Er schenkt mir ein weites Herz

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

7 • Ein weites Herz

» RB, Prolog 49: Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes.

Versprechen haben in der benediktinischen Welt einen hohen Stellenwert. Das ganze benediktinische Gemeinschaftswesen basiert auf Versprechen. Ein Gelübde ist nichts anderes als ein Versprechen: »Bei der Aufnahme verspreche er (der angehende Mönch) im Oratorium in Gegenwart aller Beständigkeit, klösterlichen Lebenswandel und Gehorsam vor Gott und seinen Heiligen« (RB 58,17). Aber auch dem, der sich auf diesen Weg einlässt, wird etwas versprochen: ein weites Herz und unsagbares Glück (in) der Liebe. Neben allem, was das benediktinische Leben sonst noch zu bieten hat und wofür es sich sowieso schon zu leben lohnt, findet dieses Ziel des weiten Herzens manchmal kaum Beachtung. Doch es gehört sicher zum Schönsten und Erstrebenswertesten, was einem auf dem geistlichen Weg passieren kann.

Ähnlich wie andere Gottesgeschenke kann man sich auch ein weites Herz nicht selbst machen. Aber man kann sich bereitmachen für dieses Geschenk, indem man sich einlässt und sich den »Geboten Gottes« überlässt. Die Gebote Gottes führen automatisch in die Weite, auch wenn sie zuvor einen Gang durch schmale Pforten verlangen. Die Pforte muss durchschritten werden, man darf nicht in ihr stehen und stecken bleiben, was bisweilen nur mit Kämpfen geht. Mit der Zeit aber bekommt man Übung in solchen Kämpfen, und die Pforten lassen sich eine nach der anderen leichter bezwingen. Vor allem macht man die Entdeckung, dass einen hinter jeder dieser Pforten ein Stück mehr Freiheit erwartet. Das motiviert. Stück für Stück vermehrt sich so die Weite um und in einem.

Weitherzigkeit ist ein Charakteristikum benediktinischen Denkens. Engstirnigkeit hat dort keinen Platz. Benediktinisches Denken lädt immer wieder dazu ein, den eigenen Horizont nicht als das Ende der Welt zu betrachten, sondern auch mit dem ganz Anderen dahinter zu rechnen und ihm Raum zu geben. Wer nur noch im Althergebrachten leben kann, weiß, dass er den gemeinten Weg bereits verlassen hat.

»Macht weit die Pforten in der Welt, ein König ist’s, der Einzug hält!« (Gotteslob 360).

8 • Gemeinschaft

» RB 1,2: Die erste Art (von Mönchen) sind die Koinobiten: Sie leben in einer klösterlichen Gemeinschaft und dienen unter Regel und Abt.

Ein Christ ist kein Christ und ein Mönch kein Mönch. Davon scheint Benedikt auszugehen. Selbst Einsiedler gewesen, bevor er Mönch wurde, hält er diejenigen, die unter Regel und Abt in einer Gemeinschaft leben wollen, für die stärkste Art aller monastischen Erscheinungsformen und widmet ihnen seine ganzen Überlegungen (RB 1,13). Die Einsiedelei erlaubt er nur denen, die durch die Hilfe vieler zuvor »hinreichend geschult« wurden, um den Einzelkampf in der Wüste zu bestehen (RB 1,3–5).

Gemeinschaft hat etwas Formendes – wie die gemeinsame Wanderung der Kiesel in einem Bachbett: Am Anfang kantig und eigenwillig gestaltet, werden sie Kilometer um Kilometer umgewälzt und aneinander geschliffen, bis sie schließlich gefällig und weich in der Hand liegen.

In einer Gemeinschaft zu leben ist nicht der leichtere Weg. »Mit anderen Menschen zusammenzuleben, ist nie einfach. Allein ist es viel leichter, ein Heiliger zu sein«, gibt Esther de Waal zu bedenken, nicht ohne Augenzwinkern.*

Leichter mag es sein, sicherer ist es nicht. »Willst du schnell vorankommen, geh allein. Willst du weit kommen, geh mit anderen«, sagt ein afrikanisches Sprichwort. »Langsam, aber sicher« will Benedikt seine Leute also führen. Denn das Ziel ist weit gesteckt. Entschleunigung passt besser dazu als ein olympisches Höher-Schneller-Weiter, das nach dem Ruhm des Tages rasch verpufft. Und nur Dabeisein ist auch nicht alles. Gemeinschaft bedeutet Dienst aneinander und füreinander, also Arbeit. Das gilt für frei gewählte Glaubensgemeinschaften ebenso wie für die Familie und den Fußballverein. Wer echtes Leben anstrebt, gar das ewige, den erwartet eine dynamische, spannende, aber arbeitsreiche, manchmal mühevolle gemeinsame Zeit. Es ist eine große Investition, verspricht aber auch großen Gewinn.

Gemeinschaft kann aber auch schiefgehen. Es gibt keine Garantie, dass allein die pure Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft in ein glückliches Leben führt. Die Gemeinschaft muss zum Einzelnen passen und der Einzelne in die Gemeinschaft. Dazu ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Ziele beider übereinstimmen. Nur, wo das Ziel dasselbe ist, kann auch ein gemeinsamer Weg entstehen, der die Kraft schenkt, die Schwierigkeiten, die unterwegs kommen, zu meistern, und der am Ende beide zufrieden macht.

* Esther de Waal, Gottsuchen im Alltag, Münsterschwarzach 2. Auflage 1999, S. 124.

9 • Einsamkeit

» RB 1,3–4: Anachoreten – Einsiedler. Nicht in der ersten Begeisterung für das Mönchsleben, sondern durch Bewährung im Alltag und durch die Hilfe anderer hinreichend geschult, haben sie gelernt, gegen den Teufel zu kämpfen.

Einsamkeit wird zunehmend »populär«. Grund genug, sich damit zu beschäftigen – auch geistlich. Einsamkeit passiert auch Menschen, die wenig oder gar nicht allein sind. Andere sind häufiger allein, fühlen sich aber dabei nicht einsam. Viele vermeiden das Alleinsein aus Furcht vor der Einsamkeit. Alleinsein sei ein sozialer Zustand, Einsamkeit ein psychologischer, definieren manche. Jedenfalls sind Alleinsein und Einsamkeit offenbar nicht immer dasselbe. Wer gut einsam sein kann, kann auch gut allein sein. Aber wer schon das Alleinsein meidet wie der Teufel das Weihwasser, der kommt auch nie in einer positiven Einsamkeit an. Da unsere Zivilisation offenbar zunehmend sehr viele Möglichkeiten bietet, zum Einsiedler zu werden, wäre es eigentlich an der Zeit, das Thema einmal sehr intensiv in den Blick zu nehmen und auch seine Chancen populärer zu machen, anstatt nur unter den Risiken zu leiden.

Unter klösterlichen Gesichtspunkten stellen Alleinsein und Einsamkeit kein Problem dar, sondern im Gegenteil etwas sehr Erstrebenswertes. Gleichwohl sagt auch Benedikt, dass sich nicht jeder Mensch bzw. Mönch in gleicher Weise dazu eignet. Einsamkeit soll man erst lernen – und zwar in der Gemeinschaft. Bewährung in der Gemeinschaft und gelingende Einsamkeit sind zwei Seiten einer Medaille. Wenn Gemeinschaft gut funktioniert, wirkt sie stärkend auf den Einzelnen ein. Aus dieser Stärkung heraus kann man auch mal für einige Zeit allein sein, ohne darunter zu leiden. Dieses Alleinsein hat dann eher einen Erholungscharakter, ähnlich dem berühmten Wunsch nach der einsamen Insel, auf die so mancher überforderte Zeitgenosse gern flüchten würde, um dort festzustellen, dass er auch damit überfordert ist. Zu viel Alleinsein stresst mitunter genauso wie zu viel Gemeinschaft.

Dass der Mensch ein auf Gemeinschaft hin angelegtes Wesen ist, wussten schon die alten Griechen. Auch der Schöpfungsbericht der Bibel bescheinigt, dass es nicht gut ist, dass der Mensch allein bleibt (Gen 2,18). Im Alleinsein steckt also tatsächlich eine Gefahr, die wir spüren und deshalb instinktiv die Flucht davor ergreifen. Wer von sich sagt, dass er nicht allein sein kann und will, ist deshalb unwiderlegbar auf dem richtigen Weg. Besser, man akzeptiert dieses Unvermögen, als darin unterzugehen.

Aber Alleinsein lässt sich nicht immer vermeiden. Es gibt immer wieder Wegstrecken, die zur Einsamkeit zwingen. Schon die normale Arbeitswelt zwischen Rationalisierung und unendlicher Flexibilität eröffnet jede Menge Raum für Einsamkeit. Bei längeren Krankenhausaufenthalten kann nicht ständig jemand am Bett sitzen. Viele alte Menschen müssen über viele Stunden allein bleiben, bis wieder jemand nach ihnen schaut. In Trauerfällen entsteht ein inneres Alleinsein, eine Lücke, die der andere hinterlässt und die sich nicht so einfach schließen lässt. Oder nach einem größeren Konflikt mit dem Gesetz kann es einen – was ferne sei – gar hinter Stahltüren verschlagen.

Der monastische Ansatz, Einsamkeit als Erfahrungsort zu begreifen, kann dabei helfen, diese Wegstrecken unbeschadet, ja sogar mit Gewinn zu meistern. Denn auch in der Einsamkeit geschieht Begegnung. So einsam ist Einsamsein nämlich gar nicht. Da ist nicht niemand, der mit einem spricht, sondern dort erwarten einen im Gegenteil sehr viele Stimmen: die eigenen inneren Stimmen, die sonst im Lärm des Alltags und der Ablenkung durch die Themen der Gemeinschaft nicht so oft zu Wort kommen. In der Einsamkeit kann man vor diesen nicht mehr davonlaufen. Sie verfolgen einen sehr schnell, manchmal wie der sprichwörtliche Teufel die arme Seele. Benedikt empfiehlt nun nicht die möglichst schnelle Flucht, sondern den Mut, mit diesen Stimmen den »Kampf« aufzunehmen, sich ihnen zu stellen, mit ihnen in Kontakt zu treten und sich anzuhören, was sie zu sagen haben. Oft entdeckt man dabei, dass es gar keine Feinde sind, die sich da bemerkbar machen, sondern nur unterdrückte und vernachlässigte Freunde, die gekommen sind, um eigene Missstände zu benennen und nach Abhilfe zu suchen, damit es ihrem Freund, dem Menschen, den sie begleiten, wieder besser geht. Manche Menschen schaffen es, diesen Kampf autodidaktisch zu erlernen. Vielen wird man aber auch erst helfen müssen, ihn zu begreifen. Auf jeden Fall lohnt es sich, ihn nicht zu vermeiden. Ein guter Feind ist wie ein guter Freund: Er zeigt einem die eigenen Schwachstellen auf, die Anteile, an denen sich etwas besser machen lässt.

Der größte Wandel geschieht immer in der Einsamkeit. Am Ostermorgen entdeckte man nur ein leeres Grab. Wie es kam, dass Jesus wieder lebendig werden konnte, hat bis heute niemand erfahren, außer ihm.

10 • Ordnung

» RB 1,13: Gehen wir mit Gottes Hilfe daran, eine Ordnung zu geben.

OSB. Ordo Sancti Benedicti. »Nach der Ordnung des Heiligen Benedikt.« Benediktiner stehen auf Ordnung. Es ist ihre Grundlage, der Boden, auf dem sie sich bewegen. Sogar im Namen steckt es schon – ganz vorne. Ohne Ordnung geht nichts und niemand irgendwohin. Ordnung ist schon für andere das halbe Leben. Für Benediktiner darf’s auch gern ein bisschen mehr davon sein.

 

Das »mit Gottes Hilfe« beim Ordnungmachen gab es schon einmal: der Schöpfungsmythos, den die Bibel überliefert (Gen 1–2), erzählt davon. Gott selbst schafft Ordnung im Chaos und erschafft so die Welt. Ordnung hat also mit Schöpfung zu tun. Die Klosterordnung auch. In dem Gedanken, dass das Kloster eine Ordnung braucht, spiegelt sich die Erinnerung an die Schöpfungsordnung. Gott schafft Ordnung, auch im Kloster. Gott erschafft auch das Kloster. Gott bewegt das Chaos, das sich auch immer wieder neu ins Kloster einschleicht, hin zu einer neuen Ordnung. Ein Orden hat Anteil am Schöpfungsakt. Er ist Schöpfung, weil er Gottes ist.

11 • Der Abt

» RB 2,33: Vor allem darf er über das Heil der ihm Anvertrauten nicht hinwegsehen oder es geringschätzen.

» Man lese RB 2 und 64 sowie etwa die Hälfte der ganzen übrigen Regel!

Geburtshelfer, Eltern, Geschwister, Verwandte, Großeltern, Freunde, Erzieher, Gruppenleiter, Lehrer, Ausbilder, Vorgesetzte, Chefs, Ehefrauen und -männer, die eigenen Kinder, Therapeuten, Pädagogen, Ortspfarrer, Beichtväter, Bischöfe, Vereins-, Chor- und Kursleiter, Rettungshelfer, Ärzte, Krankenpfleger, Sterbebegleiter – überall Autoritäten. Kaum ein Tag im Leben, an dem man wirklich machen kann, was man will. Ständig Menschen, die in irgendeiner Form und Berechtigung Gehorsam erwarten und Einfluss nehmen auf das eigene Geschick. Äbte gibt es überall. Oder vielmehr: Anteile von Äbten. Der Abt, wie ihn Benedikt darstellt, lässt sich als Gesamtkunstwerk wohl nur im Kloster antreffen. Draußen gibt es niemanden, der eine ähnliche Position hat. Autoritäten existieren genug. Doch in den meisten Fällen fehlt ihnen jener familiär-liebende Einschlag, der für einen wirklichen Abt so wichtig ist. Die Erwartung von Gehorsam geht meistens nur in eine Richtung: Meinungsaustausch heißt, mit der eigenen Meinung zum Chef zu gehen und mit seiner wiederzukommen. Bessere Chefs als diese haben Seltenheitswert. Wer einen davon vorgesetzt bekommt, der pflege ihn sich gut!

Was unterscheidet den Abt von anderen Autoritäten? Ist jemand, der »in der Welt« nach benediktinischen Grundregeln leben will, verpflichtet, jedem Vorgesetzten gegenüber Gehorsam zu üben, wie er ihn als Mönch oder Nonne im Kloster leisten würde?

Einen Abt zeichnet es aus, dass für ihn die gemeinsame Regel der Klostergemeinschaft in noch höherem Maß gilt als für den einfachen Mönch. Ein Abt soll nicht in erster Linie Verantwortungsträger sein, sondern Vorbild. »Besonders wahre er in allem die vorliegende Regel« (RB 64,20), »er suche, mehr geliebt als gefürchtet zu werden« (RB 64,15), und »er wisse, dass er mehr helfen als herrschen soll« (RB 64,8). Dem Gehorsam, den er von seinen Mitbrüdern erwarten kann, steht der Gehorsam gegenüber, den diese von ihm erwarten können. Gehorsam im benediktinischen Sinn meint ein gemeinschaftliches Hören aller auf den Willen der ganz großen Autorität, unter der sie leben. Vom Abt wird kein Befehlsvermögen erwartet, sondern eine noch größere Begabung, hinzuhören und unter den vielen Stimmen der Gemeinschaft diejenige des allumfassenden Gemeinschaftsstifters herauszuhören. Der Abt »vertritt im Kloster die Stelle Christi« (RB 2,2), das heißt, er soll sich bemühen, so zu handeln, wie Jesus handeln würde, wenn dieser an seiner Stelle Abt wäre. Meinungsaustausch im Kloster bedeutet also, mit der eigenen Meinung zum Herrn zu gehen und mit Seiner wiederzukommen. Ob eine Autorität wie ein Abt angesehen werden kann und ein Weltbenediktiner ihr demnach in ähnlichem Sinn gehorchen darf, hängt also davon ab, ob der Chef auch noch einen Herrn über sich hat, dem dieser gehorcht und ob es für beide derselbe Herr ist.

12 • Kein Ansehen der Person

» RB 2,16.20: Der Abt bevorzuge im Kloster keinen wegen seines Ansehens. Denn bei Gott gibt es kein Ansehen der Person.

Moment mal! »Bei Gott gibt es kein Ansehen der Person« –? War es nicht gerade andersherum: dass es bei Gott jede Menge persönliches Ansehen gibt? Gott sieht uns doch immer und überall. Wir haben doch immer Ansehen bei ihm. Oder nicht?

Wenn im Kloster keiner seines Ansehens wegen bevorzugt werden soll, geht es wohl eher um das Ansehen, das sich die Personen untereinander gönnen. Und dass das von jenem Ansehen, mit dem Gott uns ansieht, sehr verschieden sein kann. Bedauerlicherweise.

Aber man kann ja nachlernen. Was sieht der Mensch, wenn er einen anderen Menschen ansieht? Er sieht Seinesgleichen und, um sich zu unterscheiden, die Unterschiede. Was sieht Gott, wenn er ansieht? Gottes Blick braucht keine Unterschiede. Vor ihm sind alle gleich.

13 • Gespür für den rechten Augenblick

» RB 2,24: Er (der Abt) lasse sich vom Gespür für den rechten Augenblick leiten.

In jedem von uns steckt ein kleiner Abt. Hin und wieder begegnet man ihm und wundert sich. Unter den vielen äbtlichen Eigenschaften, die die Regel aufzählt, sticht eine besonders hervor: die Fähigkeit, scheinbar ganz spontan und ohne nachzudenken zu reagieren, also intuitiv zu handeln.

Intuition hat etwas Magisches. In unserer kognitiv geprägten Gesellschaft, wo alles sachlich begründbar sein muss, war intuitives Handeln lange eher verpönt. In letzter Zeit ändert sich das, und wir sind bereit, es wieder neu zu lernen. Intuition, das haben Psychologen herausgefunden, ist der kurze Weg des Erfahrenen. Die Intuition speist sich aus einer Vielzahl von Einzelerfahrungen, die im Gehirn abgespeichert sind. Je größer der eigene Erfahrungsschatz, desto mehr Wahlmöglichkeiten hat man, in einer Situation zu reagieren. Dabei kann man sich tatsächlich auf sich selbst verlassen, dass man in den meisten aller Standardsituationen unbewusst das Richtige tut. Das Gehirn zapft die nötigen Erfahrungen ohne Umweg über das Bewusstsein an und setzt sie in Handlung um. Das spart Energie und Zeit. Was ja eigentlich sehr aktuell und irgendwie europäisch ist.

Den modernen Menschen kostet es ein wenig Überwindung, auch mal aus dem Bauch heraus einfach zu reagieren oder zu antworten, wenn er selbst nicht so recht weiß, warum er genau dies jetzt für richtig hält. Manchmal kommt die Logik erst Stunden später hinterher. Aber dass es funktioniert, war vor 1500 Jahren schon bekannt. Und im Wesentlichen hat sich der Mensch seitdem nicht verändert.

Intuitiv handeln zu können, setzt also Selbstbewusstsein voraus. Nur, wer sich seiner selbst bewusst und selbstsicher ist, traut sich auch selbst so sehr über den Weg, dass er sich von seiner Intuition führen lassen kann. Das ist besonders interessant für Menschen in Leitungspositionen, zu denen auch schon das Vater- oder Muttersein und alles Ähnliche gehört: Wer selbst darin geübt ist, sich leiten zu lassen, kann auch ein guter Leiter und Begleiter für andere sein. Manchmal auch eine Leitplanke.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?