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Leben und Tod Königs Richard des zweyten

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Sechste Scene

(Aufforderung von aussen, Antwort von innen; Trompeten-Klang, König Richard, Bischoff von Carlisle, Aumerle, Scroop und Salisbury kommen auf die Mauren.)

York.

Seht, seht, der König tritt selbst hervor, gleich dem von Unmuth erröthenden Phöbus, wenn er, aus der glühenden Pforte des Morgens hervorgehend, neidische Wolken gewahr wird, die sich vereiniget haben, seinen Glanz zu verhüllen, und die Pracht seines schimmernden Zugs nach Westen zu verdunkeln. Und doch sieht er wie ein König; seht, wie sein Auge, glänzend wie eines Adlers, herrschende Majestät um sich her blizt. O beweinenswürdig, daß eine so schöne Gestalt durch irgend einen Unfall entstellt werden soll.

König Richard (zu Northumberland.) Wir befremden uns, und stehen schon lange hier, auf die ehrfurchtvolle Beugung deiner Knie zu warten, indem wir uns selbst für deinen gesezmäßigen König hielten; und sind wir's, wie dürfen sich deine Gelenke vergessen, den schuldigen Tribut der Unterthänigkeit unsrer Gegenwart zu bezahlen? Sind wir's aber nicht, so zeige uns die Hand Gottes, die uns unsrer Statthalterschaft entlassen hat. Denn das wissen wir, daß keine Hand von Blut und Knochen, ohne Entweihung, Diebstal und Verrath, nach unserm geheiligten Scepter greiffen kan. Und ob ihr gleich denkt daß alle von uns abgefallen, und wir allein und von Freunden entblößt gelassen seyen, so sollt ihr doch wissen, der Allmächtige, mein Herr, mustert um euertwillen Heere von Plagen in seinen Wolken, die euch treffen werden, euch, die ihre Vasallen-Hände gegen mich aufgehoben und der Majestät meiner Crone gedräuet haben, euch, und eure noch ungebohrnen Kinder. Sagt dem Bolingbroke, (denn dort, däucht mich, ist er,) daß ein jeder Schritt den er in meinem Lande macht, Hochverrath ist – Er ist gekommen, das purpurne Testament des blutigen Kriegs zu öffnen; aber eh die Crone, nach der er strebt, ruhig auf sein Haupt herabsteigen wird, sollen zehentausend blutige Cronen von Mutter-Söhnen die Blume von Englands Antliz entstellen, die Farbe ihres jungfräulich-blassen Friedens in feurigen Grimm verwandeln, und ihre fetten Weiden mit getreuem Englischem Blut bethauen.

Northumberland.

Der König des Himmels verwehre, daß unser Herr, der König, so mit bürgerlichen und unbürgerlichen Waffen angefallen werden solle! Nein, dein edler Vetter, Heinrich von Bolingbroke, küßt voll Ehrfurcht deine Hand, und schwört, bey dem ehrenvollen Grabmal, das auf euers beydseitigen Ahnherrn königlichen Gebeinen ruht, bey der geheiligten Quelle euers gemeinschaftlichen Bluts, und bey der Helden-Hand seines verstorbnen Vaters, und bey seiner eignen Würde und Ehre schwört er, daß seine Ankunft keinen andern Zwek hat, als die Besiznehmung von seinen eignen Gerechtsamen und Gütern, deren Zurükgab er auf seinen Knien erbittet. Wird bey euerm Königlichen Wort ihm nur dieses zugestanden, so will er seine blinkenden Waffen dem Rost überlassen, seine langmähnichten Rosse den Ställen, und sein Herz dem getreuen Dienst Eurer Majestät. Diß schwört er, so wahr er ein Prinz ist, und so wahr ich ein Edelmann bin, glaub' ich seinen Schwur.

König Richard.

Northumberland, sag' ihm, so antwortet der König: Sein edler Vetter ist sehr willkommen, und alle seine Forderungen, so viel ihrer seyn mögen, sollen ohne Widerspruch zugestanden seyn. Sag' ihm in unserm Namen so viel verbindliches und freundschaftliches, als du nur immer kanst. —

(zu Aumerle.)

Wir erniedrigen uns, Vetter, nicht wahr, da wir so armselig aussehen, und so gute Worte geben? Sollen wir Northumberland zurük ruffen, den Verräther herausfordern lassen, und so sterben?

Aumerle.

Nein, Gnädigster Herr, bis die Zeit uns Freunde leiht, und unsre Freunde ihre Schwerdter, bleibt uns nichts übrig als mit Worten zu fechten.

König Richard.

O Gott! o Gott! daß diese meine Zunge, die das Urtheil der Verbannung über jenen stolzen Mann ausgesprochen, dahingebracht seyn soll, es mit liebkosenden Worten zurükzunehmen! o daß ich so groß wäre als mein Schmerz, oder kleiner als mein Name; O daß ich vergessen könnte was ich gewesen bin, oder nicht fühlte was ich izt bin! Schwillst du auf, stolzes Herz? Ich gebe dir alle Freiheit, schlage wie du willt, da meine Feinde die Freyheit haben, dich und mich zu schlagen.

Aumerle.

Northumberland kommt von Bolingbroke zurük.

König Richard.

Was muß der König noch mehr thun? Muß er sich unterwerfen? Der König soll es thun. Muß er abgesezt werden? Der König soll sich's gefallen lassen. Muß er auch dem Namen eines Königs entsagen? In Gottes Namen, es sey so. Ich will meine Juweelen für einen Rosenkranz geben, meinen Palast für eine Einsiedeley, meine schimmernden Kleider für einen Bettlers-Mantel, mein goldnes Geschirr für einen hölzernen Teller; meinen Scepter für einen Pilgrims-Stab, meine Unterthanen für ein Paar geschnizte Heilige, und mein grosses Königreich für ein kleines Grab; ein kleines, kleines Grab – ein dunkles Grab! – Oder ich will auf des Königs Landstrasse begraben werden, auf einem ungangbaren Weg, wo meiner Unterthanen Füsse stündlich auf ihres Königs Haupt trappen mögen; denn auf mein Herz treten sie, da ich noch lebe; warum nicht auf mein Haupt, wenn ich begraben bin? – Aumerle, du weinst? Mein weichherziger Vetter! Wir wollen böses Wetter mit unsern verachteten Thränen machen; unsre Seufzer und Thränen sollen das Sommer-Korn legen, und eine Theurung in dieses rebellische Land bringen. Oder wollen wir uns aus unserm Jammer eine Kurzweile machen? Irgend ein artiges Spiel aus unsern fliessenden Thränen? Als etwann, sie so lange an den nemlichen Ort tropfen zu lassen, bis sie uns ein paar Gräber in die Erde eingefressen haben; und wenn wir da ligen – Hier ligen zween Freunde, die sich ihr Grab mit ihren Thränen gegraben haben. Würde uns das unser Elend nicht versüssen? Wohl, wohl, ich sehe, ich rede phantastisch, und ihr lachet über mich. Großmächtigster Prinz, Milord Northumberland, was sagt der König Bolingbroke? Will seine Majestät dem Richard erlauben zu leben, bis Richard stirbt? Ihr macht einen Scharr-Fuß, und Bolingbroke sagt, ja.

Northumberland.

Gnädigster Herr, er wartet in dem Hofe, mit euch zu reden; gefällt es euch herunter zu kommen?

König Richard.

Herunter, herunter komm ich, wie der schimmernde Phaeton, da er die unbändigen Sonnen-Pferde nicht zu regieren wußte. In den Hof herunter, ein König in den Hof herunter, auf den Ruf eines Verräthers, um ihm seine Begnadigung zu geben. Herunter dann, König, herunter!

Bolingbroke.

Was sagt seine Majestät?

Northumberland.

Kummer und Sorgen machen ihn wunderlich, und wie ein Mann der nicht recht bey sich selbst ist, reden. Izt ist er da.

Bolingbroke (kniend.)

Tretet alle zurük, und bezeuget Sr. Majestät eure schuldige Ehrfurcht.

Mein Gnädigster Herr —

König Richard. Mein edler Vetter, ihr demüthiget eure fürstlichen Knie zu tief, indem ihr die niedrige Erde stolz macht sie zu berühren. Mir wäre lieber, wenn mein Herz eure Liebe fühlte, als daß mein unbefriedigtes Aug' eure Höflichkeit sieht. Auf, Vetter, auf; euer Herz ist zum wenigsten so hoch,

(er deutet mit der Hand auf seine Crone)

wenn eure Knie schon so niedrig sind.

Bolingbroke.

Mein Gnädigster Herr, ich komme nur für das, was mein eigen ist.

König Richard.

Euer Eigenthum ist euer, ich bin euer, alles ist euer.

Bolingbroke.

In so fern möge Eure Majestät mein seyn, mein Gnädigster Souverain, als meine getreuen Dienste eure Liebe verdienen werden.

König Richard.

Ihr verdienet alles; wer verdient mehr zu haben, als wer den sichersten und kürzesten Weg kennt, zu gewinnen? Oheim, gebt mir eure Hand; nein, troknet eure Augen; Thränen sind nur hülflose Zeichen der Liebe. Vetter, ich bin zu jung euer Vater zu seyn, ob ihr gleich alt genug seyd, mein Erbe zu seyn. Ich will euch geben was ihr haben wollt, und noch dazu mit Willen. Denn warum sollen wir nicht wollen, was wir müssen? Ziehet fort nach London. Ist das nicht eure Absicht, Vetter?

Bolingbroke.

Ja, Gnädigster Herr.

König Richard.

So darf ich nicht nein sagen.

(Trompeten. Sie gehen ab.)

Siebende Scene

(Ein Garten im Hofe der Königin.)

(Die Königin tritt mit zwoen Damen auf.)

Königin.

Was für eine Kurzweil wollen wir uns in diesem Garten machen, um unsre kummervolle Gedanken zu vertreiben?

Lady.

Gnädigste Frau, wir wollen mit Kugeln spielen.

Königin.

Das würde mich denken machen, daß die Welt voller Rauhigkeit und Zaken ist, und daß mein Glük, wie eine Kugel, die ihre Kraft verlohren hat, seitwärts rennt.

Lady.

Madam, so wollen wir tanzen.

Königin.

Meine Füsse können kein Maaß9 im Vergnügen halten, wenn mein armes Herz kein Maaß in seinem Kummer hält. Also nichts vom Tanzen, Mädchen; irgend ein andres Spiel.

Lady.

So wollen wir Mährchen erzählen, Gnädigste Frau.

Königin.

Traurige oder lustige?

Lady.

Von beyderley Gattung, Madam.

Königin.

Von keiner von beyden, Mädchen. Die Frölichen würden nur die Erinnerung meiner Schmerzen desto lebhafter machen, weil sie mir die Freude zeigten, die mir fehlt; und die Traurigen würden noch mehr Bekümmerniß zu derjenigen hinzuthun, die ich schon habe.

 

Lady.

So wollen wir singen, Gnädigste Frau.

Königin. Es ist gut, wenn du Ursache dazu hast; aber du würdest mir besser gefallen, wenn du weinen würdest.

Lady.

Ich könnte wol weinen, Gnädigste Frau, wenn es euch besser machte.

Königin.

Und ich könnte weinen, wenn mir weinen besser machte, ohne daß ich eine Thräne von dir entlehnen müßte. Aber warte, hier kommen die Gärtner. Wir wollen uns in den Schatten dieser Bäume verbergen – Sie werden vom Staat reden, wie alle Welt, wenn eine Veränderung im Werk ist. (Ein Gärtner mit zween Garten-Jungen tritt auf; die Königin und ihre Damen treten bey Seite.)

Gärtner.

Geh, binde du jene hängenden Apricosen auf, die, wie ungerathene Kinder, ihren Vater durch ihr verschwendrisches Gewicht zu Boden ziehen; unterstüze ein wenig die neigenden Zweige. Geh du, und haue, gleich einem Nachrichter, die Köpfe der zu hochaufschiessenden Stauden-Gewächse ab, die zu übermüthig in unserm gemeinen Wesen aussehen. In unsrer Regierung muß alles eben seyn. Unterdessen daß ihr so beschäftigst seyd, will ich gehen, und das unnüze Unkraut ausjäten, das den gesunden Pflanzen die Nahrung entzieht.

Junge.

Wie verlangt ihr von uns, daß wir in dem Bezirk eines Zauns, Geseze, Form, und gehöriges Ebenmaaß beobachten, und wie in einem Model einen wolgeordneten Staat zeigen? Indeß daß unser vom Meer eingeschloßner Garten, das ganze Land voller Unkraut ist, seine schönsten Blumen zerknikt, seine fruchtbaren Bäume alle ungepuzt, seine Zäune eingerissen, seine Knoten alle verwirrt sind, und seine heilsamen Gewächse von Raupen wimmeln?

Gärtner.

Schweige du; derjenige, dessen Frühling so wild und zügellos war, hat nun den Fall seiner Blätter erfahren. Der Epheu, der unter dem Schirm seiner weitverbreiteten Zweige emporwuchs, und ihn zu unterstüzen schien, indem er ihn aussog, ist aller bis auf die Wurzeln, von Bolingbroke ausgereutet worden; ich meyne den Grafen von Wiltschire, Buschy, und Green.

Junge.

Was, sind sie todt?

Gärtner.

Das sind sie, und Bolingbroke hat sich des verunglükten Königs bemächtiget. Wie beklagenswerth ist es, daß er sein Land nicht so gehalten hat, wie wir unsern Garten. Wir verwunden die Rinde unsrer Frucht-Bäume, weil der zu grosse Überfluß von Saft sie geil und üppig machen, und durch zuviel Reichthum zu grund richten würde. Hätte er es mit den Menschen so gemacht, die zu groß und üppig wuchsen, sie möchten die Zeit erlebt haben daß sie ihm nüzliche Früchte getragen, und er, daß er sie gekostet hätte. Wir schneiden alle überflüßigen Äste weg, damit die tragenden Zweige leben mögen; hätt' er's auch so gemacht, so würd' er selbst die Crone getragen haben, die ihm Verschwendung und Müßiggang so bald vom Haupte gerissen.

Junge.

Was? denkt ihr dann, der König werde abgesezt werden?

Gärtner.

Unterdrükt ist er schon, und abgesezt wird er ohne Zweifel werden.

Es sind in verwichner Nacht Briefe von einem Freund des Herzogs von York angekommen, welche schlimme Zeitungen erzählen.

Königin.

O, ich werde zu todt gepreßt, wenn ich länger schweige – Du Ebenbild Adams, in diesen Garten gesezt, seiner zu pflegen, wie untersteht sich deine Zunge so leidige Zeitungen anzukündigen. Was für eine Eva, was für eine Schlange hat dir eingegeben, einen zweyten Fall des verfluchten Menschen zu machen? Wie, sagst du, König Richard ist entsezt? Darfst du, kaum ein bessers Ding als die Erde die du gräbst, seinen Fall weissagen? Sprich, wo, wenn und wie kamst du zu dieser bösen Zeitung? Sprich, du Unglükseliger!

Gärtner.

Verzeihet mir, Madam. Ich habe wenig Freude davon, diese Neuigkeiten zu sagen, aber man versichert, daß sie wahr seyen. König Richard ist in Bolingbroks mächtiger Gewalt. Ihr Glük wird gegen einander abgewogen. In euers Herrn Waagschale ist nichts als er selbst, und etliche wenige Eitelkeiten, die ihn leicht machen; aber in der Schaale des grossen Bolingbroks ligen, ausser ihm selbst, alle Pairs von England, und mit diesen wiegt er den König Richard zu Boden. Eilet nur nach London, und ihr werdet es so finden; ich sage nichts, als was jedermann weiß.

Königin.

Du behendes Unglük, das so leicht auf den Füssen ist, geht deine Gesandtschaft nicht mich an? Warum bin ich dann die lezte, die sie erfährt? O du denkst mich auf die Lezte zu sparen, damit ich deine Schmerzen desto länger fühle. 10 Kommt, Lädies, wir wollen gehen, um in London Londons König im Jammer aufzusuchen. Wie, ward ich hiezu gebohren, daß mein gedemüthigter Blik den Triumph des stolzen Bolingbroks vermehren soll? Gärtner, für diese Zeitung, die du mir erzählt hast, wünsch' ich, daß die Pflanzen, die du pflanzest, nimmer wachsen mögen.

(Sie geht ab.)

Gärtner.

Arme Königin, möchte, wenn es dir helfen könnte, dein Fluch an meinem Fleisse wahr werden! – Hier ließ sie eine Thräne fallen; – hier, an diesem Ort will ich einen Rautenstok sezen, zum Andenken, daß eine Königin hier geweint hat.]

(Geht ab.)

Vierter Aufzug

Erste Scene

(Der Parlament-Saal in London.)

(Bolingbroke, Aumerle, Northumberland, Percy, Fizwater, Surrey, der Bischoff von Carlisle, der Abbt von Westmünster, Herolde, Officianten, Gerichtsdiener, und Bagot, treten auf.)

Bolingbroke.

Ruft den Bagot hervor – Sage nun ohne Scheu, was du von Glosters Tode weißst; wer half dem Könige dazu, und wer vollbrachte diese unglükselige That?

Bagot.

Wenn ihr das wissen wollt, so stellt mir den Lord Aumerle vor die Augen.

Bolingbroke.

Vetter, tritt hervor, und sieh' diesem Mann in die Augen.

Bagot.

Milord Aumerle, ich weiß eure edelmüthige Zunge verschmäht es, zu läugnen was sie einmal gesagt hat. In jener Zeit, da Glosters Tod angezettelt wurde, hörte ich euch sagen: Ist mein Arm nicht lang genug, da er von dem ruhigen Englischen Hof bis nach Calais an meines Oheims Kopf reicht? Unter vielen andern Reden, hört ich euch damals auch dieses sagen: Ihr wolltet eher hunderttausend angebotne Cronen ausschlagen, als daß Bolingbroke nach England zurük komme; und ihr seztet hinzu, wie glüklich dieses euers Vetters Tod dieses Land machen würde.

Aumerle.

Prinzen und Milords, was für eine Antwort soll ich diesem niederträchtigen Mann geben? Soll ich meine schönen Sterne so sehr entehren, und ihm wie einem der meines gleichen ist, antworten. Und doch muß ich, oder ich muß es leiden, meine Ehre von dem Geifer seiner verläumderischen Zunge beflekt zu sehen. Hier ist mein Pfand,

(er wirft seinen Handschuh hin,)

das Siegel des Todes, daß dich für die Hölle auszeichnet. Du liegst, und ich will, daß es falsch ist was du sagst, mit deinem Herzens-Blut beweisen, so unwürdig es auch ist, den Stahl meines ritterlichen Schwerdts zu besudeln.

Bolingbroke.

Bagot, nim dich in Acht; du sollt es nicht aufheben.

Aumerle.

Einen einzigen ausgenommen, wollt' ich, der Beste in dieser Versammlung hätte mich so herausgefordert.

Fizwater.

Wenn du es zufrieden bist, daß ein andrer seinen Plaz nehme, so ist hier mein Pfand gegen das Deinige. Bey dieser schönen Sonne, die mir zeigt, wo du stehst, ich hörte dich sagen, und du sprachst es mit einem pralerischen Ton, du seyest die Ursach von des edlen Glosters Tod gewesen. Wenn du das läugnest, so lügst du eine zwanzigfache Lüge, und mit diesem meinem Schwerdt will ich sie in dein Herz zurük stossen, worinn sie ausgebrütet wurde.

Aumerle.

Feige Memme, du hast das Herz nicht, so lange zu leben, daß du diesen Tag sehest.

Fizwater.

Bey meiner Seele, ich wollt' es wäre in dieser Stunde.

Aumerle.

Fizwater, diß verdammt dich zur Hölle.

Percy.

Aumerle, du lügst; o seine Ehre ist in dieser Anklage so rein, als du ein Bösewicht bist. Und daß du es bist, das will ich, hier ist mein Pfand dafür, bis zum lezten Lebens-Athem an dir beweisen. Heb' es auf, wenn du Muth hast.

Aumerle.

Und wenn ich es nicht thue, o dann verdorre meine Hand, und schwinge niemals wieder den rächenden Stahl über den Helm meiner Feinde! Wer beschuldigt mich noch mehr? Beym Himmel, ich nehm' es mit allen auf Ich habe tausend Geister in meiner Brust, um zwanzigtausend solchen wie ihr seyd, zu antworten.

Surrey.

Milord Fizwater, ich erinnre mich der Zeit sehr wol, da Aumerle und ihr euch mit einander sprachet.

Fizwater.

Milord, es ist wahr; ihr waret dabey, und ihr könnt mir Zeugniß geben, daß es wahr ist.

Surrey.

So falsch, beym Himmel, als der Himmel selbst wahrhaft ist.

Fizwater.

Surry, du lügst.

Surrey.

Ehrloser Bube, diese Lüge soll so schwer auf meinem Schwerdte ligen, daß es Rache über Rache nehmen soll, bis du, der mich lügen hieß, und deine Lüge, so ruhig in der Erde ligen als deines Vaters Schädel. Zu dessen Beweiß, ist hier das Pfand meiner Ehre; verbinde dich zum Kampf, wenn du das Herz hast.

Fizwater.

Wie unnöthig spornst du ein feuriges Roß! Wenn ich das Herz habe zu essen, zu trinken, Athem zu holen, so hab' ich auch das Herz, Surrey in einer Wildniß aufzusuchen, und ihn anzuspeyen, indem ich ihm sage, daß er lügt, und lügt, und lügt: Hier ist mein Pfand, daß ich dich zur Straffe ziehen will. So wahr ich in dieser neuen Welt zu gedeyhen wünsche, Aumerle ist meiner wahrhaften Anklage schuldig. Überdem hörte ich den verbannten Norfolk sagen, du Aumerle, habest zween von deinen Leuten abgeschikt, den Herzog zu Calais zu ermorden.

Aumerle.

Ist kein ehrlicher Christ hier, der mir einen Handschuh leiht, damit ich sagen kan, daß Norfolk lügt; hier zieh ich diesen ab, daß ich es auf ihn beweisen will, wenn er zurükberuffen werden mag.

Bolingbroke.

Alle diese Händel sollen zur Entscheidung ausgesezt bleiben, bis Norfolk zurükberuffen ist; und das soll er werden, und, ob er gleich mein Feind ist, in alle seine Herrschaften wieder eingesezt; wenn er wieder da ist, soll er gegen Aumerle seinen Beweis machen.

Carlile.

Dieser ehrenvolle Tag wird nie gesehen werden. Eine lange Zeit hat der verwiesne Norfolk für Jesum Christum, in glorreichen blutigen Kämpfen für die Ehre des heiligen Creuzes, mit schwarzen Heiden, Türken und Saracenen gefochten; hernach, von der kriegrischen Arbeit abgemattet, nach Italien sich zurükgezogen, und endlich zu Venedig seinen Leib dieser anmuthsvollen Erde, seine reine Seele aber Christo, seinem Feldherrn, gegeben, unter dessen Fahne er so lange gestritten hatte.

Bolingbroke.

Wie, Bischoff, ist Norfolk todt?

Carlile.

So gewiß ich lebe, Milord.

Bolingbroke.

Seliger Friede führe seine Seele in Abrahams Schooß! – Milords Appellanten, eure Händel sollen alle auf den gewechselten Pfändern beruhen, bis wir euch den Tag zu eurer Probe angesezt haben.

9Wortspiel mit dem Wort (measure), welches Cadenz, und Maaß heißt.
10Was in [] eingeschlossen ist, sind Reime im Original.