Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.

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Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.
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Alexander Zaunkönig

Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.

Ein frivol- erotisches Märchen aus dem Jahre 1800

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Hinweise:

Statt der Vorrede:

Erstes Kapitel. Welches der Langeweile Tür und Tor öffnet:

Zweites Kapitel. Klärchen:

Drittes Kapitel. Worin mehr Edelmut als Wahrscheinlichkeiten enthalten ist:

Viertes Kapitel. Das sich mit einer Subskription endigt:

Fünftes Kapitel. Die Wölfin rächt sich an Klärchen:

Sechstes Kapitel. Worin eine Eigenschaft des Röckchens an den Tag kommt, die ihm zu keiner Empfehlung gereichen wird:

Siebentes Kapitel. Welches eine neue Person einführt:

Achtes Kapitel. Worin ohne Zweifel die Ohrfeige das treffendste ist:

Neuntes Kapitel. Chirurgische Operationen:

Zehntes Kapitel. Welches unter andern vom Schein-Schlafe spricht, und die Augen des Lesers vielleicht zu einem Wirklichen veranlassen wird:

Elftes Kapitel: Das hoffentlich mit all seinem Lärmen den Leser nicht aus der Ruhe stören wird, worin ihn das vorige Kapitel wiegte:

Zwölftes Kapitel. Woran man sehen kann, das Klärchens Siegeswille nicht weit her ist:

Dreizehntes Kapitel. Worin ich zwei Ritter in eine philosophische Unmäßigkeit geraten lasse:

Vierzehntes Kapitel. Welches sich mit keiner bloßen Ohnmacht endigt:

Fünfzehntes Kapitel. Mit welchem die Geschichte anfängt, wunderbarer, wenn auch nicht bewundernswürdiger zu werden:

Sechszehntes Kapitel. Worin der Name eines Luftschiffers vorkommt:

Siebzehntes Kapitel. Welches für die belustigung des Lesers sehr wenig tun wird:

Achtzehntes Kapitel. Dem der Leser eine Überschrift nach eigenem Gefallen geben mag:

Neunzehntes Kapitel. Worin die Hauptsache eine Reparatur ist:

Zwanzigstes Kapitel. Ein Abenteuer:

Einundzwanzigstes Kapitel. Worin unter anderem von einer Prachtausgabe die Rede ist:

Zweiundzwanzigstes Kapitel. Welches eine Schenkung enthält:

Dreiundzwanzigstes Kapitel. Dessen Trockenheit vielleicht durch wässrige Teile gemildert wird:

Vierundzwanzigstes Kapitel: Lauter Jammer:

Fünfundzwanzigstes Kapitel. Worin eine Hypothese gewagt wird, die sich vor vielen ihrer Schwestern wenigstens durch ein bescheidnes Vielleicht auszeichnet:

Sechsundzwanzigstes Kapitel. Schnupftücher herbei:

Siebenundzwanzigstes Kapitel. Worin ein Geist erscheint, vor dem ich mich nicht fürchten würde:

Achtundzwanzigstes Kapitel. Welches unter anderem eine Preisfrage enthält:

Neunundzwanzigstes Kapitel, Szenen à la Louvet (Wahrscheinlich gemeint: Jean-Baptiste Louvet, genannt Louvet de Couvray, (* 12. Juni 1760 in Paris; † 25. August 1797 in Paris) war ein Politiker während der Französischen Revolution/Quelle Wikipedia):

Dreißigstes Kapitel. Stumme Personen treten auf:

Einunddreißigstes Kapitel. Worin ich mich mehr als Reumütig zeige:

Zweiunddreißigstes Kapitel. Worin der beste Stutzer (Zieraffe), der in ganzen Buche vorkommt, zum ersten Male auftritt:

Dreiunddreißigstes Kapitel. Unser bester Zieraffe hält Wort:

Vierunddreißigstes Kapitel. Worin Klärchen hoffen lässt, interessanter zu werden:

Fünfunddreißigstes Kapitel. Dessen Trauben ich mir für meinen künftigen Weinberg aufbitten möchte:

Sechsunddreißigstes Kapitel. Worin Vögel auffliegen, wie ich sie für mein künftiges Rittergut wünsche, wenn es die hohe Jagd haben sollte:

Siebenunddreißigstes Kapitel. So gehts, wenn man seinen Neigungen die Zügel lässt:

Achtunddreißigstes Kapitel. Worin zum Troste meiner Leserinnen wieder einmal ein hübscher Jüngling auftritt:

Neununddreißigstes Kapitel. Welches Sachen enthält, die wir uns vielleicht eingebildet haben:

Vierzigstes Kapitel. Worin gezeigt wird, dass ein Schriftsteller vor Andern etwas voraus habe:

Einundvierzigstes Kapitel. Worin eine alte Bekannte erscheint:

Zweiundvierzigstes Kapitel. Worin es donnert:

Dreiundvierzigstes Kapitel. Welches mit einer Leichenrede beschließt:

Vierundvierzigstes Kapitel. Das einen Mann aufstellt, der weniger gemein handelt, als er spricht:

Fünfundvierzigstes Kapitel. Worin das letzte der Anfang wichtiger historischer Notizen ist:

Sechsundvierzigstes Kapitel. Fortsetzung der Notizen:

Siebenundvierzigstes Kapitel. Worin des Mannes Benehmen anstößiger wird:

Achtundvierzigstes Kapitel. Das sich mit der Anzeige des schlechten Gehalts schließt:

Neunundvierzigstes Kapitel. Eine Rübezahl´sche Sommerlustbarkeit:

Fünfzigstes Kapitel. Welches in einer Note die Gewissenhaftigkeit des Herausgebers beurkundet:

Einundfünfzigstes Kapitel. Klärchens Wallfahrt:

Zweiundfünfzigstes Kapitel. Das eine große Veränderung anzeigt:

Dreiundfünfzigstes Kapitel. Der Himmel ist gar trübe, es scheint nicht Mond noch Stern:

Vierundfünfzigstes Kapitel. Worin die Sache immer toller wird:

Fünfundfünfzigstes Kapitel. In dem ein großes Unglück zum Vorschein kommt:

Sechsundfünfzigstes Kapitel. Worin die Frömmigkeit eines Betrugs, aber freilich etwas spät, an den Tag kommt:

Siebenundfünfzigstes Kapitel. Wozu eigentlich ein Kupfer gehörte:

Achtundfünfzigstes Kapitel. In dem ich, zur Ergötzung der Liebhaber von Rittergeschichten, Schwerter klirren lasse:

Anmerkung des Herausgebers:

 

Impressum neobooks

Hinweise:

Originaltitel: Das wundertätige Unterröckchen.

Erschienen im Jahre 1800

Autor: Alexander Zaunkönig (Pseudonym)

Herausgeber: Edgar S. Schöberl

Kommentare, Übersetzungen, Umschlaggestaltung, Korrekturen, Bearbeitung: Edgar S. Schöberl

Copyright©2018 by Edgar S. Schöberl

Rechtliche Hinweise:

Dieses Werk wurde mehrfach Be- und Überarbeitet und ist in der vorliegenden Form ebenso wie alle anderen von dem Herausgeber veröffentlichten Bücher, einzelne Inhalte einschließlich eventueller Abbildungen, Übersetzungen, etc. rechtlich geschützt. Nachdruck oder Reproduktion jeder Art ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers möglich.

Statt der Vorrede:

Es ist mir zu Ohren gekommen, dass einige Emporkömmlinge von Kunstrichtern, ein anderer schon beim Durchblättern des Messkatalogs, etwas über eine vorgebliche Unanständigkeit des Titels dieses Büchleins zugeflüstert haben. Böse Menschen, in der Tat! Denn wollte ich auch annehmen, dass sie zu jung wären, um zu wissen, dass nichts auf der Welt der Unanständigkeit besser vorbaue, als eben ein Unterröckchen, so müsste ich ihnen als Kritikern doch zutrauen, dass sie ihren Boileau hübsch gelesen hätten.

Nicolas Boileau alias Despréaux oder Boileau-Despréaux (* 1. November 1636 in Paris; † 13. März 1711 ebenda) war ein französischer Autor, welcher ausdrücklich sagt: In einem frivolen Roman ist alles leicht zu entschuldigen; Es ist genug, dass laufende Fiktion amüsiert; zu viel Härte wäre dann außerhalb der Saison.

Erstes Kapitel. Welches der Langeweile Tür und Tor öffnet:

Zu jener Zeit, als noch Zauberer und Geister manchmal ein Wörtchen in die großen und kleinen Welthändel zu reden hatten, als nicht nur Tiere, wie heutzutage, aus fürstlichen und anderer Leute Gestalten spukten, sondern auch noch mitunter Menschen wohl oder übel eine hiergestalt annehmen mussten, damals behauptete das Schloss Weiherhorst in Schlesiens Gebirge ein furchtbares Ansehen.

Kein Reisender, dessen Fracht der Mühe eines Angriffs wert schien, zog so leicht unbehindert vorüber, wenn der Weiherhorster nicht durch auswärtige Fehden zur Abwesenheit genötigt wurde.

Auf dem Schlosse selbst ging es immer groß und herrlich her, sobald der Ritter zu Hause war. Man frühstückte, dinierte und aß festlich zu Abend da – jedoch unter andern Benennungen – so gut, wie vormals am Hofe französischer Prinzen.

Das Hübscheste für den Wirt vom Hause war dabei der Umstand, dass ihm alle Kostbarkeiten, welche in seinem Schlosse vergeudet wurden, fast so wenig kosteten, als den angeführten königlichen Abkömmlingen die ihrigen.

Ritter Weiherhorst suchte die Materialien dazu auf den Burgen schwächerer Nachbarn, in Hohlwegen, und überall zusammen, wo er nicht mit Gelde, sondern höchstens mit Blute bezahlen durfte, nicht sowohl mit seinem eignen, als dem seiner Knappen und Knechte. Der Letzteren besaß er so viele, dass es ihm auf das Leben von einigen vollends gar nichts angekommen sein würde, wenn nicht schon damals rüstige Männer ein einträglicher Handelsartikel gewesen wären.

Jeder fremde Ritter konnte eine gefällige Aufnahme in der Weiherhorst erwarten, sobald er brav zu zechen und mit lustigen Brüdern umzugehen verstand; den Handwerker ohne Zunft aber neckte und quälte beinahe alles, vom Burgherrn an, bis zum Turmwärter hinab oder hinauf, wie man will.

Es fehlte nicht an Mädchen und Frauen im Schlosse. Zwar war die Frau des Weiherhorsters beerdigt; allein die List des Herrn und seiner wohlabgerichteten Leute brachte von Zeit zu Zeit – dem Ausdrucke des Ritters nach – frische Ware auf die Burg, welche sie, wie gewöhnlich, bezahlt hatten.

In Achtung stand aber eigentlich nichts auf dem Schlosse, als was einen männlichen Körper trug. Daher kümmerte sich auch niemand um die Tochter des Raubritters.

Selbst das Weib, welchem die Aufsicht über Klärchen oblag, dachte nicht an sie und gefiel sich besser im Umgange mit jungen, raschen Knappen, als bei der Ausbildung des jugendlichen Gemüts. Ein Beweis, dass die französischen Gouvernanten, welche späterhin Mode wurden, ihre Art zu leben, nicht erfunden haben.

Zweites Kapitel. Klärchen:

Dem Weiherhorster blieb keine Zeit, an die Tochter zu denken.

Seine beiden Söhne betrachtete er als die einzigen, welche auf seine Vatersorge Anspruch machen könnten, daher erzog er sie zu einem Leben, wie das seinige.

Klärchen wuchs in der größten Natürlichkeit auf. Das weitläufige Schloss kam ihr zu enge vor, und sollte sie sich ja damit behelfen, so musste sie auf der Turmwarte sein. Von hier aus schaute sie gern in die finstern Wälder, die damals noch einen großen Teil des Gebirges dicht überzogen.

Ihr helles Auge entdeckte die Reisenden schon von weitem, aber sie hütete sich wohl, dem Turmwärter, der auf so etwas lauern musste, davon Nachricht zu geben.

Sie brachte vielmehr gewöhnlich eine Flasche mit, die er auf das Wohlsein der freundlichen Geberin leerte, und worüber er sein Geschäft, in der Regel vollkommen vergaß.

Auch machte sich Klärchen nicht selten den Schlossberg hinab und schwärmte zu Tagen in Wäldern und Dörfern herum. Wie ihr Vater Hass und Furcht rings umher gepflanzt hatte, so streute sie die Keime zu Wohlwollen und Zutrauen in jedes Herz, dem sie sich näherte.

Die ganze Gegend besaß kein Hüttchen, worin sie eine fremde Gestalt gewesen wäre. Die Arme von Jung und Alt breiteten sich liebend nach ihr aus, und niemand blieb ohne Verwunderung darüber, dass ein solcher Vater solch ein Kind haben könne.

Freilich war es in einem Schlosse, wo alles drunter und drüber ging, wo das Zugreifen nach dem geraubten Gute, außer den Knechten, jedem freistand, dem Mädchen etwas leichtes, Wein, Speise und Geld für wohltätige Zwecke zu verwenden. Allein die Art, mit der sie es tat, die Bemühungen, welche sie sich machte, um die würdigsten Gegenstände für ihre Milde aufzufinden, dieses waren unleugbare Verdienste ihres Herzens.

Heute strich sie durch diesen Teil des Gebirges; ein andermal durchlief sie den entgegengesetzten, und fühlte sie am abend Müdigkeit, so erleichterten ihr doch die Schatten der andern von ihr geschaffenen Freude, welche vor ihr her flatterten, den Rückweg auf die Burg.

Selbst von den größten Gastmahlen des Weiherhorsters blieb sie weg, ohne vermisst zu werden. Sie verzehrte lieber mit Vertrauten, die sie überall antraf, die selbstgepflückten Blaubeeren, als die köstlichsten Speisen an der väterlichen Tafel. Sie trank lieber eines Bergstroms Kristallwasser aus der hohlen Hand, als die wohlschmeckendsten Weine, welche in den goldenen Pokalen ihres Vaters glänzten.

Drittes Kapitel. Worin mehr Edelmut als Wahrscheinlichkeiten enthalten ist:

Der Turmwächter zeigte Klärchen eines Morgens den Rauch, welcher noch aus den Trümmern der Hütten stieg, die ein Gewitter der vorigen Nacht, das sie verschlafen, zu Grunde gerichtet hatte.

Schnell stieg das Mädchen hinab, raffte alles Geld zusammen, was sie auffinden konnte, und jagte damit vom Schlossberge in das Tal. Atemlos eilte sie der Gegend zu, aus welcher sie den Rauch hatte steigen sehen. Sie wand sich, um den nähesten Weg zu verfolgen, durch das dichte Buschwerk und achtete der Dornen nicht, die an ihre feinen Hände und das noch zartere Gesicht schlugen.

Der Kummer der Abgebrannten und der Druck des eigenen unbefriedigten Herzens waren jetzt die einzigen Gefühle ihres Busens.

Ein Platzregen stürzte herab. Er hielt sie nicht auf.

Dieser und die Güsse der letzten Nacht hatten einen Bach, der sich in den Weg warf, so angeschwellt, dass er Gefahr drohte.

Klärchen achtete nicht darauf. Aber der Strom hob ihre Füße, und mit Mühe nur arbeitete sie sich an das jenseitige Ufer. Das bezwungene Hindernis gab ihr neuen Mut zur Fortsetzung ihres Weges, von dem sie jetzt durch kindliche Jammertöne abgezogen wurde.

Die Hilfe rufende, verzweiflungsvolle Stimme schallte hinter dem Berge hervor.

Klärchen eilte dem Schalle entgegen, als eine Wölfin – ein schreiendes Kind im Rachen – daher kam, welche beim Erblicken des Mädchens, gleichsam um abzuwarten, wo es hinauswollte, in einiger Entfernung stehen blieb.

Klärchen sah in dem Augenblicke nichts, als die Gefahr des Kindes. Mit einem vom nächtlichen Sturm herabgeschlagenen Baumaste stürzte sie über die Wölfin her, die grimmig das Kind fallen ließ und sich auf die Feindin warf, als eben ein Knabe herbeieilte, welcher die Wut des Tiers durch einige Streiche von dem Mädchen ab und zu sich herüberzog.

Klärchen schlug nun so kräftig auf den Kopf der Wölfin, dass sie von dem Knaben zurücktaumelte, und beide ihre Heldentat vollenden konnten.

Das Kind, welches ein Raub des Tiers gewesen war, schien noch völlig unversehrt. Mit Wonne hielten hierauf seine Retter einander in den Armen. Niemals waren sie so glücklich gewesen.

„Der Himmel segne Euch, Ihr lieben Kleinen!“, so erscholl jetzt eine sanfte Stimme neben ihnen. Sie wendeten ihre Augen auf die Seite, und fanden sich in Gesellschaft einer bejahrten Frau, welche einen Korb auf dem Rücken trug.

In den Zügen der so Unerwarteten lebten noch die Schatten verblichener Schönheit. Alles war edel an dem Weibe, und aufs äußerste reinlich.

,,Ich habe“, fuhr die Frau fort, „die schöne Tat beobachtet, und würde Euch beigesprungen sein, wenn ich Hilfe nötig geachtet hätte. So aber wollte ich gern das Gefühl Eurer Kraft, mithin Eures Wertes ungeschwächt in Euch erhalten. Kämpft ferner überall ohne Scheu gegen das Unrecht an. Euer gegenwärtiger Sieg ist zu süß, um Euch nicht zu neuem Streite anzufeuern. Deine Mutter, Klärchen, ist, wie ich weiß, gestorben: ich will deiner Mutters Stelle bei Dir vertreten, wenn Du gut bleibst, wie Du es bist. Zum Andenken trage ein kleines Geschenk von mir, dessen gute Eigenschaften Du einmal aus meinem Munde erfahren sollst.“

Hierauf setzte sie ihren Korb auf die Erde und zog aus ihm ein Unterröckchen von gemeinem Flanell hervor, das sich durch nichts als eine blendende Weiße, und die rote Schleife zum Zu- und Aufziehen auszeichnete.

„Gegen Dich, Fritz!“, sagte sie hierauf, indem ihr Gesicht ernster ward, „würde ich weniger karg sein, als ich es scheine. Auch Du solltest Dich nicht vergebens nach einer geringen Gabe umsehen, wenn ich Dir damit nützen könnte. Ich zweifle indes daran, daher nichts als dieses.“

Sie küsste des Knaben Brust, und sagte ihm, dass der dadurch entstandene rote Flecken bleiben, sobald er aber auf unrechte Taten ausginge, plötzlich eine schwarze Farbe annehmen, ja diese nie wieder ablegen würde, wenn einmal die Güte seines Herzens ganz aufhören sollte.

„Ein anderes Geschenk von mir“, fuhr sie fort, könnte Dir verderblich werden. Rübezahl…“

Kaum hatte sie den Namen gesprochen, als die Erde sich so stark zu bewegen begann, dass die Kleinen ihr Gleichgewicht verloren und niederfielen. Ein dumpfes Gemurmel fuhr unter dem Boden hin, und ein heftig vorüberrauschender Sturm schüttelte die Wipfel der Bäume.

Da die geängsteten Kinder sich wieder aufrichteten, fehlte die Frau, welche soeben noch zu ihnen gesprochen hatte.

Der rote Flecken auf der Brust von fritz war jedoch vorhanden, und Klärchen das Unterröckchen geblieben.

Die Ereignisse folgten einander zu schnell, als dass die Unerfahrenen sogleich ganz zu sich kommen konnten. Mit Wohlbehagen verweilten jedoch ihre Augen ein Paar Augenblicke bei den Andenken, die ihnen die verschwundene Frau zurückgelassen hatte.

Hand in Hand blieben sie so stehen, bis endlich Klärchen mit einem Male die Ursache einfiel, warum sie so früh aus der Burg geeilt.

„Leb wohl, Fritz“, sagte sie nun rasch, „ich muss weiter.“

Fritz wollte sie nicht loslassen.

„Siehst Du nicht Deine Wunden, Klärchen?“, sprach er: „Die muss ich der Mutter zeigen, die hat einen Balsam, der sie gewiss gleich heilen wird.“

 

Jetzt erst ward es Klärchen gewahr, dass die Wölfin sie verwundet hatte; da aber der Schaden ihr von keiner Bedeutung schien, so machte sie sich von dem Knaben los, mit dem Versprechen, auf den Nachmittag in seiner Mutter Hütte zu kommen, die ihr sehr gut bekannt war. Sie wusch sich ihre Wunden an einer Quelle und eilte den eingeäscherten Häusern zu.

Sie sah die Betrübten zum Teil auf den geretteten Trümmern ihrer Habe sitzend, die noch rauchenden Balken anstarren, zum Teil auch schon von Baumästen sich kleine Hütten bereiten, die bis zu der Herstellung des erlittenen Schadens ihnen Obdach gäben.

Sie verteilte das Geld, das sie noch besaß, unter die Leute; aber leider war ihr nicht viel geblieben. Der größte Teil war in dem Bache verloren gegangen, durch den sie sich mühsam gearbeitet hatte.

Viertes Kapitel. Das sich mit einer Subskription endigt:

Was Klärchen tun wollte und konnte, war geschehen, und nun machte sie sich auf den Weg zu dem Häuschen der Frau Strombergerin – Fritzens Mutter – mehr um zu erfahren, ob dem geraubten Kinde auch wirklich kein Schaden geschehen sei, als wegen ihrer Wunden.

Der Knabe stand schon am Wege, den sie nehmen musste.

Er sprang jauchzend hervor, als er sie vom weiten erblickte. Arm in Arm lief er hierauf mit ihr auf seine Mutter zu, die den Klärchen, der Retterin ihres Lebens, Hände und Kleider küsste; denn sicher hätte sie der Vorwurf, ihr jüngstes Kind dem Knaben allein vertraut zu haben, ins Grab gebracht, wenn des Mädchens Mut die Folgen ihrer Unvorsichtigkeit nicht wieder gut gemacht hätte.

Das Kind war ganz unbeschädigt.

Des Knaben leichte Fleischwunden lagen unter dem Verbande. Mit großer Ängstlichkeit untersuchte die Frau nun auch Klärchen, und entdeckte, wenn auch tiefere, doch zu ihrer und ihres ältern Sohnes Beruhigung und Freude, ebenso wenig gefährliche Beschädigungen an dem Mädchen.

,,Komm hübsch bald wieder, Klärchen“, sagte Fritz, als sie sich endlich gar nicht mehr wollte halten lassen.

Die Mutter vereinte ihre Bitten mit den Seinigen, und das ihr wo möglich seit heute noch lieber gewordene Kind auf dem Arme, führte sie die kleine Retterin einen ungewöhnlichen Pfad, wo der Bach ganz vermieden werden konnte.

Fritz hüpfte um Klärchen herum, pflückte ihr Blümchen, und trug ihr das Geschenk von der Alten bis an den Ort, wo sie einander gute Nacht wünschten. Hier wiederholte die Frau Strombergerin und ihr Knabe die Bitte um Wiederbesuch.

„Ja recht bald, Klärchen! Hörst Du?“, sagte Fritz, der um dieser Erinnerung willen noch einmal zurückgelaufen war, indem er ihr aufs freundlichste die Hände streichelte.

Klärchen hüpfte fort, und alles in ihrem Köpfchen und Herzchen hüpfte mit. Sie ward sich keines Gedankens bewusst. Aber eine ganze Menge unbestimmter Gefühle, voll Leben und Süßigkeit, sprangen empor in ihr und verrannen ineinander. Nie hatte ihr die Luft erquickender geschienen, nie die Natur so herzerhebend, und wie diesmal die rote Abendsonne aus den Fenstern der Burg zurückprallte, so hatte sie Klärchen niemals glänzen sehen.

Klärchen wunderte sich nicht wenig, als sie bei ihrem Eintritte in die Burg, die von ihr getötete Wölfin erblickte und einen Knappen daneben, welcher sich das Verdienst, sie erschlagen zu haben, zueignete.

Sie betrachtete das Tier genauer und fragte dann, in dem sie dem Knappen starr ins Auge blickte: „Also wirklich, hast Du das Tier umgebracht?“

Der entschlossne Ton des Mädchens brachte ihn sogleich um alle Frucht seiner Lüge. Seine Falschheit vollends darzustellen, erzählte Klärchen die Geschichte, welches sie vielleicht unterlassen haben würde, wenn sie nicht grade diesen Knappen als den grausamsten Menschen im ganzen Schlosse gekannt hätte. Sein Betrug brachte ihn ins Verließ.

Der Weiherhorster erkundigte sich den Tag darauf bei der Frau Strombergerin, wegen des Vorfalls mit dem Wolfe, und schloss bei seiner Rückkunft zum ersten Male in seinem Leben die kühne Tochter in die Arme. Er richtete ihr zu Ehren ein großes Fest aus, wozu viele meilenweit entfernte Gäste geladen wurden, bei dem die ausgestopfte Wölfin als Schaugericht des Mädchens Tapferkeit und wackere Gesinnung bezeugen musste.

Der unverheiratete Teil der anwesenden Ritter spekulierte stark auf Klärchens künftigen Besitz, doch ließen sie noch nichts davon laut werden. Ein einziger nur, der seinem Alter nach schon zu der Erfahrung hatte gelangen können, dass die Bewerbung um ein Mädchen mit guter Aussteuer niemals zu früh geschieht, zog den Weiherhorster auf die Seite und pries sich an – oder, weil dies im eigentlichen Verstande nicht möglich war, ließ einen Mönch, den er bei sich hatte, in seinem Namen anpreisen, so dass er sie heiraten wollte, sobald sie die dazu gehörigen Jahre hätte.