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König Heinrich der vierte

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Dritte Scene

Mowbray

Es ist etwas in meinem Busen, das mir sagt, unser Friede werde unter keinerley Bedingungen Bestand haben.

Hastings

Besorget das nicht; wenn wir unsern Frieden unter so ausgedehnten und vortheilhaften Bedingungen erhalten, als diejenige, worauf wir schlechterdings bestehen wollen; so wird er so feste stehen, als ein felsichtes Gebürge.

Mowbray

Gut; aber alle diese Bedingungen werden uns doch nie das Zutrauen des Königs geben; wir werden immer mit einem Auge beobachtet werden, das voraus geneigt ist, uns schuldig zu finden; und die schlechteste Ursache, der eitelste Schatten eines Verdachts wird das Andenken dieser That wieder aufweken. Unsre künftige Treue mag den flammenden Eifer der Märtyrer haben, sie wird doch immer zu kalt befunden werden; und das argwöhnische Auge des Vorurtheils wird in unsern Verdiensten selbst Entwürfe neuer Verbrechen sehen.

York

Nein, nein Milord; glaubt mir, der König ist dieser allzugrossen Schärfe und dieser nagenden Besorgnisse selbst überdrüßig; er hat gefunden daß jeder Argwohn, dem er durch den Tod ein Ende macht, zween Grössere in den Ueberlebenden erwekt. Er wird also seine Schreibtafel rein auswischen, und, um seiner gegenwärtigen Ruhe willen, die Erinnrung vergangner Unruhen von sich entfernt halten. Denn er weiß allzuwol, daß er dieses Land nicht so genau ausjäten kan, als seine argwöhnische Gemüthsart es wünschte. Seine Feinde sind so sehr mit seinen Freunden zusammengewurzelt, daß er keinen Feind ausreuten kan, ohne zugleich einen Freund zu entkräften. So daß dieses Land, wie ein böses Weib, das seinen Mann so sehr aufgebracht hat, ihr Schläge anzubieten, indem er schlagen will, ihm sein Kind entgegen strekt, und dadurch die beschloßne Züchtigung in seinem aufgehobnen Arm zurük hält.

Hastings

Ueberdem hat der König an den neulichen Verbrechern alle seine Ruthen abgenuzt, so daß es ihm izt sogar an Werkzeugen zur Züchtigung fehlt; und seine Macht, wie ein Löwe dem die Klauen benommen sind, zwar drohen, aber nicht fassen kan.

York

Es ist in der That so; seyd also versichert, mein lieber Lord Marschall, daß wenn wir mit dem König nur erst recht ausgesöhnt sind, unser Frieden, wie ein gebrochnes Glied das wieder eingerichtet worden, nur desto stärker werden soll.

Mowbray

Ich wünsch' es. Hier kommt Milord von Westmorland zurük.

(Westmorland zu den Vorigen.)

Westmorland. Der Prinz ist nicht weit von hier; gefällt es euch, Milords, mit seiner Durchlaucht, in gleicher Entfernung von beyden Armeen zusammen zu kommen?

Mowbray

Milord von York, so gehet dann in Gottes Namen voran.

York

Gehet ihr voran, und grüsset seine Durchlaucht: Milord, wir kommen.

Vierte Scene

(Prinz John von Lancaster tritt auf.)

Lancaster

Mir ist angenehm, mein Vetter Mowbray, euch hier anzutreffen; guten Tag, mein lieber Lord Erzbischoff, und so euch, Lord Hastings, und allen. Milord von York, ihr hattet ein weit bessers Ansehen, wenn euch eure Heerde, von der Gloke versammelt, umzirkelte, voller Ehrfurcht eure Erklärung des heiligen Texts anzuhören, als izt in dieser Gestalt eines eisernen Mannes, in der ihr eine Rotte von Aufrührern mit der Trummel aufreizet, um das Wort in Schwerdt, und Leben in Tod zu verwandeln. Der Mann, der das Herz eines Monarchen hat, und im Sonnenschein seiner Gewogenheit reift, wie viel Böses, wenn er die Macht des Königs mißbrauchen wollte, wie viel Unheil könnte er im Schatten eines solchen Ansehens anrichten? So ist es mit euch bewandt, Lord Bischoff. Wer hat nicht davon gehört, wie tief eure Einsicht in die Bücher des Himmels ist? In unsern Augen seyd ihr der Sprecher in seinem Parlament; wir glauben die Stimme des Himmels selbst zu hören, wenn wir euch hören; wir sehen euch als den Canal an, durch den die Gnaden des Himmels zu uns fliessen, und durch den wir ihm unsre Bitten vortragen. O! wer muß nicht glauben, daß ihr das ehrwürdige Ansehen euers Amts mißbraucht, und gleich einem treulosen Günstling, den Namen euers Fürsten zu Ausübung böser Thaten gelten macht? Ihr habt unter einem verstellten Eifer für die Sache Gottes, die Unterthanen seines Statthalters, meines Vaters, aufgewigelt, und sie, beydes gegen den Himmel und gegen ihn, in diesen Schwarm hier zusammen getrieben.

York

Gnädigster Herr, ich bin nicht gegen euern Vater hier; sondern, wie ich bereits dem Lord von Westmorland sagte, die Verwirrung dieser Zeiten treibt uns zusammen, und gruppiert uns in diese ungeheure Form, um unsre Sicherheit zu erhalten. Ich sandte Eu. Durchlaucht die besondern Puncte, worinn wir uns beschwert befinden, und womit wir bey Hofe mit Verachtung abgewiesen worden sind. Daher dieser Aufstand, der durch Gewährung unsrer gerechten Forderungen augenbliklich wieder gestillet werden kan, um zahm und unterwürfig sich zu den Füssen der Majestät hinzulegen.

Mowbray

Wo nicht, so sind wir bereit, unser Glük bis auf den lezten Mann zu versuchen.

Westmorland

Gefällt es Euer Durchlaucht, ihnen darauf zu antworten, in wie fern ihr ihre Artikel genehmiget?

Lancaster

Ich genehmige sie alle, und gestehe sie alle zu; und hier schwör ich, bey dem ehrenvollen Blut von dem ich stamme, meines Vaters Absichten sind mißgedeutet worden, und es sind einige um ihn, die seinen Willen und seine Autorität mit einer übertriebnen Schärfe gelten gemacht haben. Milord, diese Beschwerden sollen schleunig gehoben werden, bey meinem Leben! sie sollen. Wenn ihr hiemit zufrieden seyd, so entlaßt eure Truppen, wie wir mit den unsrigen thun werden; und laßt uns hier zwischen beyden Heeren uns umarmen, und auf unsre wiederhergestellte Freundschaft trinken, damit ihrer allen Augen diese Pfänder unsrer Aussöhnung mit nach Hause tragen mögen.

York

Ich nehme euer Fürstliches Wort für die Abstellung dieser Beschwerden.

Lancaster

Ich geb' es euch, und will es behaupten; und hiemit trink ich Eu.

Gnaden zu.

Hastings (zu Coleville.)

Geh, Hauptmann, und kündige der Armee diese Friedens-Zeitung an; laß sie ihren Sold haben und gehen; ich weiß, es wird ihnen angenehm seyn. Beschleunige dich, Hauptmann.

(Coleville geht ab.)

York

Auf euer Wohlseyn, Milord von Westmorland.

Westmorland

Ich werde Eu. Gnaden Bescheid thun, und wenn ihr wißtet, wie viele Mühe ich angewandt habe, diesen Frieden zu Stande zu bringen, ihr würdet desto muntrer trinken; aber ich werde künftig Anlas haben, euch meine Freundschaft deutlicher zu zeigen.

York

Ich seze keine Zweifel in sie.

Westmorland

Es erfreut mich. Auf eure Gesundheit, Milord und Vetter Mowbray.

Mowbray

Die Gesundheit die ihr mir wünscht, käme sehr gelegen, denn es wird mir plözlich etwas übel.

York

Vor schlimmen Zufällen sind die Menschen gemeiniglich munter, und Bangigkeit ist oft der Vorbote einer glüklichen Begebenheit.

Westmorland

Seyd also munter, Vetter, weil diese plözlichen Anstösse von Bangigkeit von so glüklicher Bedeutung sind.

York

Glaubt mir, es ist mir ungemein leicht ums Herz.

Mowbray

Desto schlimmer, wenn eure eigne Regel wahr ist.

(Man hört ein Freuden-Geschrey.)

Lancaster

Der Friede ist angekündigt; horcht! wie sie froloken.

Mowbray

Nach einem Sieg würde das angenehm getönt haben.

York

Ein Frieden ist die glüklichste Art von Erobrung; beyde Theile sind dann überwunden, und keiner verliehrt.

Lancaster (zu Westmorland.)

Geht, Milord, und entlaßt auch unsre Armee.

(Westmorland geht ab.)

Und wenn es euch gefällt, mein lieber Lord, so wollen wir die Truppen bey uns vorbeyziehen lassen, damit wir sehen, mit was für Leuten wir uns hätten messen sollen.

York

Geht, Lord Hastings, und laßt sie hier vorbey ziehen, eh sie auseinander gehen.

(Hastings geht ab.)

Lancaster

Ich hoffe, Milords, wir werden diese Nacht beysammen ligen.

Fünfte Scene

(Westmorland kommt zurük.)

Lancaster

Nun, Vetter, warum bleibt unsre Armee stehen?

Westmorland

Die Officiers, welche den Befehl, Stand zu halten, aus Eu.

Durchlaucht Mund haben, wollen nicht gehen, bis sie den Befehl dazu von Euch selbst bekommen würden.

Lancaster

Sie kennen ihre Schuldigkeit. (Hastings kommt zurük.)

Hastings

Milord, unsre Armee ist bereits zerstreut: Gleich jungen noch unbejochten Stieren rennten sie gegen Ost, West, Süd und Nord davon; oder wie, wenn die Schule aus ist, die Schul-Jungens in wimmelndem Gedräng hervor stürmen, und jeder seinem Haus oder seinem Spielplaz zuspringt.

Westmorland

Eine gute Zeitung, Milord Hastings, für welche ich dich, Verräther, und euch, Lord Erzbischoff, und euch, Lord Mowbray, sämtlich als des Hochverraths schuldig in Verhaft nehme.

 
Mowbray

Ist das ein erlaubtes und rechtschaffnes Verfahren?

Westmorland

War es euer Aufstand?

York

Brecht ihr eure Treue so?

Lancaster

Ich versprach euch keine; ich versprach euch, daß diesen Beschwerden abgeholfen werden sollte, worüber ihr klagtet, und bey meiner Ehre, ich will es mit der christlichen Sorgfalt halten. Ihr aber, Empörer, empfangt den Lohn eurer Thaten. Der Ausgang eurer thörichten Unternehmung entspricht der Unbesonnenheit ihres Anfangs – Laßt unsre Trummeln rühren, verfolgt die zerstreuten Flüchtlinge, der Himmel, nicht wir, hat an diesem Tag einen unblutigen Sieg für uns erfochten – Man sorge davor, daß diese Verräther bis zu ihrem Todes-Urtheil wol verwahret werden.

(Sie gehen ab.)

Sechste Scene

(Ein Kriegs-Getümmel. Excursionen. Falstaff und Coleville treten auf.)

Falstaff

Wie ist euer Name, Sir? Von welchem Stand seyd ihr? Und von welchem Plaz, wenn ich bitten darf?

Coleville

Ich bin ein Ritter, Sir, und mein Nam ist Coleville vom Thal.

Falstaff

Gut, Coleville ist also euer Nam', ein Ritter ist euer Stand, und euer Plaz das Thal. Coleville soll immer euer Name bleiben, ein Verräther euer Stand, und ein Loch im Gefängniß euer Plaz; ein Ort das tief genug ist, damit ihr immer Coleville vom Thal bleibet.

Coleville

Seyd ihr nicht Sir John Falstaff?

Falstaff

Ein so braver Mann, Sir, als er, ich mag seyn wer ich will; wollt ihr euch ergeben, Sir, oder soll ich um euertwillen schwizen? Muß ich schwizen, so sind meine Schweiß-Tropfen die Thränen deiner Freunde, die deinen Tod beweinen. Zittre also so gut du kanst, und bitte um Gnade.

Coleville

Ich denke, ihr seyd Sir John Falstaff, und in dieser Meynung geb ich mich zu euerm Gefangnen.

Falstaff

Ich hab' eine ganze Schule voll Zungen in diesem Bauch und nicht eine einzige davon redt was anders als meinen Namen: Hätt' ich nur einen Bauch von etwas indifferenterm Umfang, ich wäre ohne weiters der activste Kerl in ganz Europa; mein Wanst, mein Wanst, mein Wanst ist mein Unglük – Hier kommt unser General.

(Der Prinz John von Lancaster, und Westmorland treten auf.)

Lancaster

Die Hize ist vorbey, folgt ihnen nicht weiter, ruft die Unsrigen zurük, mein lieber Vetter Westmorland.

(Westmorland geht ab.)

Nun, Falstaff, wo seyd ihr diese ganze Zeit über gewesen? Wenn alles und jedes vorbey ist, dann kommt ihr. Diese Langsamkeit schikt sich nicht gut zu euerm Handwerk; bey meinem Leben, sie wird über lang oder kurz noch einmal einem Galgen den Rüken brechen.

Falstaff

Es solte mir leid thun, Milord, wenn es nicht so wäre; ich habe nie anders gehört, als daß Verweise und Demüthigungen der Lohn der Tapferkeit sind. Denkt ihr, ich sey eine Schwalbe, ein Pfeil oder eine Kugel? Kan ich armer alter Mann die Geschwindigkeit eines Gedankens haben? Ich eilte mit dem äussersten Punct des äussersten Grads der Möglichkeit hieher. Ich habe hundert und etlich und achtzig Postpferde zu Schanden geritten; und kaum war ich abgestiegen, so nahm' ich, so matt ich von der Reise war, in meiner reinen und immaculirten Tapferkeit diesen Sir John Coleville vom Thal, einen ganz furiosen Ritter und höchst furchtbaren Feind, gefangen: Doch was sag ich? Er sah mich, und ergab sich; so daß ich in Wahrheit mit jenem Haaken-nasichten Gesellen aus Rom da, dem Cäsar, sagen kan: ich kam, sah und siegte.

Lancaster

Das war eine blosse Höflichkeit von ihm daß er sich ergab, und ihr könnt euch kein Verdienst daraus machen.

Falstaff

Ich weiß nicht; hier ist er, und hier liefr' ich ihn aus, und bitte Eu. Durchlaucht, daß es mit den übrigen Thaten dieses Tages aufgeschrieben werden möge; oder bey G*** ich will eine eigne Ballade darauf machen lassen, und oben drüber mein Bild in Holzschnitt, und Colevillen wie er mir die Füsse küßt; wenn ich genöthiget werde, so was zu thun, und wenn ihr nicht alle wie verguldte Doppel-Pfennige gegen mich aussehen sollt, und ich am hellen Himmel des Ruhms euch nicht eben so weit überglänzen werde, als der Vollmond die Funken in einer heissen Asche, die nur wie Steknadel-Köpfe gegen ihn aussehen, so glaubt keinem Edelmann auf sein Wort. Laßt mir also mein Recht wiederfahren; laßt das Verdienst steigen.

Lancaster

Zum Steigen ist das deine zu schwer.

Falstaff

So laßt es scheinen.

Lancaster

Dazu ist es zu dicht.

Falstaff

Laßt es nur etwas thun, mein gütiger Lord, das mir wohl thut, und nennt es wie ihr wollt.

Lancaster

Ist dein Name Coleville?

Coleville

Ja, Milord.

Lancaster

Du bist ein berüchtigter Rebell, Coleville.

Coleville

Ich bin, Milord, was bessere als ich sind, die mich hieher führten; hätt' ich ihnen rathen sollen, ihr solltet sie theurer bezahlt haben, als ihr habt.

Falstaff

Ich weiß nicht, wie theuer sie sich selbst verkauften, aber du warst ein so gutherziger Geselle, und gabst dich gratis weg; und ich danke dir davor.

Siebende Scene

(Westmorland zu den Vorigen.)

Lancaster

Nun, habt ihr das Nachsezen gehemmet?

Westmorland

Unsre Leute sind wieder zurük, und warten nur auf Befehl, wegen der Gefangnen.

Lancaster

Sendet also Colevillen mit seinen Consorten nach York, ihr Urtheil unverzüglich zu empfangen. Blunt, führe sie ab, und sorge daß sie wol bewacht werden.

(Blunt geht mit Coleville ab.)

Und nun, Milords, will ich nach Hofe; ich höre, der König mein Vater ist krank; unsre Zeitungen sollen uns zuvorkommen, und ihr, Vetter, sollet sie seiner Majestät überbringen; vielleicht werden sie von beßrer Würkung seyn, als alle andre Arzneyen. Wir werden euch sobald als möglich folgen.

(Sie gehen ab.)

Achte Scene

(Verwandelt sich in den Palast zu Westmünster.)

(König Heinrich, Warwik, Clarence und Glocester treten auf.)

König Heinrich

Nun, Milords, wenn der Himmel diesem Streit, der vor unsrer Thüre blutet, ein glükliches Ende macht, so wollen wir unsre Jugend in höhere Gefilde führen, und hinfort keine andre als geheiligte Schwerdter ziehen. Unsre Flotte ist ausgerüstet, unsre Macht beysammen, die Regierung in unsrer Abwesenheit ist bestellt, und alles ist so wie wir's wünschen; ausser daß wir uns ein wenig besser befinden sollten, und noch verziehen müssen, bis diese Rebellen zu paaren getrieben sind.

Warwik

Beydes, Gnädigster Herr, wird, wie wir nicht zweifeln, in kurzem nach Wunsch erfolgen.

König Heinrich

Humphrey, mein Sohn von Glocester, wo ist der Prinz euer Bruder?

Glocester

Gnädigster Herr, ich denke, er ist nach Windsor auf die Jagd gegangen.

König Heinrich

Mit was für Gesellschaft?

Glocester

Ich weiß es nicht, Milord.

König Heinrich

Ist nicht sein Bruder, Thomas von Clarence, bey ihm?

Glocester

Nein, Gnädigster Herr, er ist hier gegenwärtig.

Clarence

Was wünscht mein Gebietender Herr und Vater?

König Heinrich

Nichts als Gutes für dich, Thomas von Clarence. Wie kommt es, daß du nicht bey dem Prinzen deinem Bruder bist? Er liebt dich, und du sezest ihn bey Seite, Thomas; du hast einen bessern Plaz in seinem Herzen als deine Brüder, trage Sorge dazu, mein Sohn, du kanst dereinst nach meinem Tod die Mittels-Person zwischen ihm und deinen Brüdern seyn, und ihnen wichtige Dienste thun. Verabsäume ihn also ja nicht; und verscherze den Vortheil seiner Liebe nicht, durch den Schein der Kaltsinnigkeit, oder, als wenn du dich nichts um ihn bekümmertest. Er ist gütig und freundschaftlich gegen diejenige, die er ihm ergeben sieht; er hat Thränen für andrer Leiden, und eine immer offne Hand zur Wohlthätigkeit. Allein, wenn er gereizt wird, ist er lauter Feuer, launig wie der Winter, und gäh wie ein Windsstoß an einem kühlen Morgen. Man muß sich daher nach seiner Gemüthsart richten lernen. Tadelt ihn wegen seiner Fehler, jedoch mit Ehrerbietung, wenn ihr sehet daß er bey guter Laune ist; aber wenn er aufgebracht ist, so gebt ihm Plaz, bis seine Leidenschaft, wie ein zu Grund sinkender Wallfisch, durch ihre eigne heftige Bewegungen sich entkräftet hat. Lerne diß, Thomas, und du wirst ein Schirm deiner Brüder seyn, ein goldner Reiff, der sie zusammenbinden wird, damit das vereinigte Gefäß ihres Bluts, wenn es, wie vielleicht begegnen kan, durch den Gift heimlicher Aufstiftungen in Gährung gesezt wird, nicht lek werde, und sollt' es gleich stärker würken als Aconitum oder rasches Schieß-Pulver.

Clarence

Ich werde mir angelegen seyn lassen, seine Liebe zu verdienen.

König Heinrich

Warum bist du nicht zu Windsor bey ihm, Thomas?

Clarence

Er ist nicht zu Windsor; er speißt in London zu Mittag.

König Heinrich

Und wer ist bey ihm? Kanst du mir's sagen?

Clarence

Poins, und seine andern gewöhnlichen Begleiter.

König Heinrich

Der fetteste Boden trägt das meiste Unkraut, und er das edle Bild meiner Jugend, ist ganz damit überwachsen; Ursache zu einem Kummer, der sich über mein Leben hinaus erstrekt. Das Blut weint aus meinem Herzen, wenn ich mir die regellosen Tage, die verderbten Zeiten vorstelle, die ihr sehen werdet, wenn ich einst bey meinen Voreltern schlafe: Denn wenn seine wilde Schwelgerey keinen Zügel mehr hat, wenn Wuth und schäumendes Blut seine Räthe sind, wenn Macht und schlimme Sitten sich vereinbaren; oh, mit was für stürmenden Schwingen wird er seinem Fall und Verderben entgegen stürzen.

Warwik

Mein Gnädigster Herr, ihr mißkennt ihn in diesem Augenblik. Der Prinz studiert nur seine Gesellschafter, wie eine fremde Sprache; will man die Sprache besizen, so ist nöthig daß man auch das unanständigste Wort ansehe und lerne; wenn man's aber einmal versteht, so weiß Eu. Majestät, daß es zu keinem andern Gebrauch kommt, als daß man es kennt und verabscheut. So wird es der Prinz, zu seiner Zeit, mit seinen Gesellschaftern halten, und die Kenntniß die er von ihnen hat, wird eine Art von Modell oder Maasstab seyn, woran er den Werth beßrer Leute messen wird.

König Heinrich

Selten macht die Biene ihren Waben in ein Todten-Aaß. – Wer kommt hier? Westmorland?