Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski

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Zahlenanalysen und Zahlensymbolik

Zahlenanalysen und Zahlensymbolik

„In allem wollt ihr verantwortlich sein! Nur nicht für

eure Träume! Welche elende Schwächlichkeit, welcher

Mangel an folgerichtigem Mute! Nichts ist mehr

euer Eigen als eure Träume! Nichts mehr euer

Werk! Stoff, Form, Dauer, Schauspieler, Zuschauer –

in diesen Komödien seid ihr, alles ihr selber!

Und hier gerade scheut und schämt ihr euch vor euch,

und schon Ödipus, der weise Ödipus, wusste sich

Trost aus dem Gedanken zu schöpfen, dass wir nichts

für das können, was wir träumen. Ich schließe daraus.

dass die große Mehrzahl der Menschen sich abscheulicher

Träume bewusst sein muss. Wäre es anders,

wie sehr würde man seine nächtliche Dichterei für

den Hochmut des Menschen ausgebeutet haben.“

Nietzsche

Wenn wir von der Besprechung der Todessymbolik zu der Analyse der Zahlen im Traume übergehen, so ist es nur scheinbar ein Abbrechen des wichtigsten Themas der Traumdeutung. Denn gerade die Zahlen im Traume zeigen geheimnisvolle Beziehungen zum Tode. Sie stellen an den Analytiker große Aufgaben und sind ohne Mithilfe des Patienten kaum zu lösen.

Zahlen hängen meist mit verschiedenen abergläubischen Vorstellungen von Leben und Sterben zusammen, haben aber auch intime Beziehungen zu gewissen biographischen Daten. Außerdem wohnt den Zahlen als solchen in vielen Fällen ein großer symbolischer Wert inne. Im Laufe der Jahre erfährt man diese Symbolik, und manchmal erleichtern sie die Deutungsarbeit in auffallender Weise. Einige von diesen symbolischen Bedeutungen will ich hier anführen. Keine meiner Publikationen hat solchen Widerstand gefunden wie die kurze Mitteilung über die Symbolik der Zahlen in den im Jahrbuch (I. Band) publizierten „Beiträgen zur Traumdeutung“. Einzelne Sätze wurden herausgegriffen und sollten das Lächerliche meines Unterfangens illustrieren. Ich kann nur wiederholen, dass es sich hier um Tatsachen und nicht um Phantasien handelt. Was ich publiziert habe, war der Niederschlag langjähriger emsiger Traumdeutungsarbeit.

So selbstverständlich es klingt, ich muss es immer wieder sagen: Alle diese Symbole haben keinen absoluten Wert. Sie entsprechen nur dem Durchschnittswert. Jedes Symbol kann unter Umständen etwas anderes bedeuten und muss nicht gerade diese Deutung erfordern, die ich aus meinen Erfahrungen kennen gelernt habe. Die Schöpferkraft der menschlichen Phantasie ist zu reich, um sich in enge Formeln pressen zu lassen. Es handelt sich hier mehr um Anleitungen als um Gesetze. Denn es gibt eigentlich keine allgemein gültigen Symbole.

Mit diesen Einschränkungen will ich das Wenige, das ich weiß, auch hier mitteilen:

Die 1 stellt, wie schon erwähnt, den Penis dar, daher auch den ersten und wichtigsten im Hause, das ist den Vater, der ja andererseits wieder ein Symbol des Penis sein kann. (Auch den Erstgeborenen.)

Der „Einser“ geht, wie uns die letzte Analyse gezeigt hat, besonders häufig auf den religiösen Komplex. Gott-Vater! Es gibt nur einen Gott. Bei allen Zahlen spielen religiöse Vorstellungen eine große Rolle. Besonders Zahlen auf Tafeln gehen häufig auf die „Zehn Gebote“. Der Einser ist aber auch der Tod. Auch ½ hat eine besondere Bedeutung; meistens im grob erotischen Sinne die Hälfte, die Mitte (Vgl.: Halbwelt, demi-monde — demi-vierge. Ein „Halbseidener“ heißt ein Homosexueller (Anthr. VII. S. 33). Der Einser „Anus“. (Das Einauge! Anthr. VII. S. 44.)).

Die 2 kann das Paar bedeuten, das Symbol der geschlechtlichen Vereinigung, der Ehe, eines sexuellen Aktes überhaupt. Das römische Volk pflegt bei der Tombola die Zahl zwei durch ,,le gambe della donna“, die Beine des Weibes, zu umschreiben. (Rudolf Kleinpaul, „Unsere angeborenen Ziffern“ — Das Leben der Sprache, I. Bd.)

Das ist ja die wichtigste Bedeutung der Zwei: Die paarigen Organe, der Hoden (Zwei-Ei), der Busen (die Schwestern!), die Hinterbacken (die Brüder!), die Beine, die Hände (Aus der vierten symbolischen Gleichung: Alle paarigen Organe sind einander gleich.).

Die 3, als dreieckiges Verhältnis in der gewöhnlichen Sprache verwendet, ist auch befähigt, ein solches im Traum darzustellen: das Kind, das beim Paar der Eltern gern den Dritten spielen möchte; eine Symbolik, die sich durch 3 oder 13 ausdrücken kann. (Vgl. den Traum vom Dreieck Nr. 19). Die wichtigste Bedeutung des Dreiers haben wir wiederholt betont: Das ganze männliche Genitale.

Über die 4 kann ich heute schon mehr sagen als in meiner ersten Mitteilung (Beiträge zur Traumdeutung. Jahrbuch f. Psych. Forschung I. Bd. 1909). In mehreren von mir genau analysierten Träumen war der Vierer der Verführer. Diese Verführungsphantasie tritt dann immer in Verbindung mit einer zweiten Zahl, z. B. mit der 1 als 41 oder mit der Null als 40 auf, je nachdem es sich um einen Mann oder um eine Frau handelt. Einen anderen Lotterietraum mit 41 will ich später ausführlich behandeln.

Die wichtigste Bedeutung erhält der Vierer aus den ,,Zehn Geboten“. Der Neurotiker kommt am häufigsten mit dem „Vierten Gebot“ in Konflikt: „Ehre Vater und Mutter, dass es dir wohlergehe auf Erden!“ Wenn der Teufel als der „Vierer“, der Verführer erscheint, so rät er eben, sich gegen dies Gebot aufzulehnen.

Ich behandelte eine Dame, die an der Zwangsvorstellung litt, alle Gegenstände in vier Teile zu zerlegen. (Sadistische Vorstellung des Vierteilens.) Sie müsste die Zahl 4 auf jedes Buch, in jeden freien Raum hinmalen. Es war eine Kranke, die ihre eigene Mutter hasste und ihr den Tod wünschte. Sie träumte einmal:

(475) „Ich sah eine große Tafel, auf der stand mit feurigen Buchstaben ein „Vierer“. Eine Stimme sprach: Ameiso!“

Das rätselhafte Wort ,,Ameiso" wurde folgendermaßen aufgeklärt: Ameiso heißt A — meiso und durch Umstellung eines Vokales A — Moise. Die Tafel ist von Moses. Ehre Vater und Mutter! — rief ihr die Stimme zu. Eine zweite Bedeutung des Vierers war die anale. „Setz‘ dich auf deine vier Buchstaben!“ sagt mancher oft in der Jugend. (Popo (Auch andere sexuelle Bedeutungen der Vier kommen in Betracht. Vier Beine sind ein Paar. (Beispiele in der Anthropophyteia II. Bd.) Auch vier Nymphen! (Aus einer Traumanalyse.)) besteht aus vier Buchstaben!)

Die 5 wird von Heine als das Symbol der schwangeren Frau, großer Bauch und kleiner Kopf gedeutet; ich habe das in Träumen nicht finden können. Besonders häufig bedeuten 5 die 5 Finger und verraten Onanie. Auch als 5 Zehen kommen sie im Traume vor und lassen auf Fußfetischismus und Onanie schließen. Diese Verwendung der 5 im Sprichworte ist Volksforschern bekannt; Otto Stoll berichtet in seinem „Sexualleben in der Völkerpsychologie“, dass „alle Fünfe“ als schmähender Zuruf in Spanien und Arabien verwendet wird und so viel als Onanist heißt.

Eine andere hochwichtige Bedeutung: Du sollst nicht töten! (Das fünfte Gebot.)

Eine Dame, die an Zwangsvorstellungen litt, musste immer die Zahl 45 aussprechen. Sie bedeutete: Gravidität (4 + 5). Aber auch das vierte und fünfte Gebot. Sie wollte ihre Mutter töten.

Die 6 hat, abgesehen von der Beziehung zu Hex (Hexe), allein keine so große symbolische Bedeutung, dagegen in Kombination mit der 9 als 69 bedeutet es ein Paar, das an sich gegenseitig die Fellatio und den Kunnilingus vollzieht und dabei umgekehrt (die 6 eine umgekehrte 9) aufeinanderliegt (soixante-neuf). 66 machen wird in Wien als Ausdruck für die Onanie gebraucht, was zum Teil auf die Vorstellung mit den halonierten Augen (mit den zwei blauen Ringen darunter) zusammenhängt.

Selbstverständlich darf man auch das 6. Gebot (Unkeuschheit!) nicht vergessen, sechs bedeutet auch Onanie (Fünfe über Einen). Ferner bei gebildeten Träumern: Das Sexuelle, wie man ja bei allen Zahlen auf den Wortklang horchen muss.

7 stellt gewöhnlich eine alte oder böse Frau vor, die ja ein bekanntes Todessymbol ist. Einmal träumte ein Patient von der Zahl 70, was sich als der Anus seiner alten Erzieherin entziffern ließ. 7 bedeutet auch Unglück, Lüge und Falschheit, Diebstahl und das 7. Gebot: Du sollst nicht stehlen. Aber auch Hochzeit und Glück. Die große Rolle der 7 in den Märchen ist ja bekannt und bedarf noch einer besonderen Forschung („Gleich auf den ersten Blättern der heiligen Schrift begegnet uns die Einteilung der Woche in sechs Wochentage, mit dem zur ruhigen Beschauung und zum Lobe Gottes bestimmten siebenten Tag oder Sabbat an ihrem Gipfel. Und hiermit ganz übereinstimmend begegnet uns gleich auf den ersten Blättern des großen Buches der Natur die Haupt- und Grundeinteilung aller Verhältnisse des Raumes und der Zeit in sieben Teile, mit dem einen Siebenteil als Gipfel und Vollendung, den anderen sechs Siebenteilen als untergeordneten äußeren Stufen, welche zu jenem Innersten und Obersten aufsteigen. Weisen doch hierauf schon die natürlichen Raumverhältnisse des Menschenleibes, der ja auch noch, so wie er jetzt erscheint, Ebenbild eines unendlich höheren Urbildes ist, hin. Das System des Hauptes, welches mit dem zunächst ihm zugehörenden Sprachorganen und Nerven bis gegen die Mitte des Halses reicht, ist gerade der siebente Teil der gewöhnlichen Menschenlänge und während die unterhalb gelegenen sechs Siebenteile zur gröberen Arbeit und Bewegung und zu den Verrichtungen und Bedürfnissen der niederen Tierheit bestimmt sind, dient jenes siebente Siebenteil, in ruhiger Erhobenheit über die anderen sechs, ähnlich dem Sabbattag der Woche der Beschauung und den höchsten vollkommensten Verrichtungen der menschlichen Seele: Dem Erkennen und Denken, sowie dem Übertragen des Gedachten in das vernehmbare Wort. Ja es zeigt uns schon die älteste Pflanzenwelt unsres Planeten, die der Monkotyledonen, zu denen auch die Lilie gehört, im bedeutungsvollen Bilde jene alte heilige Teilung der Zeit und Raumverhältnisse in sieben, indem das mitten unter den sechs unvollkommenere, einem schnell vergänglichen Geschäfte dienenden Antherea stehende, vollkommenere und bleibendere Pistill an den Sabbatteil des menschlichen Leibes und der Woche erinnert. Und nicht bloß in den Raumverhältnissen ihrer Gestaltungen, sondern auch unmittelbar in ihren Zeitabteilungen spricht die äußere Natur ganz übereinstimmend mit der heiligen Schrift über die siebentägige Woche. Ich habe an anderen Orten bereits ausführlicher an das öftere Gebundensein der Witterungsveränderungen, der Krankheitskrisen, der Häutung der Insekten (nach Rösel) und anderer Naturereignisse an den siebenten Tag erinnert. Ebenso oft als die einmalige ist denn auch die zwei-, drei-, vier- und noch mehrmalige siebentägige Periode in der Natur ausbezeichnet.“ (Schubert I. c. S. 45-46.) Ferner bei Artemidoros, bei Besprechung der Zahlengleichwertigkeit: „So wird ein altes Weib von Kranken gescheut zum Symbol des Todes.).

 

Die Zahl 8 kommt sehr häufig in einer sonderbaren symbolischen Verwendung vor: sie heißt „sich in acht nehmen“. Ein diesbezügliches kurzes Beispiel möchte ich hier als Bruchstück aus einem Traume mitteilen.

(476) „Papa sagte, dass wir um 8 Uhr vom Brienzer Rothorn abfahren und um sechs Uhr im Haag in Holland sein könnten. Wobei er mir ein Reisehandbuch zeigte, wo darauf stand: Rothorn ab 8:00 h, Haag an 6:00 h. Mein Bruder und ich verstanden nicht gleich, was mit Haag gemeint sei und dachten an eine andere Stadt.“

Dieser Vater hatte seine Kinder vor den Folgen der Onanie gewarnt. Später kam dem Patienten ein entsprechendes Buch (Handbuch) in die Hand, woraus er entnehmen konnte, dass er bald „abfahren“ (sterben) werde und die Reise ins Jenseits antreten müsste, nach Haag, wo jetzt der Friedenstempel steht, falls er die Onanie nicht aufgeben werde. Der Vater trat auch seiner ersten sexuellen Aggression hindernd entgegen. Er verhinderte die wichtige Verbindung von Rothorn (Penis) mit Haag (Vag-ina). Der Sinn der 8 und 6 ist: Gib acht (8) aufs Sex(6)uelle. Dabei ist die Zahl mehrfach determiniert. Mit 68 Jahren starb sein Papa, was ihn aufs heftigste erschütterte. Er war 6 und sein Bruder 8 Jahre alt, als sich wichtige Ereignisse in der Gegend von Brienz abspielten. Die Jahre 1886, 1887 und 1888 sind die kritischen seines Lebens. Und schließlich erkrankte er mit 14 Jahren (8 + 6) an einem starken Eicheltripper, der als Folge seiner Onanie gedeutet wurde und ihm einen heftigen Schrecken vor allen Infektionen verursachte.

Ein Fußfetischist träumte wiederholt von der Zahl 18. Es hieß dann, gib acht (8) auf die Zehen (10), was er im Leben auch immer tat. Er lief stundenlang herum, um nackte Füße zu sehen.

Dass das 8. Gebot (Du sollst nicht falsch Zeugnis aussagen gegen deinen Nächsten!) zu berücksichtigen ist, ist selbstverständlich. In Haag steht jetzt ein Friedenstempel. Der Träumer hat „unkeusche Gedanken“ und ist ein Meineidiger heißen die 6 und 8 im Traume 476.

Dass die Zahl 8 auch andererseits zwei Löcher bedeutet, wie eine Sehlangenkurve, sei nur nebenbei erwähnt (Eine andere Bedeutung der Acht ist das Gesäß. Sie heißen im Volksmunde „Die Achterbacken“ (Anthr. VII. S. 1). Die „Achttagsuhr“ heißt auch die Vagina (Anthr. V. S. 1). Das Hinterdeck des Schiffes, der Hintersteven heißt im Plattdeutschen der hintere Teil des Schiffes. Im Deutschen aber das „Achterdeck“. Ein „Achtgroschenjunge“ heißt ein männlicher Prostituierter. Nach einem Witzwort heißt der Abort auch der Achter. (Für Männer und vier Frauen!) Ferner für ein dickes Gesäß der Ausdruck: „Ein Gesäß wie ein 80-Talerpferd“ (Anthr. VII. S, 7). In derselben Bedeutung: Ein Hunderttalerhintern (Ant. VI. S. 380).).

Die 9 bezieht ihren größten affektiven Wert aus dem Umstande, dass das Kind nach 9 Monaten zur Welt kommt. Es ist ein Termin, der in den Analysen der neurotischen Mädchen oft verblüffende Auflösungen gestattet. Eine Dame, in deren Träumen die 9 eine große Rolle spielen, erlitt einen schweren hysterischen Anfall im Ballsaale. Die ganze Zeit hindurch fühlte sie sich sehr krank, litt an Erbrechen, Ohnmachtsgefühlen, Schwindel, Spannungsgefühl im Bauche. Sie war Sängerin und konnte diese 9 Monate hindurch nicht singen. Eines Tages wurde sie aufgefordert, zu singen und sie sagte: „Es sind ja schon 9 Monate seit meinem Anfall vergangen; ich glaube, ich werde jetzt singen können.“ Worauf ihr eine Dame der Gesellschaft prompt erwiderte: „Sie machen ja rein, als hätten sie inzwischen ein Kind bekommen.“ Das war es auch, was sie im Unbewussten erwartet hatte. Ferner: Das neunte Gebot „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib“.

Über den Zehner als Symbol der geschlechtlichen Vereinigung habe ich bereits gesprochen. Viel wichtiger ist die Bedeutung: Die zehn Gebote. Auch dem Wortklange nach 10 für Zähne und Zehen. Elfer (11) heißen die beiden Beine im Volksmunde und in Träumen lüsterner Personen können sie auch hie und da das Verlangen nach zwei Männern oder einem sehr kräftigen Mann symbolisieren. „Der elfte Finger“ heißt der Penis. 12 ist die Zahl der Intimität (Dutzend — duzen); aber auch Kindersegen (ein Dutzend Kinder!), ferner das männliche Genitale (1 und 2). Wichtig: Die 12 Glaubensartikel der katholischen Kirche. 13 die Unglückszahl (Siehe Nachtrag S. 430).

14 wird bald in einer besonderen Analyse besprochen werden. 15 ebenso wie 51 sehr häufig für Onanie (1 und 5), alle Zwanziger dem Wortklange nach im Deutschen als phallisches Symbol, die Dreißiger (reißen!) für Onanie. „Dreißig“ fand ich auch in einer Analyse des Herrn Beta als das „Judasgeld“, also ein Symbol des Verrates. (Dreißig Silberlinge!) Die Vierziger haben in Wien die Bedeutung eines Ekzems und können für Lues gebraucht werden.

Ich betrachte diese Ausführungen keineswegs als vollständig, im Gegenteil, ich empfinde sie sehr lückenhaft, möchte zu fleißiger Sammelforschung anregen und wäre für diesbezügliche Mitteilungen sehr dankbar (Eine an Zwangsneurose erkrankte Dame hatte in ihrem Tagebuche ein Lexikon der Zahlen. Sie sah statt Zahlen immer Gegenstände. Dies Lexikon lautet: 1 = das Glied; 2 = der Hoden; 3 = das Ganze; 4 = Popo; 5 = Katz und Strümpf; 6 = Sexuell, Hexe; T = Hochzeit, Glückszahl, Böse Sieben; 8 =: Habt acht, dass ihr nicht zu früh erwacht; 9 = Schwangerschaft; 10 = Banknote, Mann und Frau; 11 = In der elften Stunde, zu guter Letzt; 12 = Mein Ideal, ein Dutzend Kinder; 13 = Unglück; 14, 15, 16 = Meine Backfischzeit. Hier bricht das Lexikon ab. Es bestätigt in überzeugender Weise meine Ausführungen. Bloß der „Elfer“ in der Bedeutung „im letzten Momente“ war mir neu.). Zum Schlusse möchte ich noch einmal betonen, dass es sich nicht um absolute Wahrheiten, sondern um schwankende Symbole handelt und zum Beweise, wie individuell verschieden die Zahlen beurteilt werden müssen, eine sehr charakteristische Zahlenanalyse einer an Platzangst leidenden Dame mitteilen. Dass „Zahlen“ in der Analyse Geld bedeuten (zahlen = bezahlen) und in einer weiteren Bedeutung Kot, ist uns schon bekannt. In diesem Falle ergaben sich aber eine Reihe von wichtigen Beziehungen, die von der einen Zahl ausgehen. Eine Patientin träumt:

(477) „Du musst dir die Zahl 24 merken, die ist wichtig“

und erzählt mir diesen Traum. Sie leidet seit Jahren an Platzangst und zwar seit vier Jahren. Sie kann nicht allein ausgehen, sondern sie bedarf zu ihrer Begleitung vier Personen. Ebenso muss sie am Abend vier Personen aus ihrer Verwandtschaft um sich haben, sonst wird sie von den heftigsten Angstgefühlen gepeinigt. Als die Ursache ihrer Krankheit sieht sie die Ehe an. Sie hat zwei Kinder; aus zwei Personen wurden in der Ehe 4, daher die Zahl 24. Die 2 stellt ihre Ehe dar, die 4 die 4 Verwandten, die sie einerseits zum Schutz ihrer Ehre um sich haben muss. Andererseits kämpft sie mit Todesgedanken und will sich das Leben nehmen; deshalb braucht sie 4 Menschen, die sie bewachen: 2 an den Armen und 2 an den Beinen. 4 Leute werden sie heraustragen, wenn sie einmal tot sein wird. 24 Tage dauert aber auch ihre Periode; die die Zahl ist also auch organisch bei ihr von wichtiger Bedeutung. 24 Jahre war sie alt, als sie heiratete. Als sie 8 Jahre und ihr Bruder 16 Jahre alt war (8 + 16 = 24), erlebte sie das schwerste Trauma ihres Lebens. Ihre Angst ist, dass ihr Sohn, der ihr um und auf ist, von ihrem Willen bald nicht mehr abhängig sein wird. Dieses Ereignis wird sich in einem Jahre vollziehen, da wird er 24 Jahre alt, d. h. volljährig (reif). Ihre Krankheit datiert seit dem Tode ihres Bruders, der am 13. November (13./11.) begraben wurde (13 + 11 = 24). 24 Jahre ist aber auch die Tochter ihrer Schwester alt, die die wichtigste Verwandte ist und bei keinem Anfall fehlen darf. Und schließlich ist 24 auch die Nummer des Hauses gewesen, in dem sie ihre erste Liebe kennen lernte. Mit dieser Zahl hat sie mir also die wichtigsten Daten ihres Lebens mitgeteilt, wobei die Hälfte dieser Zahl, d. i. 12 auf ihren Arzt geht, mit dem sie ein freundschaftliches Verhältnis wünscht und den sie gern duzen (Dutzend = 12) möchte.

Die Symbolik der 8 enthält folgender, auch in anderer Hinsicht

sehr wichtiger Traum derselben Patientin:

(478) „Alle meine Verwandten kommen nacheinander zu mir auf Besuch und wollen mir einreden, dass es nicht nötig ist, zu mir zu kommen. Es ist alles nur Einbildung. Ich bitte um den Sonntag-Vormittag, dass eines kommt. Da sagt Schwester Minna: „Wir sind ohnedies 8 Personen und Dr. V. ist ja in der Nähe.“ Auf meine Entgegnung, das er Patienten besuchen müsse, sagen sie: „Nein, er teilt Sonntag vormittags bloß Milch an kleine Kinder aus.“

Vorgeschichte: Es ist die Patientin, die immer 4 Personen aus der Familie um sich haben muss. Der jetzt behandelnde Arzt, Dr. N., hat ihr empfohlen, sie möge noch ein Kind haben, dann werde alles gut werden. Bisher hat ihr Mann Coitus interruptus gepflegt; er hatte sich in acht (8) genommen; allerdings war er fertig, bevor es ihr „gekommen“ ist. Alle ihre Gedanken drehen sich darum, dass es ihr kommen soll. Deshalb ist es ihr am liebsten, wenn ein Kind von ihrer „Schwester“ kommt: „es kommt“ dann von der Schwester. Der Ausdruck bedeutet in Wien den Eintritt des Orgasmus. Die andere Bedeutung des Traumes ist: dass ein Verwandter nach dem anderen zu ihr kommt: alle sind Sexualobjekte. Sie wollen ihr „einreden“, dass es nicht nötig ist, zu ihr zu kommen, d. h. sie soll nicht darauf warten, dass es ihr kommt. Allein sie hat jetzt begründete Hoffnung, dass es anders wird. Ihr Mann wird nicht mehr Acht geben müssen. Auf das „ kleine Kind“ bezieht sich die Behauptung, dass Dr. N. Sonntagvormittags Milch an kleine Kinder austeilt. Einen Sonntag bedeutet es für sie, wenn es ihr einmal kommt. Dass der Doktor sich auch eine Sonntagsfreude macht und „kleine Kinder“ (Genitalien) mit Milch (Sperma) beschenkt, bildet wieder eine andere Determination. In diesem Traume ist die Zahl 8 nur durch das In-achtnehmen determiniert. Durch den ganzen Traum gingen zwei Affekte: die Angst vor dem Verlassensein und der Kummer, nicht verstanden zu sein. „Die unverstandene Frau“ bekommt durch diese Analyse eine Deutung, die ich noch immer im Leben bestätigen konnte: sie ist die unbefriedigte Frau. Die Potenz des Mannes scheint in direkter Proportion zum Verständnis zu stehen. Männer, die ihre Frauen nicht verstehen, verstehen es überhaupt nicht, es steht nicht gut. Auch das Verlassensein bezieht sich darauf, dass er zu früh auslässt.

Die Verteilung der Milch geht auf ihren psychischen Infantilismus zurück. Sie ist noch immer das hilflose Kind, das an der Ammenbrust sein möchte. Das führt zu einer weiteren Bedeutung des Achters als Busen. Der Arzt soll ihr die Amme ersetzen.

Übrigens ist die Zahl 8 aus der Zahl 24 entstanden (2 x 4 = 8). Soll die Zahl 24 auch einen Symbolwert haben? Ist es nicht merkwürdig, dass die erogenen Zonen dieser Patientin die großen und kleinen Hemisphären sind? (2 und 4). Jedenfalls spielt sie mit großem Geschick den hilflosen Säugling. Sie muss von Zeit zu Zeit etwas zum „Anfeuchten“ haben und saugt stundenlang am Finger.

Auch im Traume von Brienzer Rothorn (Mamilla!) wird vom Busen (8:00) abgereist und zur Vagina 6:00 gefahren.

Die kolossale Bedeutung des Ammenkomplexes wird uns erst allmählich zur Erkenntnis kommen. Der „ewigen Säuglinge“ gibt es vielmehr, als wir uns träumen lassen (Zu den erwähnten Fällen möchte ich an dieser Stelle ein 18jähriges Mädchen anführen, das mit einer Saugflasche herumgeht und von Zeit zu Zeit einen Schluck Milch trinkt, „um nicht in Ohnmacht zu fallen“. Sie geht nie allein aus und muss immer von einer weiblichen (starken) Person begleitet werden. Im Angstanfall stürzt sie sich auf einen Wagen (Kinderwagen).).

 

Nun zur Analyse weiterer Beispiele. Zuerst die Analyse eines eigenen Traumes:

Der Traum von den 541 Kronen

(479) „Ich erhalte einen Brief von Fräulein J. O. Ich mache ihn auf. Es sind 541 Kronen darin. Eine 10-Kronennote in Papier und 531 Kronen in Gold. Sie schreibt, ich solle das Gold für Arme verwenden und ihr die Rezepisse (Empfangsbescheinigung) einschicken. Als ob meine Frau sagen würde, diesen Unsinn musst du nicht machen. Du kannst dir schon etwas behalten. Ich erkläre einem fremden Herrn, dass ich einer armen Witwe den Zins zahlen werde. Er meint, aus den Rezepissen lasse sich das schwer kontrollieren. Als ob ich dabei schwindeln könnte. Gefühl, als ob ich selber die Möglichkeiten des Schwindels überdenke.

Das Geld lag in Rollen, eigentlich in einer gelben, länglichen Rolle.

Beim Niederschreiben die Empfindung, der Traum sei ein Unsinn und lasse sich nicht deuten.“

Schon oft habe ich bei der Fixierung meiner Träume diesen Gedanken konstatieren können. Lasse doch die Analyse. Dieser Traum kann keinen Sinn haben. Da ich jetzt an einem Buche arbeite, das das Gegenteil beweisen soll, bezichtige ich mich des Schwindels. Ich will nicht an die Analyse glauben. Lieber sei die Analyse ein Schwindel, als dass ich all das Unangenehme herausbringe, das so schwer gegen mich spricht.

Das Gefühl beim Erwachen macht einen großen inneren Widerstand gegen die Deutung manifest…

Die rezenten (soeben, kürzlich, frisch, jüngst) Traumanlässe sind bald erzählt. Am Tage vor dem Traume war eine Witwe bei mir, die der plötzliche Tod ihres Mannes in die größte Not versetzt hatte. Schon mehrere Male habe ich ihr aus der bedrängten Lage geholfen, und ich habe dazu eine gewisse moralische Verpflichtung. Ich bin der Vormund ihrer beiden Waisen. Diese Verpflichtung habe ich ungern, über Drängen meiner immer hilfsbereiten, sehr gutherzigen Frau übernommen. Da der Name der Witwe in der Analyse eine Rolle spielt, wollen wir sie „Rouge“ nennen. Bei jedem fälligen Zins ist mir die Witwe ein peinlicher Gedanke. Sie wird bestimmt kommen. Die Anforderungen sind sehr hohe, denn sie erhält sich mittelst eines ziemlich kostspieligen Geschäftes. Wie wirst du ihr den Zins verschaffen? Wie viel wirst du bluten müssen? usw. Diese Dame war in der Tat bei mir. Das prophetisch vorher zu ahnen, war nicht schwer. Diesmal hatte sie noch keinen Kreuzer für den Zins zurückgelegt und es drohten ihr große Unannehmlichkeiten.

Der zweite rezente Anlass war ein symbolischer. Geld bedeutet im Traume nach der symbolischen Gleichung neben anderen Se- und Exkreten meistens Stuhl... Ich war am Vorabend über Drängen eines Freundes in ein Varieté gegangen, um mich bei harmlosen Späßen ein wenig „auszulachen“. Was aber dort geboten wurde, war nur zu viel des „Eindeutigen“. Es war die nackte „Schweinerei“ ohne Verhüllung. Nicht das Pikante, sondern das Ordinäre. Ich langweilte mich und schlief fast ein. Es gab wahrlich genug Anlass, an den „Stuhlkomplex“ zu denken. Auch ein mehr materieller, der sich im Bilde der einen Geldrolle, neben dem ein schmutziges Papier (die Zehnkronennote heißt in Wien noch immer der „Fünfer“) ausdrückte. Das Bild des Traumes, die gelblichlängliche Goldrolle mit der Banknote daran, entspricht der Wirklichkeit in symbolischer Übersetzung.

Während ich das niederschreibe, fällt mir auf, dass der Traum von 541 Kronen spricht, während das Traumbild die charakteristische einzelne weiße Krone (Vgl. Traum Nr. 30) nicht zeigt. Oder sollte sie doch dort gelegen sein? Der Zweifel macht mich aufmerksam, dass hier ein wichtiger Gedanke verhüllt werden soll. Beginnen wir nun mit der Analyse: „Ich erhalte einen Brief von Fräulein J. 0.“ Auch das entspricht den Vorgängen des Vortages. Ich habe einen Brief erhalten, der mich zu einer ärztlichen Besprechung einlud. Ich behandle diese Dame seit vielen Jahren und schätzte sie wegen ihrer vornehmen Charaktereigenschaften sehr hoch. Sie ist sehr reich, dabei äußerst bescheiden und wohltätig. Sie hat der armen Witwe schon zweimal einen namhaften Betrag gespendet. Der Traum spielt mit dem im Bewusstsein abgewiesenen Gedanken, ihr wieder von der Not meiner Schützlinge Mitteilung zu machen. Sie schickt im Traume das Geld unaufgefordert... So weit ist ja die Wunscherfüllung klar. Auch stimmt der Betrag ungefähr mit der Höhe der notwendigen Summe.

Ich bekomme aber viele Briefe von dieser Dame, darunter einmal einen, den ich nicht aufmachen und der bei mir abgeholt werden sollte. Er lag wochenlang auf meinem Schreibtische, bis er an seinen Bestimmungsort gelangen konnte. Meine (mir im Bewusstsein fremde) Neugierde kommt auf ihre Rechnung. „Ich mache ihn auf.“ Allerdings verbergen sieh noch andere Gedanken hinter diesem kurzen, aber inhaltsreichen Satze...

Nun zur sonderbaren Zahl 541 Kronen resp. 531 Kronen. Die Zahl 5 scheint uns aus dem Fünfer (10 Kronen) mehrfach unterstrichen. Sie deutet gewöhnlich auf Onanie. Wie stimmt das zum sonstigen Trauminhalt?

Zahlen haben meistens eine Beziehung zur Lebensdauer und variieren eigentlich immer eine Frage: Wie lange wirst du leben?

Dazu scheint die Zahl 41 eine Beziehung zu haben. Sie spielt in meinen Träumen eine große Rolle. Einmal träumte ich: „Setze die Zahl 41 in die Lotterie!“ Da ich niemals die Unart und den Unsinn des kleinen Lottospieles (einer österreichischen Spezialität) mitmachte, so dachte ich nicht daran, diesen Imperativ zu erfüllen. Meine Nachbarin jedoch, eine Frau Berger, drang in mich, wir sollten gemeinsam 40 Kreuzer, jeder 20, riskieren und die Zahl setzen. Aber man brauchte zu einem Terno 3 Zahlen... Welche nun nehmen? Sie meinte das Datum. Ich weiß nicht mehr, wann der Vorfall sich abgespielt hat. Ich glaube im Sommer. Mir drängt sich als der Termin der 17. März auf. Wir setzten also die Zahlen 41 — 3 — 17 in die Lotterie. Der Mann der Nachbarin meinte, ich solle auch einen Gulden auf die Zahl 41 „auf den ersten Ruf“ setzen. Man erhalte dafür — ich glaube das Hundertfache. Die Zahl muss jedoch in der Reihe der gezogenen Zahlen als die erste erscheinen.

Wer beschreibt mein Erstaunen, als die Zahlen 41 — 3 — 18 als gezogen auf den Tafeln der Lottokollektionen angekündigt wurden! Wir zogen einen bescheidenen Gewinn — jeder 5 Kronen — ein. Frau B. meinte, der Traum wäre nach Mitternacht erschienen, ich hätte 41 — 3 — 18 setzen müssen. Die Zahl 41 war richtig als erste, also „auf den ersten Ruf“ gezogen worden.

Ich habe dieses Ereignis nie anders als einen merkwürdigen Zufall betrachtet. Allein vor einigen Jahren hatte ich wieder einen sonderbaren Traum.

Ich lag schwer krank, aber vollkommen fieberfrei im einsamen Zimmer. Einen Moment lang schloss ich meine müden Augenlider und hatte eine seltsame Vision. Ich sah einen Leichenzug, hinter dem von Männern getragenen Sarge meine tränenüberströmte Frau, die schwarzgekleideten kleinen Kinderchen an der Hand führend. Ich muss zugeben, dass mich diese Vision trotz meiner Vorurteilslosigkeit derartigen Dingen gegenüber einigermaßen aus dem psychischen Gleichgewicht gebracht hat. Der Kranke ist in seinem psychischen Verhalten niemals dem vollkommen gesunden zu vergleichen; leise Zweifel, unterdrückte Kindererinnerungen, vererbte Instinkte können einen Kranken viel eher aus dem Gleichgewichte bringen als einen Gesunden. Es gelang mir, die Vision aus dem Bewusstsein zu verdrängen, und bis auf eine kleine Verstimmung merkte niemand aus der Umgebung, dass ich von so düsteren Gedanken gepeinigt war. Diese Vision ereignete sich am Nachmittag. Ich schlief die Nacht darauf ungewöhnlich tief und fest und wurde erst gegen Morgen von einer Stimme geweckt, die mir schon bei wachem Bewusstsein und offenen Augen folgende Worte förmlich ins Ohr hinein schrie: „Du wirst noch vierzehn Tage leben. Nütze diese Zeit gehörig aus.“

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