Kostenlos

Wie man Pasta Madre herstellt

Text
Autor:
0
Kritiken
Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Zwischen Geschichte und Legende

Brot ist wohl die symbolträchtigste Speise überhaupt. Schon in der Bibel steht geschrieben: Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: Nehmt und esst; das ist mein Leib; Matthäus 26,26.

Unsere Kultur hat ihren Ursprung vor rund 12.000 Jahren, als die Menschen begannen, die Erde zu pflügen und Körner und Samen anzubauen, um daraus Mehl zu gewinnen. Die Technik des Getreidemahlens verbesserte sich stetig und das Mehl wurde immer besser.

Wahrscheinlich ernährten sich die Menschen in den ersten Jahrtausenden nach der sogenannten jungsteinzeitlichen Revolution von Getreidebrei, hergestellt aus den gemahlenen Samen und Wasser. Vielleicht gab es auch schon flache Brote, die aus demselben Brei gebacken wurden. Fladen ohne Triebmittel wie Hefen oder Sauerteig findet man heute noch in jedem Winkel der Welt, man denke nur an Pita, Chapati, Injera, Piadina, Tortillas. Diese Brote erinnern uns daran, dass wir alle eine gemeinsame Geschichte haben, dass wir Geschwister auf Mutter Erde sind. Und alle waren wir neugierig und offen dafür, neue Möglichkeiten der Ernährung und Essenszubereitung zu entdecken.

Als ich hier auf dem Mas del Saro für Stadtkinder „Schule auf dem Bauernhof“ anbot, erzählte ich immer gerne eine Geschichte, die Geschichte des Brotes. In dieser gibt es eine Frau, die vor ca. 5.000 Jahren in Ägypten lebte. Sie war etwas zerstreut und zuweilen vergaß sie, wo sie ihre Dinge hingelegt hatte. Eines Tages bereitete sie einen Teig, um auf den heißen Steinen des Feuers Fladenbrote für das Abendessen zu backen … und vergaß ihn. Nach einigen Tagen fand sie ihren wertvollen Teig wieder. Er war verändert. Er war wie aufgeblasen und auf der Oberfläche hatten sich kleine Bläschen gebildet, er roch leicht säuerlich. Die Frau hatte Zweifel, ob er noch gut war, und wollte ihn wegwerfen. Aber einen Teig wegzuwerfen, das Ergebnis harter Arbeit im Feld und an der Mühle, galt als Sakrileg, ja als Tabu. Und sie entschied sich, ihn so zu backen, wie er war. Die Kinder riefen an dieser Stelle immer: „Vea, der Teig ist aufgegangen, weil er voll dieser kleinen Tierchen war?“ „So ist das“, sagte ich, „und ihr könnt euch die Überraschung vorstellen!“

So stelle ich mir die „Geburt des Brotes“ vor: eine zerstreute, vielbeschäftigte Frau, die sich der Heiligkeit aller Nahrungsmittel bewusst war und den ersten Brotlaib der Menschheit backte.