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Ein St.-Johannis-Nachts-Traum

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Zweyter Aufzug

Erster Auftritt

(Ein Wald. Eine Fee tritt von einer, und Puk von der andern Seite auf.)

Puk.

 
Wohin, Geist, wohin wanderst du?
 

Fee.

 
Über Berg, über Thal,
Durch Heken und Ruthen,
Über Holz, über Pfahl,
Durch Feuer und Fluthen;
Schneller als des Mondes Sphär
Wandr' ich rastlos hin und her.
Ich dien' der Feen-Königin,
Zum stillen Tanz,
Beym Sternen-Glanz,
Bethaute Kreis' im Grünen ihr zu zieh'n.
Sie ist der Primuln Pflegerin,
Die auf den jungen Wiesen glüh'n.
Auf ihrem göldenen Gewand
Ist jeder Fleken ein Rubin,
Worein der milden Feyen Hand
Die Düfte gießt, die euch entzüken.
Izt muß ich geh'n, und Thau vom Grase pflüken,
Und jeder Primul Ohr mit einer Perle schmüken.
Fahr wol, du tölpelhafter Geist, ich muß entflieh'n;
Die Königin mit allen ihren Elfen
Ist im Begriff hieher zu zieh'n.
 

Puk.

 
Der König pflegt die Nacht durch hier zu schlummern.
Gieb Acht, daß deine Königin
Ihm ja nicht vor die Augen komme.
Denn Oberon ist noch von Zorn entbrannt,
Daß sie am Indus jüngst den schönsten Knaben,
Zu ihrer Aufwart, einem König raubte.
Der eifersücht'ge Oberon begehrt
Den schönen Knaben, daß er auf die Jagd
Ihn durch den wilden Forst begleiten helfe,
Von ihr zurük; doch immer unerbittlich
Behält sie ihren Liebling ganz für sich,
Bekränzt mit eigner Hand sein lokicht Haar,
Und macht aus ihm nur alle ihre Lust.
Seitdem begegnen sie sich niemals mehr
In Lauben, noch auf grünen Fluren, noch
An Silber-Quellen, noch beym Sternen-Licht;
So heftig ist ihr Zwist, daß alle ihre Elfen
Vor Angst in Ahorn-Becher sich verkriechen.
 

Feye.

 
Entweder irr' ich mich an deiner Bildung
Und Mine gänzlich, oder du
Bist jener schelmische leichtfert'ge Geist,
Den Robin Gutgesell das Landvolk nennt.
Bist du's nicht, der die Mädchen aus dem Dorfe
Bey Nacht erschrekt, der Milch die Sahne raubt,
Die Mühle heimlich dreht, macht daß umsonst die Bäurin
An fettem Rahm sich aus dem Athem rührt,
Und daß im Bier sich keine Hefen sezt;
Der arme Wandrer oft des Nachts verleitet,
In Sümpfe fährt, und ihres Harms noch lachet;
Allein für die, die dich Hob-Goblin nennen,
Und holden Puk, ihr Werk unsichtbar thust,
Und machst, daß sie gut Glük in allem haben;
Bist du nicht der?
 

Puk.

 
Du irrst dich nicht, ich bin's.
Ich bin der muntre Nachtgeist, den du meynest.
Ich gaukle stets um Oberon, und mach' ihn lächeln,
Wenn ich ein fettes bohnen-sattes Roß
Vergeblich wiehern mach'; ihm in Gestalt
Der schönsten Stutte nahend. Auch verberg ich mich
Oft in den Becher einer guten alten
Gevatterin, die gern den Becher leert;
Gleich einem rothgesottnen Krebs schwimm ich
Darinn herum, und wenn sie trinken will
Spring ich an ihre Lippen auf, und schütte
Den Kofent über ihren schlappen Busen.
Oft sieht, indem sie durch ein fröstig Mährchen
Die Nachbarinnen sanft zum Schlaf befödert,
Ein weises Mütterlein, troz ihrer Weisheit,
Für einen dreygebeinten Stuhl mich an;
Dann schlüpf ich unter ihr hinweg, sie wakelt
Mit Schwur und lächerlichem Zorn zu Boden;
Die ganze Zeche hält mit beyden Händen
Den Bauch, und schlägt das hallende Getäfel
Mit wieherndem Gelächter, klatscht und schwört,
Noch nie so lustig sich gemacht zu haben.4
Doch, Fee, flieh du, hier kömmt Oberon!
 

Feye.

 
Und hier, zum Unglük, meine Königin.
 

Zweyter Auftritt

(Oberon der König der Feen, tritt auf einer, und Titania die Königin der Feen, auf der andern Seite auf.)

Oberon.

 
Du suchst beim Mondschein mich, Titania?
 

Titania.

 
Wie, eifersücht'ger Oberon? du irrest!
Ihr Feen, schlüpft mit mir hinweg, ich habe
Sein Bett, und seinen Umgang abgeschworen.
 

Oberon.

 
Halt, Unverschämte, bin ich nicht dein Herr?
 

Titania.

 
So bin ich deine Frau! allein ich weiß
Die Zeit noch wol, da du vom Feen-Land
Dich heimlich stahlst, und in Corins Gestalt,
Den ganzen Tag an einer Linde sizend,
Auf deinem Haber-Rohr verliebte Seufzer
Der schönen Phyllida entgegen girrtest!
Sprich, warum eiltest du vom fernsten Gipfel
Des Inder-Lands hieher? Weßwegen sonst,
Als weil die strozende, Dianen-gleich
Geschürzte Amazonin, deine kriegrische
Gebieterin, mit Theseus sich vermählt?
Du kömmst, nicht wahr? ihr Bette zu beglüken?
 

Oberon.

 
Wie? läßt die Schaam diß zu, Titania,
Die Gunst Hippolitas mir vorzurüken?
Und weissest doch, ich kenne deine Liebe
Zu Theseus? Warest du es nicht, die ihn
Bey deinem eignen Schimmer, durch die Schatten
Der stillen Nacht, von Perigenias Seite,
Die er vorher geraubet hatt', entführte!
Und wer als du verführt' ihn, seine Schwüre
So viel betrognen Nymphen, Ariadnen,
Der schönen Ägle, und Antiope
Zu brechen? —
 

Titania.

 
Falsche, grillenhafte Träume
Der Eifersucht! Seit diese dich beherrschet,
Seit jenem Sommer kamen wir nicht mehr
Auf Hügeln, noch im Thal, im Hayn, auf Wiesen,
Am Quell' der über kleine Kiesel rauschet,
Noch raschen Bächen, die aus Felsen sprudeln,
Noch an des Meeres klippenvollem Strande,
Zum frohen Tanz zusammen, unsre Loken
Zum Spiel der flüsternden, scherzhaften Winde
Zu machen. Alle unsre Spiele hat
Dein Groll gestört. Drum haben auch die Winde,
Vergeblich uns zu pfeiffen überdrüssig,
Als wie zur Rache, seuchenschwangre Nebel
Tief aus der See gesogen, die hernach,
Aufs Land ergossen, jeden über uns
Erzürnten Bach mit solchem Stolze schwellten,
Daß ihre Fluth die Ebnen überströmte.
Umsonst hat nun der Stier sein Joch getragen,
Der Akermann hat seinen Schweiß verlohren,
Die grüne Ähre fault, eh ihre Jugend
Das erste Milchhaar kränzt.
Leer steh'n die Hürden im ertränkten Felde,
Und Krähen mästet die ersäufte Heerde.
Mit Schlamme ligt der Kegelplaz erfüllt,
Unkennbar und verschwemmt der glatte Pfad,
Der durch des Frühlings grüne Labyrinthe
Sonst leitete. Die Sterblichen entbehren
Der winterkürzenden gewohnten Freuden,
Und keine Nacht wird Hymnen mehr geweyht.
Nur Luna, die Beherrscherin der Fluthen,
Vor Unmuth bleich, wascht überall die Luft,
Und füllet sie mit fieberhaften Flüssen.
Die Jahreszeiten selbst verwirren sich,
Beschneyte Fröste sinken in den Schoos
Der frischen Ros', und auf des alten Winters
Eys-grauer Scheitel wird, als wie zum Spott,
Ein Kranz gesezt von holden Sommer-Knospen.
Der Lenz, der Sommer, der fruchtreiche Herbst,
Der Winter wechseln ihre Liverey,
Und die erstaunte Welt erkennt nicht mehr
An dem gewohnten Schmuk, wer jeder ist.
Diß ganze Heer von Plagen kömmt allein
Von unserm Groll, von unsrer Zwiespalt her.
Wir sind die Eltern dieser schwarzen Brut!
 

Oberon.

 
So helfet dann, es ligt allein an euch!
Wie kan Titania ihren Oberon
Noch länger quälen? Alles was ich bitte,
Ist nur ein kleiner Laff von einem Jungen,
Aus dem ich einen Pagen machen will.
 

Titania.

 
Gebt euch zufrieden! Niemals kan diß seyn.
Das ganze Feenland erkaufte nicht
Diß Kind von mir. Ich liebte seine Mutter,
Sie war von meinem Orden, und hat oft
Des Nachts in Indiens süß-gewürzter Luft
Durch ihre Spiele mir die Nacht verkürzt.
Sie saß dann auf Neptuni gelbem Sand
Bey mir, und sah den göldnen Schiffen nach,
Die durch die Fluth mit Pegus Schäzen eilten;
Wir lachten, wenn wir sahen, wie die Seegel,
Vom ausgelaßnen Wind geschwängert, schwollen;
Diß äffte sie, mir eine Lust zu machen,
Mit anmuthsvoller schwimmender Bewegung,
Kurzweilend nach, (ihr Leib war damals reich
Von meinem jungen Ritter) segelte
Ans Land, mir Kleinigkeiten abzuholen,
Und kehrte wieder, wie von einer Reise,
Mit reichen Waaren, um. Jedoch da sie
Nur sterblich war, starb sie an diesem Kinde,
Und ihrentwegen zieh' ich ihren Knaben auf,
Und ihrentwegen will ich ihn nicht lassen.
 

Oberon.

 
Wie lange denkt ihr noch in diesem Hayn zu bleiben?
 

Titania.

 
Vielleicht bis nach dem Hochzeittag des Theseus.
Gefällt es euch in unserm Kreis zu tanzen,
Und unsern Mondlicht-Spielen zuzusehen,
So folget uns; wo nicht, so weicht mich aus,
So wie ich eure Jagden meiden will.
 

Oberon.

 
 
Gieb mir den Knaben, und ich geh' mit dir.
 

Titania.

 
Nicht für dein Königreich. Ihr Elfen, weg!
Es giebt nur Zank, wenn wir uns länger säumen.
 

(Die Königin, und ihr Gefolg geht ab.)

Oberon.

 
Gut, geh' nur deinen Weg! eh du den Hayn
Verlassen hast, soll dich dein Troz bestraffen —
Hieher, mein muntrer Puk! Besinn'st du dich,
Daß ich auf einem Vorgebürg einst saß,
Und hörte der Syrenen einer zu,
Wie sie, auf eines Delphins Rüken sizend,
So zaubrisch-süsse Töne von sich hauchte,
Daß selbst die rohe See bey ihrem Liede
Mild ward, und liebestrunkne Sterne taumelnd
Aus ihren Sphären sanken, der Musik
Der Wasser-Nymphe zuzuhören? —
 

Puk.

 
– Ich
Erinnere mich's ganz wol.
 

Oberon.

 
Zu gleicher Zeit sah' ich, (du konntest nicht)
Den Liebesgott in hastiger Unruh, zwischen
Dem Erdball und dem kalten Monde fliegen;
Er hielt, und richtete den straffen Bogen
Nach einer göttlichen Vestalin,5 die
Im Westen thront', und schoß mit solcher Macht
Den Liebespfeil von seinem Bogen ab,
Als sollt' er hunderttausend Herzen spalten;
Allein ich sah' es, wie sein feur'ger Pfeil
Im keuschen Stral des feuchten Monds sich löschte,
Und in jungfräulichen Betrachtungen,
Mit freyem Geist, die königliche Schöne
Vorübergieng. Da merkt' ich, wo der Pfeil
Des Amors fiel – Er fiel
Auf eine kleine Blume, vormals weiß
Wie Milch, izt röthlicht von der Liebes-Wunde,
Und Mäd'gens nennen sie die müssige Liebe.
Brich' diese Blume mir; ich zeigte dir
Das Kräutchen einst; ihr Saft auf schlummernde
Auglieder ausgegossen, hat die Kraft,
Mann oder Mädchen bis zum Aberwiz
Ins nächste Ding, das ihrem Blik begegnet,
Verliebt zu machen. Pflüke diese Blume,
Und sey mir wieder hier,
Eh Leviathan eine Meile schwimmt.
 

Puk.

 
Ich wollte, wenn du es befählest,
In viermal zeh'n Minuten einen Gürtel
Rings um die Erde zieh'n.
 

(Geht ab.)

Oberon.

 
– Hab' ich nun
Erst diesen Saft, so will ich lauern, bis
Titania schlafend ligt, und dann die Tropfen
Auf ihre Augen träufeln.
Das nächste Ding, worauf sodann erwachend
Ihr Auge ruht, sey's Löwe oder Bär,
Wolf oder Stier, Waldteufel oder Affe,
Wird sie mit Sehnsucht, mit dem Geist der Liebe
Verfolgen. Nimmer will ich diesen Zauber
Von ihren Augen nehmen, (wie ich's kan),
Bis sie den Knaben mir bewilligt hat.
Wer kömmt hier, ich bin unsichtbar, und will
Behorchen, was sie sprechen —
 

Dritter Auftritt

(Demetrius, welchem Helena folget)

Demetrius.

 
Was verfolgst
Du den, der dich nicht liebt? Wo ist Lysander? wo
Die schöne Hermia? jenen will ich tödten,
Und diese tödtet mich. Du sagtest mir,
Sie hätten sich in diesen Wald gestohlen;
Und hier bin ich, und wild in diesem Walde,6
Weil ich hier meine Hermia nicht entdeke.
Weg, pake dich, und folge mir nicht mehr!
 

Helena.

 
Du ziehst mich an, hartherziger Magnet,
Doch ziehest du nicht Eisen; denn mein Herz
Ist treu wie Stah'l. Hör' auf mich anzuziehen,
Und ich will unterlassen dir zu folgen.
 

Demetrius.

 
Such' ich dich zu gewinnen? Sag' ich dir
Liebkosungen? und nicht vielmehr mit runder
Aufrichtigkeit, daß ich dich weder liebe,
Noch lieben kan?
 

Helena.

 
– Und eben dessentwegen
Lieb' ich dich desto mehr; ich bin dein Hündchen,
Demetrius! das nur destomehr liebkoset,
Je mehr du's schlägest. Halte mich nur so,
Als wie dein Hündchen, scheuche, schlage mich,
Vergiß, verliehr' mich, nur erlaube mir,
So werthlos als ich bin, dir stets zu folgen;
Welch schlechtern Plaz kan ich in deiner Liebe
Erfleh'n, (und doch ist er in meinen Augen hoch!)
Als daß du mich wie deinen Hund nur haltest?
 

Demetrius.

 
Reiz nicht zu sehr den Abscheu meiner Seele;
Mir wird schon übel, wenn ich dich nur sehe.
 

Helena.

 
Und mir ist übel, wenn ich dich nicht sehe.
 

Demetrius.

 
Du sezest deine Tugend in zu grosse
Gefahr, die Stadt so zu verlassen, und
Dich in die Hände eines Manns, der dich
Nicht liebt zu liefern, und der lokenden
Bequemen Nacht, und dieses öden Waldes
Versuchung, deiner jungferlichen Ehre
Kostbaren Werth so sorglos zu vertrauen.
 

Helena.

 
O! Meine Sicherheit ist deine Tugend!
Und darum, däucht mich, bin ich nicht im Dunkeln.
Es ist nicht Nacht, wenn ich dein Antliz sehe;
Auch fehlt es diesem Hayne nicht an Welten
Gesellschaft; denn für mich bist du die ganze Welt.
Wie kan man denn, daß ich allein sey, sagen,
Wenn alle Welt hier ist, und auf mich schaut?
 

Demetrius.

 
Ich werde von dir rennen, in das Farrenkraut;
Mich dort versteken, und den wilden Thieren
Dich überlassen —
 

Helena.

 
– O! das wildeste
Hat kein solch Herz wie du! Flieh', wenn du willst,
Flieh' nur, so wird sich die Geschichte drehen,
Apollo flieh'n, und Daphne ihn verfolgen.
Die Daube jagt den Gey'r, die sanfte Hindin eilt
Den Tyger zu erhaschen. Schwaches Eilen!
Wenn Zagheit jagt, und Dapferkeit entflieht.
 

Demetrius.

 
Ich will nicht länger säumen, deine Fragen
Zu hören. Laß mich geh'n; und folgst du mir,
So glaube nur, ich füge dir ein Leid
In diesem Holze zu —
 

Helena.

 
– O! in der Stadt
Im Feld, im Tempel fügst du Leid mir zu!
O! schäme dich, Demetrius, deine Härte
Entehret mein Geschlecht. Wir können nicht
Für Liebe fechten, wie die Männer mögen;
Gesucht zu werden, und nicht selbst zu suchen,
Sind wir gemacht! – jedoch, ich folge dir;
Und selbst der Tod von dieser werthen Hand
Wird eine Hölle mir zum Himmel machen.
 

(Sie gehen ab.)

Vierter Auftritt

Oberon.

 
Fahr wol, o Nymph'! eh du den Hayn verlässest,
Sollt du ihn flieh'n, er deine Liebe suchen. (Puk tritt auf.) Wo
ist die Blume? Willkommen, Wand'rer!
 

Puk.

 
Hier ist sie!
 

Oberon.

 
Gieb sie her. Ein Hügel
Ist mir bekannt, wo wilder Thymus blüht,
Wo Ochsenzung' und wankende Violen,
Hoch überwölbt von weichem Geißblatt,
Von Muscus-Rosen und Hambutten wachsen;
Dort schläft Titania einen Theil der Nacht,
Durch Tänz' und Scherz in Blumen eingewiegt,
Und eingeschleyert in der schönsten Schlange
Geschmelzte Haut, die sie dort abwarf, weit
Genug, um eine Fee darein zu wikeln.
Schläft sie, dann will ich diesen Zauber-Saft
Auf ihre Augen streichen, und ihr Hirn
Mit ungereimten Phantasien füllen.
Nimm du davon, und suche durch den Hayn.
Ein holdes Mädchen von Athen verfolgt,
Von Liebe krank, den Jüngling der sie hasset.
Bestreiche seine Augen, aber so,
Damit das erste was er wachend sieht
Das Mädchen sey. Du wirst am Attischen Gewand
Ihn leicht erkennen. Mache daß er sie
Inbrünstiger noch liebe, als sie ihn,
Und siehe zu noch vor dem ersten Krähen
Des frühen Hahns, mich wieder hier zu finden.
 

Puk.

 
Verlaß dich, Herr, auf deines Dieners Fleiß!
 

(Sie gehen ab.)

Fünfter Auftritt

(Die Königin der Feen, und ihr Gefolge.)

 
Königin.
Kommt einen Rundtanz und ein Feen-Lied,
Dann für den dritten Theil der Nacht hinweg!
Die einen in der Muscus-Rose Knospen
Der Raupen Brut zu tödten; andre sollen
Mit Fledermäusen um ihre Flügel kämpfen,
Um meinen Elfen Röke draus zu machen!
Andre die schreyerische Eule, die uns nächtlich
Belauscht, und unsrer Scherze sich verwundert
Von hinnen treiben! Singt mich nun in Schlaf,
Denn weg zu eurer Pflicht, und laßt mich ruhen.
 

(Die Feen singen.)

 
1. Ihr zweygezüngten bunten Schlangen,
Ihr dornenvollen Igel, hin!
Ihr Nattern, die um Blumen hangen
Nah't nicht unsrer Königin!
Philomelens Melodey
Sing' in unsrer Lullabey!
Lulla, lulla, lullabey, :|:
Kein Harm und keine Zauberey,
Komm unsrer holden Frauen bey!
So gute Nacht mit lullabey. 2. Ihr webenden Spinnen flieht von
hier,
Du langgebeinte – 7 flieh!
Ihr schwarzen Schröter nah't nicht ihr!
Kein Wurm noch Schnaak berühre sie!
Philomelens Melodie u.s.w.
 

Eine Fee.

 
 
Hinweg, Sie schläft schon, folget mir,
Doch Eine bleib und wache hier!
 

(Die Feen gehen ab.)

(Oberon tritt wieder auf.)

Oberon.

 
Was du sieh'st, wenn du erwach'st,
Soll dein Herz mit Glut erfüllen,
Brenn' und schmacht' um seinetwillen,
Möcht es Panther, Stachelschwein,
Löwe oder Kaze seyn!
Was zuerst dein Aug erblikt,
Ist der Schaz, der dich entzükt!
 
4{ed. – * Ich habe mich genöthiget gesehen, einige ekelhafte Ausdrüke aus diesem Gemählde in Ostadens Geschmak, wegzulassen. Ein Dichter, der nur für Zuhörer arbeitete, hat sich im sechszehnten Jahrhundert Freyheiten erlauben können, die sein Übersezer, der im achtzehnten für Leser arbeitet, nicht nehmen darf.}
5{ed. – * Der Umstand, daß dieses Lustspiel noch unter der Regierung der Königin Elisabeth aufgeführt worden, wird es einem jeden merklich machen, daß die Vestalin niemand anders als diese jungfräuliche Heldin bezeichne. Daß aber unter der Syrene die Königin Maria von Schottland abgebildet sey, scheint der scharfsichtige Warbürton zuerst angemerkt zu haben. Er bemerkt überhaupt, dieser allegorische Schleyer, unter welchem ein Gemisch von Lob und Satyre verborgen ist, müsse uns auf den Schluß leiten, daß die Rede von einer Person sey, welche der Poet unverdekt weder loben noch schelten durfte. Dieses passe nun völlig auf Maria von Schottland. Die Königin Elisabeth konnte nicht leiden, wenn Maria gelobt wurde; und ihr Nachfolger, (Jakob der 1ste,) würde eine Satyre auf seine Mutter nicht vergeben haben. Allein, fährt Warbürton fort, der Poet hat jeden unterscheidenden Umstand ihres Lebens und Charakters in dieser schönen Allegorie so deutlich ausgezeichnet, daß über seine geheime Absicht kein Zweifel übrig bleiben kan. Sie wird 1.) eine Syrene genannt aus dem entgegengesezten Grunde, warum Elisabeth eine Vestalin heißt, nemlich einer Untugend wegen, um derentwillen diese unglükliche Princessin eben so berüchtigt ist, als die Syrene bey den alten Dichtern. 2.) Der Rüken des Delphins, worauf sie sizt, deutet auf die Vermählung der Königin Maria mit dem Dauphin von Frankreich, dem Sohn Heinrichs des 2ten. 3.) Der bezaubernde Gesang dieser Syrene ist eine Anspielung auf die ausserordentlichen Reizungen und Talente der gedachten Princessin, wodurch sie bey ihrem Aufenthalt am Französischen Hofe alle Welt in Verwundrung sezte. 4.) Daß ihre Stimme die wilde See selbst zahm gemacht, deutet auf die während ihrer Abwesenheit in Schottland entstandnen Unruhen, die ihre Wiederkunft sogleich wieder gestillet. Warbürton merkt an, die Schönheit dieses Bildes sey desto grösser, weil der gemeinen Sage nach, die Syrenen oder Meerweiber nur in Stürmen singen. 5.) Die verliebten Sterne, die ihr zulieb aus ihren Sphären sanken, bezeichnen verschiedene Herren von dem Englischen hohen Adel, welche von dieser Princessin in ihr unglükliches Schiksal gezogen worden, besonders die Grafen von Northumberland und Westmorland, und den Herzog von Norfolk, den das Project sie zu heurathen das Leben kostete.}
6{ed. – * (And here am I, and Wood within this Wood. Wood) heißt Wald, und heißt auch wüthend, wild; dieses dem Shakespeareso gewöhnliche Spiel mit dem Schall der Worte hat im Deutschen hier nur unvollkommen ausgedrükt werden können, und wird künftig oft gar nicht geachtet werden.}
7{ed. – * Spider.}