Die gelbe Katz hat dreimal miaut.
Drei- und einmal der Igel gequiekt.
Harpyie schreit: – 's ist Zeit, 's ist Zeit!
Um den Kessel dreht euch rund!
Giftgekrös in seinen Schlund!
Kröt, die unterm kalten Stein
Tag' und Nächte, dreißig und ein,
Giftschleim schlafend ausgegoren,
Sollst zuerst im Kessel schmoren!
Doppelt plagt euch, mengt und mischt!
Kessel brodelt, Feuer zischt.
Sumpfger Schlange Schwanz und Kopf
Brat und koch im Zaubertopf:
Molchesaug und Unkenzehe,
Hundezung und Hirn der Krähe;
Zäher Saft des Bilsenkrauts,
Eidechsbein und Flaum vom Kauz:
Starken Zauber eingemischt!
Höllenbrei im Kessel zischt.
Doppelt plagt euch, mengt und mischt!
Kessel brodelt, Feuer zischt.
Wolfeszahn und Kamm des Drachen,
Hexenmumie, Gaum und Rachen
Aus des Haifischs scharfem Schlund;
Schierlingswurz aus finsterm Grund;
Auch des Lästerjuden Lunge, Türkennase, Tatarzunge;
Eibenreis, vom Stamm gerissen
In des Mondes Finsternissen;
Hand des gleich erwürgten Knaben,
Den die Metz gebar im Graben,
Dich soll nun der Kessel haben.
Tigereingeweid hinein,
Und der Brei wird fertig sein.
Doppelt plagt euch, mengt und mischt!
Kessel brodelt, Feuer zischt.
Kühlt es nun mit Paviansblut,
Zauber wird dann stark und gut!
Recht so! Ich lobe euer Walten;
Und jede soll auch Lohn erhalten.
Nun um den Kessel reiht euch, singt
Kobolden gleich in einem Ring,
Verhexend alles, was darin!
Geister weiß [und grau,
Geister rot und blau,
Rührt, rührt, rührt,
Rührt aus aller Kraft!]
Ha, mir juckt der Daumen sehr,
Etwas Böses kommt hieher!
Laßt ihn ein, wers mag sein.
Nun, ihr geheimen, schwarzen Nachtunholde!
Was macht ihr da?
Ein namenloses Werk.
Bei dem, was ihr da treibt, beschwör ich euch
– Wie ihr zur Kund auch kommt – , antwortet mir:
Entfesselt ihr den Sturm gleich, daß er kämpft
Gegen die Kirchen, und die schäumgen
Wogen Vernichten und verschlingen alle Schiffahrt,
Daß reifes Korn sich legt und Wälder brechen,
Daß Burgen auf den Schloßwart niederprasseln,
Daß Pyramiden und Paläste beugen
Bis zu dem Grund die Häupter; müßte selbst
Der ganze Schatz der zeugenden Natur
Zusammentaumeln, bis Vernichtung selbst
Vergeht: Gebt Antwort mir auf meine Fragen!
Sprich!
Frag!
Wir geben Antwort.
Hörst du's aus unserm Munde lieber oder
Von unsern Meistern?
Ruft sie, ich will sie sehn!
Gießt der Sau Blut, die neun Jungen
Fraß, noch zu; werft Fett, gedrungen
Aus des Mörders Rabenstein,
In die Glut!
Kommt, groß und klein!
Seid dienstbehend und stellt euch ein!
Sprich, unbekannte Macht —
Er weiß dein Fragen:
Hören mußt du, selbst nichts sagen.
Macbeth! Macbeth! Macbeth! Scheu den Macduff,
Scheue den Than von Fife. – Laßt mich – genug!
Wer du auch seist, für deine Warnung Dank!
Du trafst den wunden Fleck. – Doch noch ein Wort —
Er läßt sich nicht befehlen. Hier ein andrer,
Mächtger als jener.
Macbeth! Macbeth! Macbeth!
Hätt ich drei Ohren, hört ich dich.
Sei blutig, kühn und fest, lach aller Toren:
Dir schadet keiner, den ein Weib geboren;
Kein solcher kränkt Macbeth.
Dann leb, Macduff, was brauch ich dich zu fürchten?
Doch mach ich doppelt sicher Sicherheit
Und nehm ein Pfand vom Schicksal. Du sollst sterben!
Dann sag ich zu der bleichen Furcht: du lügst! —
Und schlafe trotz dem Donner.
Was ist das,
Das aufsteigt wie der Sprößling eines Königs
Und um die Kindesstirn geflochten hat
Den Kranz der Majestät?
Horch; sprichs nicht an!
Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen,
Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräter dräuen:
Macbeth wird nie besiegt, bis einst hinan
Der große Birnams-Wald zum Dunsinan
Feindlich emporsteigt.
Das kann nimmer werden!
Wer wirbt den Wald, heißt Bäume von der Erden
Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt!
Aufruhr ist tot, bis Birnams Waldung rückt
Bergan, und Macbeth lebt in seiner Hoheit
Bis an das Ziel der Tage, zahlt Tribut
Nur der Natur und Zeit.
Doch klopft mein Herz, nur eins noch zu erfahren;
Sprecht, kann mir eure Kunst dies offenbaren:
Wird Banquos Same je dies Reich regieren?
Frag weiter nichts!
Ich will befriedigt sein! Versagt mir das,
Und seid verflucht auf ewig! Laßt mich wissen —
Warum versinkt der Kessel? Welch Getön?
Erscheint!
Erscheint!
Erscheint!
Erscheint dem Aug und quält den Sinn,
Wie Schatten kommt und fahrt dahin!
Du bist zu ähnlich Banquos Geist! Hinab!
Dein Diadem brennt mir die Augen. – Und du
Mit goldumwundner Stirne gleichst dem ersten —
Ein dritter wie der zweite! Garstge Hexen,
Was zeigt ihr das? Ein vierter! Blick, erstarre!
Wie, dehnt die Reih sich bis zum Jüngsten Tag?
Und noch? – Ein siebter! – Ich will nichts mehr sehn. —
Da kommt der achte noch und hält 'nen Spiegel,
Der mir viel andre zeigt, und manche seh ich,
Die zwei Reichsäpfel und drei Zepter tragen —
Furchtbarer Anblick! Ja, ich seh, 's ist wahr;
Denn blutbesudelt lächelt Banquo her
Und deutet auf sie als die Seinen. – Ists so?
Ja, alles ist so. – Doch warum
Steht Macbeth da so starr und stumm?
Auf, zu ermuntern seinen Geist,
Ihm unsre schönsten Künste weist!
Durch Zauber schaff ich luftge Weisen,
Auf, tanzt in vielverschlungnen Kreisen!
Der König soll uns Lob gewähren,
Sein Kommen wußten wir zu ehren.
Wo sind sie? Fort? Mag diese Unglücksstunde
Verflucht auf ewig im Kalender stehn! —
Herein, du draußen!
Was befiehlt Eur Hoheit?
Sahst du die Zauberschwestern?
Nein, mein König.
Sie kamen nicht vorbei?
Gewiß nicht, Herr.
Verpestet sei die Luft, auf der sie fahren,
Und alle die verdammt, so ihnen trauen!
Ich hörte Pferdgalopp – wer kam vorbei?
Zwei oder drei, Herr, die Euch Nachricht brachten,
Daß Macduff floh nach England.
Floh nach England?
Ja, gnädger Herr.
O Zeit, vor eilst du meinem grausen Tun!
Nie wird der flüchtge Vorsatz eingeholt,
Geht nicht die Tat gleich mit. Von Stund an nun
Sei immer meines Herzens Erstling auch
Erstling der Hand. Und den Gedanken gleich
Zu krönen, sei's getan, so wie gedacht.
Die Burg Macdufis will ich jetzt überfallen;
Fife wird erobert, und dem Schwert geopfert
Sein Weib und Kind und alle armen Seelen
Aus seinem Stamm. Das ist nicht Torenwut;
Es ist getan, eh sich erkühlt mein Blut.
Nur keine Geister mehr! – Wo sind die Herrn?
Komm, führ mich hin zu ihnen.
Was tat er denn, landflüchtig so zu werden?
Geduldig müßt Ihr sein.
Er war es nicht!
Die Flucht ist Wahnsinn. Wenn nicht unsre Taten,
Macht Furcht uns zu Verrätern.
Wenig wißt Ihr,
Ob er der Weisheit oder Furcht gehorchte.
Weisheit! Sein Weib, die kleinen Kinder lassen,
Haushalt wie seine Würden, an dem Ort,
Von dem er selbst entflieht? Er liebt uns nicht,
Ihm fehlt natürliches Gefühl. Bekämpft
Der schwache Zaunkönig, das kleinste Vöglein,
Die Eule doch für seine Brut im Nest.
Bei ihm ist alles Furcht und Liebe nichts;
Nicht größer ist die Weisheit, wo die Flucht
So gegen die Vernunft rennt.
Teure Muhme,
Ich bitte, mäßigt Euch, denn Euer Gatte
Ist edel, klug, vorsichtig, kennt am besten
Der Tage Sturm. Nicht viel mehr darf ich sagen.
Doch harte Zeit ist, wenn Verräter wir
Sind unbewußt, wenn uns Gerüchte ängsten,
Aus Furcht nur, doch nicht wissend, was wir fürchten,
Getrieben auf empörtem, wildem Meer,
Nach allen Seiten hin. – So lebt denn wohl!
Nicht lang, und wieder frag ich vor bei Euch.
Was so tief sank, geht unter oder klimmt
Zur alten Höh empor. Mein Vetterchen,
Gott segne dich!
Hat einen Vater und ist vaterlos!
Ich bin so kindisch, daß ein längres Bleiben
Mich nur beschämen würd und Euch entmutgen:
Lebt wohl mit eins!
Nun, Freund, tot ist dein Vater!
Und was fängst du nun an? Wie willst du leben?
Wie Vögel, Mutter.
Wie, von Würmern? Fliegen?
Nein, was ich kriegen kann; so machen sie's.
Du armer Vogel würdest nicht das Netz,
Leimrute, Schling und Falle fürchten.
Wie doch?
Für arme Vögel stellt man die nicht auf. —
Mein Vater ist nicht tot, was du auch sagst.
Ja, doch; wo kriegst du nun 'nen Vater her?
Nun, wo kriegst du 'nen Mann her?
Ei, zwanzig kauf ich mir auf jedem Markt.
So kaufst du sie, sie wieder zu verkaufen.
Du sprichst so klug du kannst, und für dein Alter
Doch wahrlich klug genug.
War mein Vater ein Verräter, Mutter?
Ja, das war er.
Was ist ein Verräter?
Nun, einer, der schwört und es nicht hält.
Und sind alle Verräter, die das tun?
Jeder, der das tut, ist ein Verräter und muß aufgehängt werden.
Müssen denn alle aufgehängt werden, die schwören und es nicht halten?
Jawohl.
Wer muß sie denn aufhängen?
Nun, die ehrlichen Leute.
Dann sind die, welche schwören und es nicht halten, rechte Narren; denn ihrer sind so viele, daß sie die ehrlichen Leute schlagen könnten und aufhängen dazu.
Nun, Gott stehe dir bei, armes Äffchen! Aber was willst du nun anfangen, um einen Vater zu bekommen?
Wenn er tot wäre, so würdest du um ihn weinen, und tätest du das
nicht, so wäre es ein gutes Zeichen, daß ich bald einen neuen
Vater bekomme.
Armes Närrchen, wie du plauderst!
Gott mit Euch, schöne Frau! Ihr kennt mich nicht,
Doch weiß ich Euren Stand und edeln Namen.
Ich fürchte, daß Gefahr Euch nah bedroht;
Verschmäht Ihr nicht den Rat 'nes schlichten Mannes,
So bleibt nicht hier; schnell fort mit Euren Kleinen!
Euch so zu schrecken bin ich grausam zwar,
Doch wärs Unmenschlichkeit, es nicht zu tun,
Da die Gefahr so nah. Der Himmel schütz Euch!
Ich darf nicht weilen.
Wohin sollt ich fliehn?
Ich tat nichts Böses. Doch jetzt denk ich dran:
Dies ist die irdsche Welt, wo Böses tun
Oft löblich ist und Gutes tun zuweilen
Schädliche Torheit heißt. Warum denn, ach,
Verlaß ich mich auf diese Frauenwaffe
Und sag, ich tat nichts Böses?
Was für Gesichter?
Wo ist Euer Mann?
Nicht, hoff ich, an so unheiligem Ort,
Wo deinesgleichen ihn findet.
Der Verräter!
Du lügst, struppköpfiger Schurke!
Was, du Ei!
Verräterbrut!
Er hat mich umgebracht!
Mutter, ich bitte dich, lauf fort!
Laßt uns einsamen Schatten suchen und
Durch Tränen unser Herz erleichtern.
Lieber
Laßt uns, das Todesschwert ergreifend, wacker
Aufstehn für unser hingestürztes Recht.
An jedem Morgen heulen neue Witwen,
Und neue Waisen schreien; neuer Jammer
Schlägt an des Himmels Wölbung, daß er tönt,
Als fühlt' er Schottlands Schmerz und hallte gellend
Den Klagelaut zurück.
Das, was ich glaube,
Will ich betrauern, glauben, was ich weiß,
Und helfen will ich, wo ich kann, wenn Zeit
Und Freund' ich finde.
Was Ihr mir erzählt,
Kann wohl sich so verhalten. Der Tyrann,
Des Name schon die Zung uns schwären macht,
Galt einst für ehrlich. Ihr habt ihn geliebt;
Noch kränkt' er Euch nicht.
Ich bin jung, doch etwas
Könnt Ihr durch mich von ihm verdienen. Klug ists,
Ein arm, unschuldig, schwaches Lamm zu opfern,
Um einen zorngen Gott zu sühnen.
Ich bin kein Verräter.
Aber Macbeth ists.
Auch strenge Tugend kann sich schrecken lassen
Durch königliches Machtwort. – Doch verzeiht!
Mein Denken kann das, was Ihr seid, nicht wandeln.
Stets sind die Engel hell, fiel auch der hellste;
Borgt alles Schlechte auch den Schein der Tugend,
Doch müßte Tugend wie sie selbst erscheinen.
So hab ich meine Hoffnung denn verloren!
Vielleicht da, wo ich meinen Zweifel fand.
Wie, in der Hast verließt Ihr Weib und Kind,
So teure Pfänder, mächtge Liebesknoten,
Selbst ohne Abschiednehmen? Ich ersuch Euch —
Mein Mißtraun spricht nicht so. Euch zu entehren,
Nur, mich zu sichern. Ihr könnt rein und treu sein,
Was ich von Euch auch denke.
Blute, blute,
Du armes Vaterland! So lege festen Grund denn,
Tyrannei, Rechtmäßigkeit wagt nicht, dich anzugreifen!
Trage dein Leid, dein echter Herrscher zittert!
Prinz, lebe wohl! Nicht möcht ich sein der Schurke,
Den du mich achtest, für den weiten Raum,
Den der Tyrann in seinen Klauen hält,
Zusamt dem reichen Ost.
Sei nicht beleidigt!
Nicht unbedingter Argwohn sprach aus mir.
Ich glaub es, unser Land erliegt dem Joch.
Es weint und blutet; jeder neue Tag
Schlägt neue Wunden ihm. Auch glaub ich wohl,
Daß Hände sich erhöben für mein Recht.
So bietet der huldreiche England mir
Manch wackres Tausend. Doch, bei alledem,
Wenn ich nun tret auf des Tyrannen Haupt,
Es trag auf meinem Schwert, wird größre Laster
Mein armes Land noch tragen als zuvor,
Mehr dulden und auf schlimmre Art als je,
Durch den, der folgen wird.
Wer wäre dieser?
Mich selber mein ich, in dem, wie ich weiß,
Die Keime aller Laster so geimpft sind,
Daß, brechen sie nun auf, der schwarze Macbeth
Rein scheint wie Schnee und er dem armen Staat
Lammartig dünkt, vergleicht er ihn mit meiner
Maßlosen Sündlichkeit.
Nicht in Legionen
Der grausen Höll ist ein verruchtrer Teufel,
Der Macbeth überragt.
Wohl ist er blutig,
Wollüstig, geizig, falsch, betrügerisch,
Jähzornig, tückisch; schmeckt nach jeder Sünde,
Die Namen hat. Doch völlig unstillbar
Treibt mich Begierde; eure Weiber, Töchter,
Jungfraun, Matronen könnten nicht ausfüllen
Den Abgrund meiner Lust; und mein Verlangen
Würd überspringen jede feste Schranke,
Die meine Willkür hemmte. Besser Macbeth,
Als daß ein solcher herrscht.
Unmäßigkeit
Ist wohl auch Tyrannei und hat schon oft
Manchen beglückten Thron zu früh verwaist,
Viel Könige gestürzt. Allein deshalb
Zagt nicht, zu nehmen, was Eur Eigen ist!
Ihr mögt der Lust ein weites Feld gewähren
Und kalt erscheinen, mögt die Welt verblenden.
Der willgen Frauen gibts genug; unmöglich
Kann solch ein Geier in Euch sein, der alle
Verschlänge, die der Hoheit gern sich opfern,
Zeigt sie ein solch Gelüst.
Daneben wuchert
In meinem tief verderbten Sinn der Geiz,
So unersättlich, daß, wär ich der König,
Räumt ich die Edeln weg um ihre Güter;
Dem raubt ich die Juwelen, dem das Haus;
Mehr haben wäre mir die Würzung nur,
Den Hunger mehr zu reizen; Netze strickt ich,
Mit bösem Streit den Redlichen zu fangen,
Um Reichtum ihn vernichtend.
Dieser Geiz
Steckt tiefer, schlingt verderblicher die Wurzeln,
Als sommerliche Lust; er war das Schwert,
Das unsre Könige schlug. Doch fürchtet nichts;
Schottland hat Reichtum gnug. Euch zu befriedgen,
Der Euch mit Recht gehört. Dies alles ist
Erträglich, ausgesöhnt durch Tugenden.
Die hab ich nicht – die Königstugenden,
Wahrheit, Gerechtigkeit, Starkmut, Geduld,
Ausdauer, Milde, Andacht, Gnade, Kraft,
Mäßigkeit, Demut, Tapferkeit; von allen
Ist keine Spur in mir – nein, Überfluß
An jeglichem Verbrechen, ausgeübt
In jeder Art. Ja, hätt ich Macht, ich würde
Der Eintracht süße Milch zur Hölle gießen,
Verwandeln allen Frieden in Empörung,
Vernichten alle Einigkeit auf Erden.
O Schottland! Schottland!
Darf nun ein solcher wohl regieren? Sprich!
Ich bin, wie ich gesagt.
Regieren? Nein,
Nicht leben darf er! Oh, unselges Volk,
Beherrscht mit blutigem Tyrannenzepter,
Wann doch erlebst du wieder frohe Tage?
Nie, denn der echtste Erbe deines Throns
Hat sich durch selbstgesprochnen Bann verflucht
Und brandmarkt seinen Stamm. Dein hoher Vater
War ein höchst heilger Fürst; die dich gebar,
Weit öfter auf den Knien als auf den Füßen,
Starb jeden Tag des Lebens. Fahre wohl!
Die Sünden, die du selbst dir zugesprochen,
Verbannen mich aus Schottland. – O mein Herz,
Dein Hoffen endet hier!
Macduff, dein edler Zorn,
Das Kind der Redlichkeit, tilgt aus der Seele
Mir jeden schwarzen Argwohn und versöhnt
Mit deiner Treu und Ehre mein Gemüt.
Der teuflische Macbeth hat oft versucht,
Durch solche Künste mich ins Garn zu locken,
Drum schirmt vor allzu gläubiger Hast mich Vorsicht.
Doch Gott mag richten zwischen dir und mir,
Denn jetzt geb ich mich ganz in deine Hände.
Die Selbstverleumdung widerruf ich, schwöre
Die Laster ab, durch die ich mich geschmäht,
Als meinem Wesen fremd. Noch weiß ich nichts
Vom Weibe, habe nimmer falsch geschworen,
Verlangte kaum nach dem, was mir gehört!
Stets hielt ich treu mein Wort, verriete selbst
Den Satan nicht den Teufeln; Wahrheit gilt
Mir mehr als Leben, meine erste Lüge
War diese gegen mich. Mein wahres Selbst
Ist dir und meinem armen Land geweiht,
Wohin auch schon, noch eh du hergekommen,
Der alte Siward mit zehntausend Kriegern
Bereit stand aufzubrechen, und wir gehn
Mitsammen nun. Sei uns das Glück gewogen,
Wie unser Streit gerecht ist! – Warum schweigst du?
Schwer läßt sich so Willkommnes und zugleich
So Unwillkommenes vereinen.
Gut! Mehr nachher. —
Geht heut der König aus?
Ja, Prinz, denn viele Arme sind versammelt,
Die seine Hülf erwarten; ihre Krankheit
Trotzt jeder Heilkunst, doch rührt er sie an,
Hat so der Himmel seine Hand gesegnet,
Daß sie sogleich genesen.
Dank Euch, Doktor!
Was für 'ne Krankheit ists?
Sie heißt das Übel;
Ein wundertätig Werk vom guten König,
Das ich ihn oft, seit ich in England bin,
Vollbringen sah. Wie er zum Himmel fleht,
Weiß er am besten. Seltsam Heimgesuchte,
Voll Schwulst und Aussatz, kläglich anzuschauen,
An denen alle Kunst verzweifelt, heilt er,
Um ihren Nacken eine Goldmünz hängend,
Mit heiligem Gebet. Und nach Verheißung
Wird er vererben auf die künftgen Herrscher
Die Wundergabe. Zu der heilgen Kraft
Hat er auch himmlischen Prophetengeist;
So steht um seinen Thron vielfacher Segen,
Ihn gottbegabt verkündend.
Wer kommt da?
Ein Landsmann, ob ich gleich ihn noch nicht kenne.
Mein hochgeliebter Vetter, sei willkommen!
Jetzt kenn ich ihn. – O Gott, entferne bald,
Was uns einander fremd macht.
Amen, Herr!
Stehts noch um Schottland so?
Ach, armes Land,
Das fast vor sich erschrickt! Nicht unsre Mutter
Kann es mehr heißen, sondern unser Grab,
Wo nur, wer von nichts weiß, noch etwa lächelt,
Wo Seufzen, Stöhnen, Schrein die Luft zerreißt,
Und keiner achtets, wo Verzweiflung gilt
Als ganz gewohnte Regung; keiner fragt:
Um wen? beim Grabgeläut; der Wackern Leben
Welkt schneller als der Strauß auf ihrem Hut,
Sie sterben, eh sie krank sind.
O Erzählung,
Zu herb und doch zu wahr!
Was ist die neuste Kränkung?
Wer die erzählt, die eine Stunde alt,
Wird ausgezischt; jedweder Augenblick
Zeugt eine neue.
Wie stehts um mein Weib?
Nun – wohl.
Und meine Kinder alle?
Auch wohl.
Nicht stürmte der Tyrann in ihren Frieden?
Sie waren all in Frieden, als ich schied.
Sei nicht mit Worten geizig; sprich, wie stehts?
Als ich fortging, die Nachricht herzubringen,
An der ich schwer trug, lief dort ein Gerücht,
Daß manche wackren Leute ausgezogen,
Und diesen Glauben fand ich auch bestätigt,
Weil ich im Feld sah des Tyrannen Truppen.
Nun ist zu helfen Zeit; Eur Aug in Schottland
Erschüfe Krieger, trieb in Kampf die Frauen,
Ihr Elend abzuschütteln.
Sei's ihr Trost,
Daß wir schon nahn. Der gütge England leiht uns
Den wackern Siward und zehntausend Mann;
Ein alter Krieger, keinen bessern gibts
In aller Christenheit.
Könnt ich den Trost
Mit Trost vergelten! Doch ich habe Worte —
O würden sie in leere Luft geheult,
Wo nie ein Ohr sie faßte!
Wen betriffts?
Ists allgemeines Weh? Ists eigner Schmerz,
Der einem nur gehört?
Kein redlich Herz,
Das nicht mit leidet; doch der größre Teil
Ist nur für dich allein.
Gehört es mir,
Enthalte mirs nicht vor; schnell laß michs haben!
Dein Ohr wird meine Zunge ewig hassen,
Die's mit dem jammervollsten Ton betäubt,
Den jemals du gehört.
Ha, ich errat es!
Dein Schloß ist überfallen; Weib und Kinder
Grausam erschlagen! Zu erzählen wie,
Das hieß', auf diesen Berg von
Opfern noch
Als letztes häufen deinen Tod.
O Himmel! —
Nein, Mann, drück nicht den Hut so in die Augen,
Gib Worte deinem Schmerz. Gram, der nicht spricht,
Preßt das beladne Herz, bis daß es bricht.
Auch meine Kinder?
Gattin, Kinder, Diener,
Was man nur fand.
Und ich muß ferne sein!
Mein Weib gemordet auch?
Ich sagt es.
Faßt Euch!
Laßt uns Arznei aus mächtger Rache mischen,
Dies Todesweh zu heilen.
Er hat nicht Kinder! All die süßen Kleinen?
Alle sagst du? – O Höllengeier! – Alle!
Was! All die holden Küchlein, samt der Mutter,
Mit einem wilden Griff?
Ertragt es wie ein Mann!
Das will ich auch;
Doch ebenso muß wie ein Mann ichs fühlen:
Vergessen kann ich nicht, daß das gewesen,
Was mir das Liebste war. Konnte der Himmel
Es anschaun und nicht helfen? Sündger Macduff,
Für dich sind sie erschlagen! Ich Verworfner!
Für ihre Sünden nicht, nein, für die meinen
Sind sie gewürgt. – Schenk ihnen Frieden, Gott!
Dies wetze scharf dein Schwert, verwandle Gram
In Zorn, erschlaffe nicht dein Herz, entflamm es!
Ich will das Weib nicht mit den Augen spielen
Und prahlen mit der Zung! – Doch, gütger Himmel,
Verkürze jeden Aufschub! Stirn an Stirn
Führ diesen Teufel Schottlands mir entgegen!
Stell ihn in meines Schwerts Bereich; entrinnt er,
Himmel, vergib ihm auch!
So klingt es männlich!
Jetzt kommt zum König, fertig steht das Heer,
Es mangelt nur noch, daß wir Abschied nehmen.
Macbeth ist reif zur Ernte, und dort oben
Bereiten ewge Mächte schon das Messer.
Faßt frischen Mut; so lang ist keine Nacht,
Daß endlich nicht der helle Morgen lacht.