Akrons Crowley Tarot Führer

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Weiterführende Bemerkungen


1 Damit nimmt der Kaiser eine Haltung ein, die allegorisch das alchemistische Zeichen darstellt. Das † steht für Stabilität und Fixierung bis hin zum Starrsinn und das △ für Zuverlässigkeit, Verantwortung, zähe Ausdauer und stetige Disziplin. Zusammen bilden sie das alchemistische Symbol des Schwefels, Ausdruck feuriger, männlicher Energie.

Was finden wir als weitere elegante Umschreibungen in dieser Karte versteckt? Die Krone hat 6 Strahlen, was mit der Sephira Nr. 6 korrespondiert.5 Sie ist mit 6 Steinen besetzt, die ein Kreuz in einem Kreis zeigen, was der Kontrolle (+) des Unfassbaren (0) entspricht. Auf den Thronlehnen sehen wir die beiden großen 16-zackigen Sterne (16 = 4 x 4), Zeichen der strukturierenden und alles kontrollierenden Kraft. Auch der harte, wuchtige Gesichtsausdruck des Kaisers zeigt eine starre innere Haltung, allen Anforderungen des Lebens zu trotzen, was Crowley aber als künstlerisches Manko auffasste. In einer übelgelaunten Note hält er Harris bei der Gestaltung menschlicher Gesichter fehlendes Selbstvertrauen vor: Ihr Problem bei Gesichtsformen ist symptomatisch für die moderne Seelenkrankheit. Es ist ein Fehlen von Selbstvertrauen in die kreativen Kräfte. Ich muss betonen, dass diese Angst vor »Gesichtern« ein entsetzliches Symptom der Feigheit ist. (Crowley im Dezember 1939 in einem Brief an Harris)

Andere Verbindungen

– Tiefenpsychologische Zusammenhänge –

Die Eltern


Die Nähe der Trümpfe III und IV ist nicht zufällig, denn sie sind das durch eine ähnliche, sich ergänzende Körpersprache in ein Netzwerk von gegenseitigen Beziehungen eingebundene Elternpaar. Bei der Mutter sind es die sanften Pastelltöne in weichem Licht, die die fließenden Formen des Lebens zum Ausdruck bringen, während beim Vater die breite Sitzhaltung und der dominante Körperausdruck in brennenden Orange-Rot-Farben dominieren. Die Bienen, die bei der Urmutter noch Fruchtbarkeit symbolisieren, verwandeln sich auf dem Gewand des Regenten eher zu einem Zeichen für die Struktur der Waben im Bienenstock. Umgekehrt sind die kristallisierenden, sechzehnzackigen Sonnensterne des Kaisers der Gegenpart zu den beiden sichelförmigen Monden der Kaiserin. Auch die beiden Widderköpfe, von denen der eine im Schatten steht und der andere in dem von oben einfallenden Licht, korrespondieren mit dem Doppelmotiv der Mondgöttin zwischen ihrer hellen (Luna, Selene) und dunklen Seite (Hekate), das aus ältester Zeit überliefert ist. Die gleiche Idee finden wir bei der Kaiserin, die zwischen der zunehmenden (oben) und der abnehmenden Mondsichel (unten) sitzt. Die weiße Taube in ihrem Blickfeld hält sich im Lichtkreis des Mondes auf, während der Sperling in ihrem Rücken etwas in den Schatten eingetaucht ist. Bleibt noch die ausgeklügelte Symmetrie der beiden Wappentiere. Während der weiße Doppeladler auf der linken Seite mit dem silbernen Mond korrespondiert und damit Ausdruck der inneren Quellen des Weiblichen ist, steht dieser auf der rechten Seite des Kaisers und damit für die bewusste Beherrschung der Materie. Er zeigt unser Streben nach Unabhängigkeit von den Bedingtheiten der Natur, das der Hingabe an die fließenden Abläufe der Schöpfung entgegensteht.6


Das (die Eltern erschaffende) Kind

Die Verbindung dieser beiden Karten krönt sich im Kind. Die beiden Elternteile sind völlig aufeinander abgestimmt und der Narr schiebt sich (spirituell) ergänzend dazwischen. Doch Vorsicht, so einfach kann die Lösung nicht sein – wäre die Reise schon zu Ende, wofür bräuchte man dann noch die anderen Trümpfe und Kartensätze?

Normalerweise geht man davon aus, dass der Narr das Kind des Herrscherpaares Kaiserin – Kaiser ist. Energetisch ist es ein bisschen komplizierter. In Wirklichkeit ist das Unbewusste der Architekt der Realität, denn der Verstand des Menschen holt sich seine Impulse maßgeblich aus den Eingebungen seines Unbewussten. Simpel gesprochen erklärt sich das so: Der duale Verstand ist sich nicht bewusst genug, die Impulse, die er ständig empfängt, auf seine Ursprünge hin abklopfen zu können. Da er aber die Kontrolle nicht abgeben will, schlägt ihm das Unbewusste einen Deal vor: Es gibt ihm das Gefühl, das ihn glauben lässt, seine Realität selbst erschaffen zu können, wenn er dafür die Ermittlungen einstellt, herausfinden zu wollen, warum das so ist. Man könnte auch sagen, das Unbewusste bedient sich im Narren eines Tricks: Es gibt dem Ego des Herrschers in der Inszenierung »Das Ich ist der Erschaffer seines Selbst« das Gefühl, sich als Darsteller in dem von ihm selbst gestalteten Stück zu profilieren und das Ganze als »Realität« wahrzunehmen. Deshalb ist alles, was wir empfinden, eine Schein-Kontrolle. Im Grunde spielen die Eltern in unserem Exempel die Hauptrolle in einem Stück, das ihnen vom Narren (= Unbewussten) kreiert worden ist.

Die Lösung vom inneren Vaterbild

Nach dem, was wir gesagt haben, tönt es ein wenig absurd, wenn wir nun zu erklären versuchen, dass sich der Narr auf seiner spirituellen Reise nach der Mutter auch vom Vater emanzipieren muss. Der Held muss nicht nur den Kaiser (in sich) besiegen und töten, um frei zu werden, er muss sich auch von allem trennen, was sie repräsentieren. Um sich an seine spirituelle Quelle herantasten zu können, muss er ein Loch in das ihm von den Eltern anerzogene Weltbild sprengen, damit die Erkenntnisse aus tieferen Ebenen, die er für seinen spirituellen Weg benötigt, auf seine gereinigte und unverstellte Bewusstseinsbühne gelangen können.

Psychologisch betrachtet können wir in den Akt der Zerstörung auch einen Akt der Liebe unter einem verkehrten Stern interpretieren, eine Art Verzweiflung, um die zu bestrafen, die einem die Liebe verweigerten, nach der man sich sehnte. Pointiert formuliert mag es sich dabei um den Schock der Bewusstwerdung, also der schmerzlichen Ablösung von der Natur, handeln. Dieser innere Schmerz wirkt in den Minderwertigkeitsgefühlen des unerlösten Kind-Helden im Vater fort, der das Leben dafür bestrafen will, dass ihn die Mutter von sich stieß.

Der pubertierende Held verkörpert auch die Rebellion gegen patriarchalische Gewalt, den aktiven Animus, der den alten Herrscher stürzt und mit der Mutter schläft, die pubertäre Phase der Suche und der Selbstfindung oder die Vater-Sohn-Beziehung als Konfliktpotenzial der männlich-aggressiven Triebnatur. In einer auf solchen Grundlagen wurzelnden Kultur unterliegt jede Lebenssphäre der strukturellen Gewalt der Selbsterhaltungsmuster des Kaisers, der das Leben, indem er vorgibt, es zu schützen, im Grunde erstickt, und deshalb unbewusst auch seine eigene Zerstörung inszeniert.

Fassen wir zusammen: Nicht der Narr, sondern die Eltern sind das »Kind«, denen die Lernerfahrungen in Form von Reizen und Informationen übermittelt werden, die sie mit ihren körperlichen Sinnen erfahren können. In dem Verstandesfokus, den sie bewusst ausfüllen, können sie natürlich nicht merken, dass die anderen Teile von ihnen unbemerkt ständig mit den Signalen aus dem Unbewussten versorgt werden und ihre Kontrolle nichts anderes als eine närrische Lüge ist. Zynisch gesprochen ist der einzige Wert, den es im Leben gibt, die Bedeutung, die wir uns selbst zuordnen. Es ist die Notwendigkeit, das, was wir erleben, gegenüber dem, was wir auch erleben können, nach den Kriterien unseres gesellschaftlichen Verstandes zu beurteilen und in einen Werteindex einzuordnen, auf dem wir ablesen können, wo und wie das Leben für uns Sinn hat. Deshalb liegt es auf der Hand: Der Held, der seine äußeren Elternbilder überwunden hat, hat sich damit gleichzeitig auch von diesen ihm aufoktroyierten Sinnbildern befreit.

Deutungen

Auf der Willensebene versinnbildlicht der Kaiser das kraftvolle, lebensbejahende Prinzip der Macht und der strukturierenden Kontrolle, mit einem Wort: die Herrschaft des Geistes über die Natur. Wünsche und Pläne verdichten und kristallisieren sich in realisierbaren Modellen mit guten Chancen, verwirklicht zu werden. Er verkörpert Disziplin, Entschlossenheit und den unerschütterlichen Willen, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn ihm dafür (beinahe) jedes Mittel recht ist. Das verspricht einen ungeheuren Strom potenter Ausdruckskraft. Vor allem in geschäftlichen Dingen zeigt sich seine dirigierende, die kreativen Kräfte bündelnde und alle Fäden in der Hand haltende Natur. Damit gelingt es uns leicht, unsere Vorstellungen in den Köpfen unserer Mitmenschen zu entzünden, und im Grunde sehen wir uns als weise Patriarchen oder edle Königinnen, die, beim Mahl am Kopf einer großen Tafel sitzend, wohlwollend auf die zahlreichen Häupter ihrer Lieben blicken, um sich von ihnen ihre Loyalität immer wieder unter Beweis stellen zu lassen. Im Klartext: Wir erblicken vor uns einen echten Don Vito Corleone oder eine Lady Löwenherz, wie sie im Buche stehen und die mit ihrer rücksichtslosen Selbstverwirklichung manchmal auch ein bisschen an unbeugsame Betonköpfe erinnern, die störende Elemente unnachgiebig aus ihren schöpferischen Feldern hinauskomplimentieren. Bei Frauen ist es das Vaterbild der Mutter, das der schwule Herrscher, der seine Männlichkeit nicht annehmen kann, über die männliche Seite der Frau in sich auslebt (introjizierter Mutteranimus). Denn die Schattenseite ist nicht ohne: Der Kaiser kann genauso auf Übertreibungen in Form von Starrheit, Perfektionismus, Herrschsucht und eiserner Machtentfaltung hindeuten, wenn er sein Ego auf dem Rücken seiner Umwelt rücksichtslos auszuleben versucht und dadurch vieles, was er erstrebt, mit tyrannischer Arroganz schon im Vorfeld zerstört.

 

Im emotionalen Bereich erscheint uns der Kaiser nach außen manchmal etwas eng und zugeknöpft, denn hier zeigt sich ein Streben nach Sicherheit, das die Gefühle oft »stranguliert«. Im tiefen Inneren versteckt sich zwar bei ihm kein schlechtes Herz, auch wenn er das nach außen nicht gerne zeigt und in den Augen seiner Umwelt lieber distanziert und kühl auftritt. Das heißt, dass wir mit dieser Karte aufgrund unserer Schwäche, uns der Umwelt zu öffnen, die Suche nach Harmonie lieber unter dem Deckmantel der Kontrolle absolvieren. Dabei geht es uns eigentlich nur um den Wunsch, Klarheit zu gewinnen und zu verlässlichen Absprachen zu kommen. Vielleicht ist es aber das Verlangen des Herrschers, sich darüber klar zu werden, was sich hinter seiner rationalen Einstellung zu Herzensdingen in der von uns befragten Situation versteckt: möglicherweise die Angst vor den Gefühlen, die ihn und uns damit zwingt, im Austausch mit anderen unser Empfinden zu strukturieren, als scheinbare Garantie für echte Liebe. Die Unsicherheit möglicherweise, dass uns das Zeigen von Emotionen vor den Augen der anderen verletzlich macht. Oder gar die Angst des Kaisers vor dem natürlichen Leben, dessen Sinn und Ziele nicht zu kontrollieren sind. Irgendwie ist es die Furcht, von den Gefühlen überrannt zu werden, die ihn zwingt, alles, was ihn emotional öffnet, zu katalogisieren, und das kann zu stark verkrusteten Umgangsformen führen. Trotzdem können wir unserer Umgebung das starke Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit vermitteln, denn die Karte zeigt auch die Möglichkeit, Träume und Wünsche auf den Boden zu bringen und aus den abgespeckten Illusionen schlichtere, aber machbare »Herzensprojekte« zu realisieren.

Der Kaiser im Lebensbaum


– Tiefergehende Erkenntnisse –


Crowleys Vertauschungen

Der Kaiser ist der erste Trumpf des Umstellungs- oder Bäumchen-wechsle-dich-Quartetts. Crowley tauschte die Karten Kaiser und Stern sowie Ausgleichung und Lust miteinander aus.7 Grund für diese Operation war die Botschaft im Liber Legis (I/​57): All diese alten Buchstaben meines Buches sind richtig, jedoch Tzaddi ist nicht der Stern.

Wie sagte doch sein Geistführer oder multidimensionaler Persönlichkeitsteil alias Aiwass weiter, als er ihm das Buch diktierte: Auch dies ist verborgen; mein Prophet wird es den Weisen enthüllen, und Crowley erkannte: Diese Karte ist dem Buchstaben Tzaddi zugeordnet, und sie bezieht sich auf das Tierkreiszeichen Widder. In diesem Zeichen regiert der Mars und die Sonne ist erhöht. Somit ist dieses Zeichen eine Vereinigung der Energie in ihrer materiellsten Form, verbunden mit der Idee der Autorität.8


An dieser Stelle sei aber noch eine andere »Unschärfe« im Buch vermerkt. Crowley schreibt (1944): Zum Schluss sollte noch beachtet werden, dass das auf ihn herabsteigende weiße Licht seine Stellung im Lebensbaum andeutet. Seine Autorität ist von Chokmah abgeleitet – der schöpferischen Weisheit, dem Wort – und wird auf Tiphareth – dem organisch gestalteten Menschen – ausgeübt.9

Hier hat sich der Meister in seinen eigenen Erkenntnissen verstrickt, d. h. er spricht, als hätte er die von ihm selbst vorgenommene Umstellung gar nicht bemerkt. Er redet, als befände sich die Position des Kaisers immer noch an seinem ursprünglichen, inzwischen vom Stern eingenommenen Platz. Nach dem Austauschen der Karten am Lebensbaum liegt der Kaiser auf Pfad 28, der von Netzach nach Jesod führt. Dafür »residiert« der Stern jetzt auf des Kaisers Platz: auf Pfad 15, der Chokmah mit Tiphareth verbindet. Das bedeutet: Das aus der rechten oberen Ecke einfallende und diagonal zur Kartenmitte strahlende Licht hat nichts mehr mit Chokmahs schöpferischer Autorität und Weisheit, die vom Kaiser auf Tiphareth ausgeübt werden kann gemein, sondern leuchtet jetzt zu Ehren des Sterns.

Liber 77710 und weitere Korrespondenzen

Herrscher und Beginner, Kaiser und König aller sterblichen Dinge: Heil ihm, dem Herrn des Frühlings!

Titel11: Sonne des Morgens – Führer unter den Mächtigen

Bild11: Ein flammengekleideter Gott, der gleichwertige Symbole trägt

Zahl: 90, 104 (ausgeschrieben)


Buchstabe: Tzaddi = Z/​Tz/​Ts (Fischhaken). Der Angelhaken versinnbildlicht den Verstand, der in die weiblichen Mysterien eindringt und aus den Quellen des Ungreifbaren die rationalen Ideen und Konzepte schöpft.

Pfad: 28 von Netzach nach Jesod. Von der Anarchie zur Struktur: vom wuchernden Chaos (NTzCh) zur fundamentalen Kraft (ISVD).

Götter11: Isis, Men Thu als ein kriegerischer

Gottheiten: Der zornige und strafende Jahwe (Jehova) des alten Testaments; die Vatergötter Wotan und Zeus oder der seine Kinder verschlingende Kronos (Schattenebene)

Mythen: Abrahams Opferung des Isaak; die Zehn Gebote; Kyffhäuser-Saga

Symbole: Burgen, Felsen, Festungen, Gefängnisse, Heere, Maschinen und Waffen; die durch Fronarbeit errichteten Tempel und Kathedralen, die in die Landschaft gefrästen und durch die Natur gestanzten Verbindungsstraßen (Gerade, Viereck, Würfel, Raum) oder auch die steinernen Gesetzestafeln als frühe Zeugen von Recht und Ordnung

Kultstätten: Kyffhäuserdenkmal; die großen Kaiserdome Gott, Mars, Regent von Aries, Minerva, Artemis

Pflanzen11: Tigerlilie, Geranie

Krafttiere11: Widder, Eule

Edelstein11: Rubin

Wesen11: Besessene, Erinyes oder Eumeniden = Töchter der Nacht (griechische Rache- und Schutzgöttinnen der sittlichen Ordnung)

Dämonen (Qlipoth)11: Ba’Airiron, die Herde (Drachen-Löwen-Monster, die das Zentrum bewachen)

Magische Kräfte11: Die Macht, Dinge zu weihen

Magische Waffen11: Hörner, Grabstichel (Werkzeug für das Gravieren auf Metalloberflächen bzw. in der Kunst des Kupferstichs)

Parfüm11: Pfeffer, Drachenblut

Droge11: Gehirnreizmittel

Geomantie11: Puer

Gematrische Korrespondenzen

90: still, stumm, Jachin, eine der beiden Säulen am Tor zum Eingang vom Tempel in Jerusalem, vollkommen, das Ganze, Wasser, Gewässer, Ozean, Könige, Herrscher, Fürst, herrschen, zum König machen, Manna, Korb, Macht

104: auf Treu und Glauben, zart, dünn, dürr, unnatürlich abgemagert, schwach, leise, feiner Stoff, Flortuch, Gewand, Staub, Straße, Streit, Scheide, Sodom, Wild

Rituale: Staatsempfänge und große (Militär-) Paraden

Sabbat: Nationalfeiertag

Kraftsteine: Schwarzer Onyx für Stabilität und Ordnung; Bergkristall für die strukturierende (»kristallisierende«) Kraft

Räucherwerk: Eisenbaum, Teebaum, Eukalyptus, Wacholder, Wermut

Malerei: Der Mann mit dem Goldhelm von Rembrandt

Musik: Die Ungeraden (Sinfonien) von Beethoven oder die Erste von Brahms; die Brandenburgischen Konzerte von Bach

Schrift: Buch Hiob. Die Leiden des Gerechten, der trotz großen Unglücks am Wort Gottes festhält.

V – Der Hierophant


Was du suchst, ist das, was sucht.

Baphomet – Tarot der Unterwelt

Der Stellvertreter Gottes mit allen geistigen Tugenden: Gralshüter, Tempelwächter, Weltenlehrer

Astrologie: Sonne in Schütze als Verkünder und Lehrer esoterischer Werte, oder Jupiter in Fische als Vision des Ewigen

I Ging: 45 Tsui – Die Sammlung

Rune: Mannaz (Das Selbst). Vereinigung von Mikrokosmos und Makrokosmos, Vermittlung zwischen Individuum und Gott. Nach Crowley zeigt der Hohepriester den Weg der Vereinigung des Individuums mit dem Universum.

Licht: Glauben, Vertrauen, Sinn- und Wahrheitssuche (Das Finden der verborgenen Wahrheit = Erlösung)

Schatten: Anmaßung, Scheinheiligkeit, Intoleranz (der Teufel hinter der Maske der Erleuchtung)

Farben: Rotorange, dunkles Indigo, dunkles, warmes Oliv, sattes Braun (Liber 777)

Tierkreis: Stier. (Buch Thoth) Crowley sieht in dieser Karte die Erde in ihrer ausgeglichensten Form, weshalb der Thron des Hohepriesters von einem Stier und zwei Elefanten umgeben ist, in denen sich die Schwere der Materie besonders gut reflektiert.

Kurzbeschreibung: Der Hierophant ist eine exorbitante Gestalt. Durch seinen »inneren Auftrag Gottes« kontrolliert er die Äonen und seine Aura reicht von der Macht der alten ägyptischen Priester bis zum Massenauflauf auf dem römischen Petersplatz. Er hält sich für das Gefäß der Summe aller religiöser Wahrheiten und sieht sich über alle Zweifel erhaben, auch wenn er ohne Inhalt weniger als die Tonschale ist, die seinen eigenen Anspruch zusammenhält. Er verkündet den Menschen die Bilder, anhand derer sie lernen, sich die Welt mit ihm als Befreier vorzustellen, der gekommen ist, um sie aus ihrem eigenen Sündenpfuhl zu erlösen. Er ist der Überbringer göttlicher Wahrheiten sowie Meister des Okkulten, der mehr als nur ein paar Zufälligkeiten mit seinem patriarchalischen Bruder gemeinsam hat. Der Unterschied zum Kaiser liegt vor allem darin, dass er die Menschen nicht von außen beherrscht, sondern sie sozusagen von innen her missioniert, durch ihre eigenen Affirmationen dirigiert, die er ihnen vorgegeben hat. In einem Satz: Der Meister des Sermons ist entweder der Offenbarer tiefster Wahrheiten und verborgenster Geheimnisse oder der Besitzer der gespaltetsten Zunge, die der Tarot an verschlungenen Irrlehren für uns bereithält.

 

Analyse

Der Hierophant in der Erscheinung eines mesopotamischen Priester-Königs steht in einem komplementären Verhältnis zum Kaiser. Wenn jener die Projektion unseres inneren Elternbildes nach außen trägt, dann ist dieser ein Symbol der kontrollierenden Autorität des Patriarchats. Er stellt den religiösen Überbau dar, unter dessen schützendem Dach das in der Welt dominierende Prinzip des Kaisers überhaupt erst aufblühen kann.1 Sein Bestreben, die Dinge auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Zusammenhängen zu sehen, wird durch die geometrischen Formen unterstrichen. Es sind ineinander gefügte Fünfecke und Fünfsterne, in die der hohe Priester eingebettet ist, und in dessen Zentrum sich ein weiteres, kleineres Pentagramm befindet, das ein tanzendes, männliches Kind darstellt, was nach Crowley die Vereinigung des Mikrokosmos mit dem Makrokosmos darstellt.1

Diese Fünfecke symbolisieren die Perspektive oder das Fenster, aus dem der Oberpriester in den Kosmos schaut und nach einer Antwort sucht: Denn irgendwo muss sie ja stecken, die ultimative Wahrheit, die Weltformel, die ihm erklärt, wie die Schöpfung entstanden ist, was sie am laufen hält und welchen tieferen Gesetzen sie folgt. Dabei bedient er sich völlig wertfrei bei allen Religionen und Philosophien, denen er habhaft werden kann. Doch erst, wenn er merkt, dass er selbst das ist, was er sein eigenes Ziel nennt, und das sich in seiner Ausdehnung immer weiter von seinem Zentrum entfernt, das gleichzeitig wachsen muss, um sich seiner Ausdehnung bewusst werden zu können, wird er das Geheimnis lösen. Das zeigt die mit neun riesigen Nägeln um seine spirituelle Aura geschlagene Schlange2, die den geistigen Blindfleck genauso wie die Erkenntnis verkörpert (Taube am Schlangenende), denn manchmal verbirgt sich vor einem Menschen die Wahrheit, solange er in der göttlichen Erkenntnis nicht die Formel Jod – Caph entdeckt.2 Sein ungeliebter Schatten drückt sich im maliziösen Lächeln sowie in der linken Hand des Priesters aus, der die Ungläubigen mit seinen zu Teufelshörnern gespreizten Fingern erschrickt. Zusammen mit Taube und Schlange können wir in dieser Geste die verdrängte Wahrheit sehen, die er gerne unterschlägt, solange sie nicht mit seinem Selbstbild korrespondiert. Das kann im schlimmsten Falle auch bedeuten, dass er aufgrund seiner Mission die Menschen in seinen Bann reißt, damit sie ihm helfen, seine Vorstellungen zu tragen. Er, der den Weg erkannt hat, gibt den Menschen das Drehbuch vor, nach dem sie den Film drehen, in dem sie die Vision von Gott nach seiner eigenen Regie dann nach seiner Fertigstellung gemeinsam anschauen und auch glauben (als fixes Weltbild zementieren). Der Schlüssel zum Geheimnis dieser Karte heißt: Die Sehnsuchts-Allmacht des Hohepriesters bebildert die Sterne! (Oder – boshafter formuliert – veräppelt die Seelen!)

Nähern wir uns nun den Details. Der Priesterstab mit den drei Ringen steht für die obere Triade am Lebensbaum (Kether, Chokmah, Binah); auf der irdischen Ebene drückt er aber auch die drei Zeitalter von Isis, Osiris und Horus und damit die Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus.3 Des Hierophanten Thron ist von Elefanten umgeben und er sitzt auf einem Stier. Dieser Stier, der auf kultische Verehrung in antiken Religionen zurückgeht, stellt das Goldene Kalb dar, ein Kult, der im Alten Testament als Götzenbild bekämpft wurde.4 Um den Hierophanten herum gruppieren sich die vier Cherubim in den vier Ecken der Karte, die als geflügelte Wesen die Bundeslade bewachen. In der Bibel haben sie vier Gesichter: Mensch, Löwe, Stier und Adler, die in der christlichen Mythologie die vier Evangelisten vertreten. Sie sind auch die Vertreter für die vier Urstoffe Feuer, Wasser, Luft und Erde und werden mit den vier festen Zeichen des Tierkreises verbunden (Wassermann, Löwe, Stier und Skorpion). In der ägyptischen Sagenwelt verkörpern sie die Sphinx und in der kabbalistischen Tradition das JHVH-Tetragrammaton. Was sehen wir noch? Die fünf weißen, herzförmigen Rosenblätter seines Scheitelchakras stehen für geistige, durchscheinende Transzendenz, einen tiefen und unerschütterlichen Glauben an die allwissende Vorsehung und damit an alles, was er in seinem männlichen Weltbild als intuitiver Bannstrahl des Weiblichen empfängt. Die Schlange »in seinem Kopf« hat sich um seine Anima (im gematrischen Sinn ein Mädchen namens Rose) entrollt und Crowley suggeriert: Und auch lasst die Narren die Liebe nicht verwechseln; denn da gibt es Liebe und Liebe. Da ist die Taube, dort ist die Schlange. Wählet gut!5 Auch wenn er in dem, was er für die Göttin hält, nicht die Göttin, sondern nur sein Frauen-Suchbild erkennt, so gehört das, was er durch den Geist der Rosenblätter einatmet (Rose = Vagina), mit zum Feinsten, was er durch das Bild seiner Göttin aufnehmen kann.

Kommen wir zum Besten. Als diametrale Einsicht oder als ein unbewusster Teil aus einer anderen Raum-Wirklichkeit, als Ausschnitt der Sexualität im Licht verdrängten Erkennens oder im Geiste emotionaler Unberührbarkeit scheint die in einen dunkelblauen Mantel gehüllte und mit einem Schwert bestückte Hohepriesterin vor ihm auf, deren Haupt durch die Spitze des mittleren Pentagramms in einen erhellenden Lichtkegel getaucht wird.3 Sie ist die neuäonische Form des Hierophanten und kündigt bereits die gewaltige Veränderung an, die sich später in VIII – Ausgleichung manifestiert: die Priesterin, die nicht nur über, sondern auch mitten unter den Menschen steht. Mit der Sonne im Bauchgeflecht und dem Mond in der Hand empfindet sie männlich-aktiv-positiv und handelt weiblich-empathisch-negativ. Die Mondsichel zeigt, dass sie offen für persönliche Gefühle ist, ein Kind ihrer eigenen Sehnsucht, das in das Paradies zurückstrebt, aus dem sie einst verstoßen worden ist, und das sie auf Erden zu repräsentieren glaubt. Aus christlicher Perspektive verkörpert sie gar eine Maria Magdalena, die der hohe Priester dem Meister Jesus in die Arme legen möchte. Zumindest versucht er sie über die menschlichen Gefühle hinauszuheben, dass sie in der persönlichen Liebe den Hauch des Göttlichen spürt. Doch im Æon des Horus stellen sich die ganzen Energieflüsse um, denn Atu V ist eine Ankündigung des Unterganges des Patriarchats. Künftig wird alle Macht der Frau gegeben sein, die in Liebe unter Willen die Aufgaben des Hierophanten verrichtet (Atu VIII). Das alte Machtsystem wird sich in »Liebe ohne Willen« auflösen, und an seine Stelle wird ein natürliches Machtgefüge treten, das die Geschlechter verbindet und universell gültig ist. Etwas schlangenzüngiger formuliert wäre der Pontifex dann nur noch eine Art Reisebüro, in dem wir die Tickets buchen können, die uns in den Himmel zurückführen und bei regelmäßigem Training und der richtigen geistigen Haltung auch die göttliche Absolution garantieren.