Kostenlos

Othello

Text
0
Kritiken
Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Der Herzog war ein grausamer Herr, und sein Zorn kannte keine Grenzen. Er soll ihr auf verschiedenen Wegen durch Gift haben beikommen wollen, aber sie aß nichts, als was sie selbst gekocht hatte. Er gab daher einem Schauspieler eine große Summe Geld und ließ den 'Othello' aufführen. Sie werden sich erinnern, daß in dem Shakespeareschen Trauerspiel die Desdemona von dem Mohren im Bette erstickt wird. Der Akteur machte seine Sache nur allzu natürlich, denn die Fandauerin ist nicht mehr erwacht.'"

Der Graf schauderte; "und dies soll wahr sein?" rief er aus.

"Fragen Sie von älteren Personen in der Stadt wen Sie wollen, Sie werden es überall so erzählen hören. Es wurde nachher von den Gerichten eine Untersuchung gegen den Mörder anhängig gemacht, aber der Herzog schlug sie nieder, nahm den Akteur vom Theater in seine Dienste und erklärte, die Fandauerin habe durch Zufall der Schlag gerührt. Aber acht Tage darauf starb ihm sein einziges Söhnlein, ein Prinz von zwölf Jahren."

"Zufall!" sagte der Major.

"Nennen Sie es immerhin so", versetzte der Alte und blätterte weiter. "Doch hören Sie; 'Othello' wurde zwei Jahre lang nicht mehr gegeben, denn wegen der Erinnerung an jenen Mord mochte der Herzog dieses Trauerspiel nicht leiden. Aber nach zwei Jahren, in diesem Buch steht jedes Lustspiel aufgezeichnet, nach zwei Jahren war er so ruchlos, es wieder auffuhren zu lassen. Hier steht's: 'Den 28. September (1742) Othello, der Mohr von Venedig', und hier am Rande ist bemerkt: 'Sonderbarlich! am 5. Oktober ist Prinzessin Auguste verstorben. Gerade auch acht Tage nach Othello, wie vor zwei Jahren der höchstselige Prinz Friedrich.' Zufall, meine werten Herren?"

"Allerdings Zufall!" riefen jene.

"Weiter! 'Den 6. Februar 1748, Othello, der Mohr von Venedig.' Ob es wohl wieder eintrifft? Sehen Sie her, meine Herren! das hat der Souffleur hergeschrieben, bemerken Sie gefälligst, es ist dieselbe Hand, die hier in margine bemerkt: 'Entsetzlich! die Fandauerin spukt wieder, Prinz Alexander den 14. plötzlich gestorben. Acht Tage nach Othello.'" Der Alte hielt inne und sah seine Gäste fragend an, sie schwiegen, er blätterte weiter und las: "'Den 16. Januar 1775, zum Benefiz der Mlle. Koller: Othello, der Mohr von Venedig. Richtig wieder! Arme Prinzessin Elisabeth, hast du müssen so schnell versterben? Gestorben 24. Januar 1775.'"

"Possen!" unterbrach ihn der Major; "ich gebe zu, es ist so; es soll einigemal der Eigensinn des Zufalls es wirklich so gefügt haben; geben Sie mir aber nur einen vernünftigen Grund an zwischen Ursache und Wirkung, wenn Sie diese Höchstseligen am 'Othello' versterben lassen wollen!"

"Herr!" antwortete der alte Mann mit tiefem Ernst, "das kann ich nicht; aber ich erinnere an die Worte jenes großen Geistes, von dem auch dieser unglückselige 'Othello' abstammt.—Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, wovon sich die Philosophen nichts träumen lassen!'"

"Ich kenne das", sagte der Graf; "aber ich wette, Shakespeare hätte nie diesen Spruch von sich gegeben, hätte er gewußt, wie viel Lächerlichkeit sich hinter ihm verbirgt!"

"Es ist möglich", erwiderte der Sänger; "hören Sie aber weiter. Ich komme jetzt an ein etwas neueres Beispiel, dessen ich mich erinnern kann, an den Herzog selbst."

"Wie", unterbrach ihn der Major; "eben jener, der die Aktrice ermorden ließ…?"

"Derselbe 'Othello' war vielleicht zwanzig Jahre nicht mehr gegeben worden, da kamen, ich weiß es noch wie heute, fremde Herrschaften zum Besuch. Unser Schauspiel gefiel ihnen, und sonderbarerweise wünschte eine der fremden fürstlichen Damen 'Othello' zu sehen. Der Herzog ging ungern daran, nicht aus Angst vor den greulichen Umständen, die diesem Stück zu folgen pflegten, denn er war ein Freigeist und glaubte an nichts dergleichen; aber er war jetzt alt; die Sünden und Frevel seiner Jugend fielen ihm schwer aufs Herz, und er hatte Abscheu vor diesem Trauerspiel. Aber sei es, daß er der Dame nichts abschlagen mochte, sei es, daß er sich vor dem Publikum schämte, das Stück mußte Hals über Kopf einstudiert werden, es wurde auf seinem Lustschloß gegeben. Sehen Sie, hier steht es: 'Othello, den 16. Oktober 1793 auf dem Lustschloß H…. aufgeführt.'"

"Nun, Alter! und was folgte, geschwind!" riefen die Freunde ungeduldig.

"Acht Tage nachher, den 24. Oktober 1793, ist der Herzog gestorben."

"Nicht möglich", sagte der Major nach einigem Stillschweigen; "lassen Sie Ihre Chronik sehen; wo steht denn etwas vom Herzog? Hier ist nichts in margine bemerkt."

"Nein", sagte der Alte und brachte zwei Bücher herbei; "aber hier seine Lebensgeschichte, hier seine Trauerrede, wollen Sie gefälligst nachsehen?"

Der Graf nahm ein kleines schwarzes Buch in die Hand und las: "Beschreibung der solennen Beisetzung des am 24. Oktober 1793 höchstselig verstorbenen Herzogs und Herrn—dummes Zeug!" rief er und sprang auf; "das könnte mich um den Verstand bringen. Zufall! Zufall! und nichts anders! Nun—und wissen Sie noch ein solches Histörchen?"

"Ich könnte Ihnen noch einige aufführen", erwiderte der Alte mit Ruhe, "doch Sie langweilen sich bei dieser sonderbaren Unterhaltung; nur aus der neuesten Zeit noch einen Fall. Rossini schrieb seine herrliche Oper 'Othello', worin er, was man bezweifelt hatte, zeigte, daß er es verstehe, auch die tieferen, tragischen Saiten der menschlichen Brust anzuschlagen. Er wurde hier höheren Orts nicht verlangt, daher wurde er auch nicht fürs Theater einstudiert. Die Kapelle aber unternahm es, diese Oper für sich zu studieren, es wurden einige Szenen in Konzerten ausgeführt, und diese wenigen Proben entzündeten im Publikum einen so raschen Eifer für die Oper, daß man allgemein in Zeitungen, an Wirtstafeln, in Singtees und dergleichen von nichts als 'Othello' sprach, nichts als 'Othello' verlangte. Von den grauenvollen Begebenheiten, die das Schauspiel 'Othello' begleitet hatten, war gar nicht die Rede; es schien, man denke sich unter der Oper einen ganz andern 'Othello'. Endlich bekam der damalige Regisseur (ich war noch auf dem Theater und machte den Othello), er bekam den Auftrag, sage ich, die Oper in die Szene zu setzen. Das Haus war zum Ersticken voll, Hof und Adel waren da, das Orchester strengte sich übermenschlich an, die Sängerinnen ließen nichts zu wünschen übrig, aber ich weiß nicht—uns alle wehte ein unheimlicher Geist an, als Desdemona ihr Lied zur Harfe spielte, als sie sich zum Schlafengehen rüstete, als der Mörder, der abscheuliche Mohr, sich nahte. Es war dasselbe Haus, es waren dieselben Bretter, es war dieselbe Szene wie damals, wo ein liebliches Geschöpf in derselben Rolle so greulich ihr Leben endete. Ich muß gestehen, trotz der Teufelsnatur meines Othello befiel mich ein leichtes Zittern, als der Mord geschah, ich blickte ängstlich nach der fürstlichen Loge, wo so viele blühende, kräftige Gestalten auf unser Spiel herübersahen, 'wirst du wohl durch die Töne, die deinen Tod begleiten, dich besänftigen lassen, blutdürstiges Gespenst der Gemordeten?' dachte ich. Es war so; fünf, sechs Tage hörte man nichts von einer Krankheit im Schlosse; man lachte, daß es nur der Einkleidung in eine Oper bedurfte, um jenen Geist gleichsam irre zu machen; der siebente Tag verging ruhig, am achten jedoch wurde Prinz Ferdinand auf der Jagd erschossen."

"Ich habe davon gehört", sagte der Major, "aber es war Zufall; die Büchse seines Nachbars ging los und—" "Sage ich denn, das Gespenst bringe die Höchstseligen selbst um, drücke ihnen eigenhändig die Kehle zu? Ich spreche ja nur von einem unerklärlichen, geheimnisvollen Zusammenhang."

"Und haben Sie uns nicht noch zu guter Letzt ein Märchen erzählt; wo steht denn geschrieben, daß acht Tage vor jener Jagd 'Othello' gegeben wurde?"

"Hier!" erwiderte der Regisseur kaltblütig, indem er auf eine Stelle in seiner Chronik wies; der Graf las: "'Othello', Oper von Rossini, den 12. März", und auf dem Rande stand dreimal unterstrichen: "Den 20. fiel Prinz Ferdinand auf der Jagd."

Die Männer sahen einander schweigend einige Augenblicke an; sie schienen lächeln zu wollen, und doch hatte sie der Ernst des alten Mannes, das sonderbare Zusammentreffen jener furchtbaren Ereignisse tiefer ergriffen, als sie sich selbst gestehen mochten. Der Major blätterte in der Chronik und pfiff vor sich hin, der Graf schien über etwas nachzusinnen, er hatte Stirne und Augen fest in die Hand gestützt. Endlich sprang er auf: "Und dies alles kann Ihnen dennoch nicht helfen", rief er, "die Oper muß gegeben werden. Der Hof, die Gesandten wissen es schon, man würde sich blamieren, wollte man durch diese Zufälle sich stören lassen. Hier sind vierhundert Taler, mein Herr! Es sind einige Freunde und Liebhaber der Kunst, welche sie Ihnen zustellen, um Ihren 'Othello' recht glänzend auftreten zu lassen. Kaufen Sie davon, was Sie wollen", setzte er lächelnd hinzu, "lassen Sie Geisterbanner, Beschwörer kommen, kaufen Sie einen ganzen Hexenapparat kurz, was nur immer nötig ist, um das Gespenst zu vertreiben—nur geben Sie uns 'Othello'."

"Meine Herren", sagte der Alte, "es ist möglich, daß ich in meiner Jugend selbst über dergleichen gelacht und gescherzt hätte; das Alter hat mich ruhiger gemacht, ich habe gelernt, daß es Dinge gibt, die man nicht geradehin verwerfen muß. Ich danke für Ihr Geschenk, ich werde es auf eine würdige Weise anzuwenden wissen. Aber nur auf den strengsten Befehl werde ich 'Othello' geben lassen. Ach Gott und Herr!" rief er kläglich, "wenn ja der Fall wieder einträte wenn das liebe, herzige Kind, Prinzessin Sophie, des Teufels wäre!"

"Seien Sie still", rief der Graf erblassend, "wahrhaftig, Ihre wahnsinnigen Geschichten sind ansteckend, man könnte sich am hellen Tage fürchten! Adieu! Vergessen Sie nicht, daß Othello' auf jeden Fall gegeben wird; machen Sie mir keine Kunstgriffe mit Katarrh und Fieber, mit Krankwerdenlassen und eingetretenen Hindernissen. Beim Teufel, wenn Sie keine Desdemona hergeben, werde ich das Gespenst der Erwürgten heraufrufen, daß es diesmal selbst eine Gastrolle übernimmt."

 

Der Alte bekreuzigte sich und fuhr ungeduldig auf seinen Schuhen umher; "welche Ruchlosigkeit", jammerte er; "wenn sie nun erschiene, wie der steinerne Gast? Lassen Sie solche Reden, ich bitte Sie, wer weiß, wie nahe jedem sein eigenes Verderben ist."

Lachend stiegen die beiden die Treppe hinab, und noch lange diente der musikalische Prophet mit der Florentiner Mütze und den Pelzschlittschuhen ihrem Witz zur Zielscheibe.

6

Es gab Stunden, worin der Major sich durchaus nicht in den Grafen, seinen alten Waffenbruder, finden konnte. War er sonst fröhlich, lebhaft, von Witz und Laune strahlend, konnte er sonst die Gesellschaft durch treffende Anekdoten, durch Erzählungen aus seinem Leben unterhalten, wußte er sonst jeden, mochte er noch so gering sein, auf eine sinnige, feine Weise zu verbinden, so daß er der Liebling aller, von vielen angebetet, wurde, so war er in andern Momenten gerade das Gegenteil. Er fing an, trocken und stumm zu werden, seine Augen, senkten sich, sein Mund preßte sich ein. Nach und nach ward er finster, spielte mit seinen Fingern, antwortete mürrisch und ungestüm. Der Major hatte ihm schon abgemerkt, daß dies die Zeit war, wo er aus der Gesellschaft entfernt werden müsse, denn jetzt fehlten noch wenige Minuten, so zog er mit leicht aufgeregter Empfindlichkeit jedes unschuldige Wort auf sich und fing an zu wüten und zu rasen.

Der Major war viel um ihn, er hatte aus früherer Zeit eine gewisse Gewalt und Herrschaft über ihn, die er jetzt geltend machte, um ihn vor diesen Ausbrüchen der Leidenschaft in Gesellschaft zu bewahren; desto greulicher brachen sie in seinen Zimmern aus; er tobte, er fluchte in allen Sprachen, er klagte sich an, er weinte. "Bin ich nicht ein elender, verworfener Mensch?" sprach er einst in einem solchen Anfall; "meine Pflichten mit Füßen zu treten, die treueste Liebe von mir zu stoßen, ein Herz zu martern, das mir so innig anhängt! Leichtsinnig schweife ich in der Welt umher, habe mein Glück verscherzt, weil ich in meinem Unsinn glaubte, ein Kosciusko zu sein, und bin nichts als ein Schwachkopf, den man wegwarft Und so viele Liebe, diese Aufopferung, diese Treue so zu vergelten!"

Der Major nahm zu allerlei Trostmitteln seine Zuflucht. "Sie sagen ja selbst, daß die Prinzessin Sie zuerst geliebt hat; konnte sie je eine andere Liebe, eine andere Treue von Ihnen erwarten als die, welche die Verhältnisse erlauben?"

"Ha, woran mahnen Sie mich!" rief der Unglückliche, "wie klagen mich Ihre Entschuldigungen selbst an! Auch sie, auch sie betört! Wie kindlich, wie unschuldig war sie, als ich Verruchter kam, als ich sie sah mit dein lieblichen Schmelz der Unschuld in den Augen! Da fing mein Leichtsinn wieder an; ich vergaß alle guten Vorsätze, ich vergaß, wem ich allein.gehören dürfte; ich stürzte mich in einen Strudel von Lust, ich begrub mein Gewissen in Vergessenheit!" Er fing an zu weinen, die Erinnerung schien seine Wut zu besänftigen. "Und konnte ich", flüsterte er, "konnte ich so von ihr gehen? Ich fühlte, ich sah es an jeder ihrer Bewegungen, ich las es in ihrem Auge, sie liebte mich; sollte ich fliehen, als ich sah, wie diese Morgenröte der Liebe in ihren Wangen aufging, wie der erste, leuchtende Strahl des Verständnisses aus ihrem Auge brach, auf mich niederfiel, mich aufzufordern schien, ihn zu erwidern?"

"Ich beklage Sie", sprach der Freund und drückte seine Hand; "wo lebt ein Mann, der so süßer Versuchung widerstanden wäre?"

"Und als ich ihr sagen durfte, wie ich sie verehre, als sie mir mit stolzer Freude gestand, wie sie mich liebe, als jenes traute, entzückende Spiel der Liebe begann, wo ein Blick, ein flüchtiger Druck der Hand mehr sagt, als Worte auszudrücken vermögen, wo man tagelang nur in der freudigen Erwartung eines Abends, einer Stunde, einer einsamen Minute lebte, wo man in der Erinnerung dieses seligen Augenblicks schwelgte, bis der Abend wieder erschien, bis ich aus dem Taumelkelch ihrer süßen Augen aufs neue Vergessenheit trank! Wie reich wußte sie zu geben, wie viel Liebe wußte sie in ein Wort, in einen Blick zu legen; und ich sollte fliehen?"

"Und wer verlangt dies?" sagte der Freund gerührt. "Es wäre grausam gewesen, eine so schöne Liebe, die alle Verhältnisse zum Opfer brachte, zurückzustoßen. Nur Vorsicht hätte ich gewünscht; ich denke, noch ist nicht alles verloren!"

Er schien nicht darauf zu hören; seine Tränen strömten heftiger, sein glänzendes Auge schien tiefer in die Vergangenheit zu tauchen. "Und als sie mir mit holdem Erröten sagte, wie ich zu ihr gelangen könne, als sie erlaubte, ihre fürstliche Stirne zu küssen, als der süße Mund, dessen Wünsche einem Volk Befehle waren, mein gehörte und die Hoheit einer Fürstin unterging im traulichen Flüstern der Liebe—da, da sollte ich sie lassen?"

"Wie glücklich sind Sie! gerade in dem Geheimnis dieses Verhältnisses muß ein eigener Reiz liegen; und warum wollen Sie diese Liebe so tief verdammen? Fassen Sie sich. Das Urteil der Welt kann Ihnen gleichgültig sein, wenn Sie glücklich sind. Denn im ganzen trägt ja wahrhaftig dies Verhältnis nichts so Schwarzes, Schuldiges an sich, wie Sie es selbst sich vorstellen!"

Der Graf hatte ihm zugehört; seine Augen rollten, seine Wangen färbten sich dunkler, er knirschte mit den Zähnen; "nicht so mild müssen Sie mich beurteilen", sagte er mit dumpfer Stimme; "ich verdiene es nicht. Ich bin ein Frevler, vor dem Sie zurückschaudern sollten. O—daß ich Vergessenheit erkaufen könnte, daß ich Jahre auslöschen könnte aus meinem Gedächtnis.—Ich will vergessen, ich muß vergessen, ich werde wahnsinnig, wenn ich nicht vergesse; schaffen Sie Wein, Kamerad! ich will trinken, mich dürstet, es wütet eine Flamme in mir, ich will mein Gedächtnis, meine Schuld ersäufen."

Der Major war ein besonnener Mann; er dachte ziemlich ruhig über diese verzweiflungsvollen Ausbrüche der Reue und Selbstanklage; "er ist leichtsinnig, so habe ich ihn von jeher gekannt", sagte er zu sich; "solche Menschen kommen leicht von einem Extrem ins andere. Er sieht jetzt große Schuld in seiner Liebe, weil sie der Geliebten in ihren Verhältnissen schaden kann, und im nächsten Augenblick berauscht ihn wieder die Wonne der Erinnerung." Der Wein kam, der Major goß ein; der Graf stürzte schnell einige Gläser hinunter; er ging mit schnellen Schritten schweigend im Zimmer auf und nieder, blieb vor dem Freunde stehen, trank und ging wieder. Dieser mochte seine stillen Empfindungen nicht unterbrechen; er trank und beobachtete über das Glas hin aufmerksam die Mienen, die Bewegungen seines Freundes.

"Major!" rief dieser endlich und warf sich auf den Stuhl nieder; "welches Gefühl halten Sie für das schrecklichste?"