Der Einzelgänger- Seine Aufzucht und Pflege

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Der Einzelgänger- Seine Aufzucht und Pflege
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Der Einzelgänger







Impressum







Über die Autorin







Widmung







Vorwort







Einmal Einzelgänger – immer Einzelgänger!







Ein seltsamer Säugling







Kleinkind mal anders







Schulische Alleingänge







Der Einzelgänger und die Pubertät







Gesellschaftlicher Super-GAU







Einzelgänger und Ehepartner?







Berufswahl – was eignet sich überhaupt?







Vor sich selbst!







Allein im Heim







Gebrauchsanleitung für Angehörige und Freunde







1 – Absolute No Go‘s







2 – Der Eremit als verlässlicher Mensch







3 – Sind Einzelgänger intelligent – oder krank?







4 – Tipps und Tricks für den gelungenen Umgang







Fazit







Anhang







Frage 1







Frage 2







Frage 3







Frage 4







Frage 5







Frage 6







Frage 7







Frage 8







Frage 9







Frage 10







Auflösung zu den Testfragen







Auswertung









Der Einzelgänger





seine Aufzucht und Pflege





ein unterhaltsamer Ratgeber von



Andrea Ross





XOXO Verlag







Impressum











Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://www.d-nb.de

 abrufbar.





Print-ISBN: 978-3-96752-021-7



E-Book-ISBN: 978-3-96752-521-2





© Umschlag: Alexander Etz, Lemon Art Design


www.lemonartdesign.com



© Lizenz Foto Umschlag: 123rf.com



© Grafiken Innenteil: Lemon Art Design





Buchsatz: Alfons Th. Seeboth





Rechtlicher Hinweis:



Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten rund um diesen Roman sind, abgesehen freilich von real existierenden Ortschaften, frei erfunden. Dasselbe gilt bezüglich der beschriebenen Vorgänge bei Behörden sowie anderen Institutionen oder Firmen. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Menschen sowie deren Vereinigungen sind von der Autorin nicht beabsichtigt und wären daher rein zufällig.



Selbstverständlich gilt letzteres nicht für ›Öffentliche Personen‹ aus der Politik.





Hergestellt in Bremen, Germany (EU)





XOXO Verlag



ein IMPRINT der EISERMANN MEDIA GMBH



Gröpelinger Heerstr. 149



28237 Bremen




»Als

Einzelgänger

werden Individuen einer Gemeinschaft bezeichnet, die ihre eigenen Wege gehen, das heißt, die inmitten dicht geknüpfter sozialer Netzwerke wenig bis gar keine Interaktionen mit Anderen pflegen oder die Interaktion beispielsweise auf das beruflich Notwendige beschränken.



Da zahlreiche soziale Kontakte in Gemeinschaften als »selbstverständlich« gelten, erwecken die Einzelgänger Befremden, das sich je nach der Mentalität der Gemeinschaft unterschiedlich äußern kann, etwa in Argwohn oder Scheu.«







Aus Wikipedia















Über die Autorin











Die Autorin Andrea Ross besitzt seit Anfang 2004 die Zulassung als Heilpraktikerin für Psychotherapie. Dennoch wurde dieser Ratgeber nicht als rein wissenschaftliche Abhandlung, sondern vielmehr als hilfreicher Beipackzettel für den Umgang mit Einzelgängern geschrieben.







Widmung







Dieser Band ist den fünf liebenswertesten Einzelgängern gewidmet, die ich kenne:





meinem Vater

Klaus-Werner

meinen Kindern

Suzann und Patrick

meinem Lebensgefährten

Alexander

und meinem dienstältesten Freund





Hubert »Buddha«





























Bitte bleibt, wie ihr seid!









»Ich bin nirgends so alleine wie in einem Raum mit vielen Menschen … «







Schweisser, Album »Eisenkopf«







Vorwort





Sie leben mitten unter uns, meist unerkannt. Kein Etikett, kein Warnhinweis zeichnet diese Spielart des Homo sapiens als das aus, was sie nun einmal sind: Einzelgänger. Und doch merkt jeder, der ihnen begegnet, eines recht schnell und zuverlässig: er oder sie verhält sich irgendwie … anders!





Einzelgänger sind nicht etwa unhöflich, stoffelig oder komplett unnahbar, oh konträr! Der erste Eindruck ist sogar meistens der eines sehr charmanten, äußerst eloquenten und sozial kompetenten Individuums. Erst im weiteren Verlauf eines Kontakts outet er sich als Exemplar dieser extravaganten Gattung und stellt seine anders strukturierten Mitmenschen vor schier unlösbare Probleme.





Ich spreche hier zwar immer von »dem« Einzelgänger, aber selbstverständlich meine ich damit männliche

und

weibliche Vertreter, denn es gibt sie eindeutig in beiden Geschlechtern. In den weiteren Kapiteln dieses Werkes werde ich diese Darstellung so beibehalten, denn nichts finde ich holpriger beim Lesen, als dieses heute oft bemühte »Einzelgänger/in«, welches uns Frauen angeblich vor einer respektlosen Diskriminierung durch das übermächtige Patriarchat bewahren soll. Da ich selbst eine Frau bin, kann ich mir vermutlich ohne weiteres erlauben, nicht ständig auf die weibliche Seite der Medaille verweisen zu müssen.





Möge Ihnen dieses Buch einen Einblick in das komplizierte Seelenleben der Einzelgänger in Ihrem Umfeld erlauben – denn wer mit einem Einzelgänger adäquat umgehen kann, dem wird er es lebenslang danken!





Ihre Autorin Andrea Ross







Einmal Einzelgänger – immer Einzelgänger!













Ein seltsamer Säugling





Man sagt, Einzelgänger würden schon als solche geboren. Kaum erblickten sie das Licht der Welt, wären sie ständiger Gesellschaft anderer Menschen schnell überdrüssig.



Abgesehen von Mama, natürlich! Jemand muss ja gelegentlich den Hintern trocken legen. So ein bis zwei Menschen in seiner Nähe zu haben, ist grundsätzlich überschaubar und ganz nett. Sogar für erklärte Individualisten. Doch mehr davon?



Gehen Sie mal in eine ganz normale SäuglingsStation, ganz egal wo. Beobachten Sie die neugeborenen Kinder aufmerksam. Aber nur diejenigen, welche in Grüppchen zusammen liegen.



Während der weitaus größere Teil sich nichts daraus macht und vielleicht sogar gelegentlichen Körperkontakt oder die Geräusche der in der Nähe liegenden Babys genießt, werden andere schon nach kürzester Zeit unleidig. Sie setzen mithilfe ihres noch sehr kleinen Köpfchens alles daran, schnellstens umquartiert zu werden.



Glauben Sie nicht? Dann haben Sie wahrscheinlich noch nicht die Bekanntschaft eines Einzelgänger-Säuglings gemacht!



Ich schon. Zwei davon habe ich sogar höchstpersönlich geboren. Die allerersten Tage verlaufen so oder ähnlich: Während andere Mütter die Kinder am Abend der Schwester mitgeben können, damit sie gemeinsam im Kinderzimmer übernachten, findet die Mutter eines Mini-Einzelgängers über Nacht keine Ruhe. Nach spätestens einer Stunde gibt jede noch so abgebrühte Kinderkrankenschwester entnervt auf.

 



Wie oft habe ich doch folgenden Satz vernommen: »Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen den kleinen Racker gleich wieder zurückbringen! Er weint ununterbrochen, gibt überhaupt keine Ruhe. Der weckt uns sonst alle anderen auch noch auf!«



Zuerst macht man sich Sorgen. »Stimmt mit meinem Baby etwas nicht, hat es Schmerzen? Oder Hunger vielleicht?«



Weit gefehlt! Auch die Wunschvorstellung, das Kind liebe halt schon zu Beginn seines Lebens die Mama so sehr, dass es sich ohne sie nicht mehr wohlfühlt, hat schnell ausgedient. Der



»kleine Racker« stellt sein Geschrei nämlich augenblicklich ein, wenn er alleine in seinem Bettchen liegen darf – fernab von anderen Kindern. Entweder das, oder im Arm der Mutter, während die sich liebevoll ausschließlich um ihn kümmert. Die Schwester schüttelte in unserem Fall nur mitleidig den Kopf.



Nicht nur einmal habe ich mir während dieser recht anstrengenden Krankenhaus-Aufenthalte nach der Geburt meiner beiden älteren Kinder insgeheim gedacht:



»Das kann ja heiter werden! Wenn das jetzt so weiter geht, bis er/sie 18 Jahre alt ist?!«



Mein Sohn hat es geschafft, die beschriebene Prozedur eine volle Woche lang durchzuziehen. Bis ich schon gar nicht mehr wusste, wie sich Schlaf überhaupt anfühlt. Die anderen Frauen saßen entweder fröhlich, oder mit der berühmten Baby-Depression im Bett, während ich zu Emotionen kaum fähig war. Ich fühlte mich einfach nur müde und zerschlagen.



Den interessantesten Auftritt hat sich mein Söhnchen aber bis zum Schluss aufgespart. Als sich seine Haut leicht gelblich verfärbte, wollte man ihn für zwei bis drei Tage unter ein LichtTherapiegerät legen. Eine leichte Gelbsucht sei normal, beruhigte mich der Arzt. Kein Grund zur Sorge. Das Bürschchen bekomme jetzt eine Art flauschige Augenbinde, dann dürfe er bei wohliger Wärme in einem Glaskasten von den Malediven träumen.



Klar, ein bisschen Strand-Feeling hätte Patti wahrscheinlich bestens gefallen. Die Augenbinde hatte auch die Form einer coolen Sonnenbrille, was äußerst witzig aussah. Das Dumme war nur, dass Patti nicht der Einzige war, der eine Gelbsucht ausgebrütet hatte. So kam es, dass an jenem Tag gleich vier Säuglinge unter der Lampe lagen, nebeneinander geschlichtet wie Touristen an einem spanischen Strand mitten im Juli.



Raten Sie mal, wer es wohl schaffte, diesen paradiesischen Teutonengrill innerhalb kürzester Zeit zu sprengen? Richtig. Pattis Auftritt kann unter Berücksichtigung seines Alters von gerade mal fünf Tagen wohl als spektakulär bezeichnet werden.



So zwei bis drei Minuten benötigte er für seine Orientierung. Wie er mit seiner blickdichten Sonnenbrille so dalag, schien er zu überlegen, warum man ihm eigentlich die Augen verbunden hatte. Er strampelte ein bisschen, wirkte ganz entspannt. Bis er das erste Geräusch von der Nachbarin zu seiner Linken vernahm. Klein Ann-Kathrin gab ein zartes »Brrr – g!« von sich.



Patsch! Pattis linke Rückhand klatschte ihr quer über die Nase. Zufall? »Quatsch, das kann er nicht absichtlich gemacht haben!«, dachte ich mir amüsiert.



Wenige Sekunden später dasselbe Bild zur Rechten: Jetzt meinte das nur drei Tage alte Mäxchen, herzhaft gähnen zu dürfen. Bis ihn die Rechte meines Sohnes stattdessen zum Weinen brachte.



Ich holte die Schwester aus dem Wickelzimmer. Fragte, ob es denn wirklich eine gute Idee wäre, Patti zwischen die anderen Kinder zu platzieren? Die winkte nur fröhlich ab. »Ach, das Kind gewöhnt sich schon daran! Gehen Sie ruhig in Ihr Zimmer, ich kümmere mich drum!«



Leicht beunruhigt zog ich ab, wollte wenigstens die ungewohnte Ruhe in meinem Zimmer genießen und mich ein bisschen erholen. Sonst würde ich womöglich unmittelbar nach der Krankenhaus-Entlassung entkräftet von den Füßen kippen, dachte ich mir. Doch kaum war ich weggedämmert, tippte mir besagte Schwester auf die Schulter.



»Tut mir furchtbar leid, Sie stören zu müssen. Aber ich darf mir drüben unter der Höhensonne etwas einfallen lassen! Die drei anderen Kinder schreien jetzt alle wie am Spieß, und Ihr Sohn scheint mir der Grund dafür zu sein!« Sie legte mir Patti mit vorwurfsvollem Blick in den Arm und verschwand eiligen Schrittes.



Zum Schluss wurde mein Söhnchen erneut zu den anderen in den Glaskasten gelegt. Aber mit Sicherheitsabstand. Man hatte links und rechts je ein zusammengerolltes Handtuch als Puffer angebracht, damit endlich Ruhe auf der Station einkehrt.



Und siehe da – es funktionierte! Mein Unruhestifter Patti hatte seine Privatsphäre erkämpft und wirkte hochzufrieden. Bis die Kollegin von Schwester Anne nach dem Schichtwechsel den bösen Fehler beging, die Handtücher zu entfernen.



Was soll ich sagen? Die Schwester zuckte nur genervt mit den Schultern, übergab mir den kleinen Randalierer und meinte: »Na, Ihrer scheint mir aber ein rechter Einzelgänger zu werden! Ich denke, es ist jetzt genug mit dem Sonnen. Sie dürfen ihn morgen mit nach Hause nehmen.«



Dem Tonfall nach zu schließen, hätte sie wohl lieber gesagt: »Da, nimm dein sozialunverträgliches Bündel mit und verschwinde!«



So oder ähnlich beginnt es, das sonderbare Leben eines echten Einzelgängers.















Kleinkind mal anders





Das erste Betreten eines Kindergartens ist wohl für so ziemlich alle Kleinkinder ein wahnsinnig aufregendes Ereignis. Lauter neue Eindrücke, die vielen Kinder und dazu bergeweise unbekanntes Spielzeug – da ist man schnell überfordert.



Die empfindlicheren unter den Kindern klammern sich da schon mal hartnäckig ans Bein der Mutter und weigern sich, auch nur einen zweiten Blick auf die Szenerie zu riskieren. Der Auslöser hierfür ist wohl eine diffuse Angst vor dem Unbekannten. »Was ist, wenn Mama mich hier alleine lässt? Hilfe …!«



Auf den ersten Blick könnte man also glauben, Einzelgänger-Kinder würden sich von anderen Altersgenossen nicht wesentlich unterscheiden. Auch sie weigern sich beharrlich, unbefangen in die Spiel-Gruppe hineinzugehen. Nur eben aus einer vollkommen anderen Motivation heraus.



Je mehr die Mutter betont, wie schön und toll es doch hier sei – »Und schau mal, die vielen Kinder!« – desto skeptischer gerät sein Blick.



Was soll an der Gesellschaft von vielen Kindern schön sein? Es ist laut, und andauernd wird man beim ruhigen Spielen gestört! Nein, danke! Der Miniatur-Einzelgänger hat in atemberaubender Geschwindigkeit analysiert, dass so ein öder Kindergarten für ihn nichts ist, und auch niemals sein wird. Basta.



Nachdem der Delinquent mit viel Geduld, Tränen und Protest schließlich zum ersten Mal im Kindergarten abgeliefert werden konnte, gibt es mitnichten Grund zur Entwarnung. Von Anfang an wird er immer ein wenig abseits stehen, muss zum Mitmachen erst mühevoll animiert werden. Egal, worum es gerade geht.



Falls man großes Glück hat, findet der angehende Eremit einen ähnlich strukturierten Leidensgenossen. Dann hängt er praktisch nur noch mit diesem zusammen, wobei aber meist jeder für sich alleine spielt. Gelegentlich kann man sich kurzzeitig auf etwas Gemeinsames einlassen; aber eigentlich nur dann, wenn für ein bestimmtes Spiel zwingend zwei Personen vonnöten sind.



Wann immer ich meinen Sohn vom Kindergarten abholen wollte, musste ich ihn zuerst suchen gehen. Den täglichen Standard-Spruch der Kindergärtnerin kannte ich schon zur Genüge:



»Also, wo der Patti sich gerade aufhält, das weiß ich nicht! Keine Angst, ich bin sicher, dass er sich noch auf dem Gelände befindet. Vorhin war er da hinten im Gebüsch. Aber jetzt?« Suchend blickte sie sich um, zuckte ratlos mit den Schultern.



Meistens, und das ist jetzt keine Übertreibung, fand ich meinen Sohn tatsächlich separat auf irgendeinem Baum, im Gebüsch oder in der Kuschelecke, welche eigentlich bloß zum Schlafen gedacht war. Dort spielte er friedlich vor sich hin und wirkte in seine eigene Welt versunken.



Dennoch hatte er sich nach einiger Zeit endlich mit einem Jungen angefreundet – falls man das überhaupt so nennen darf! Doch fand dieser anscheinend viel weniger extreme Bub manchmal nicht die ausgewogene Mischung aus Nähe und notwendiger Distanz, auf die Einzelgänger so großen Wert legen. Was dazu führte, dass es ab und an erbitterte Raufereien gab. »Ich weiß auch nicht!«, gab die Kindergarten-Tante ratlos zu. »Ihr Sohn ist nicht aggressiv, überhaupt nicht! Aber er ist häufig in Konflikte verwickelt, ohne jemals mit der Streiterei angefangen zu haben.«



Da hat sie vollkommen richtig beobachtet. Lässt man einen Einzelgänger trotz mehrerer Appelle nicht in Frieden, dann wird er sauer. Ist man nicht geübt darin, die ersten Anzeichen zu deuten, kann man diese allzu leicht übersehen. Dann trifft einen der scheinbar jäh auflodernde Zorn völlig unerwartet. Insofern verwunderte mich die Beobachtung der Erzieherin nicht im Geringsten.



Von gelegentlichen Unebenheiten im zwischenmenschlichen Umgang abgesehen, sind Einzelgänger-Kinder für Erzieher und Lehrer aber ein Traum. Man hört und sieht sie nicht, weil sie sich stundenlang alleine beschäftigen können.



Anleitung und Support sind eher unerwünscht, selten wollen oder brauchen sie etwas von Dritten. Aber wenn doch, dann erwarten sie wie selbstverständlich, dass ihre Umwelt ihnen den jeweiligen Wunsch oder das Bedürfnis möglichst von den Augen abliest. Ein Anliegen selber zum Ausdruck bringen zu müssen, das erscheint dem Einzelgänger als unangemessene Belästigung. Da schließt er gern von sich auf andere.



Ebenso ungern lassen Einzelgänger sich allerdings in ihre Rituale oder Gewohnheiten hinein reden. Sie neigen eher dazu, sich im Falle von Unstimmigkeiten einfach vom Schauplatz des Geschehens zu entfernen. Schon weil sie äußerst harmoniesüchtig sind. Danach machen sie einfach im selben Stil weiter, als hätte nie jemand etwas kritisiert.



Klar – wer sich die meiste Zeit über mit sich selber beschäftigt, wird selten Uneinigkeit ausgesetzt sein. Er lernt als Folge davon kaum, mit Konflikten adäquat umzugehen. Meist wird die Flucht nach vorne gewählt, um sich aufkeimenden Streitereien schon im Ansatz zu entziehen.



Viel zu anstrengend, sich mit jemandem auseinandersetzen zu müssen!



Alle Einzelgänger, die ich kenne, sind relativ ordentlich. Auch die ganz jungen Exemplare. Nicht im üblichen Sinne freilich, was ja eine penibel aufgeräumte Spielecke bedeuten würde.



Nein – auch der Ordnungssinn gestaltet sich individuell, folgt ganz eigenen Regeln. Wenn der Bagger vom grabungsbegeisterten Einzelgänger eben einer bestimmten Ecke des Raumes zugeordnet wurde, dann hat er gefälligst immer dort zu stehen!



Änderungen in diesem Schema wertet der Einzelgänger als Akt der Aggression, und sei er noch so klein. Er fühlt sich sofort unverstanden und gleichzeitig ziemlich einsam, weil offensichtlich keiner seinen ausgefeilten Gedankengang zu teilen scheint. Der Bagger hat schließlich aus von ihm erdachten Gründen dort zu stehen! Wie kann man es wagen, an der Richtigkeit zu zweifeln?



»Die sind alle doof, die mag ich nicht!«, so lautet die pragmatische Erklärung nach solchen Missverständnissen. Und die lässt sich praktischerweise universell auf so ziemlich alles anwenden. Sogar lebenslang, auch wenn die Formulierung später altersgemäß angepasst wird. Doch dazu später mehr!



Die logische Schlussfolgerung für Eltern wäre aufgrund dieser Erkenntnisse, dass man dem extraordinären Spross zu seinem eigenen Vorteil dann eben gezielt beibringen müsse, künftig etwas geselliger zu werden. Damit er sich nach und nach darin übt, mit anderen Kindern klar zu kommen.



Auch mir dämmerte frühzeitig, dass es meine Kinder im Leben nicht gerade sehr leicht haben werden – man ist schließlich zwangsläufig immer wieder anderen Menschen ausgesetzt, muss sich mit ihnen arrangieren. Also wollte ich die sozialen Kontakte meines Sohnes absichtlich ein bisschen ausweiten, indem ich ab und zu Nachbarskinder zu uns einlud.



Mir war gleich sonnenklar, dass ich hierfür jede Menge Geduld und Fingerspitzengefühl benötigen würde. Also weihte ich die Mütter infrage kommender Kinder heimlich in meine Absichten ein. Ich erfand für die Anwesenheit der Sprösslinge in unserem Haus sogar fantasievolle Geschichten und Vorwände, so als plante ich keinen harmlosen Spiel-Nachmittag, sondern eher ein Attentat.



»Patti! Guck doch mal, wer gekommen ist! Die Mama von Niklas musste zum Arzt und hat ihn derweil hier bei uns abgegeben! Spielt schön, sie holt ihn nachher gleich wieder ab!«

 



Mit diesen Worten schob ich besagten Niki ins Kinderzimmer, wo mich ein vorwurfsvoller, wenn nicht gar waidwunder Blick meines Jüngsten streifte. Er drehte sich einfach um, ließ den unerwünschten Spielkameraden stehen und hielt sich wieder sein Bilderbuch vor die Nase. Kenn ich nicht, will ich nicht, brauch ich nicht!



Nächster Versuch. »Wollt ihr vielleicht erst beide ein Stück Kuchen mit Kakao haben? Dann könnt ihr euch besser kennen lernen und

danach

miteinander spielen!«



Na gut, Kakao schien in Ordnung zu gehen. Patti futterte seinen

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