Berlin - eine Biografie

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Jaczo von Köpenick (vor 1130 – 1176) –
Vom Gründungsmythos der Mark Brandenburg (1157)

Er gilt als der personifizierte Widersacher der Askanier. In Berlin allgemeinkundig ist die Schildhornsage, wonach Jaczo nach dem Verlust der Brandenburg von Reitern Albrechts verfolgt die Havel nördlich des späteren Dorfes Gatow erreichte und auf der Flucht vor seinen Verfolgern mit Roß und Rüstung den Fluss durchschwimmen wollte. Als sein erschöpftes Pferd unterzugehen drohte, flehte er in höchster Not den Christengott um Rettung an. Tatsächlich brachte das Pferd seinen Reiter daraufhin wohlbehalten im Bereich der heutigen Halbinsel Schildhorn ans rettende Ostufer der Havel. Jaczo hängte hier Schild und Schwert an eine Eiche, schwor dem Christengott die Treue und unterwarf sich den Askaniern, die ihn pragmatisch als Vasallen seinen bisherigen Herrschaftsbereich um Köpenick weiter verwalten ließen.

Die Geschichte klingt zu schön um wahr zu sein und sie ist es auch nicht. Allerdings passte sie gut in die mystische Frühgeschichte der Mark Brandenburg und die romantischen Vorstellungen des 19. Jhs. von dieser. Die Volkssage um Jaczos Flucht und Bekehrung erlangte schließlich eine derartige Verbreitung, dass sie als historisch verbürgt angesehen wurde. König Friedrich Wilhelm IV. nahm dies schließlich 1844/​45 zum Anlass, ein Denkmal für die vermeintliche Begebenheit auf der Halbinsel Schildhorn errichten zu lassen. Jaczo blieb darüber hinaus jedoch eine weiterhin geheimnisumwitterte Person.

Vermutlich vor 1130 geboren wird er erstmals 1145 anlässlich seiner Heirat mit Agatha, einer Tochter der einflussreichen polnischen Magnatenfamilie der Wlastiden erwähnt. Darüber hinaus werden seine Existenz, sein Name und seine Titel durch Münzfunde aus der Zeit um 1150 belegt. Vermutlich wurde er auch in Köpenick geboren und übernahm sein dortiges Herrschaftsgebiet als väterliches Erbe. Bei seiner Einheirat in die Familie der Wlastiden wurde Jaczo urkundlich als Fürst der Sorben (dux Sorabie) bezeichnet.

Nach dem Tode Pribislaws 1150 machte Jaczo Erbansprüche auf die Brandenburg und das Herrschaftsgebiet der Heveller geltend und fühlte sich enterbt, als er erfuhr, dass Albrecht der Bär die Brandenburg nach dem Tode des Hevellerfürsten übernommen hatte. 1153 eroberte er daraufhin die Brandenburg, die 1157 von Albrecht zurückerobert wurde.

Es ist aber bereits unklar, ob Jaczo im Frühjahr 1157 überhaupt noch Herr der Brandenburg war. Denn anders als die Schildhornsage nahelegt, dürfte Jaczo schon lange vorher, wenn nicht sogar seit seiner Geburt Christ gewesen sein. Ansonsten hätte er auch 1145 kaum in die polnische Piastenfamilie einheiraten können. Als Christ hätte sich Jaczo aber nach 1153 möglicherweise weder auf der Brandenburg noch im Herrschaftsgebiet der Heveller lange behaupten können.

Gleichwohl enthält auch die Schildhornsage am Rande einige historisch belegte Elemente: Parallel zum Feldzug Albrechts gegen die Brandenburg bereitete auch Kaiser Friedrich Barbarossa einen Feldzug gegen die Polenherzöge Boleslaw IV. und Mieszko III. vor, mit denen Jaczo verbündet war. Dieser kaiserliche Feldzug gegen Jaczos polnische Verbündete führte im August 1157 zu deren Unterwerfung, die durch die Stellung fürstlicher Geiseln besiegelt wurde. Auch Jaczos einziger Sohn, dessen Name nicht überliefert ist, wurde dem Böhmenherzog Vladislav übergeben und sollte von diesem Ende September 1157 zu Kaiser Friedrich Barbarossa nach Würzburg gebracht werden. Doch der Junge starb bereits auf der Reise nach Prag und wurde im Nonnenkloster von Doksany nördlich von Prag beigesetzt.

Jaczo, der nun seinen leiblichen Erben verloren hatte, blieb auch nach 1157 zunächst in Köpenick, wie Münzfunde auch aus den Jahren nach 1160 belegen. 1162/​63 unternahm er eine Wallfahrt ins Heilige Land. Nach seiner Rückkehr begann er sich, gestützt auf seine dortigen familiären Beziehungen, zunehmend nach Polen zu orientieren. 1163 stiftete er das Kloster Miechów nördlich von Krakau, wo er auch umfangreiche Besitzungen erwarb. Ende 1168 übertrug er bei einem Treffen in Ueckermünde am Stettiner Haff seinen Köpenicker Herrschaftsbereich für den Fall seines Ablebens den Herzögen Bogislaw und Kasimir von Pommern. Diese vertragliche Verfügung setzte aber wohl voraus, dass Jaczo auch nach seiner Unterwerfung 1157 weiter über sein ererbtes Fürstentum frei verfügen konnte.

Gleichwohl wurde aus Jaczo von Köpenick nun zunehmend Jaksa von Miechów und beteiligte sich als solcher engagiert an den innerpolnischen Adelsauseinandersetzungen der 60er- und 70er-Jahre des 12. Jhs. Nach seinem Tode im Februar 1176 wurde er im Kloster von Miechów beigesetzt. Seinen Köpenicker Herrschaftsbereich übernahmen nun die Herzöge von Pommern auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarung von 1168.

Propst Nikolaus von Bernau († 1325) –
Lynchmord vor der Marienkirche

Nach dem Aussterben der Askanier in der Mark Brandenburg 1320 blieb die Nachfolgefrage zunächst ungeklärt, denn auch die Machtverhältnisse im Reich waren unklar. Erst 1322 setzte sich der Wittelsbacher Ludwig IV. in der Schlacht bei Mühldorf am Inn als König durch. 1323 erklärte er daraufhin die Mark Brandenburg zum »erledigten Reichslehen« und belehnte seinen erst achtjährigen Sohn mit der Mark.

Doch die Reichspolitik blieb weiter unruhig und geriet noch 1323 auch in Konflikt mit den Machtansprüchen Papst Johannes XXII. Dieser steigerte die kirchlichen Ansprüche auf Abgaben ins Unermessliche und geriet hierüber vor allem mit dem dem Armutsgebot verpflichteten Orden der Franziskaner in Streit. Als der Papst das Armutsgebot für Ketzerei erklärte, floh die Führung des Franziskanerordens zu Ludwig IV. 1324 exkommunizierte Johannes XXII. daraufhin Ludwig und erklärte ihn wenig später als König für abgesetzt. Es erwies sich jedoch, dass mit der Exkommunikation eines Königs anders als in den Jahrhunderten zuvor in Deutschland nicht mehr ohne weiteres Politik zu machen war. Ausläufer dieser weltpolitischen Auseinandersetzung des 14. Jhs. streiften aber auch die Mark Brandenburg.

So behauptete Herzog Rudolf I. aus der askanischen Seitenlinie Sachsen-Wittenberg, der zudem mit einer brandenburgischen Askaniertochter verheiratet war, eigene Ansprüche auf die Mark Brandenburg und den Markgrafentitel. Angesichts dessen war die Bevölkerung der Mark, wie auch die Bürgerschaft von Berlin/​Cölln, in Anhänger der Wittelsbacher und der sächsisch-askanischen Ansprüche gespalten.

In dieser Situation suchte am 16. August 1325, dem letzten Tag des Laurentiusmarktes, der Propst Nikolaus von Bernau, einer um 1230 entstandenen Stadt nordöstlich von Berlin, seinen Berliner Amtsbruder Propst Eberhard auf, um in dessen Sprengel in der Marienkirche eine Gastpredigt zu halten. Über Nikolaus wissen wir nicht viel mehr, als dass er der Hofkaplan des letzten askanischen Markgrafen Woldemar gewesen und nach dessen Tod 1319 vermutlich vom Bischof von Brandenburg zum Propst in Bernau ernannt worden war. Sicher ist aber, dass er ein engagierter Vertreter des Papsttums und in der Auseinandersetzung zwischen dem gebannten König Ludwig IV. und Herzog Rudolf I. von Sachsen, schon aufgrund seiner askanisch geprägten Vergangenheit, ein Gefolgsmann des Letzteren war.

Am 16. August 1325 predigte er jedenfalls zornerfüllt von der Kanzel der Marienkirche, beschimpfte die Bürger, weil sie den fälligen Peterspfennig noch immer schuldeten und weiter zum gebannten König hielten. Als er immer heftiger gegen den Wittelsbacher Markgrafen wütete und den königstreuen Bürgern schließlich mit Kirchenstrafen drohte, wuchs die Erregung unter den Zuhörern. Aus Murren wurden Wutschreie. Schließlich zerrte die Volksmenge Nikolaus aus der Marienkirche auf den Neuen Markt, wo man ihn erschlug und auf einem Scheiterhaufen verbrannte.

Papst Johannes XXII. verhängte daraufhin für mehr als 20 Jahre über Berlin/​Cölln den Kirchenbann. Entgegen der Meinung vieler Chronisten tat dies der Entwicklung Berlins aber kaum Abbruch. So wurde die geistliche Versorgung der Stadt vom Berliner Kloster der in Opposition zum Papst stehenden Franziskaner gewährleistet. Gleichwohl blieb der päpstliche Bann ein Schönheitsfehler für die aufstrebende Handelsstadt Berlin/​Cölln, von dem man sich erst 1347 durch die Zahlung eines hohen Sühnegeldes von 850 Mark Silber an den Bischof von Brandenburg freikaufen konnte. Außerdem musste die Stadt ein steinernes Sühnekreuz am Ort der Tat errichten. Dieses Kreuz steht auch heute noch neben dem Hauptportal der Marienkirche.

Friedrich I. (1371 – 1440) –
Der erste Hohenzoller in der Mark sorgt für Recht und Ordnung

Friedrich wurde am 21. September 1371 auf der Cadolzburg bei Fürth, der Residenz seines Vaters, des Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg aus dem Geschlecht der Hohenzollern, geboren. Die ursprünglich aus Schwaben stammenden Hohenzollern waren seit 1192 Burggrafen von Nürnberg, womit sich ihr Herrschaftsschwerpunkt nach Franken verlagerte. Angesichts des Verfalls der Königsmacht hatte das Amt des Burggrafen von Nürnberg zu dieser Zeit aber schon beträchtlich an Bedeutung verloren. Der eigentliche Wert dieses Amtes lag aber darin, dass seine Träger seit 1180 als unmittelbare Reichsfürsten galten.

Die Hohenzollern hatten im Laufe der Zeit einiges an Territorien in Franken gewonnen, die sie von der Cadolzburg aus regierten. Seit 1397 herrschte Friedrich als Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg über die ansbachischen Gebiete der Hohenzollern um die Cadolzburg. 1401 heiratete er Elisabeth von Bayern-Landshut (1383 – 1442), mit der er zehn Kinder hatte, darunter den ältesten Sohn Johann (den Alchemist) (1406 – 64) und die beiden späteren Markgrafen von Brandenburg Friedrich II. und Albrecht Achilles. Politisch war Friedrich ein treuer Anhänger der deutschen Könige Ruprecht und Sigismund. Letzterem leistete er darüber hinaus wertvolle Dienste zu dessen Königswahl 1411.

 

Als Dank beauftragte ihn Sigismund noch 1411 mit der Verwaltung der verwaisten Mark Brandenburg. Am 4. Juli 1412 hielt Friedrich seinen Einzug in die Doppelstadt Berlin/​Cölln, die ihm bereits am 7. Juli huldigte. Dagegen erschienen auf dem Landtag in Brandenburg an der Havel am 10. Juli weder der Adel der Altmark noch der der Priegnitz und auch wichtige mittelmärkische Adelsgeschlechter fehlten. Friedrich musste sich erst militärischen Respekt verschaffen. Am 24. Oktober 1412 besiegte er mit einem Ritteraufgebot aus den schwäbischen und fränkischen Territorien der Hohenzollern und mit Unterstützung der mittelmärkischen Städte die mit den Quitzows verbündeten Herzöge von Pommern am Kremmener Damm.

Daraufhin huldigte am 4. April 1413 auch der gesamte Adel der Mark, einschließlich der Quitzows auf einem Ständetag in Berlin/​Cölln, Friedrich als neuem Landesherrn. Ungeachtet dessen setzten die Quitzows und andere Adelsgeschlechter aber ihre Raubzüge fort, sodass Friedrich schließlich Ende 1413 mit dem Erzbischof von Magdeburg, sächsischen und anhaltinischen Fürsten sowie den Äbten der Klöster Lehnin und Zinna einen Feldzug gegen den aufsässigen Landadel beschloss.

Im Februar/​März 1414 wurden die Burgen der Quitzows, Putlitz und Rochows und anderer Raubritter mit Hilfe neuartiger Kanonen belagert. Diese hatte sich Friedrich vom Landgrafen von Thüringen wie auch vom Deutschen Orden in Preußen geborgt. Ihre schweren Steinkugeln zerschlugen die bislang unüberwindlichen Mauern der Burgen, sodass diese übergeben werden mussten und im Anschluss von Friedrichs Truppen völlig zerstört wurden. Auf dem Landtag in Tangermünde wurde noch im März 1414 der gesamte Besitz der besiegten Frondeure zugunsten des neuen Landesherrn eingezogen. Anschließend erließ Friedrich am 20. März 1414 in Tangermünde ein Landfriedensgesetz, das künftige Adelsfehden verbot.

Angesichts dieser Leistungen übertrug König Sigismund daraufhin auf dem Konzil von Konstanz am 30. April 1415 die Mark Brandenburg nebst Kurwürde als erbliches Lehen, zunächst allerdings noch unter dem Vorbehalt eines königlichen Wiederkaufsrechts von 400.000 Goldgulden, an Friedrich. Zwei Jahre später, am 18. April 1417, belehnte Sigismund den nunmehrigen Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg dann jedoch uneingeschränkt mit der Kurwürde und dem Markgrafenamt.

Das märkische Territorium Friedrichs I. umfasste Altmark, Priegnitz, Havelland, Zauche, Teltow, Barnim, Lebus, Sternberg und einen Teil der Uckermark. Friedrich hielt sich von 1416 bis 1420 nicht in der Mark auf, sondern kümmerte sich um die Vermehrung seines fränkischen Territorialbesitzes. Nach seiner eigenen endgültigen Belehnung mit der Mark beauftragte er 1417 seinen ältesten Sohn Johann (den Alchemist) mit der Wahrnehmung der markgräflichen Amtsgeschäfte.

Nach 1426 ist Friedrich nicht mehr in der Mark gewesen. 1437 regelte er seine Nachfolge für die verschiedenen hohenzollernschen Territorien. Der bisherige Statthalter in der Mark Johann (der Alchemist) sollte das Fürstentum Bayreuth übernehmen, während Friedrichs I. zweitältester Sohn als Friedrich II. sein Nachfolger als Kurfürst von Brandenburg werden sollte. Als Friedrich I. am 20. September 1440, am Vorabend seines 69. Geburtstages, auf der Cadolzburg, wo weiterhin das Zentrum der hohenzollernschen Herrschaft lag, verstarb, war er in der Mark halbvergessen.

Friedrich II. Eisenzahn (1413 – 1471) –
Berlin wird Residenzstadt

Friedrich II. wurde am 19. November 1413 auf der Burg zu Tangermünde, der seinerzeitigen kurfürstlichen Hauptresidenz in der Altmark, geboren. Ostern 1421 wurde er mit der gleichaltrigen polnischen Königstochter Hedwig verlobt und an den polnischen Königshof nach Krakau gegeben, wo seine weitere Erziehung erfolgte. Der Tod Hedwigs, die 1431 in seinen Armen starb, führte bei Friedrich zu einer schwermütigen Grundeinstellung, die ihn zeitlebens nicht verließ. Als Reflex auf seine polnisch geprägte Erziehung war Friedrich später als Landesherr darüber hinaus in einem besonderen Maße deutsch orientiert. Nach dem Tod seiner Braut kehrte er 1431 in die fränkischen Stammlande der Hohenzollern zurück.

Die väterliche Erbfolgeverfügung von 1437 bescherte ihm dann die Mark, wo er nach dem Tode Friedrichs I. die Regierung als Markgraf und Kurfürst übernahm. Hier konzentrierte er sich vor allem auf die Stärkung seiner eigenen Herrschaft und kümmerte sich anders als sein Vater nur wenig um die Reichspolitik. Besonders störten ihn die Selbständigkeitsbestrebungen der größeren märkischen Städte, allen voran Berlin/​Cöllns, das sich schon 1432 zu einer einheitlichen Stadtgemeinde zusammengeschlossen hatte. Schon bei der Huldigung durch die Stadt am 14. November 1440 bestätigte er zwar formell die städtischen Privilegien, verweigerte aber den üblichen landesherrlichen Eid auf deren Wahrung.

1441 heiratete Friedrich Katharina von Sachsen (1421 – 76), mit der er vier Kinder hatte, von denen aber nur die beiden Töchter Dorothea und Margarete das Erwachsenenalter erreichten, während die beiden Söhne bereits als Kinder starben.

1442 kam es in Berlin/​Cölln zu Auseinandersetzungen zwischen dem städtischen Patriziat und den nach politischer Teilhabe an der Stadtregierung strebenden Handwerkerinnungen. Als sich diese mit der Bitte um landesherrliche Vermittlung an Friedrich wandten, erschien er mit 600 bewaffneten Reitern vor der Stadt und erzwang die Öffnung der Stadttore. Als scheinbarer Vermittler zwischen den innerstädtischen Fronten zwang er zunächst den patrizischen Rat zum Rücktritt. Dann ordnete er die Trennung der Stadtgemeinden Berlin und Cölln an und verbot ihnen Bündnisse mit märkischen und auswärtigen Städten, wie etwa der Hanse. Zugleich öffnete er den Innungen den Zugang zu den Räten der beiden Städte, behielt sich aber die Bestätigung und Ernennung der künftigen Ratsherren vor. Ferner entzog er den Städten wichtige wirtschaftliche und rechtliche Privilegien, die diese bislang innegehabt hatten. Am 29. August 1442 mussten die neuen Stadträte eine Unterwerfungsurkunde gegenüber dem kurfürstlichen Landesherrn unterschreiben.

Schließlich ließ sich Friedrich auf der Werderinsel nördlich von Cölln einen Bauplatz für ein Schloss abtreten, zu dem er am 31. Juli 1443 persönlich den Grundstein legte. Der Bau dieses Schlosses wurde in der Bevölkerung allgemein als Errichtung einer Zwingburg gegen die Städte angesehen, was schließlich im Januar 1448 unter Führung des Cöllner Bürgermeisters Bernd Ryke zu einem Aufstand der Bürgerschaft führte. Die erzürnten Bürger nahmen den kurfürstlichen Richter Balthasar Haken gefangen und stürmten das »Hohe Haus«, die bisherige landesherrliche Residenz in Berlin, wo sie zahlreiche Dokumente und kurfürstliche Urkunden verbrannten. Schließlich setzten sie die Baustelle des Schlosses unter Wasser. Dieser »Berliner Unwille« blieb jedoch ohne Unterstützung der Hanse oder anderer Städte. Auf sich allein gestellt musste sich die Doppelstadt, einem ständischen Gerichtsspruch in Spandau beugen, wonach die Städte weiter an die »Reformation« des Jahres 1442 gebunden seien. Die Anführer des Aufstandes, darunter auch Bernd Ryke, wurden der Stadt verwiesen und verbannt. Am 23. September 1448 mussten die verbleibenden Ratsherren der Doppelstadt Friedrich II. im Rathaus von Spandau erneut huldigen.

1451 konnte Friedrich das Schloss in Cölln beziehen. Im selben Jahr verlegte er das kurfürstliche Hofgericht von Tangermünde in das Schloss zu Cölln, wo er mit Unterstützung kurfürstlicher Räte als Landesherr Recht sprach. Dies ist zugleich der Beginn der Geschichte des Berliner Kammergerichts.

Als durch den frühen Tod seiner Braut Hedwig innerlich stark geprägter und tiefgläubiger Mensch unternahm Friedrich 1453/​54 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Nach seiner Rückkehr öffnete er 1454 die Schlosskapelle seinen Untertanen als Pfarrkirche. Schon 1447 hatte er vom Papst die Anerkennung seiner Hoheit über die Bistümer Brandenburg und Havelberg verbunden mit dem Recht der Ernennung der Bischöfe erworben.

1465 erhob Friedrich die Pfarrkirche im Schloss zum Domstift, das mit neun Domherren besetzt wurde, und stiftete damit zugleich den Berliner Dom. Im selben Jahr verstarb aber auch sein Sohn Johann im Alter von zwölf Jahren, womit Friedrich nun ohne männlichen Erben war. Das mag die Melancholie bestärkt haben, die Friedrichs gesamtes Leben prägte, und ab 1467 krankhafte Züge annahm.

1470 dankte er von Depressionen geplagt und ohne männlichen Erben zugunsten seines ein Jahr jüngeren Bruders Albrecht Achilles (1414 – 86) ab und zog sich nach Franken zurück, wo er bereits am 10. Februar 1471 in Neustadt a. d. Aisch starb.

Bauten aus der Zeit des Mittelalters

Der älteste Siedlungskern Berlins entwickelte sich um den »Olden Markt« – den späteren Molkenmarkt – und die Nikolaikirche, deren granitener Turmsockel aus der Zeit um 1230 stammt und damit das wohl älteste Baudenkmal im Stadtzentrum aus mittelalterlicher Zeit darstellt. Die Nikolaikirche insgesamt wurde aber erst 1470 fertiggestellt. Das heutige Nikolaiviertel um die Kirche wurde im Vorfeld des 750-jährigen Stadtjubiläums von 1982 – 87 mit den in der damaligen DDR vorhandenen Möglichkeiten (Betonfertigteile) als historisierende Nachgestaltung des mittelalterlichen Stadtzentrums wieder aufgebaut und ist in Anbetracht dessen als gut gelungen anzusehen.

Aus der Mitte des 13. Jhs. stammt auch die Ruine der Klosterkirche an der Klosterstraße. Die Marienkirche entstand um 1270 als Backsteinbau auf einem Granitsockel und wurde wohl bis 1340 zur gotischen Hallenkirche umgebaut. Vor der Kirche befindet sich das Sühnekreuz von 1347. In der Waisenstraße befinden sich die letzten Reste der Stadtmauer aus dem 13. Jh. Die Kapelle des Heiliggeistspitals in der Spandauer Straße stammt aus der Zeit um 1300 und ist heute in das 1906 errichtete Gebäude der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität integriert, der sie als Fest- und Vortragssaal dient.

Der untere Teil des Juliusturms auf der Spandauer Zitadelle stammt als Relikt der askanischen Burg aus der Zeit um 1200 und ist damit das älteste Gebäude in Berlin. Demgegenüber stammt der ihm unmittelbar benachbarte Palas »erst« aus der Zeit um 1475. Die Nikolaikirche in der Spandauer Altstadt dürfte in der ersten Hälfte des 15. Jhs. errichtet worden sein. Das Gotische Haus in der Breiten Straße 32 stammt aus dem frühen 15. Jh. und stellt das älteste ursprüngliche Privathaus Berlins dar. Im Hohen Steinweg finden sich noch Reste der mittelalterlichen Stadtmauer Spandaus aus dem 14. Jh.

Zu erwähnen sind auch die 42 mittelalterlichen Dorfkirchen in den 1920 nach Berlin eingemeindeten früheren Landgemeinden. Die älteste von ihnen ist die von Marienfelde (um 1220), die kleinste die von Schmargendorf (14. Jh.). Von besonderer Bedeutung sind die gotischen Wandmalereien aus der Zeit um 1390 in der Dahlemer St. Annenkirche. Es handelt sich um die ältesten erhaltenen Bildzeugnisse im Berliner Raum.

Von besonderem Interesse ist das Museumsdorf Düppel in Zehlendorf, eine Rekonstruktion einer Dorfanlage um 1220 auf den Fundamenten einer tatsächlichen mittelalterlichen Siedlung, das einen guten Einblick in das mittelalterliche Landleben nicht nur im Berliner Raum bietet.


Die Dorfkirche Schmargendorf –

Auch heute noch die kleinste Kirche Berlins