Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

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3. Die Ansprüche des ausscheidenden Gesellschafters

a) Überblick

164

Der ausgeschiedene Gesellschafter erwirbt gegen die Gesellschaft nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf dasjenige, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens liquidiert worden wäre. Darüber hinaus hat der Ausgeschiedene einen Anspruch darauf, dass die Gesellschaft ihn von den gemeinschaftlichen Schulden befreit (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB). Ggf. hat der Ausgeschiedene auch einen Anspruch auf die Erstellung einer Abschichtungsbilanz.

b) Der Anspruch auf Schuldbefreiung gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB

165

Der aus dem alten Gesamthandsmodell stammende Begriff der „gemeinschaftlichen Schulden“ in § 738 Abs. 1 S. 2 BGB passt nicht zu dem modernen Verständnis der Personen-Außengesellschaft. Gemeint sind die Gesellschaftsschulden. Das bedeutet, zu befreien ist der Ausscheidende nicht eigentlich von den Gesellschaftsschulden, sondern von seiner Gesellschafterhaftung, die ihn für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft im Außenverhältnis weiter haften lässt[21]. Der Anspruch aus § 738 Abs. 1 S. 2 BGB auf Schuldbefreiung richtet sich wie der Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft. Die Schuldbefreiung kann entweder durch Tilgung der Gesamthandsverbindlichkeiten seitens der Gesellschaft oder durch Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und den Gläubigern über die Entlassung des Ausgeschiedenen aus der Mithaftung erfolgen.

c) Der Anspruch auf Erstellung einer Abschichtungsbilanz

166

Grundsätzlich kann der Ausgeschiedene zur Berechnung des Abfindungsanspruchs die Aufstellung einer „Abfindungsbilanz“ (Abrechnung) auf den Stichtag seines Ausscheidens verlangen, soweit sich eine solche nicht wegen der jeweiligen vertraglichen Abfindungsvereinbarung, wie z. B. einer Buchwertklausel, erübrigt[22]. Die Pflicht zur Aufstellung der Abschichtungsbilanz trifft die Gesellschaft. In der Gesellschaft ist der Geschäftsführer zur Erstellung der Bilanz verpflichtet[23].

d) Abfindungsanspruch oder Haftung für einen Fehlbetrag (§§ 738, 739 BGB)

167

Ob der Ausgeschiedene einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme als Abfindung gegen die Gesellschaft erworben hat oder die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch auf anteilige Zahlung eines Fehlbetrages, ergibt sich aus der zu erstellenden Abschichtungsbilanz.

Der aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausscheidende Gesellschafter ist gem. § 738 BGB grundsätzlich nach dem tatsächlichen Wert seines Anteils an der Gesellschaft abzufinden. Er erwirbt einen dementsprechenden Anspruch gegen die Gesellschaft. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu. Der Abfindungsanspruch des Ausgeschiedenen bemisst sich nach der Höhe des ihm im Falle der Liquidation zustehenden Auseinandersetzungsguthabens, das sich nach §§ 733, 734 BGB aus der Rückerstattung der Einlagen und dem entsprechenden Anteil des Überschusses zusammensetzt.

168

Die Regelungen der §§ 738 bis 740 BGB gelten grundsätzlich für alle Personengesellschaften, also auch für die OHG (§ 105 Abs. 3 HGB) und die KG (§ 161 Abs. 2 HGB), da das HGB keine Sonderregelungen für die Auseinandersetzung zwischen ausscheidenden und verbleibenden Gesellschaftern trifft. Die Vorschriften der §§ 738 bis 740 BGB stellen dispositives Recht dar. Die Gesellschafter können also etwas anderes vereinbaren. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis häufig Gebrauch gemacht. Gesellschaftsvertraglich vereinbarte Abfindungsbeschränkungen, die in der Regel den Sinn haben, den Bestandsschutz der Gesellschaft durch Einschränkung des Kapitalabflusses zu gewährleisten oder die Berechnung des Abfindungsanspruches zu vereinfachen, sind grundsätzlich zulässig. Auch unter Berücksichtigung der genannten Zwecke können solche Beschränkungen allerdings nicht ohne Weiteres vorgenommen werden; sie unterliegen den Grenzen, die durch § 138 Abs. 1 BGB gezogen werden[24]. Nichtig sind insbesondere solche Vertragsgestaltungen, die von vornherein den später ausscheidenden Gesellschafter in sittenwidriger oder aus sonstigen Gründen gesetzlich missbilligter Weise benachteiligen[25]. Die persönliche und wirtschaftliche Freiheit des ausgeschiedenen Gesellschafters darf keiner objektiven Beschränkung unterliegen.[26]

Diese Grundsätze sind jedoch nur dann anzuwenden, wenn die betreffende Gesellschaft sich wirtschaftlich betätigt. Anderes gilt, wenn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach ihrem Gesellschaftsvertrag einen rein ideellen Zweck verfolgt[27]. Denn die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit ideeller Zielsetzung beruht in der Regel auf altruistischen Vorstellungen; die Vermehrung des eigenen Vermögens ist nicht beabsichtigt. Deshalb ist es den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit ideeller Zielsetzung nicht verwehrt, einen Abfindungsanspruch auszuschließen[28].

169

Lösung zu Fall 12:

M könnte gegen R einen Anspruch auf Zahlung von 12.700 € aus §§ 280, 31 (analog) BGB i. V. m. §§ 128, 130 HGB analog erworben haben.

Dass M einen Anspruch gegen die GbR aus §§ 280, 31 (analog) erworben hat, für den auch die Gesellschafter aus § 128 HGB analog haften, ist oben bei der Lösung zu Fall 9 bereits ausgeführt. Hier geht es nun darum, ob der in die GbR eingetretene Gesellschafter R auch für diejenigen Verbindlichkeiten haftet, die vor seinem Eintritt entstanden sind. Das BGB enthält keine einschlägige Vorschrift. Da das BGB-Gesellschaftsrecht die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in § 736 Abs. 2 BGB mit Hinweis auf § 160 HGB ausdrücklich geregelt hat, könnte daraus der Schluss gezogen werden, dass der eintretende Gesellschafter nicht für die vor seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten haften soll. Dennoch wird eine analoge Anwendung des § 130 HGB von der Rspr.[29] jedenfalls im Grundsatz bejaht. § 130 HGB lässt die in eine OHG eintretenden Gesellschafter für alle vor ihrem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten haften. Der BGH[30] begründet die analoge Anwendung des § 130 HGB auf die GbR letztlich mit dem allgemeinen Grundsatz des Personengesellschaftsrechts, wonach die persönliche Haftung aller Gesellschafter in ihrem jeweiligen personellen Bestand dem Wesen der Personengesellschaft und ihren Haftungsverhältnissen entspricht, weil die Gesellschaft kein eigenes, zugunsten ihrer Gläubiger gebundenes garantiertes Haftkapital besitzt; ihr Gesellschaftsvermögen stehe dem Zugriff der Gesellschafter jederzeit und sanktionslos offen. Bei dieser Sachlage sei die persönliche Haftung der Gesellschafter nicht nur die alleinige Grundlage ihrer Wertschätzung und Kreditwürdigkeit; sie sei vielmehr das notwendige Gegenstück zu dem Fehlen jeglicher Kapitalerhaltungsregeln. Dagegen wird vor allem argumentiert, eine Haftung analog § 130 HGB stelle für beitretende Gesellschafter eine nicht durch ein schutzwürdiges Gläubigerinteresse zu rechtfertigende Belastung dar[31].

Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH[32] allerdings die Entscheidung darüber, ob der Grundsatz der persönlichen Haftung für Altverbindlichkeiten auch auf Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen – im konkreten Fall handelt es sich gerade darum – Anwendung finden soll, weil diese, wie die Bestimmung des § 8 Abs. 2 PartGG zeige, eine Sonderstellung einnehmen. Wenn man grundsätzlich eine analoge Anwendung des § 130 BGB auf die GbR bejaht, dürfte eine Differenzierung, die darauf abzielt, berufliche Haftungsfälle davon auszuschließen, nicht zulässig sein. Der Hinweis auf § 8 Abs. 2 PartGG überzeugt nicht. Wer die dort gesetzlich gewährte Haftungsprivilegierung in Anspruch nehmen möchte, muss die Partnerschaftsgesellschaft als Rechtsform wählen.

 

Demnach ist § 130 HGB im konkreten Fall analog anwendbar. Deshalb kann M den R aus aus §§ 280, 31 (analog) BGB i. V. m. §§ 128, 130 HGB analog auf Zahlung von 12.700 in Anspruch nehmen.

170

Lösung zu Fall 13:

V könnte gegen C einen Anspruch auf Zahlung von 5.200 € aus § 535 BGB i. V. m. § 128 HGB analog und § 736 Abs. 2 BGB i. V. m. § 160 HGB erworben haben.

Vertragspartner des V aus dem Mietvertrag ist die GbR. Die Gesellschaft schuldet dem V aus § 535 BGB die Zahlung des Mietzinses in Höhe von 5.200 €. Dabei handelt es sich um eine Verbindlichkeit der GbR, für die gem. § 128 HGB analog alle Gesellschafter persönlich mit ihrem Privatvermögen als Gesamtschuldner haften. Deshalb konnte V den C jedenfalls bis zu seinem Ausscheiden in Anspruch nehmen. Fraglich ist, ob V den Anspruch gegen C auch noch nach dessen Ausscheiden aus der GbR geltend machen kann. Ein Gesellschafter, der aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet, haftet dem Gläubiger auch nach seinem Ausscheiden persönlich mit seinem Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten, die bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens entstanden sind (§ 736 Abs. 2 BGB, § 160 HGB). Die Ansprüche gegen den ausscheidenden Gesellschafter verjähren nach dessen Ausscheiden grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 736 Abs. 2 BGB und 160 HGB nach fünf Jahren, soweit sie nicht einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegen. Wegen der fehlenden Registerpublizität der BGB-Gesellschaft ist Anknüpfungspunkt hinsichtlich des Fristbeginns für die Enthaftung des ausscheidenden Gesellschafters die Kenntnis jedes einzelnen Gläubigers vom Ausscheiden des BGB-Gesellschafters. Demnach kann V den C auch noch nach dessen Ausscheiden aus der GbR auf Zahlung von 5.200 € aus § 535 BGB i. V. m. § 128 HGB analog und § 736 Abs. 2 BGB i. V. m. § 160 HGB in Anspruch nehmen.

171

Lösung zu Fall 14:

Der zwangsweise Ausschluss eines Gesellschafters aus einer GbR ist nach § 737 BGB zulässig, wenn


der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthält, also festlegt, dass für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, und
in der Person des Gesellschafters, der ausgeschlossen werden soll, ein wichtiger – sachlicher – Grund im Sinne des § 723 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt.

Der Gesellschaftsvertrag enthält im zu erörternden Fall eine typische Fortsetzungsklausel. Ein zum Ausschluss berechtigender Grund liegt nach § 723 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB insbesondere vor, wenn der Gesellschafter, der ausgeschlossen werden soll, eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende Verpflichtung vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Der Gesellschaftsvertrag verpflichtete den C im Zweifel, Mandantengelder nicht ihrem Zweck zu entfremden, was er vorsätzlich getan hat. Im Übrigen liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 723 Abs. 1 S. 2 BGB dann vor, wenn den anderen Gesellschaftern bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Als wichtige Gründe kommen vor allem in Betracht die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses im geschäftlichen Bereich und schwerwiegende Treuepflichtverstöße. Indem C Mandantengelder für persönliche Zwecke nutzte, zerstörte er sowohl das Vertrauensverhältnis zu Mandanten als auch das zu seinen Mitgesellschaftern. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses als Auflösungsgrund wiegt besonders schwer, wenn sie, wie hier geschehen, schuldhaft herbeigeführt worden ist[33].

Nach alldem können die Gesellschafter A, B und D den C gem. §§ 737, 723 Abs. 1 BGB aus der Gesellschaft ausschließen. Das Ausschließungsrecht steht ihnen gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung selbst erfolgt durch Erklärung gegenüber C (§ 737 S. 2 und 3 BGB).

Anmerkungen

[1]

BGHZ 146, 341, 358.

[2]

BGHZ 154, 370.

[3]

BGHZ 154, 370, 373.

[4]

BGHZ 154, 370, 373 f.

[5]

BGHZ 154, 370, 373 f.

[6]

BGH NZG 2014, 696.

[7]

BGHZ 154, 370, 377.

[8]

BGHZ 193, 193, 217.

[9]

BGH NZG 2014, 696.

[10]

Palandt/Sprau, BGB, § 723 Rn. 6.

[11]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 723 Rn. 31.

[12]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 II 6.

[13]

BGHZ 68, 212 ff.; 81, 263 ff.

[14]

BGHZ NZG 2012, 903; BGH NZG 2014, 1229.

[15]

BGH NZG 2014, 1229.

[16]

BGH NZG 2014, 1229.

[17]

OLG Koblenz NZG 2014, 1229.

[18]

Baier, NZG 2004, 356 ff.

[19]

BGHZ 79, 374, 378.

[20]

Reichold, NJW 1994, 1617, 1621; Seibert, DB 1994, 461, 464; vgl. auch BGHZ 117, 168, 178 f.

[21]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 1 b.

[22]

BGH WM 1980, 1362 f.

[23]

BGH WM 1979, 1330.

[24]

BGHZ 116, 359, 368.

[25]

BGH WM 1989, 783.

[26]

Henssler/Michel, NZG 2012401, 406.

[27]

BGHZ 135, 387 ff. mit Nachw.

[28]

S. zu alldem auch Hülsmann, NJW 2002, 1673 ff.

[29]

BGHZ 154, 370.

[30]

BGHZ 154, 370, 373 f.

[31]

Armbrüster, ZGR 2005, 34, 54.

[32]

BGHZ 154, 370, 377.

[33]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 723 Rn. 31.

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 8 Die Beendigung der Gesellschaft

§ 8 Die Beendigung der Gesellschaft

Inhaltsverzeichnis

I. Überblick

II. Die Auflösung

III. Die Auseinandersetzung

172

Fall 15:

Die Anwälte A und B haben sich vor 20 Jahren zu einer BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen, um gemeinsam eine Anwaltskanzlei zu betreiben. Nun wird B die Zulassung entzogen. Danach vereinbaren A und B, dass sie die Gesellschaft mit einem geänderten Zweck, nämlich die in den letzten 20 Jahren gemeinsam erworbenen Grundstücke zu verwalten, fortsetzen möchten. Ist dies möglich? Rn. 179

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 8 Die Beendigung der Gesellschaft › I. Überblick

I. Überblick

173

Die Beendigung der Gesellschaft vollzieht sich in zwei voneinander zu unterscheidenden Abschnitten:


der erste Abschnitt ist die Auflösung der Gesellschaft,
der zweite die Auseinandersetzung (Liquidation) der Gesellschaft, nach deren Abschluss die Vollbeendigung der Gesellschaft erreicht ist.

Dass die Beendigung der Gesellschaft in der Regel komplizierter ist als die Beendigung der meisten anderen Schuldverhältnisse, ergibt sich u. a. daraus, dass ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen und dazu in der Regel Gesellschaftsschulden existieren.

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 8 Die Beendigung der Gesellschaft › II. Die Auflösung

II. Die Auflösung

174

 

Das BGB nennt in den §§ 723 ff. BGB eine Reihe von Auflösungsgründen. Es ist den Gesellschaftern allerdings unbenommen, durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag weitere Auflösungsgründe zu schaffen.

Die wichtigsten im Gesetz genannten Auflösungsgründe sind:


die Kündigung,
die Zweckerreichung,
der Tod eines Gesellschafters,
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters,
das Unmöglichwerden des Erreichens des Gesellschaftszweckes,
ein Auflösungsbeschluss der Gesellschaft.

Mit dem Eintritt einer der Gründe, die zur Auflösung der Gesellschaft führen können, ändert die Gesellschaft zunächst nur ihren Zweck. War sie zuvor auf die Erreichung des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vereinbarten gemeinsamen Zweckes gerichtet, so ist sie nun auf die Liquidation, auf die Abwicklung, gerichtet. Die Gesellschaft besteht als identische Wirkungseinheit in der Form einer Liquidationsgesellschaft fort. Auch wenn sich mit der Auflösung der Gesellschaftszweck und der rechtliche Status der Gesellschafter ändern, so bleiben Mitgliederbestand, Gesellschaftsvermögen und die Rechtsfähigkeit unberührt.[1] Sie bleibt auch Gesamthandsgemeinschaft.

175

Nach § 726 BGB wird die Gesellschaft u. a. dann aufgelöst, wenn die Erreichung des vereinbarten Zwecks unmöglich geworden ist. Die Gesellschafter können jedoch die Fortsetzung der Gesellschaft mit einem anderen Zweck beschließen[2]. Wenn der vorletzte Gesellschafter aus einer BGB-Gesellschaft ausscheidet, für die im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, dass die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, so führt dies – soweit nichts Abweichendes vereinbart ist – zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und zur Anwachsung des Gesellschaftsvermögens bei dem letzten verbliebenen Gesellschafter[3]. Die Aktiva und Passiva gehen also im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den letzten Gesellschafter über, ohne dass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahmeerklärung bedarf[4].

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 8 Die Beendigung der Gesellschaft › III. Die Auseinandersetzung

III. Die Auseinandersetzung

1. Überblick

176

Die Auflösung der Gesellschaft führt also noch nicht zu ihrer Beendigung, sondern zum Eintritt in das Abwicklungsstadium (Liquidation). Ziel der Auseinandersetzung ist es,


zunächst die Gläubiger aus dem Vermögen der Gesellschaft wegen ihrer Forderungen gegen die Gesellschaft zu befriedigen und
anschließend das etwa noch übriggebliebene Vermögen der Gesellschaft unter die Gesellschafter zu verteilen.

2. Das Verfahren der Auseinandersetzung

177

Das Verfahren der Auseinandersetzung ist in den §§ 729 bis 740 BGB geregelt. Erst der Abschluss der Auseinandersetzung führt zur Vollbeendigung der bereits aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Verfahren der Auseinandersetzung nach §§ 730 ff. BGB ist eine Schlussabrechnung zu erstellen. Im Unterschied zu § 154 HGB ist für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine formelle, nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellende Schlussbilanz nicht gesetzlich vorgeschrieben. Eine solche Schlussabrechnung – auch Auseinandersetzungsbilanz genannt – muss aber jedenfalls dann errichtet werden, wenn die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft nicht ohne Weiteres überschaubar sind und eine Auseinandersetzung unter Berechnung der auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Guthaben oder Nachschüsse ohne eine solche Auseinandersetzungsbilanz zu Unsicherheiten führen würde[5]. Die Verpflichtung zur Aufstellung der Schlussabrechnung trifft die Abwickler, im Zweifel also alle Gesellschafter. Die Gesellschafter erwerben mit Eintritt der Auflösung einen Anspruch auf Errichtung der Schlussabrechnung als Teil des Anspruchs auf Auseinandersetzung[6].