Kostenlos

Die Dame von Monsoreau

Text
0
Kritiken
iOSAndroidWindows Phone
Wohin soll der Link zur App geschickt werden?
Schließen Sie dieses Fenster erst, wenn Sie den Code auf Ihrem Mobilgerät eingegeben haben
Erneut versuchenLink gesendet

Auf Wunsch des Urheberrechtsinhabers steht dieses Buch nicht als Datei zum Download zur Verfügung.

Sie können es jedoch in unseren mobilen Anwendungen (auch ohne Verbindung zum Internet) und online auf der LitRes-Website lesen.

Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

»Und um diese Bewachung zu überwachen,« fuhr der Herzog fort, »trage ich bei Euch auf die Ernennung eines Führers dieses heiligen Bundes an.«

»Ihr habt gesprochen, mein Vetter?« fragte Heinrich den Herzog.

»Ja, Sire, und zwar ohne Umschweife, wie Eure Majestät sehen konnte.«

Chicot stieß einen furchtbaren Seufzer aus, während der Herzog von Anjou, der sich von seiner ersten Angst erholt halte, dem lothringischen Prinzen zulächelte.

»Nun,« sagte der König zu seiner Umgebung, »was denkt Ihr hiervon, meine Herren?«

Chicot nahm, ohne etwas zu antworten, seinen Hut und seine Handschuhe, fasste mit der Faust eine Löwenhaut am Schweife, schleppte sie in eine Ecke des Zimmers, und legte sich darauf nieder.

»Was macht Ihr, Chicot?« fragte der König.

»Sire,« sagte Chicot, »die Nacht ist wie man behauptet eine gute Ratgeberin. Warum behauptet man dies? Weil man bei Nacht schläft. Ich will schlafen, Sire, und werde morgen mit ausgeruhtem Kopfe meinem Vetter Guise eine Antwort geben.«

Und er streckte sich bis an die Klauen des Tieres aus.

Der Herzog schleuderte dem Gascogner einen wütenden Blick zu, den dieser, ein Auge öffnend, durch ein donnerähnliches Schnarchen erwiderte.

»Nun, Sire?« fragte der Herzog, »was denkt Eure Majestät?«

»Ich denke, dass Ihr wie immer Recht habt, mein Vetter; ruft also Eure vornehmsten Liguisten zusammen, erscheint an ihrer Spitze, und ich werde den Mann wählen, dessen die Religion bedarf.«

»Wann dies, Sire?« fragte der Herzog.

»Morgen.«

Und dieses letzte Wort aussprechend, teilte er geschickt sein Lächeln: der Herzog von Guise bekam die erste Hälfte davon, der Herzog von Anjou die zweite.

Der Letztere wollte sich mit dem Hofe zurückziehen, aber bei dem ersten Schritte, den er in dieser Absicht machte, sagte Heinrich zu ihm:

»Bleibt, mein Bruder, ich habe mit Euch zu sprechen.«

Der Herzog von Guise drückte einen Augenblick eine Hand an seine Stirne, als wollte er eine Welt voll Gedanken zurückdrängen; dann zog er mit seinem Gefolge ab, und dieses verlor sich unter den Gewölben.

Eine Minute nachher hörte man das Geschrei der Menge, die seinen Austritt aus dem Louvre begrüßte, wie sie seinen Eintritt begrüßt hatte.

Chicot schnarchte immer noch, wir können jedoch nicht dafür stehen, dass er schlief.

Zwanzigstes Kapitel
Castor und Pollux

Der König verabschiedete alle seine Lieblinge, während er seinen Bruder zurückbehielt.

Der Herzog von Anjou hatte während der ganzen vorhergehenden Szene die Haltung eines Gleichgültigen behauptet, jedoch nicht in den Augen von Chicot und in denen den Herzogs, welchen seine Unruhe nicht entgangen war, und er nahm auch die Aufforderung des Königs ohne Misstrauen an, denn er wusste nichts von dem Blicke, den ihm der König in Folge der Einflüsterung von Chicot zugesandt und der seinen indiskreten Finger zu nahe bei seinen Lippen erwischt hatte.

»Sire,« sprach der Herzog, »das Glück Eurer Majestät, wenn sich Eure Majestät wirklich glücklich fühlt, ist nur eine Belohnung, die der Himmel ihren Verdiensten schuldig ist.«

Heinrich schaute seinen Bruder an und erwiderte:

»Ja, sehr glücklich! denn wenn mir die großen Gedanken nicht kommen, so kommen sie denjenigen, welche mich umgeben. Mein Vetter von Guise aber hat in der Tat einen großen Gedanken gehabt.«

Der Herzog verbeugte sich zum Zeichen der Beipflichtung.

Chicot öffnete ein Auge, als ob er mit geschlossenen Augen nicht so gut hörte, und als ob er das Gesicht des Königs sehen müsste, um seine Worte besser zu verstehen.

»In der Tat,« fuhr Heinrich fort, »unter einer Fahne alle Katholiken vereinigen, aus dem Königreich die Kirche machen, ohne das Ansehen zu haben, ganz Frankreich von Calais bis Languedoc, von Bretagne bis Burgund bewaffnen, so dass ich stets ein Heer bereit habe, um gegen die Engländer, gegen die Flammänder, gegen den Spanier zu marschieren, ohne dass der Flammänder, der Engländer oder der Spanier je darüber in Unruhe geraten können, wisst Ihr, Franz, dass dies ein herrlicher Gedanke ist?«

»Nicht wahr, Sire?« versetzte der Herzog ganz entzückt, als er sah, dass sein Bruder in die Pläne des Herzogs von Guise, seines Verbündeten, einging.

»Ja, und ich gestehe, dass ich mich von ganzem Herzen bewogen fühle, den Urheber eines so schönen Gedankens reichlich zu belohnen.«

Chicot öffnete beide Augen; doch er schloss sie sogleich wieder: er hatte auf dem Antlitz des Königs jenes unmerkbare Lächeln wahrgenommen, das nur für ihn allein, der seinen Heinrich besser als irgend Jemand kannte, sichtbar war, und dieses Lächeln genügte ihm.

»Ja,« fuhr der König fort, »ein solcher Plan verdient eine Belohnung und ich werde Alles für denjenigen tun, welcher ihn entworfen hat. Ist wirklich der Herzog von Guise der Vater dieses schönen Gedankens, oder vielmehr dieses schönen Werkes, Franz? Denn nicht wahr, das Werk ist begonnen, mein Bruder?«

Der Herzog von Anjou erwiderte durch ein Zeichen, die Sache habe wirklich einen Anfang genommen.

»Immer besser,« versetzte der König. »Ich sagte vorhin, ich wäre ein glücklicher Fürst, ich hätte sagen sollen zu glücklich, da nicht nur solche Gedanken meinen Nächsten kommen, sondern da sie sogar in ihrem Eifer, ihrem König und ihrem Verwandten nützlich zu sein, diese Gedanken in Ausführung bringen. Doch ich habe Euch bereits gefragt, mein lieber Franz,« sagte Heinrich, seine Hand auf die Schulter seines Bruders legend, »ich habe Euch bereits gefragt, ob ich wirklich meinem Vetter Guise für diese königliche Idee dankbar sein müsste?«

»Nein, Sire, der Herr Kardinal von Lothringen hatte sie schon vor mehr als zwanzig Jahren, und die Bartholomäusnacht allein verhinderte die Ausführung, oder machte vielmehr diese Ausführung für den Augenblick unnötig.«

»Ah! welch ein Unglück, dass der Kardinal von Lothringen gestorben ist! ich hätte ihn beim Tode Seiner Heiligkeit Gregor XIII. zum Papste machen lassen; darum ist es nicht minder wahr,« fuhr Heinrich mit jener bewunderungswürdigen Gutmütigkeit fort, die aus ihm den ersten Komödianten seines Reiches machte, »es ist darum nicht minder wahr, dass sein Neffe den Gedanken beerbt und benützt hat. Leider kann ich ihn nicht zum Papst machen; doch ich werde … zu was könnte ich ihn denn machen, was er nicht schon wäre, Franz?«

»Sire,« erwiderte Franz, völlig getäuscht durch die Worte seines Bruders, »Ihr übertreibt die Verdienste Eures Vetters; der Gedanke ist eine Erbschaft, wie ich Euch bereits sagte, und es hat ihn ein Mann sehr in Kultivierung dieser Erbschaft unterstützt.«

»Nicht wahr, sein Bruder, der Kardinal?«

»Er hat sich allerdings auch damit beschäftigt; doch ihn meine ich nicht.«

»Herr von Mayenne also?«

»Oh! Sire, Ihr erweist ihm zu viel Ehre.«

»Das ist wahr. Wie lässt sich denken, diesem Schlächter könnte ein politischer Gedanke kommen. Doch wem soll ich für die meinem Vetter von Guise geleistete Unterstützung dankbar sein?«

»Mir, Sire.«

»Euch!« rief Heinrich, als wäre er im höchsten Maße erstaunt.

Chicot öffnete ein Auge.

Der Herzog verbeugte sich.

»Wie!« sagte Heinrich, »während ich die ganze Welt gegen mich entfesselt sah, die Prediger gegen meine Laster, die Dichter und Pasquillenmacher gegen meine Lächerlichkeiten, die Doktoren der Politik gegen meine Fehler; während meine Freunde über meine Ohnmacht spotteten, während die Lage der Dinge so peinlich wurde, dass ich sichtbar abmagerte und jeden Morgen mehr graue Haare hatte, ist Euch ein solcher Gedanke gekommen, Franz, Euch, den ich, ich muss es gestehen, – seht, der Mensch ist schwach und die Könige sind blind, – Euch, den ich nicht immer als meinen Freund betrachtete. Ah! Franz, wie schuldig fühle ich mich!«

Und bis zu Tränen gerührt, reichte Heinrich seinem Bruder die Hand.

Chicot öffnete beide Augen.

»Oh! der Gedanke ist herrlich, ist siegreich,« fuhr, Heinrich fort. »Während ich, ohne Geschrei zu erregen, keine Steuern zu erheben, keine Truppen auf die Beine zu bringen vermochte, während ich nicht spazieren gehen, nicht schlafen, nicht lieben konnte, ohne die Leute lachen zu machen, gibt mir der Gedanke von Herrn von Guise, oder vielmehr der Eurige, mein Bruder, Geld, Armee, Freunde und Ruhe. Damit nun diese Ruhe fortwähre, Franz, ist Eines notwendig.«

»Was?«

»Mein Vetter sprach so eben davon, dass man dieser ganzen großen Bewegung einen Führer geben müsse.«

»Ja, gewiss.«

»Ihr begreift, Franz, dieser Führer kann keiner von meinen Günstlingen sein; keiner hat zugleich den Kopf und das Herz, wie dies bei einer so großen Angelegenheit notwendig ist. Quélus ist brav, aber der Unglückliche beschäftigt sich nur mit seinen Liebschaften. Maugiron ist brav; doch der Eitle denkt nur an seinen Putz. Schomberg ist brav, aber er ist kein tiefer Geist, seine besten Freunde müssen dies zugestehen. Épernon ist brav, doch er ist bei all seiner scheinbaren Offenherzigkeit ein Heuchler, dem ich nicht einen Augenblick trauen würde, obgleich ich ihm ein gutes Gesicht mache. Ihr wisst, Franz,« sprach Heinrich mit wachsender Hingebung, »es ist eine der schwersten Lasten der Könige, dass sie unablässig sich zu verstellen genötigt sind. Wie wohl ist es mir,« fügte Heinrich bei, »wenn ich offenherzig sprechen kann, wie in dieser Stunde. Ah! dann atme ich auch.«

Chicot schloss wieder beide Augen.

»Nun, ich sagte Euch also,« fuhr Heinrich fort, »daß, wenn mein Vetter von Guise diesen Gedanken gehabt habe, an dessen Entwicklung Ihr so viel Anteil nahmt, Franz, ich sagte Euch, dass ihm die Aufgabe zukommen müsse, denselben in Ausführung zu bringen.«

»Was meint Ihr, Sire?« rief Franz, keuchend vor Unruhe.

»Ich sage, um eine solche Bewegung zu leiten, bedürfe es eines großen Fürsten.«

 

»Sire, nehmt Euch in Acht!«

»Eines guten Feldherrn, eines geschickten Unterhändlers.«

»Eines geschickten Unterhändlers besonders,« wiederholte Franz.

»Nun, Franz, kommt dieser Posten nicht in jeder Hinsicht Herrn von Guise zu?«

»Mein Bruder,« sprach Franz,

»Herr von Guise ist bereits sehr mächtig.«

»Ja, allerdings, aber seine Macht bildet meine Kraft.«

»Der Herzog von Guise hält die Armee und die Bürgerschaft in den Händen, wie der Kardinal von Lothringen die Kirche; Mayenne ist ein Werkzeug der beiden Brüder; Ihr vereinigt viele Kräfte in einem einzigen Hause.»

»Das ist wahr; ich dachte auch schon daran, Franz.«

»Wenn die Guisen französische Prinzen wären, so ließe sich das begreifen, denn es läge in ihrem Interesse, das Haus Frankreich zu vergrößern.«

»Ganz gewiss; doch sie sind im Gegenteil lothringische Prinzen.«

»Von einem Hause, das stets mit dem unsrigen rivalisierte.«

»Hört, Franz, Ihr habt den wunden Fleck berührt. Ich hielt Euch nicht für einen so guten Politiker; ja, das ist es, was mich abmagert, was mir die weißen Haare macht; seht, diese Erhebung des Hauses Lothringen neben dem unsrigen ist es; es vergeht kein Tag, Franz, an welchem nicht diese drei Guisen, – Ihr habt es gesagt, diese drei halten Alles in den Händen, – es vergeht kein Tag, wo nicht der Herzog, der Kardinal, oder Mayenne, kurz der Eine oder der Andere, mir durch Kühnheit, oder Geschicklichkeit, oder Gewalt, oder List einen Fetzen von meiner Macht, einige Teilchen von meinen Vorrechten nimmt, ohne dass ich, ein armer, schwacher, vereinzelter Mann, entgegenwirken kann. Ah! Franz, wenn wir diese Erklärung schon früher gehabt hätten, wenn ich hätte in Eurem Herzen lesen können, wie ich in diesem Augenblick darin lese, so wäre ich, in Euch eine Unterstützung findend, besser widerstanden, als ich es getan habe; doch jetzt ist Alles zu spät.«

»Warum dies?«

»Weil es ein Kampf wäre, und jeder Kampf mich in der Tat ermüdet. Ich werde ihn also zum Haupte der Ligue ernennen.«

»Und Ihr habt sehr Unrecht, mein Bruder, versetzte Franz. »Doch wen soll ich denn ernennen, Franz? Wer wird den gefährlichen Posten annehmen? Ja, gefährlich, denn seht Ihr nicht, was des Herzogs Gedanke war? Er wollte, dass ich ihn zum Führer der Ligue ernenne.«

»Nun?«

»Jeder Mensch, den ich statt seiner ernenne, wird sein Feind.«

»Ernennt einen Mann, der mächtig genug ist, dass seine Kraft, auf die Einige gestützt, nichts von der Kraft und Macht der drei vereinigten Lothringer zu fürchten hat.«

»Ei! mein Bruder,« versetzte Heinrich im Tone der Entmutigung, »ich kenne Niemand von solchen Verhältnissen.«

»Schaut um Euch her, Sire.«

»Um mich her? Ich sehe nur Euch und Chicot, mein Bruder, Euch, die Ihr wirklich meine Freunde seid.«

»Oh! Oh!« murmelte Chicot, »sollte er mir einen schlimmen Streich spielen wollen?«

Und er schloss wieder seine Augen.

»Nun,« sagte der Herzog, »Ihr begreift nicht?«

Heinrich schaute seinen Bruder an, als ob ein Schleier von seinen Augen fiele.

»Wie!« rief er.

Franz machte eine Bewegung mit dem Kopfe.

»Nein,« sprach Heinrich, »Ihr werdet nie einwilligen, Franz. Die Aufgabe ist zu hart; Ihr werdet nicht alle diese Bürger exerzieren lassen; Ihr werdet Euch nicht die Mühe geben, die Reden ihrer Prediger durchzusehen; Ihr werdet Euch im Falle eines Treffens nicht zum Schlächter in den in Schlachtbänke verwandelten Straßen von Paris machen lassen; man muss dreifach, wie Herr von Guise, sein, und einen rechten Arm haben, der sich Karl, und einen linken, der sich Ludwig nennt. Der Herzog aber hat in der Bartholomäusnacht gar hübsch totgeschlagen; was haltet Ihr davon, Franz?«

»Nur zu hübsch totgeschlagen, Sire.«

»Ja, vielleicht. Doch Ihr antwortet mir nicht auf meine Frage, Franz. Wie, Ihr würdet gern das Gewerbe treiben, das ich Euch genannt habe? Ihr würdet Euch an den verbogenen Panzern dieser Maulaffen und an den Kasserollen reiben, die sie sich in Form von Helmen auf den Kopf setzen? Wie, Ihr würdet Euch volkstümlich machen, Ihr, der höchste Edelmann, der Vornehmste meines Hofes? Tod meines Lebens! Bruder, wie man sich mit dem Alter verändert!«

»Ich würde das vielleicht nicht für mich tun, Bruder, aber ich täte es sicherlich für Euch.«

»Guter Bruder, vortrefflicher Bruder!« sprach Heinrich, mit der Fingerspitze eine Träne trocknend, welche nie bestanden hatte.

»Es würde Euch also nicht zu sehr missfallen, Heinrich, wenn ich die Arbeit übernähme, die Ihr Herrn von Guise anvertrauen wolltet?« sagte Franz.

»Mir missfallen?« rief Heinrich. »Beim Teufel und seinem Horn! nein, das missfällt mir nicht, das entzückt mich im Gegenteil. Ihr dachtet also auch an die Ligue? Desto besser, Gottes Tod! desto besser. Ihr hattet also auch ein kleines Ende von einem Gedanken! was sage ich, ein kleines Ende? das große Ende. Nach dem, was Ihr mir mitgeteilt habt, ist es bei meinem Worte herrlich. Ich sehe mich in der Tat von erhabenen Geistern umgeben, und ich bin der große Esel meines Königreiches.«

»Ah! Eure Majestät spottet.«

»Ich! Gott soll mich bewahren; die Lage der Dinge ist zu ernst. Ich sage, was ich denke, Franz; Ihr entzieht mich einer um so größeren Verlegenheit, als ich seit einiger Zeit krank bin, Franciot. Meine Fähigkeiten nehmen ab; Miron erklärt mir das oft. Doch lasst uns auf die ernsthafte Sache zurückkommen; was bedarf ich übrigens meines Geistes, da ich mich bei dem Lichte des Eurigen erleuchten kann? Wir sagen also, dass ich Euch zum Haupte der Ligue ernennen werde, wie?«

Franz bebte vor Freude.

»Oh!« rief er, »wenn mich Eure Majestät dieses Vertrauens würdig hielte!«

»Vertrauen; ah! Franz, Vertrauen; wem soll ich, sobald Herr von Guise nicht Führer ist, misstrauen, der Ligue selbst? Sollte mich etwa die Ligue in Gefahr bringen? Sprich, mein guter Franz, sage mir Alles …«

»Oh! Sire,« rief der Herzog.

»Was ich ein Narr bin!« versetzte Heinrich, »in diesem Fall wäre mein Bruder nicht der Anführer, oder vielmehr, sobald mein Bruder der Anführer wäre, gäbe es keine Gefahr mehr für mich. Nicht wahr, das ist Logik? Unser Lehrer hat uns unser Geld nicht gestohlen; nein, meiner Treue, ich habe kein Misstrauen. Übrigens kenne ich in Frankreich noch genug Männer vom Schwerte, um sicher zu sein, dass ich immer in guter Gesellschaft gegen die Ligue an dem Tage vom Leder ziehen werde, wo mich eben diese Ligue zu sehr beengte.«

»Das ist wahr, Sire,« antwortete der Herzog mit einer Naivität, welche beinahe eben so gut geheuchelt war, als die seines Bruders, »der König bleibt immer der König.«

Chicot öffnete abermals ein Auge.

»Bei Gott!« rief Heinrich. »Doch leider kommt mir auch ein Gedanke; es ist unglaublich, wie viel Gedanken heute wachsen; es gibt solche Tage.«

»Was für ein Gedanke, mein Bruder?« fragte der Herzog, bereits unruhig, weil er nicht glauben konnte, ein solches Glück würde ohne ein Hindernis in Erfüllung gehen.

»Ei! unser Vetter Guise, der Vater oder vielmehr der sich für den Vater der Erfindung hält, unser Vetter Guise hat sich wahrscheinlich in den Kopf gesetzt, er werde der Anführer der Ligue. Er wird auch einen Oberbefehl haben wollen?«

»Einen Oberbefehl, Sire!«

»Ohne Zweifel, ohne allen Zweifel sogar; er hat wahrscheinlich die Sache nur genährt, damit sie ihm Nutzen bringe. Ihr behauptet allerdings, sie auch genährt zu haben; doch nehmt Euch in Acht, Franz, das ist kein Mann, um das Opfer desSic vos non vobis zu werden. Ihr kennt Virgil:Nidificates, aves.

»Oh, Sire!«

»Franz, ich wollte wetten, dass er den Gedanken hatte. Er weiß, dass ich so sorglos bin.«

»Ja. Doch sobald Ihr ihm Euren Willen bezeichnet habt, wird er nachgeben.«

»Oder sich stellen, als gäbe er nach. Und ich habe Euch bereits gesagt: Nehmt Euch in Acht, Franz, mein Vetter Guise hat einen langen Arm. Ich sage noch mehr, ich sage, er hat lange Arme und nicht Einer in dem Reiche, ich nehme sogar den König nicht aus, würde wie er dieselben ausstreckend mit der einen Hand Spanien und mit der andern England, Don Juan von Österreich und Elisabeth berühren. Der Degen von Bourbon war nicht so lang, als der Arm meines Vetters Guise, und dennoch hat er Franz I., unserem Ahnherrn, viel Schlimmes zugefügt.«

»Wenn ihn aber Eure Majestät für so gefährlich hält,« entgegnete Franz, »so ist dies ein Grund mehr, mir den Oberbefehl der Ligue zu übergeben, um ihn zwischen meine Gewalt und die Eurige zu nehmen, und ihm sodann bei dem ersten Verrate, den er in das Werk setzen will, seinen Prozess zu machen.«

Chicot öffnete das andere Auge.

»Seinen Prozess, Franz, seinen Prozess? Es war gut für Ludwig XI., einen reichen und mächtigen Herrn, Prozesse zu machen und Schafotte errichten zu lassen. Doch ich habe nicht einmal genug Geld, um allen schwarzen Sammet zu kaufen, dessen ich bei einem solchen Falle bedürfen könnte.«

Während Heinrich, der sich trotz seiner Selbstbeherrschung allmählich belebt hatte, diese Worte sprach, ließ er einen Blick durchdringen, dessen Feuer der Herzog nicht aushalten konnte.

Chicot schloss wieder beide Augen.

Es trat ein kurzes Stillschweigen unter den Brüdern ein.

Der König brach es zuerst.

»Man muss also Alles schonend behandeln, mein lieber Franz,« sagte er, »keine Kriege zwischen meinen Untertanen. Ich bin der Sohn von Heinrich dem Händelsüchtigen und Catharina der Verschmitzten; ich habe etwas Schlauheit von meiner guten Mutter; ich werde den Herzog von Guise rufen lassen und ihm so viele schöne Versprechungen machen, dass wir Eure Angelegenheit auf friedlichem Wege ordnen.«

»Sire,« rief der Herzog von Anjou, »Ihr bewilligt mir den Oberbefehl, nicht wahr?«

»Ich glaube es wohl.«

»Es ist Euch daran gelegen, dass ich ihn habe?«

»Ungeheuer viel.«

»Ihr wollt es?«

»Es ist mein größter Wunsch; doch es darf meinem Vetter Guise nicht zu sehr missfallen.«

»Seid unbesorgt, wenn Ihr kein anderes Hindernis gegen meine Ernennung seht, so übernehme ich es, die Sache mit dem Herzog abzumachen.«

»Wann dies?«

»Auf der Stelle.«

»Ihr sucht ihn also auf? Ihr wollt ihm also einen Besuch machen? Oh! mein Bruder, bedenkt, die Ehre ist zu groß!«

»Nein, Sire, ich werde ihn nicht aufsuchen.«

»Wie so?«

»Er erwartet mich.«

»Wo?«

»Bei mir.«

»Bei Euch? Ich habe das Geschrei gehört, mit dem man ihn beim Austritt aus dem Louvre begrüßte.«

»Ja, doch nachdem er durch das große Thor hinausgegangen ist, wird er durch die Schlupfpforte zurückgekommen sein; der König hatte ein Recht auf den ersten Besuch des Herzogs von Guise, ich habe ein Recht auf den zweiten.«

»Ah! mein Bruder, welchen Dank weiß ich Euch, dass Ihr unsere Prärogative so gut wahrt, während ich sie in meiner Schwäche zuweilen vernachlässige oder aufgebe! Geht also, Franz, und trefft eine Übereinkunft.«

Der Herzog nahm die Hand seines Bruders und bückte sich, um sie zu küssen.

»Was macht Ihr, Franz, in meine Arme, an mein Herz,« rief Heinrich, »hier ist Euer wahrer Platz.«

Und die Brüder umarmten sich wiederholt; nach einem letzten Drucke der Freiheit zurückgegeben, verließ der Herzog von Anjou das Kabinett, durchschritt rasch die Galerien, und lief in seine Wohnung.

Sein Herz musste wie das des ersten Schiffers mit Eichenholz und Eisen umschlossen sein, um nicht vor Freude zu zerbersten.

Als der König sah, dass sein Bruder weggegangen war, knirschte er vor Zorn, eilte dann rasch durch den geheimen Gang, der zu dem Zimmer von Margarethe von Navarra führte, das nun, wie gesagt, von dem Herzog von Anjou bewohnt wurde, und erreichte eine in der Wand angebrachte zylinderartige Öffnung, wo er eben so gut die Unterredung hören konnte, welche zwischen dem Herzog von Anjou und dem Herzog von Guise stattfinden sollte, als Dionys aus seinem Verstecke die Gespräche seiner Gefangenen hörte.

»Donner und Teufel!« sagte Chicot, beide Augen zugleich öffnend und sich auf sein Hinterteil setzend, »wie rührend sind doch solche Familienszenen! Ich glaubte einen Augenblick, ich wäre im Olymp und wohnte der Wiedervereinigung von Castor und Pollux nach ihrer sechsmonatlichen Trennung bei.«