Hochschulrecht im Freistaat Bayern

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d) Studienziele, Studieninhalte und Studienorganisation

aa) Studienziele

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Nach Art. 55 I Hs. 1 BayHSchG (entspr. dem Vorbild des § 7 HRG) sollen Lehre und Studium bei Universitäts- und Fachhochschulstudiengängen die Studierenden auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihnen die dafür erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden vermitteln. Unklar ist jedoch, was unter dem Begriff „berufliches Tätigkeitsfeld“ zu verstehen ist, wobei insbesondere bezweifelt wird, dass sich eine abstrakte, für die unterschiedlichsten Tätigkeitsfelder einheitliche Definition finden lässt.[153] Der Gesetzeswortlaut kann aber jedenfalls dahingehend konkretisiert werden, dass die Studierenden eine vollständige Berufsausbildung mit einem berufsspezifischen Abschluss erlangen sollen, so dass eine „berufliche Einführung“ (vgl. Art. 56 I 2 BayHSchG; § 10 I 1 HRG) möglich ist. Die Grenze ist bei einer zu frühen Einübung in hoch spezialisierte Berufe zu ziehen.[154] Die (Fach-) Hochschule muss die Studierenden gerade nicht „berufsfertig“ i.S. einer sofortigen vollen Einsatzfähigkeit machen.[155] Auf Grund der Knappheit öffentlicher Mittel erteilt zudem der Gesetzgeber dem „Studium um seiner selbst willen“ eine klare Absage.[156]

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Das Studienziel der Berufsvorbereitung schließt jedoch nicht die Vermittlung abstrakten Grundlagenwissens in der Lehre aus, da insb. die Universitäten insofern auch den kulturstaatlichen Auftrag der Wissensweitergabe an sich haben. Darüber hinaus ist auch eine berufs“un“bezogene Lehre zulässig, so dass die Universitäten geistige, sportliche oder musische Interessen der Studenten fördern können.[157]

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Gem. Art. 55 Abs. 1 Hs. 1 BayHSchG, § 7 HRG sollen die für die Berufsausbildung notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden so vermittelt werden, dass die Studierenden zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit und zu verantwortungsvollem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden. Der Gesetzestext formuliert hierbei keine zusätzlichen (Neben-) Ziele, sondern beschreibt die angestrebte Art und Weise zukünftiger Berufsausübung der Studierenden. Das benannte Studienziel wird also dahingehend erläutert, dass die Studierenden zwei konkrete „Befähigungen“ erwerben sollen. Diejenige zu „wissenschaftlicher Arbeit“ soll entsprechend Art. 2 I 2 BayHSchG; § 2 I 2 HRG dazu befähigen, wissenschaftliche Erkenntnisse und wissenschaftliche Methoden in der beruflichen Praxis anzuwenden.[158] Dies schließt aber nicht die selbstständige Erarbeitung neuer, wissenschaftlicher Erkenntnisse (Forschung) für einzelne Studiengänge oder Studienabschnitte aus.[159] Denn Art. 55 I Hs. 1 BayHSchG, § 7 HRG bestimmen lediglich den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ eines differenzierten Studienangebots.[160]

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Darüber hinaus sollen die Hochschulabsolventen in der Lage sein verantwortlich zu Handeln. Der Gesetzgeber will mit dieser Aussage aber keinen selbstständigen außerwissenschaftlichen Erziehungsauftrag der (Fach-) Hochschulen statuieren, so dass die Universitäten jedenfalls nicht dazu verpflichtet sind, Staatsbürgerkunde zu lehren.[161] Vielmehr sollen Lehre und Studium – unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen – neben der fachlichen auch die soziale Kompetenz fördern (wie z.B. die Fähigkeit zur kritischen Reflexion).[162] Schließlich sollen gem. Art. 55 I Hs. 3 BayHSchG im Rahmen der Verfolgung der Studienziele die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden (vgl. auch Art. 2 III 3 BayHSchG).

bb) Inhalte des Universitäts- und Fachhochschulstudiums

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Schon nach § 2 Abs. 9 S. 1 HRG wurden die unterschiedlichen Aufgabenstellungen der Universitäten und der Fachhochschulen und die Aufgaben der einzelnen Hochschulen durch die Länder bestimmt. Einheitlich für alle Hochschulen i.S.d. Art. 1 BayHSchG (vgl. § 1 HRG) – also auch für die Fachhochschulen – regelt Art. 2 I 2 BayHSchG (vgl. § 2 I 2 HRG), dass die Hochschulen auf eine berufliche Tätigkeit vorbereiten, welche die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordert. Der Wortlaut „erfordern“ macht deutlich, dass die Hochschulen bei der Bestimmung ihrer Studieninhalte ein bestimmtes Maß an Wissenschaftlichkeit wahren sollen. Denn der Wissenschaftsbezug ist integraler Bestandteil der Berufsvorbereitung als Hochschulaufgabe.[163] Art. 55 BayHSchG konkretisiert diesen Auftrag weiter: Lehre und Studium sollen die Studierenden auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihnen die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden vermitteln (Ziel der Berufsqualifikation, vgl. § 7 HRG). Dies schließt die lehrhafte Vermittlung abstrakten Grundlagenwissens, insb. durch die Universitäten, nicht aus, da diese insofern auch den kulturstaatlichen Auftrag der Wissensweitergabe an sich haben;[164] dies wird mittelbar in dem Auftrag der Heranbildung zu verantwortungsvollem Handeln deutlich (Art. 55 Abs. 1 S. 1, Hs. 2 BayHSchG).

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Das Erfordernis der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden (Wissenschaftsbezug) gilt also sowohl für die Universitäten als auch für die Fachhochschulen. Art. 2 I 6 BayHSchG hebt aber für das Fachhochschulstudium zusätzlich den Anwendungsbezug hervor. Dies lässt den Schluss zu, dass bei den Studieninhalten der Universitäten der Wissenschafts- gegenüber dem Anwendungsbezug Vorrang hat, wo hingegen bei den Fachhochschulen der Anwendungsbezug nach wie vor im Vordergrund steht.[165]

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Demgemäß normiert Art. 2 Abs. 1 S. 6 BayHSchG, dass die Fachhochschulen durch „anwendungsbezogene Lehre“ eine Bildung vermitteln, die zur selbstständigen Anwendung wissenschaftlicher Methoden und künstlerischer Tätigkeiten in der Berufspraxis befähigt; in diesem Rahmen und anhand der vorhandenen Ausstattung führen sie „anwendungsbezogene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“ durch. Konkret wird diese Unterscheidung z.B. durch die folgenden Regelungen berücksichtigt:


Für den Zugang zu einem Fachhochschulstudium bedarf es nicht der allgemeinen Hochschulreife, vielmehr genügt die Fachhochschulreife (Art. 43 II, I Bay HSG);
Die Regelstudienzeit bei Fachhochschulstudiengängen beträgt höchstens vier Jahre (Art. 57 II Nr. 2 BayHSchG; § 11 1 Nr. 1 HRG), im Übrigen höchstens viereinhalb Jahre (Art. 57 II Nr. 3 BayHSchG; § 11 1 Nr. 2 HRG);
Von den Bewerbern um eine Fachhochschulprofessur werden statt zusätzlicher wissenschaftlicher (§ 44 I Nr. 4 Buchst. a HRG) berufspraktische Leistungen gefordert (§ 44 I Nr. 4 Buchst. c HRG);
Nur an den Universitäten wird die Forschung gleichgewichtig und eigenständig neben der Lehre betrieben.

cc) Organisation des Studiums

(1) Studienorganisation als Hochschulaufgabe

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Dass das Studium vom Schutzbereich der Ausbildungsfreiheit (Art. 12 GG) umfasst wird und Einschränkungen auf Grundlage des Gesetzesvorbehalts dazu diesen, die Ausübung dieses Grundrechts für viele zu verwirklichen, ist bei gleichzeitiger Berücksichtigung weiterer betroffenener Grundrechte (insb. Art. 5 Abs. 3 GG) zur Herstellung praktischer Konkordanz eine diffizile Organisation des Studiums auf normativer Grundlage (Gesetz, Verordnung, Hochschulsatzung) erforderlich. Es handelt sich mithin um einen „klassischen“ Fall des Grundrechtsschutzes durch Organisation und Verfahren. In Bayern finden sich die zentralen Regelungen in Art. 54–60 und 63 BayHSchG, die ihrerseits den §§ 7–14, 19 und 20 HRG nachgebildet sind.

(2) Studienjahr

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Zeitliche Maßeinheit für das Studium ist das Studienjahr. Dieses unterteilt sich gemäß Art. 54 S. 1 BayHSchG in (zwei) Semester, sofern nicht das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst auf Antrag der Hochschule eine Einteilung in (drei) Trimester bestimmt. Bei einer Trimestereinteilung gelten die Vorschriften des BayHSchG, die auf Semester abstellen, nach Art. 54 S. 2 BayHSchG entsprechend. Auch in der Praxis der bayerischen Hochschulen ist die Einteilung in Semester der Regelfall.[167]

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Die nähere Festlegung und Einteilung des Studienjahrs (Beginn, Dauer der Semester/Trimester, unterrichtsfreie Zeiten) erfolgt nach Art. 54 S. 3 i.V.m. 106 Abs. 1 S. 1 BayHSchG durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums. Die entsprechenden Verordnungen[168] legen als Beginn des Wintersemesters übereinstimmend den 1. Oktober fest. An Universitäten endet das Wintersemester am 31. März, an Fachhochschulen bereits am 14. März des darauffolgenden Jahres. Das Sommersemester dauert an Universitäten vom 1. April bis zum 30. September, an Fachhochschulen vom 15. März bis zum 30. September. Die Vorlesungszeit umfasst jeweils nur einen Teilabschnitt des jeweiligen Semesters, dessen Länge in den Verordnungen im Einzelnen festgelegt ist[169] Für Fachhochschulen ist außerdem eine Prüfungszeit vorgesehen, die im Wintersemester regelmäßig am 26. Januar beginnt und im Sommersemester regelmäßig am 11. Juli (§§ 1 IV, 2 IV FHVorlZV). Vorlesungsfrei sind – abgesehen von den Zeiträumen des Semesters, die nicht Vorlesungs- oder Prüfungszeit sind – an Universitäten und Fachhochschulen übereinstimmend die Zeiträume vom 24. Dezember bis einschließlich 6. Januar und von Gründonnerstag bis einschließlich Dienstag nach Ostern sowie der Dienstag nach Pfingsten, ferner die gesetzlichen Feiertage außerhalb der genannten Zeiträume.[170] An Fachhochschulen ist zusätzlich Freitag vor Pfingsten vorlesungsfrei. Soweit nach BayHSchG, UniVorZV und FHVorlZV die Hochschulen bei der Studienjahreinteilung eigene Entscheidungen treffen können,[171] erfüllen sie diese Aufgabe nach Art. 12 Abs. 3 Nr. 5 BayHSchG als staatliche Angelegenheit, d.h. sie unterliegen gemäß Art. 74 Abs. 2 BayHSchG der Fachaufsicht des Staatsministeriums.

 

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Eine Ausnahme von der Einteilung des Studienjahrs gilt für die Fachhochschule Neu-Ulm, bei der sich nach § 5 Abs. 2 FHVorlZV die Semestereinteilung nach den entsprechenden baden-württembergischen Vorschriften richtet.

(3) Studiengänge

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Art. 56 Abs. 1 S. 1 BayHSchG definiert den Begriff des Studiengangs als „ein durch Prüfungs- und Studienordnungen geregeltes, auf einen bestimmten Hochschulabschluss gerichtetes Studium, das in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt“.[172] Soweit es sich hierbei um einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss handelt, werden die entsprechenden Studiengänge als „grundständige“ Studiengänge bezeichnet (Art. 56 Abs. 3 S. 1 BayHSchG). Das BayHSchG hat im Übrigen im Bereich der Studiengänge den Bolognaprozess umgesetzt und unterscheidet diese je nach angestrebtem Abschluss in Bachelor- und Masterstudiengänge (vgl. etwa Art. 10 Abs. 4, 57 Abs. 2 BayHSchG).

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Die Ausrichtung der Studiengänge auf einen berufsqualifizierenden Abschluss wird in § 10 Abs. 1 S. 2 HRG, Art. 56 Abs. 1 S. 2 BayHSchG dahingehend näher erläutert, dass auch Abschlüsse erfasst sind, die die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst (wie z.B. die erste juristische Staatsprüfung für das juristische Referendariat) oder eine berufliche Einführung vermitteln. Die Regelung des Art. 56 Abs. 1 S. 1 BayHSchG ist ferner, wie in der Formulierung „in der Regel“ deutlich wird im Lichte der Grundrechte, insbesondere der Lehrfreiheit i.S.d. Art. 5 Abs. 3 GG, 108 BV und des Selbstverwaltungsrechts der Hochschulen weit auszulegen.[173] Auch Studiengänge, die auf einen Abschluss gerichtet sind, dessen Eignung zur Berufsqualifizierung zweifelhaft ist, oder die auf ein anderes Studien- oder Ausbildungsziel ausgerichtet sind, sind deshalb nicht von vornherein unzulässig.[174] Dies gilt insbesondere für universitäre Studiengänge, an denen nach Art. 2 Abs. 1 S. 4 BayHSchG die Ausbildung vorwiegend wissenschaftsbezogen sein soll. Andererseits ist zugleich der Einfluss der Berufsausbildungsfreiheit der Studierenden (Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) zu berücksichtigen. Deshalb dürfen die Hochschulen ihre Studierenden nicht zwar wissenschaftlich, aber gleichsam am Arbeitsmarkt vorbei ausbilden. Studiengänge, die nicht auf eine Berufsqualifikation abzielen, werden deshalb den Ausnahmefall im Studienangebot der jeweiligen Hochschule zu bilden haben.[175] An Fachhochschulen dürften solche Studiengänge, da es nach Art. 2 Abs. 1 S. 6 BayHSchG primäre Aufgabe der Fachhochschulen ist, anwendungsbezogene Lehre mit Bezug zur Berufspraxis anzubieten, regelmäßig unzulässig sein.

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Eine Unterform des Studiengangs stellt der Teilstudiengang dar: Wenn nach der maßgebenden Studien- und Prüfungsordnung innerhalb eines Studiengangs aus einer größeren Anzahl von zulässigen Fächern bestimmte auszuwählen sind, ist jedes dieser Fächer ein eigener Teilstudiengang (Art. 56 Abs. 2 S. 1 BayHSchG). Abgesehen von dieser Unterordnung des Teilstudiengangs unter den entsprechenden Hauptstudiengang sind Teilstudiengänge, wie Art. 56 Abs. 2 S. 2 BayHSchG deutlich macht, wie Studiengänge zu behandeln. Allerdings widerspräche es dem Sinn und Zweck der Einrichtung von Teilstudiengängen, wenn man für jeden Teilstudiengang verlangen wollte, dass er (als solcher) auf eine Berufsqualifikation ausgerichtet ist. Diese Voraussetzung muss nur der Hauptstudiengang bzw. die Gesamtheit der belegten Teilstudiengänge erfüllen.[176]

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Art. 56 Abs. 3 BayHSchG unterscheidet sodann zwischen grundständigen und postgraduellen Studiengängen: Die Studierenden in postgraduellen Studiengängen müssen bereits einen ersten Hochschulstudiengang absolviert haben. Die bisherige Unterscheidung in Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudiengänge[177] wurde zum 1.3.2011 aufgegeben. Art. 56 Abs. 3 S. 2 BayHSchG spricht nun einheitlich von postgradualen Studiengängen, die sowohl der Heranbildung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses, als auch der beruflichen Weiterbildung dienen.[178] Zu den postgraduelle Studiengängen zählen insbesondere die Master- und die Promotionsstudiengänge.[179]

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Statt der bisherigen Unterscheidung nach Zusatz-, Ergänzungs-, Aufbau- und Kontaktstudiengänge werden in Art. 56 Abs. 4 bis 6 BayHSchG nun berufsbegleitende Studiengänge, duale Studiengänge sowie die Modulstudien, Zusatzstudien und speziell weiterbildende Studien unterschieden.

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Mit den Modulstudien nach Art. 56 Abs. 6 Nr. 1 BayHSchG wird eine neue „Studienform“ geschaffen.[180] Sie soll dem steigenden Bedarf an besonderen Studienangeboten für berufstätige Studierende Rechnung tragen und ermöglicht die Belegung einzelner Module eines grundständigen oder postgradualen Studiengangs. Die gesammelten Leistungspunkte dienen der eigenen wissenschaftlichen oder beruflichen Weiterbildung und können bei einem späteren Vollstudium nach Art. 63 Abs. 1 S. 2 BayHSchG angerechnet werden.

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Mit den nach Art. 56 Abs. 6 Nr. 2 BayHSchG geschaffenen Zusatzstudien soll klargestellt werden, dass neben der Immatrikulation in einem grundständigen oder postgradualen Studiengang weitere Teilqualifikationen erworben werden können.

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Die speziellen weiterbildenden Studiengänge waren bisher in Art. 56 Abs. 3 S. 3 BayHSchG verankert und sind nunmehr in Art. 56 Abs. 6 Nr. 3 BayHSchG geregelt. Sie dienen der Öffnung der Hochschulen für Bewerber, die keine Hochschulzugangsberechtigung besitzen. Für diese Studiengänge kann nach Art. 42 Abs. 2 S. 6 BayHSchG sogar auf eine Immatrikulation verzichtet werden.

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Seit 1.3.2011 sind mit Art. 56 Abs. 4 und 5 BayHSchG die berufsbegleitenden Studiengänge und die dualen Studiengänge neu geschaffen worden. In beiden Fällen handelt es sich nicht um weiterbildende Studiengänge, sondern um reguläre Studiengänge, die sich nur durch die besondere Ausgestaltung der Studienorganisation auszeichnen. Der duale Studiengang soll sich durch einen auch gegenüber dem Praxisbezug der Fachhochschulstudiengänge hinausgehenden Praxisanteil oder eine Integration einer beruflichen Ausbildung in einen Studiengang auszeichnen. Der berufsbegleitende Studiengang soll im Ablauf so organisiert sein, dass er sich auch parallel zu einer beruflichen Tätigkeit bewältigen lässt – ohne dass die Berufstätigkeit eine Zugangsvoraussetzung darstellt.

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Die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen und Teilstudiengängen erfolgt nach Art. 25 Abs. 3 Nr. 4, 26 Abs. 5 Nr. 7, 57 Abs. 3 BayHSchG auf Vorschlag des Senats durch den Hochschulrat und im Einvernehmen mit dem Staatsministerium.[181] Derartige Maßnahmen in Bezug auf Studiengänge können nach Art. 57 Abs. 3 i.V.m. 15 Abs. 1 S. 1 BayHSchG auch Gegenstand von Zielvereinbarungen zwischen der jeweiligen Hochschule und dem Staatsministerium sein.[182] Inhaltlich wird der Studiengang durch eine Studienordnung der Hochschule nach Art. 13 BayHSchG ausgestaltet.

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Das Ziel der Qualitätssicherung soll bei Bachelor- und Masterstudiengängen u.a. dadurch erreicht werden, dass der entsprechende Studiengang durch eine anerkannte Einrichtung akkreditiert wird (Art. 10 Abs. 4 BayHSchG). Hierfür wurden fach- und regionalspezifische Akkreditierungsagenturen, meist in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins oder einer Stiftung, gegründet, z.B. ASIIN (Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik), AKAST (Kanonische Studiengänge), AQAS (alle Fachrichtungen); FIBAA und ACQUIN (Bachelor- und Masterstudiengänge), AHGPS (Studiengänge im Bereich Heilpädagogik, Pflege, Gesundheit und Soziale Arbeit), ZEvA (nur Niedersächsische Hochschulen). Die Akkreditierungsagenturen werden ihrerseits vom Deutschen Akkreditierungsrat als Organ einer nordrhein-westfälischen Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn[183] für diese Tätigkeit akkreditiert bzw. reakkreditiert. Ihre Prüftätigkeit orientiert sich an den von der KMK am 10.10.2003 beschlossenen „Länderübergreifenden Strukturvorgaben gem. § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“.[184] Die Konstruktion des derzeit praktizierten Akkreditierungsverfahrens ist z.T. erheblicher Kritik ausgesetzt. So ist nahezu unstreitig, dass der Akkreditierungsrat selbst als Beliehener fungiert. Dagegen herrscht Streit darüber, ob auch die Agenturen als Beliehene fungieren und ihre Entscheidungen infolgedessen vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar sind[185] oder ob es sich um Gebilde der privaten Selbstregulierung handelt, die unter die ordentliche Gerichtsbarkeit fallen.[186]

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Das BVerfG hält die derzeitige Form der Akkreditierung mangels hinreichender gesetzlicher Ausgestaltung als Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 GG für verfassungswidrig; insbesondere fehle es an wissenschaftssichernden Regeln zur Zusammensetzung des Akkreditierungsrates, zum Verfahren der Akkreditierung durch die Agenturen und zur Auswahl der Gutachterkommissionen. Auch könne der nach nordrheinisch-westfälischem Landesrecht konstituierte Akkreditierungsrat keine Agenturen außerhalb NRW akkreditieren. Den Gesetzgebern wird eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2017 eingeräumt.[187] Die HRK hat sich zwar in einer Entschließung vom 8.11.2016 zu einer Neuordnung bekannt, dabei aber konkrete rechtliche Verfahrensfragen – wie vom BVerfG gefordert – im Vagen belassen.[188] Mittlerweile liegt jedoch der Entwurf eines neuen Staatsvertrags vor, nach dem die Verleihung des Akkreditierungssiegels dem Akkreditierungsrat übertragen wird. Auch eine präzisierende Novellierung des BayHSchG ist derzeit nicht in Sicht.

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Dieses Verfahren ist nicht zu verwechseln mit der Institutionellen Akkreditierung nichtstaatlicher Hochschuleinrichtungen durch den Wissenschaftsrat, der hierzu einen Akkreditierungsausschuss und eine Akkreditierungsabteilung eingerichtet hat. Diese umfasst nicht die Studierbarkeit einzelner Studiengänge, sondern wesentlich die „Hochschulförmigkeit“ der Einrichtung selbst.[189] Derzeit umfasst das Verfahren drei Stufen: Die Konzeptprüfung erfolgt vor Gründung der Einrichtung; nach Abschluss der Gründungsphase erfolgt die institutionelle Erstakkreditierung für fünf oder zehn Jahre. Danach folgt die Reakkreditierung; die weitere Kontrolle obliegt dann den Ländern.