Kollegien stark machen (E-Book)

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Kollegien stark machen (E-Book)
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Helmut Heyse, Bernhard Sieland

Kollegien stark machen – Schulen erfolgreich entwickeln

ISBN Print: 978-3-0355-1238-0

ISBN E-Book: 978-3-0355-1239-7

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com


Zusatzmaterialien und -angebote zu diesem Buch:http://mehr.hep-verlag.ch/kollegien_stark_machen

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Ziel dieses Buchs

Kapitelübersicht

Kapitel 1 Auf den Wandel antworten

1.1Herausforderungen

1.2Innovation und Schulentwicklung – eine Anforderung an das berufliche Selbstverständnis

1.3Entwicklungsarbeit als Lernprozess

1.4Zwei Varianten von Schulentwicklung

1.5Ansatzpunkte für die Stärkung der internen Ressourcen

Kapitel 2 Gelingensbedingungen für Entwicklungsarbeit

2.1Zyklus professioneller Entwicklungsarbeit

2.2Widerstände und Hindernisse bei der Entwicklungsarbeit

2.3Bereitschaft zur Mitarbeit an Schulentwicklungsprojekten fördern

2.4Salutogenese und Veränderungsbereitschaft

Kapitel 3 Leitbilder – Schulethos

3.1Leitbilder und subjektive Wirklichkeit

3.2Leitbilder ändern sich

3.3Leitbilder sind rollenspezifisch

3.4Leitbilder besitzen unterschiedliche Grade von Verbindlichkeit

3.5Leitbilder können zum Gefängnis werden: Innere Antreiber

3.6Leitbilder und Schulentwicklung

3.7Schulethos – Prüfstein für Alltagshandeln und Innovationen

Kapitel 4 Interaktion und Kommunikation

4.1Beeinflussen und beeinflusst werden

4.2Kommunikative und interaktionale Risiken

4.3Interaktion und soziale Grundbedürfnisse

4.4Interaktion und Emotionen

4.5Hilfen zum gegenseitigen Verständnis

4.6Schule – Lern-Ort der Interaktion und Kommunikation

4.7Interaktion und Gesundheit

Kapitel 5 Feedback als psychosoziale Ressource

5.1Professionelles Feedback

5.2Anerkennung, Wertschätzung und Dankbarkeit – gesundheitsdienlich und motivierend

5.3Kritikkultur als psychosoziale Leistungsvoraussetzung im Kollegium

5.4Fehlerkultur: Vorbedingung für Entwicklungsarbeit

Kapitel 6 Konstruktive Konfliktkultur

6.1Konfliktkultur und Schulklima

6.2Konfliktmanagement

6.3Destruktive Interaktion

6.4Mobbing – Handicap für ein Kollegium

Kapitel 7 Mitbestimmung und Partizipation

7.1Partizipation als gemeinsames Lösen von Problemen

7.2Partizipation und Macht

7.3Partizipation als psychosoziale Leistungsvoraussetzung

7.4Partizipation und Führungsstil

7.5Gelingensbedingungen für Partizipation

7.6Partizipation und Verantwortung

7.7 Chancen und Risiken von Partizipation

Kapitel 8Kooperation und Teamarbeit

8.1Ohne Kooperation und Teamarbeit ist Schulentwicklung nicht denkbar

8.2Bestimmungsstücke von Kooperation und Teamarbeit

8.3Besondere Bestimmungsstücke für Teamarbeit

8.4Strategische Arbeitsgebiete von Kooperation und Teamarbeit

Kapitel 9 Selbststeuerung – persönliches Verhaltensmanagement

9.1Selbstverantwortung und Mitverantwortung zum Erhalt und zur Förderung von Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit

9.2Selbststeuerung und Zufriedenheitsbilanz

9.3Selbststeuerung und Fremdsteuerung

9.4Wege zur Selbststeuerung

9.5Ansatzpunkte für Selbststeuerung

9.6Riskante Formen von Selbstregulation

9.7Maßnahmen gegen riskante Selbstregulation

9.8Selbststeuerung und der psychologische Vertrag

Kapitel 10 Salutogen unterrichten – entlastende Unterrichtsgestaltung

10.1Einflussfaktoren auf Unterricht und Klassenführung

10.2Salutogene Gesichtspunkte als Leitmotive für das Lehren und Lernen

10.3Leitbilder für guten Unterricht klären

10.4Selbstorganisiertes kooperatives Lernen

 

10.5Salutogene Störungsintervention

10.6Störungspräventive Klassenführung

10.7Emotionen im Unterricht verstehen und steuern

Schlusswort

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

Wenn die Welt weitergeht, kann Schule nicht stehen bleiben.

Schule ist im Zwiespalt, traditionelle Bildung weiterzutragen und gleichzeitig die Kinder und Jugendlichen darauf vorzubereiten, ein selbstbestimmtes, beglückendes und erfolgreiches Leben in einer Welt und Gesellschaft zu führen, die sich ständig und schnell wandelt und sie vor neue Herausforderungen stellt.

Der Wandel verlangt von der Schule, mit ihrem Bildungsangebot zu antworten. Wir dürfen nicht mit Vorstellungen und Methoden von gestern die Kinder und Jugendlichen auf die Welt von heute und morgen vorbereiten. Z. T. werden diese Anpassungen gesellschaftlich/bildungspolitisch angeordnet (z. B. Inklusion). Die Schulen müssen aber auch eigeninitiativ auf lokale Veränderungen reagieren.

Dazu sind einige Voraussetzungen erforderlich. Ohne ausreichend qualifizierte Lehrpersonen, ohne angemessenes Zeitbudget für Beratung und Kooperation, zeitgerechte materielle und technische Ausstattung der Schulen, spezifische Ausbildung des Führungspersonals, lernfreundliche Gebäude und Räumlichkeiten etc. werden sich Schulen und Kollegien auf diesen Wandel nicht einstellen können.

Für diese Voraussetzungen, wir nennen sie hier «externe Ressourcen», sind vorrangig Bildungspolitik, Schuladministration und Schulträger zuständig. Sie werden jedoch im Vergleich zu den hohen Anforderungen und Erwartungen an die Leistungsfähigkeit der Lehrerinnen und Lehrer in der Regel nur zögerlich zugestanden. Dies kann die einzelne Schule in eigener Regie nicht ausgleichen. Damit geht die Bewältigung des Wandels überwiegend auf Kosten der Lehrpersonen, der Schülerschaft und der Schulleitungen.

Der Wandel bedeutet eine permanente Herausforderung. Lehrerinnen und Lehrer müssen sich auf veränderte Schüler- und Elternschaft einstellen und dafür neue Lehrinhalte und Methoden entwickeln, Personal-Engpässe ausgleichen, «Quereinsteiger» integrieren und sich so neben den unterrichtlichen Verpflichtungen zunehmend für die Weiterentwicklung ihrer Schule engagieren; kurz: sie sehen sich immer mehr Forderungen und Belastungen ausgesetzt.

Alle sagten: «Das geht nicht!»

Da kam einer, der wusste das nicht

und hat es einfach gemacht!

Ziel dieses Buchs

Wie können Lehrerinnen und Lehrer diesem Veränderungsdruck gewachsen sein?

Sie, verehrte Leserinnen und Leser, können die externen Ressourcen wenig beeinflussen; das ist allenfalls Sache von Lehrerverbänden und der Politik. Auch die Lektüre dieses Buchs wird daran wenig ändern.

Deswegen wollen wir Sie mit diesem Buch darin unterstützen, sich Ihrer gemeinsamen schulinternen Energieressourcen bewusst zu werden, sie zu pflegen und auszuweiten – schulinterne Ressourcen, die Ihnen Erfahrungen von kollegialer Selbstwirksamkeit ermöglichen und es Ihnen erleichtern, Ihren täglichen unterrichtlichen Aufgaben und der Zusatzpflicht «Innovation und Schulentwicklung» energieschonender gerecht werden zu können.

Solche schulinterne Ressourcen sehen wir zum einen in sachgerechten und gesundheitsfreundlichen Arbeitsbedingungen an Ihrer Schule. Damit sind nicht Klassengrößen, Stundenkontingente usw. gemeint, die Sie nicht verändern können, sondern organisatorische, strukturelle Arrangements, die Sie intern regeln können, z. B. Unterrichtsorganisation, Zeitmanagement, Informationspolitik.

Zum anderen und vor allem halten wir psychosoziale Kompetenzen – wir nennen sie auch «psychosoziale Leistungsvoraussetzungen» – für die entscheidenden individuellen und kollegialen Energiequellen, um die komplexen Anforderungen des Lehrerberufs bewältigen zu können. Darunter verstehen wir u. a. wertschätzende Interaktion und Kommunikation, effiziente Kooperation und Teamarbeit, konstruktives Konfliktmanagement, aufbauende Feedback-, Kritik- und Fehlerkultur, Dankbarkeit und Anerkennung, transparente Partizipation, gemeinsame Leitbilder und ein für alle verbindliches Schulethos.

Das sind eigentlich selbstverständliche Voraussetzungen für eine gute gesunde Schule. Allerdings werden sie im täglichen Betrieb wie auch im Privatleben permanent strapaziert. Deswegen bedürfen diese psychosozialen Ressourcen der ständigen Wartung. Lehrpersonen und Kollegien, die diese psychosozialen Ressourcen erkennen, pflegen und fördern, erleichtern ihren Alltag, stärken ihre Leistungsfähigkeit und sichern ihre Berufszufriedenheit und Gesundheit. Ähnlich wie in anderen anspruchs- und verantwortungsvollen Berufen, etwa bei Piloten, sollten auch im Lehrerberuf die entscheidenden Kompetenzen immer wieder aufgefrischt und trainiert werden. Das ist im Selbstverständnis von Lehrerinnen und Lehrern unstreitig, was die unterrichtsfachlichen Befähigungen angeht. Weniger einvernehmlich wird das in Bezug auf die psychosozialen Leistungsvoraussetzungen gesehen. Diese müssen aber noch mehr als die Fachkenntnisse gewartet und gepflegt werden. Denn ihre Vernachlässigung macht sich in der Schule mit besonderer Breitenwirkung bemerkbar. Schließlich wird Schule nicht in erster Linie durch Mathematik, Deutsch, Kunst und Biologie konstituiert, sondern durch die Art und Weise, wie Interaktion und Kommunikation, Kooperation und Feedback, Partizipation und Schulethos individuell und kollegial gehandhabt werden, d. h. vor allem durch das Miteinander.

Paradoxerweise besteht auch dann ein Risiko, wenn sich diese psychosozialen Leistungsvoraussetzungen an einer Schule auf einem hohen Niveau befinden. Zu schnell geraten sie als Selbstverständlichkeit aus dem Blick und bekommen – wie in einer alten Beziehung – nicht die pflegliche Aufmerksamkeit, die zu ihrem Erhalt notwendig wäre. Deswegen sollte es zu den Ritualen eines Kollegiums gehören, immer wieder mal innezuhalten und sich der schulinternen Ressourcen zu vergewissern.


•Welche dieser psychosozialen Ressourcen sollten an Ihrer Schule vorrangig gestärkt werden?
•Auf welche Ressourcen können Sie sich gut verlassen?
•Welche Belastungsfaktoren sollten endlich angegangen werden?

Jedes Mitglied der Schulgemeinschaft, vor allem die Schulleitung, aber auch die Eltern- und Schülerschaft müssen ein Interesse an permanenten «Wartungsarbeiten» dieser Ressourcen für eine gute, gesunde Schule und zum Erhalt von Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Arbeits- bzw. Berufszufriedenheit haben. Einer Schule ist es ja nicht möglich, wie bei einem sanierungsbedürftigen Gebäude, den Betrieb eine Weile zu schließen, um Fehlentwicklungen oder Vernachlässigungen zu korrigieren. Die Pflege muss bei laufendem Betrieb erfolgen, das Trainingsfeld ist der tägliche Umgang miteinander. Damit soll jetzt nicht zusätzlicher Leistungsdruck erzeugt werden, wohl aber eine Sensibilität, diese Kompetenzen im Alltagsgeschäft zu beachten und zu pflegen.

Dieses Buch bietet eine Fülle von Anregungen zur individuellen und kollegialen Stärkung dieser psychosozialen Leistungsvoraussetzungen. Dabei empfehlen wir, sich nicht unrealistisch auf das Wünschbare zu konzentrieren, sondern zunächst das Machbare anzugehen, auch wenn das vielleicht desillusionierend ist. Wir stellen uns vor, dass die Leserinnen und Leser für sich persönlich und mit Blick auf ihr Kollegium prüfen, wo ein objektiver Entwicklungsbedarf oder ein Entwicklungsbedürfnis besteht. Nicht minder wichtig ist uns, dass auch Bereiche identifiziert werden, in denen gute und zufriedenstellende Bedingungen bestehen; daraus kann man Ermutigung und Kraft ziehen.

Sofern Interesse geweckt wird, sehen wir folgende Wege, sich mit den psychosozialen Ressourcen kollegial näher zu befassen:

•Ein Kollegium beschließt, eine gemeinsame Fortbildung zu veranstalten (pädagogischer Tag, Studientag …), z. B. zum Thema «wertschätzende Kommunikation». Damit sich möglichst viele an vertiefendem Transfer in den normalen Alltag beteiligen, sollten Themen ausgewählt werden, von denen sich das Kollegium eine besonders positive Wirkung verspricht. Vielleicht entwickelt sich daraus ein längerer Prozess mit externer Unterstützung/Beratung/Supervision/Coaching …, z. B. durch Schulpsychologische Dienste. Denn psychosoziale Kompetenzen wie Teamarbeit lassen sich nicht so einfach erwerben; sie brauchen Übung, Hilfe, Korrektur, und sie müssen gegen Widerstand und Bequemlichkeit behauptet werden.

•Einige Lehrpersonen finden sich zusammen, um für sich selbst, aber mit Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen die ein oder andere Kompetenz zu verbessern, z. B. Feedback-Geben und -Nehmen. Wir sprechen hier von «Start-ups» oder anderen kollegialen Lernformen (Supervision, Kollegiale Fallberatung, KESS[1]). Wenn diese Gruppe für sich zufriedenstellende Ergebnisse und Sicherheit erreicht hat, könnte sie ihre Erfahrungen als Anregung in das Kollegium tragen und weitere Interessenten suchen.

•Mitglieder von Schulleitungen tun sich zusammen, um ihre Führungskompetenz zu verbessern, z. B. in Sachen Partizipation, Kooperation.

Viele Entwicklungsanliegen können engagierte Kolleginnen und Kollegen in Eigenregie bewältigen; manchmal braucht es externe Spezialisten für besondere Diagnosen und unterstützende Maßnahmen. Beginnen Sie mit dem, was Ihnen für Ihre Schule sinnvoll, notwendig und erfolgversprechend erscheint. Das ein oder andere kann man auch gleichzeitig und unabhängig voneinander in Angriff nehmen.

Darüber hinaus steht es selbstverständlich jedem frei, sich mithilfe unserer Anregungen selbstgesteuert weiterzuentwickeln (→ Kapitel 9; siehe dazu auch Sieland & Heyse, 2010; Heyse, 2011, 2016).


Hinweis: Lassen Sie sich Zeit beim Lesen! In den Kapiteln streuen wir immer wieder themenbezogene Denkanstöße ein, mit denen man auch im Kollegium nach praktikablen Verbesserungsmöglichkeiten suchen kann. Wir regen die Leserinnen und Leser an, jede/n einzelne/n und als Kollegium, die Gedanken in diesem Buch immer wieder unter der Perspektive zu reflektieren, wie die jeweiligen Themen an ihrer Schule gehandhabt werden und welche Erfahrungen sie damit machen. Sie könnten sich bei jedem Kapitel fragen: «Was davon sollten wir nutzen, um unsere Schule qualitativ auf einem guten Stand zu halten und um gesundheitsfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen?» – «Wo stehen wir schon gut da, wo sollten wir nacharbeiten?» – «Wie können wir davon profitieren, um unsere internen Ressourcen zu stärken, unsere Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Arbeitszufriedenheit zu fördern und unnötige Belastung für uns und die Schülerschaft zu reduzieren?»

Kapitelübersicht

Die Abbildung 1 zeigt eine Übersicht über die Kapitel des Buches.


Abbildung 1: Kapitelübersicht


Hinweis: Kapitelübersicht und Arbeitshilfen
In den ersten beiden Kapiteln geht es darum, wie Schulen auf die Herausforderungen antworten, die der Wandel in der Gesellschaft und im Umfeld von Schulen mit sich bringt, und unter welchen Bedingungen ihnen das mithilfe von Projekten und dgl. gut gelingen könnte.
In weiteren Kapiteln widmen wir uns acht Themenfeldern bzw. schulinternen Ressourcen, die wir für eine erfolgreiche und gesundheitsfreundliche Erledigung der Tagespflichten und der Mitarbeit an Veränderungsprojekten für bedeutsam erachten. Anstelle einer inhaltlichen Beschreibung formulieren wir dazu jeweils einige thematische Fragen. Damit können Sie herausfinden, ob das Kapitel für Sie selbst und Ihr Kollegium interessant sein könnte.
In Abbildung 2 am Ende dieses Kapitels können Sie eintragen, wie wichtig Ihnen Verbesserungen in dem Bereich sind, der in dem jeweiligen Kapitel angesprochen wird.
Wir haben uns bemüht, die Kapitel so zu schreiben, dass sie weitgehend voneinander unabhängig gelesen werden können. Sie als Leserinnen und Leser sollen selbst entscheiden, womit Sie sich beschäftigen wollen. Das ermöglicht Ihnen zwar auszuwählen, aber dadurch lassen sich Redundanzen im Text nicht ganz vermeiden. Wir waren jedoch bestrebt, durch Querverweise Bezüge zu anderen Kapiteln herzustellen.2
Am Ende der Kapitel bieten wir Ihnen jeweils zusammenfassend einige Fragen, die Sie vielleicht im Kollegium, mit Schülerinnen und Schülern und in Elternbeiräten ansprechen könnten.
Wir verweisen im Text an passender Stelle auf Arbeitshilfen, die Sie von der Internetseite des hep-Verlags herunterladen können (http://mehr.hep-verlag.com/kollegien_stark_machen). Auch Abbildung 2 können Sie von dort herunterladen und ausdrucken. Es steht Ihnen frei, diese Arbeitshilfen für Mitglieder Ihres Kollegiums, die nicht über das Buch verfügen, auszudrucken und sich zu dem jeweiligen Thema auszutauschen.
Darüber hinaus bieten wir Ihnen dort auch eine Liste mit den Links, die in diesem Buch genannt werden, sowie eine Sammlung von Webadressen zum Thema dieses Buches.

1. Auf den Wandel antworten [2]

 

Gesellschaftliche, politische, regionale und schulinterne Entwicklungen und Umbrüche verlangen von der Schule Antworten. Lehrerinnen und Lehrer müssen sich fragen, wie sie es schaffen können, sich immer wieder veränderten Bedingungen anzupassen und ihre Schule auf dem Stand der fachlichen Diskussion und der gesellschaftlichen Herausforderungen zu halten. Es werden drei Ansatzpunkte diskutiert. Wie steht Ihre Schule diesbezüglich da? (→ Abbildung 2)

2. Gelingensbedingungen für Entwicklungsarbeit

Die Anpassung an den Wandel verlangt Entwicklungsarbeit und professionelles Problemlösen. Dem stehen zahlreiche Risiken, Hindernisse und Erschwernisse entgegen, wie sie jedwede Veränderung des Status quo mit sich bringt. Es müssen bestimmte Gelingensbedingungen beachtet werden. Wir machen Vorschläge, wie man mit Änderungsresistenz konstruktiv umgehen kann, und erläutern Strategien zur Förderung der Änderungsbereitschaft/-motivation im Kollegium. Die Ausführungen sollen das Kollegium und die Schulleitung für diesbezügliche Stärken und Schwächen sensibilisieren – auch in ihrer Alltagspraxis. Das Konzept der Salutogenese kann dabei helfen. Wie steht Ihre Schule diesbezüglich da? (→ Abbildung 2)

3. Leitbilder und Schulethos

Haben wir Leitbilder für unsere pädagogische Arbeit, die uns persönlich, aber auch gemeinsam motivieren, an denen wir unser Tun orientieren können und die bei aller alltäglichen Mühe und Routine Sinnerfahrungen ermöglichen? Sind diese Leitbilder handlungsrelevant formuliert?

Kennen die Schülerschaft, das Schulpersonal und die Schüler-Eltern ihre Rollenpflichten? Ist gut geklärt, was sie von sich selbst und ihren Interaktionspartnern erwarten? Sind die Erwartungen leistbar? Sehen wir diesbezüglich Verbesserungsbedarf bei der Schülerschaft, im Kollegium, bei der Schulleitung, bei der Akzeptanz seitens der Eltern?

Haben wir uns auf ein Schulethos einigen können, hinter dem alle Mitglieder der Schulgemeinde stehen? Wird es in Ritualen und Regeln gelebt? Wird es evaluiert? (→ Abbildung 2)

4. Interaktion und Kommunikation

Wie gehen wir miteinander um? Pflegen wir eine aufbauende Interaktion und wertschätzende Kommunikation?

Reden wir offen miteinander? Kennen wir die Fallstricke in unserem täglichen Miteinander? Wissen wir, wie wir unsere Interaktion und Kommunikation zufriedenstellend und gesundheitsfreundlich verbessern können? Nutzen wir professionelle Feedback-Formen wie Blitzlicht und Metakommunikation, wenn die Kommunikation schwierig wird? Leisten wir gegenseitig Unterstützung in schwierigen Situationen? Welche Wünsche haben wir zur Verbesserung unseres Miteinanders in der Klasse und im Kollegium? Ist uns bewusst, dass Schule auch ein Lern-Ort für Interaktion und Kommunikation ist? (→ Abbildung 2)

5. Feedback als kollegiale Ressource

Sind wir darin geübt, wertschätzend (auch kritisches) Feedback zu geben und interaktionsfreundlich zu verarbeiten? Halten wir uns an die Grundprinzipien konstruktiver Kritik? Sind wir den emotionalen Herausforderungen von Kritik gewachsen? Bemühen wir uns um eine aufrichtige Anerkennungs- und Wertschätzungskultur – untereinander, mit der Schülerschaft und den Eltern? Können wir Dankbarkeit für Alltägliches empfinden und zum Ausdruck bringen? Wie steht es mit unserem Umgang mit Fehlern? Haben wir ein funktionierendes Fehlermanagement? Wie können wir die Fehlerrisiken in unseren Arbeitsbedingungen reduzieren? (→ Abbildung 2)

6. Konstruktive Konfliktkultur

Können wir konstruktiv damit umgehen, dass das Zusammenleben in der Schule auch eine permanente Konfliktquelle ist? Ist unser Konfliktmanagement befriedigend entwickelt? Werden Konflikte angesprochen und auf Augenhöhe diskutiert? Wie oft führen Sachkonflikte zu Beziehungskonflikten, Kränkungen und persönlicher Feindschaft? Können wir uns gegen destruktive Interaktion im Kollegium wehren? Gibt es offene oder verdeckte konfrontative Koalitionen und Gruppenkämpfe? Haben und nutzen wir Regelungen für die Mediation und Streitschlichtung? Gibt es bei uns Mobbing? Wissen wir, wie dagegen vorzugehen ist? (→ Abbildung 2)

7. Mitbestimmung und Partizipation

Sind sich alle bewusst, dass Schule nur als Gemeinschaftswerk qualitativ gut und gesundheitsfreundlich funktionieren kann? Auf welche Weise und in welchem Umfang werden an unserer Schule das Kollegium, die Eltern, die Schülerschaft in Entscheidungen einbezogen? In welchen Feldern gibt es Nachholbedarf an Partizipation? Wie lässt sich das Kollegium auf Partizipation ein? Wie stehen wir zu Macht und Verantwortung? Haben wir Strukturen zur Beteiligung, Meinungsäußerung und zur Entscheidungsfindung? Gibt es dazu Verbesserungsbedarf? Welche Gelingensbedingungen sind für Partizipation zu beachten? (→ Abbildung 2)

8. Kooperation und Teamarbeit

Ist uns allen klar, dass die Anpassung unseres schulischen Angebots und die Stärkung unserer Leistungsvoraussetzungen eine Aufgabe ist, die nur in Kooperation und Teamarbeit zu leisten ist? Können wir uns auf Ziele einigen und Probleme gemeinsam angehen? Nutzen wir Formen der kollegialen Beratung für Lehrkräfte und Schüler? Kennen wir die Gelingensbedingungen von Kooperation und Teamarbeit? Gibt es feste Kooperationsstrukturen für die gemeinsame Schul-Entwicklungsarbeit? Wie steht es mit der Qualität unserer Konferenzen? (→ Abbildung 2)

9. Selbststeuerung – persönliches Verhaltensmanagement

Ist jedem Mitglied im Kollegium bewusst, dass die Art und Weise, wie er/sie mit sich selbst umgeht, auch Einfluss auf die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Kolleginnen und Kollegen hat? Ist die Selbststeuerung stabil genug, um Emotionen kontrollieren und Konflikte konstruktiv bearbeiten zu können? Sorgt jede/r für eine positive Energiebilanz und tägliche Regeneration und vermeidet energetische Überforderung? Wie können wir Selbststeuerung kollegial unterstützen? Sind sich alle über die Wirkungen ihrer psychologischen Verträge bewusst? Gibt es ein Risikobewusstsein für innere Kündigung? (→ Abbildung 2)

10. Salutogen unterrichten – entlastende Unterrichtsgestaltung

Wie können Unterricht und die Arbeit mit Klassen salutogen gestaltet und organisiert werden? Was könnte Lehrpersonen entlasten und zugleich die Schülerinnen und Schüler motivieren? Wie steht es mit der Qualität des Classroom-Managements der Lehrperson? Stimmen sich die Lehrpersonen einer Klasse ausreichend ab? Ist den Schülerinnen und Schülern ihre Mitverantwortung für ihren Lernprozess bekannt? Wissen sie, welche Leistungen und welches Verhalten man von ihnen erwartet? Ist ihnen bewusst, was sie von sich selbst, den Mitschülern und den Lehrpersonen erwarten? Haben sie ein motivierendes Leitbild für sich selbst? Welche Formen von Partizipation stärken ihre Zufriedenheit und Verantwortungsübernahme? Brauchen die klasseninterne Kooperation, Interaktion und Kommunikation neue Impulse? (→ Abbildung 2)


•Finden Sie es nach den Orientierungsfragen wichtig, den angesprochenen Ressourcenbereich zu verbessern? Tragen Sie im Spinnennetz von Abbildung 2 ein: 0 = unwichtig, 1 = eher unwichtig, 2 = eher wichtig, 3 = sehr wichtig.


Abbildung 2: Spinnennetzdiagramm für Entwicklungsbedarf/-bedürfnis für Sie selbst oder für Ihre Schule

Auswertung des Spinnennetzdiagramms

Themenbereiche, bei denen Sie wenig Verbesserungsbedarf sehen (0), können Sie als Ressource betrachten, als verlässliche Aktivposten für Ihre Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit. Andere, bei denen Sie Verbesserungen als sehr wichtig (3) einschätzen, dürften von besonderem Interesse sein und in den Fokus für Veränderungen rücken.

Wenn ein Kollegium oder Gruppen im Kollegium unseren Appell aufgreifen, kann es bzw. können sie mit der Arbeitshilfe 0.1 selbst die Schwerpunkte setzen.

Allerdings empfehlen wir, nicht unbedingt mit dem Bereich anzufangen, in dem Sie die größten Defizite sehen. Dort könnte ein sichtbarer Effekt möglicherweise länger auf sich warten lassen; das entmutigt und schwächt die Veränderungsmotivation sowie das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Andererseits kann es auch Sinn machen, auf dem Gebiet Fortschritte zu erarbeiten, auf das möglichst viele ihre Hoffnung setzen.

Lehrpersonen bzw. Kollegien, die sich erstmals an die Verbesserung kollegialer psychosozialer Kompetenzen herantrauen, empfehlen wir, das zunächst im Unterricht mit den Schülerinnen und Schülern zu erproben, bevor sie risikoreiche Versuche im Kollegium beginnen.


Bevor Sie in die Themen einsteigen, regen wir an, eine Übersicht anzulegen: •Welche Veränderungsmaßnahmen fangen derzeit an Ihrer Schule an oder sind geplant? An wen richten sich diese Projekte? •Welche Wünsche haben die Schulleitung und die Kolleginnen und Kollegen in Bezug auf die Projekte? •Was macht dabei Probleme und was geht gut? •Mit welchen Belastungen sind die Projekte verbunden? •Welche positiven und negativen Folgen erwarten Sie für die Qualität Ihrer Bildungs- und Erziehungsarbeit? •Welche Konsequenzen für die Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Lehrkräfte und der Mitglieder der Schulleitung sind zu erwarten/erhoffen/befürchten? (Arbeitshilfe 0.2).