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Die Traumfrau

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Wenn ein Mann, der bisher unempfänglich gegenüber dem Einfluss der Frauen war, in der Mitte seines Lebens eine Bindung bildet, sind die Beispiele tatsächlich selten, man lasse die warnenden Umstände sein, was sie wollen, in welchen er sich fähig findet, sich selbst aus der Tyrannei der neu beherrschenden Leidenschaft zu befreien. Der Reiz, mit einer Frau vertraut, nett und dankbar zu sprechen, deren Sprache und Manieren immer noch genug von ihrer früheren Kultiviertheit behalten hatten, um die hohe gesellschaftliche Stellung, die sie verloren hatte, anzudeuten, wäre ein gefährlicher Luxus für einen Mann in Isaacs Stellung im Alter von zwanzig gewesen. Aber es war weit mehr als das – es war der sichere Ruin für ihn – jetzt, da sein Herz sich unwürdig einem neuen Einfluss in der Mitte seines Lebens öffnete, wenn starke Gefühle aller Art, die einst eingepflanzt wurden, in der moralischen Natur eines Mannes hartnäckig Wurzeln schlagen. Ein paar verstohlene Gespräche mehr nach diesem ersten Morgen in Fuller's Meadow vervollständigten seine Verliebtheit. In weniger als einem Monat von dem Zeitpunkt an, als er sie zum ersten Mal getroffen hatte, hatte Isaac Scatchard darin eingewilligt, Rebecca Murdoch eine neue Bedeutung in ihrem Leben zu geben, und eine Chance, den Charakter, den sie verloren hatte, wiederzuerlangen, indem er ihr versprach, sie zu seiner Frau zu machen.

Sie hatte nicht nur von seinen Gefühlen, sondern auch von seinem Verstand Besitz ergriffen. Alle Gedanken, die er hatte, legte er darin, sie zu behalten. Sie lenkte ihn in jeder Beziehung – sie wies ihn sogar an, wie er die Neuigkeit seiner nahenden Heirat seiner Mutter am schonendsten beibringen sollte.

»Wenn du ihr zuerst erzählst, wie du mich kennengelernt hast und wer ich bin«, sagte die durchtriebene Frau, »wird sie Himmel und Erde in Bewegung setzen, um unsere Heirat zu verhindern. Sag, ich sei die Schwester von einem deiner Stallknechtkollegen – bitte sie, mich zu empfangen, bevor du auf weitere Einzelheiten eingehst – und überlass mir den Rest. Ich will sie dazu bringen, mich gleich nach dir zu lieben, Isaac, bevor sie irgendetwas darüber weiß, wer ich wirklich bin.« Der Beweggrund für die Täuschung war ausreichend, um sie vor Isaac zu rechtfertigen. Die vorgeschlagene List befreite ihn von seiner einen großen Sorge und beruhigte sein ruheloses Gewissen bezüglich seiner Mutter. Aber noch fehlte etwas, um sein Glück zu vervollständigen, etwas, das er nicht erfassen konnte, etwas geheimnisvoll unauffindbares, und doch etwas, das sich fortwährend spüren ließ; nicht, wenn er weg von Rebecca Murdoch war, sondern seltsamerweise wenn er tatsächlich bei ihr war! Sie war die Güte selbst zu ihm. Sie ließ ihn nie seinen niedrigeren Verstand und seine niedrigeren Manieren fühlen. Sie zeigte die süßeste Sorge, um ihm bei den kleinsten Lappalien gefällig zu sein; aber, trotz all dieser Vorzüge, konnte er sich nie wohl mit ihr fühlen. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sich seiner Bewunderung ein schwaches, unwillkürliches Gefühl beigemischt, ob das Gesicht vollkommen fremd für ihn war, als er ihr ins Gesicht sah. Keine spätere Vertrautheit hatte die geringste Wirkung auf diese unerklärliche mühselige Unsicherheit.

Die Wahrheit verbergend, wie er angewiesen worden war, verkündete er seine Heiratspläne überstürzt und verwirrt seiner Mutter an dem Tag, als er sie einging. Die arme Mrs. Scatchard zeigte ihr vollkommenes Vertrauen in ihren Sohn, indem sie ihre Arme um seinen Hals schlang und ihn dazu beglückwünschte, dass er endlich in der Schwester eines seiner Stallknechtkollegen eine Frau gefunden hatte, die ihn trösten und für ihn sorgen konnte, nachdem seine Mutter nicht mehr da war. Sie war voller Ungeduld, die Frau der Wahl ihres Sohnes zu sehen und der nächste Tag wurde für eine Vorstellung festgesetzt.

Es war ein heller, sonniger Morgen, und die kleine Stube in der Hütte war voller Licht, als Mrs. Scatchard, glücklich und erwartungsvoll, für das Ereignis in ihrer Sonntagskleidung, dort saß und auf ihren Sohn und ihre zukünftige Schwiegertochter wartete.

Pünktlich zur vereinbarten Zeit führte Isaac hastig und nervös seine Verlobte in das Zimmer. Seine Mutter erhob sich, um sie zu empfangen – ging lächelnd ein paar Schritte – schaute Rebecca gerade in die Augen und stockte plötzlich. Ihr Gesicht, welches den Augenblick davor errötet gewesen war, wurde im nächsten Moment weiß, ihre Augen verloren den Ausdruck von Sanftheit und Liebenswürdigkeit und nahmen einen leeren Blick von Schrecken an; ihre ausgestreckten Hände fielen auf ihre Seiten, und sie taumelte einige Schritte zurück mit einem schwachen Aufschrei zu ihrem Sohn.

»Isaac«, wisperte sie, während sie ihn fest am Arm packte, als er erschreckt frage, ob es ihr nicht gut ginge, »Isaac, erinnert dich das Gesicht dieser Frau an nichts?«

Bevor er antworten konnte – bevor er nach dem Platz am anderen Ende des Raumes hinsehen konnte, an dem Rebecca stand, welche erstaunt und verärgert über den Empfang war, den man ihr bereitet hatte, zeigte seine Mutter ungeduldig auf den Schreibtisch und gab ihm den Schlüssel.

»Öffne ihn«, sagte sie, atemlos flüsternd.

»Was bedeutet das? Warum werde ich behandelt, als hätte ich hier nichts zu suchen? Will mich deine Mutter beleidigen?« fragte Rebecca verärgert.

»Öffne ihn, und gib mir das Papier aus der linken Schublade. Schnell! Schnell, um Himmels willen!« sagte Mrs. Scatchard, die in Angst zurückschreckte.

Isaac gab ihr das Papier. Eifrig betrachtete sie das Papier für einen Augenblick und folgte darauf Rebecca, die sich eben hastig umdrehte, um den Raum zu verlassen, und packte sie bei der Schulter. Hierbei hob sie unvermittelt den langen, losen Ärmel ihres Kleides und blickte auf ihre Hand und ihren Arm. Etwas wie Angst begann sich auf den verärgerten Ausdruck von Rebeccas Gesicht zu legen, als sie sich schüttelnd von dem Griff der alten Frau befreite. »Verrückt!« sagte sie zu sich, »und Isaac hat es mir nie erzählt.« Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer.

Isaac wollte ihr nacheilen, als seine Mutter sich jäh umwandte und seinen weiteren Fortgang aufhielt. Es schmerzte sein Herz, als er den Schrecken und das Elend in ihrem Gesicht sah, als sie ihn ansah.

»Hellgraue Augen«, sagte sie mit leiser, sorgenvoller, verschreckter Stimme, zur Tür gewandt, »ein herabhängendes Augenlid am linken Auge; flachsfarbenes Haar, mit einer goldgelben Strähne darin, schöne weiße Arme, mit Flaum auf ihnen – die Hand einer kleinen Dame, mit einem rötlichen Schimmer unter den Fingernägeln – die Traumfrau, Isaac, die Frau aus dem Traum!«

Dieser schwache Zwiespalt, den er in Rebecca Murdochs Anwesenheit nie ganz ablegen konnte, kam auf verhängnisvolle Weise zur Ruhe. Er hatte ihr Gesicht bereits früher gesehen – sieben Jahre zuvor, an seinem Geburtstag im Zimmer des einsamen Gasthauses.

»Sei gewarnt! Oh, mein Sohn, sei gewarnt! Isaac, Isaac, lass sie gehen und bleib hier bei mir!«

Etwas verdunkelte das Empfangszimmer, als diese Worte gesprochen wurden. Ihn durchlief ein plötzlicher Schauder und er blickte seitwärts nach dem Schatten. Rebecca Murdoch war zurückgekommen. Sie spähte neugierig nach ihnen durch den geschlossenen Fensterladen.

»Ich habe versprochen, sie zu heiraten, Mutter, und ich werde mein Versprechen halten.«

Tränen traten in seine Augen, als er sprach und trübten seine Sicht, aber er konnte gerade noch das verhängnisvolle Gesicht draußen wahrnehmen, wie es sich vom Fenster wieder fortbewegte.

Der Kopf seiner Mutter sank auf ihre Brust.

»Ist dir nicht gut?« flüsterte er.

»Mein Herz ist gebrochen, Isaac.«

Er beugte sich nieder und küsste sie. Der Schatten kehrte, als er dies tat, zum Fenster zurück und das verhängnisvolle Gesicht äugte ein weiteres Mal neugierig hinein.