb wohl auch beistimmen mußte, und um den Unschuldigen zu spielen, durchsuchte er zuerst Karl, und fand Nichts bei ihm. Hierauf sagte Karl: – Jetzt ist es an mir, Dich zu durchsuchen, und indem er ihn bei dem Aermel faßte, zog er den Zügel daraus hervor. Als die kleinen Knaben dieses sahen, sagten sie, Karl solle der Richter sein, da er ihn gesunden, und Karl antwortete:

–– Da ich das Unheil sprechen soll, so kann ich nichts Besseres thun, als dieselben Worte zu gebrauchen, die der große König Pipin bei seiner letzten Berurtheilung aussprach:

»Derjenige, welcher ein Gut nimmt, welches ihm nicht gehört, verdient am Halse aufgehängt zu werden.«

Der Spruch gefiel den Kindern, welche als eine Art Spiel, denn sie wollten nicht, daß der Dieb davon stürbe, sich zu dessen Vollziehung anschickten.

Sie legten ihm also einen Strick um den Hals, während andere einen jungen Baum umbogen, und das Ende des Strickes an dessen Gipfel befestigten. Nachdem diese nachgeahmte Exemtion vollzogen, wollten sie den Dieb wieder losknüpfen, aber unglücklicher Weise für ihn lief ein Berghase vorbei; die Kinder liefen hinter ihm her, diejenigen, welche den Baum gebogen hielten, ließen ihn los, er richtete sich wieder auf, und der Dieb war wirklich gehangen.

Als die Kinder von der Verfolgung des Hasen zurückkehrten, fanden sie ihren Kameraden todt. Sie erschraken darüber sehr, und eilten in verschiedenen Richtungen davon, nur Karl ging ganz ruhig nach Haus, und erzählte seiner Mutter das Vorgefallene, als sei es die natürlichste Sache.

Bertha rief sogleich den Müller herbei, denn da ihr der Vater des kleinen Diebes als ein böser Mann bekannt war, so schöpfte sie große Furcht. In der That hatte der Vater geschworen, alle kleinen Knaben, die dem Urtheil beigestimmt, zu hängen, wenn sie ihm denjenigen nicht nannten, der ihn gehängt hätte. Alle schoben die Ausführung auf Karl, so daß der Vater schwor, daß er nur von seiner Hand sterben werde. Als der Müller dies erfuhr, und nicht wußte, was er machen sollte, führte er Karl zu dem Herrn von Pihl, wo er das Kind mindestens sicher wußte. Der Vater des kleinen Diebes erhob darob einen so großen Lärm, daß das Gerücht dieses Abenteuers bis zum König Pipin gelangte, welcher gerade aus Ungarn zurückgekommen war.

König Pipin befahl hierauf, daß der Kläger vor ihn gebracht werde und seine Klage anbringe. Er ließ zugleich alle anderen Kinder als Zeugen mit bescheiden, und da die Sache großes Aufsehen machte, versammelte er seinen ganzen Hof, um bei dem Gericht zugegen zu sein.

Am festgesetzten Tage erschien der Vater vor dem König Pipin; der Beklagte wurde von einer schwarz gekleideten und verschleierten Frau herbeigeführt, die andern Kinder erschienen an der Hand ihrer Eltern; der ganz» Hof war versammelt; die untergeschobene Königin saß auf ihrem Thron an der Seite ihres Gemahls; auch der verrätherische Haushofmeister fehlte nicht und stand hinter dem König, an seiner Seite standen seine beiden Söhne, die, nachdem sie herangewachsen, zwei tapfere Ritter geworden waren, und wacker mit gegen die Ungläubigen gekämpft hatten. Ihre Mutter, die Frau des Haushofmeisters, war schon vor mehren Jahren gestorben.

Pipin hörte die Klage des Vaters an; dann ließ er den kleinen Karl vortreten und fragte, was er zu antworten habe. Karl antwortete, daß, wenn man ihn strafen wolle, man auch den König Pipin strafen müsse, weil er bei dem Diebe die eigenen Worte und die nämliche Strafe angewendet habe, die der König bei ähnlicher Veranlassung zu einem Diebe gesprochen, und die er ihn habe erleiden lassen.

Pipin, erstaunt über diese feste Antwort, befragte die Kinder, welche alle darin übereinstimmten, daß der Gehängte wirklich gestohlen habe, und daß der Urtheilsspruch in aller Form ausgesprochen sei.

Der König wendete sich hierauf wieder zu dem Bauer und sagte:

–– Guter Mann, es giebt nicht zweierlei Gerechtigkeit, Dein Sohn verdiente gehängt zu werden, und er ist gehängt worden; das ist ein Unglück, aber ich kann Nichts gegen den Richter haben, der ein so gutes Urtheil fällte.

Dann ließ er Karl näher treten, und sagte zu ihm:

–– Mein kleiner Freund! wer ist Dein Vater?

–– Sire, erwiderte der Knabe, ich kenne ihn nicht.

–– Ist er denn todt? fragte Pipin.

–– Nein, Sire! antwortete der Knabe, denn jeden Morgen und jeden Abend betet meine Mutter für ihn.

–– Und wer ist Deine Mutter? fuhr der König fort.

–– Sire! sagte das Kind, indem es vor dem König niederknieete, meine Mutter hat mir gesagt, wenn Sie diese Frage an mich richten, Ihnen diesen Ring zu übergeben.

Bei diesen Worten zog das Kind einen Ring von seinem Finger, und überreichte ihn dem König. Pipin erkannte den Ring, welchen er der Tochter des Königs von Krain gesendet hatte. Von diesem Augenblicke an zweifelte er nicht mehr, daß Karl sein Sohn sei, und er wendete sich zu ihm mit den Worten:

–– Geh und hole Deine Mutter.

Das Kind ging gerade auf die verschleierte Frau zu, und führte sie an die Stufen des Königsthrones. Pipin stand nun auf, streckte die Arm aus und sagte:

–– Da heute ein Tag der Gerechtigkeit ist, so möge Jedermann Gerechtigkeit widerfahren. Höret demnach, was ich Euch zu sagen habe.

Und alle waren still, um die Worte des Königs zu hören.

– Einst verlobte sich ein mächtiger Fürst mit einem jungen Mädchen aus fernem Lande. Der Fürst beauftragte jemand, den er für seinen besten Diener hielt, dieselbe vom Hofe ihres Vaters abzuholen und sie ihm zuzuführen; aber anstatt derjenigen, die dem König verlobt war, gab der verrätherische Diener die Kleider und Edelsteine der Verlobten, welche zu todten er zweien Dienern auftrug, seiner Tochter, und legte diese in das Bette des Fürsten, anstatt der Jungfrau, die dieser erwartete. Saget mir jetzt, war das ein treuer Diener oder nicht?

Alle antworteten wie mit einer Stimme, daß dies ein ehrloser Schurke sei.

Nachdem der König das gegen den Verräther ausgesprochene Urtheil vernommen, und gehört hatte, daß es einstimmig war, wendete er sich an den ältesten Sohn des Haushofmeisters, und sagte zu ihm:

–– Welche Strafe hat, nach Eurer Meinung, der Mann verdienet, welcher seinen König verrathen hat?

–– Gnädigster Herr und König, antwortet bescheiden der junge Mann, wollet gefälligst darüber das Urtheil eines weiseren und besser unterrichteten Mannes hören, als ich bin.

–– Da ich mich an Euch gewendet habe, antwortete der König, so ist es Euer Urtheil, welches ich zu hören wünsche; Andere werden nach Euch sprechen.

–– Wohlan, Sire, antwortete der junge Ritter, ein solcher Mann verdient an den Schweif eines Pferdes gebunden, so aus dort Stadt geschleift und dort verbrannt zu werden.

Der König verlangte hierauf die Meinung des zweiten Sohnes vom Haushofmeister, welcher antwortete:

–– Sire, ich trete dem Urtheil meines ältesten Bruders bei.

Hierauf befragte er alle Uebrigen, und alle gaben denselben Bescheid, wie die Söhne des Haushofmeisters.

Zuletzt wendete er sich an den Haushofmeister selbst, und fragte nach seinem Urtheil.

–– Gnädigster Herr und König, es ist nicht an mir, gegen mich selbst ein Urtheil zu fällen; denn ich habe in der That das Verbrechen begangen, dessen Ihr mich anklaget.

– Wohlan! antwortete der König, Euch werde die Strafe zu Theil, die Euer eigenes Blut über Euch verhängt hat.

Nachdem er ihn sogleich, ungeachtet der Bitten Berthas, von den Wachen hatte ergreifen lassen, befahl er, daß er an den Schwanz eines Pferdes befestigt, durch die Straßen der Stadt geschleift und außerhalb des Thores verbrannt werde.

Er verbannte auch die untergeschobene Königin, behielt aber, wie dies Rechtes, die mit ihr erzeugten Kinder.

Noch an demselben Tage feierte König Pipin seine Hochzeit mit seiner wahren Gemahlin, und jetzt erst erfuhr Karl, daß der König sein Vater sei; bis dahin hätte er darauf geschworen, daß er ein Sohn des Müllers wäre; über er wurde nicht stolzer, daß er ein Königssohn war und behandelte seine Brüder und Schwestern sehr freundschaftlich, vor allen Leo und Bertha, für die er große Freundschaft fühlte.

Und König Pipin regierte glücklich und ruhmvoll bis zum Jahre 768 unseres Herrn, in welchem er starb, und dies fränkische Reich seinem Sohne Karl dem Großen hinterließ.

In diesem nämlichen Jahr wurde der Sicilianer Stephan III. zum römischen Papst erwählt.

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